Handbuch der praktischen Genealogie/268

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
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Danhauser, Steinle, Schindler, Waldmüller. Man hatte andere Ideale als zur Zeit Napoleons. Jetzt ließ man Griechen Griechen sein und begeisterte sich für Schiller und Raimund, Schubert und Lanner. Man forderte vom Porträtisten sachliche Darstellung, nicht ohne Hinweis auf des Lebens beste Güter, auf die Liebe zur Natur, zu literarischem und musikalischem Schwung, auf die Verehrung guter Sitte und auf Frömmigkeit.

Das Porträt und die Vererbungslehre.      Die Bildnisse setzen uns in den Stand, besondere Eigenschaften einer einzelnen Person zu erkennen und auch einen Familientypus durch die Jahrhunderte zu verfolgen. Hierdurch ist auch die Wichtigkeit des Porträts für medizinische Untersuchungen begründet. Allerdings läßt sich bei nur manchen Familien ein erblicher Typus feststellen, nicht bei allen. Diesbezüglich ist der Vortrag interessant, den Graf Theodor Zichy, ein Schüler von Ottokar Lorenz, über „Familientypus und Familienähnlichkeiten" gehalten hat (Korrespondenzblatt der deutschen anthropologischen Gesellschaft 1898, N. 6 ff.). Auf Grund einer Sammlung von 4000 Bildnissen ist Graf Zichy zu dem Schluß gekommen, daß in manchen Familien sich ein durch längere Geschlechtsfolgen erblicher Typus feststellen läßt, in anderen nicht. Zu denen, wo es der Fall ist, gehören die Habsburger, die Württemberger, Zähringer, Oranier, zu den anderen die Bourbonen, die Hohenzollern, die Wittelsbacher. Mit Recht bemerkt Friedrich Keutgen in seinem noch heute lesenswerten Aufsatz über die Aufgaben der Genealogie (Zeitschrift für Kulturgesch, VI., 1898, S. 169), daß „Ahnenverlust" zur Erklärung dieser Erscheinung nicht ausreicht. Die Porträtkunst kann ohne Kenntnis anatomischer, physiologischer und pathologischer Tatsachen nicht erfaßt werden; