Handbuch der praktischen Genealogie/267: Unterschied zwischen den Versionen

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schließen. Ein Blick auf England zeigt uns ansprechende Zustände. Seit Jahrhunderten ist dort die Bildnismalerei der feste Pol der heimischen Kunst. In den Epochen, wo die politischen, kommerziellen, wissenschaftlichen und literarischen Interessen derart überwogen, daß eine englische Malerei großen Stils sich nicht entwickelte, zog man vom Kontinent die großen Porträtisten herüber. Holbein, Moro, Rubens, Van Dyck, Lely, Kneller bis auf die Hamburger Denner und van der Smissen bilden eine lange Kette, an die sich schließlich die großen, einheimischen Bildnismaler anreihen. In der Geschichte der Malerei in England trat der Import fremder Kräfte, der auf musikalischem Gebiet ein Seitenstück hat, überall ein, wo die eigene Produktion eine Lücke ließ. Aber es waren in der Malerei wie in der Musik in erster Linie Künstler der verwandten germanischen Stämme, die dort hoch kamen, und es ist ein Zeichen von der Kraft des Bodens, daß die zugewanderten Künstler nicht nachließen, sondern ihre Kräfte so frei und groß entwickelten, wie es ihnen in ihrer Heimat nicht in jedem Falle möglich gewesen wäre. Es ist ein schöner Zug im englischen Volkscharakter, daß der Träger einer großen Leistung, einerlei, welchem Gebiet sie angehört, von allen Ständen hochgehalten wird.<ref>Auch der Amerikaner hält etwas auf berühmte Leute, vgl. ''Chappel, Al.'', National Portrait Gallery of eminent Americains including orators, statesmen, naval and military heroes, jurists, aufhors, etc. from original full length paintings, with biogr. and bist,  narratives by Ev. A. Duyckinck. 2 vols. With 151 engraved portraits (New-York).</ref> Der gefeiertste Führer für die englische Porträtkunst wurde Reynolds (1723-92). Kein Schmeichler, aber auch kein Henker, ein schulmeisterlich veranlagter Pastorssohn, aber ohne falsches Pathos, nicht bloß ein begeisternder Lehrer und Verkünder überlieferten Kunstvermögens, sondern selbst ein ebenso gewaltiger Arbeiter wie gewandter und geistvoller Redner, dem es keine Anstrengung verursachte, in einem Jahrfünft vierhundertachtzehn Bildnisse zu malen. Sein großer Nebenbuhler Gainsborough (1727-1788) machte dem theatralischen Repräsentationsstil, der Anlehnung an geschichtliche und allegorische Überlieferungen, von denen sich Reynolds noch nicht hatte befreien können, ein Ende. Gainsborough, Roraney, Peters, Opie, Hoppner, Raebnon, Lawrence — eine unübersehbare Fülle lieblicher Gesichter in ihrer ungeschminkten Frische, wie der Garten in der Obstblüte, umgibt uns bei diesen Namen, ein Preislied der Natur und Schönheit, strenge und sittige, lose und lockende, immer uns bannende Augen, duftige Farben, Frühling in Schleiern, in leicht und leise die Gestalt verhüllenden Stoffen, Frühling in der Landschaft des Hintergrundes. Es ist der ersehnte Rückschlag gesunden Landlebens gegen städtische Überkultur, die erfrischende Seeluft der Insel, die alle theatralische Zutat verweht hat.
schließen. Ein Blick auf England zeigt uns ansprechende Zustände. Seit Jahrhunderten ist dort die Bildnismalerei der feste Pol der heimischen Kunst. In den Epochen, wo die politischen, kommerziellen, wissenschaftlichen und literarischen Interessen derart überwogen, daß eine englische Malerei großen Stils sich nicht entwickelte, zog man vom Kontinent die großen Porträtisten herüber. Holbein, Moro, Rubens, Van Dyck, Lely, Kneller bis auf die Hamburger Denner und van der Smissen bilden eine lange Kette, an die sich schließlich die großen, einheimischen Bildnismaler anreihen. In der Geschichte der Malerei in England trat der Import fremder Kräfte, der auf musikalischem Gebiet ein Seitenstück hat, überall ein, wo die eigene Produktion eine Lücke ließ. Aber es waren in der Malerei wie in der Musik in erster Linie Künstler der verwandten germanischen Stämme, die dort hoch kamen, und es ist ein Zeichen von der Kraft des Bodens, daß die zugewanderten Künstler nicht nachließen, sondern ihre Kräfte so frei und groß entwickelten, wie es ihnen in ihrer Heimat nicht in jedem Falle möglich gewesen wäre. Es ist ein schöner Zug im englischen Volkscharakter, daß der Träger einer großen Leistung, einerlei, welchem Gebiet sie angehört, von allen Ständen hochgehalten wird.<ref>Auch der Amerikaner hält etwas auf berühmte Leute, vgl. ''Chappel, Al.'', National Portrait Gallery of eminent Americains including orators, statesmen, naval and military heroes, jurists, aufhors, etc. from original full length paintings, with biogr. and bist,  narratives by Ev. A. Duyckinck. 2 vols. With 151 engraved portraits (New-York).</ref> Der gefeiertste Führer für die englische Porträtkunst wurde Reynolds (1723-92). Kein Schmeichler, aber auch kein Henker, ein schulmeisterlich veranlagter Pastorssohn, aber ohne falsches Pathos, nicht bloß ein begeisternder Lehrer und Verkünder überlieferten Kunstvermögens, sondern selbst ein ebenso gewaltiger Arbeiter wie gewandter und geistvoller Redner, dem es keine Anstrengung verursachte, in einem Jahrfünft vierhundertachtzehn Bildnisse zu malen. Sein großer Nebenbuhler Gainsborough (1727-1788) machte dem theatralischen Repräsentationsstil, der Anlehnung an geschichtliche und allegorische Überlieferungen, von denen sich Reynolds noch nicht hatte befreien können, ein Ende. Gainsborough, Romney, Peters, Opie, Hoppner, Raebnon, Lawrence — eine unübersehbare Fülle lieblicher Gesichter in ihrer ungeschminkten Frische, wie der Garten in der Obstblüte, umgibt uns bei diesen Namen, ein Preislied der Natur und Schönheit, strenge und sittige, lose und lockende, immer uns bannende Augen, duftige Farben, Frühling in Schleiern, in leicht und leise die Gestalt verhüllenden Stoffen, Frühling in der Landschaft des Hintergrundes. Es ist der ersehnte Rückschlag gesunden Landlebens gegen städtische Überkultur, die erfrischende Seeluft der Insel, die alle theatralische Zutat verweht hat.


{{randtextre|Reaktion gegen die englische Malerei in Deutschland.}}Von Englands Vormundschaft begann man auf dem Kontinent sich loszuarbeiten. Es trat eine kräftige Abwendung ein von der überzuckerten Liebenswürdigkeit der hochgestellten Lawrencemodelle. An Stelle des bisher allein Kunst fördernden Hofes und Adels, oder doch gleichgewichtig ihm zur Seite, tritt die Bürgerschaft in innigere Beziehung zur Kunst denn je zuvor.  Aus ihrem urkräftigen Boden erwachsen führende Männer wie Schwind, <noinclude>
{{randtextre|Reaktion gegen die englische Malerei in Deutschland.}}Von Englands Vormundschaft begann man auf dem Kontinent sich loszuarbeiten. Es trat eine kräftige Abwendung ein von der überzuckerten Liebenswürdigkeit der hochgestellten Lawrencemodelle. An Stelle des bisher allein Kunst fördernden Hofes und Adels, oder doch gleichgewichtig ihm zur Seite, tritt die Bürgerschaft in innigere Beziehung zur Kunst denn je zuvor.  Aus ihrem urkräftigen Boden erwachsen führende Männer wie Schwind, <noinclude>

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schließen. Ein Blick auf England zeigt uns ansprechende Zustände. Seit Jahrhunderten ist dort die Bildnismalerei der feste Pol der heimischen Kunst. In den Epochen, wo die politischen, kommerziellen, wissenschaftlichen und literarischen Interessen derart überwogen, daß eine englische Malerei großen Stils sich nicht entwickelte, zog man vom Kontinent die großen Porträtisten herüber. Holbein, Moro, Rubens, Van Dyck, Lely, Kneller bis auf die Hamburger Denner und van der Smissen bilden eine lange Kette, an die sich schließlich die großen, einheimischen Bildnismaler anreihen. In der Geschichte der Malerei in England trat der Import fremder Kräfte, der auf musikalischem Gebiet ein Seitenstück hat, überall ein, wo die eigene Produktion eine Lücke ließ. Aber es waren in der Malerei wie in der Musik in erster Linie Künstler der verwandten germanischen Stämme, die dort hoch kamen, und es ist ein Zeichen von der Kraft des Bodens, daß die zugewanderten Künstler nicht nachließen, sondern ihre Kräfte so frei und groß entwickelten, wie es ihnen in ihrer Heimat nicht in jedem Falle möglich gewesen wäre. Es ist ein schöner Zug im englischen Volkscharakter, daß der Träger einer großen Leistung, einerlei, welchem Gebiet sie angehört, von allen Ständen hochgehalten wird.[1] Der gefeiertste Führer für die englische Porträtkunst wurde Reynolds (1723-92). Kein Schmeichler, aber auch kein Henker, ein schulmeisterlich veranlagter Pastorssohn, aber ohne falsches Pathos, nicht bloß ein begeisternder Lehrer und Verkünder überlieferten Kunstvermögens, sondern selbst ein ebenso gewaltiger Arbeiter wie gewandter und geistvoller Redner, dem es keine Anstrengung verursachte, in einem Jahrfünft vierhundertachtzehn Bildnisse zu malen. Sein großer Nebenbuhler Gainsborough (1727-1788) machte dem theatralischen Repräsentationsstil, der Anlehnung an geschichtliche und allegorische Überlieferungen, von denen sich Reynolds noch nicht hatte befreien können, ein Ende. Gainsborough, Romney, Peters, Opie, Hoppner, Raebnon, Lawrence — eine unübersehbare Fülle lieblicher Gesichter in ihrer ungeschminkten Frische, wie der Garten in der Obstblüte, umgibt uns bei diesen Namen, ein Preislied der Natur und Schönheit, strenge und sittige, lose und lockende, immer uns bannende Augen, duftige Farben, Frühling in Schleiern, in leicht und leise die Gestalt verhüllenden Stoffen, Frühling in der Landschaft des Hintergrundes. Es ist der ersehnte Rückschlag gesunden Landlebens gegen städtische Überkultur, die erfrischende Seeluft der Insel, die alle theatralische Zutat verweht hat.

Reaktion gegen die englische Malerei in Deutschland.Von Englands Vormundschaft begann man auf dem Kontinent sich loszuarbeiten. Es trat eine kräftige Abwendung ein von der überzuckerten Liebenswürdigkeit der hochgestellten Lawrencemodelle. An Stelle des bisher allein Kunst fördernden Hofes und Adels, oder doch gleichgewichtig ihm zur Seite, tritt die Bürgerschaft in innigere Beziehung zur Kunst denn je zuvor. Aus ihrem urkräftigen Boden erwachsen führende Männer wie Schwind,


  1. Auch der Amerikaner hält etwas auf berühmte Leute, vgl. Chappel, Al., National Portrait Gallery of eminent Americains including orators, statesmen, naval and military heroes, jurists, aufhors, etc. from original full length paintings, with biogr. and bist, narratives by Ev. A. Duyckinck. 2 vols. With 151 engraved portraits (New-York).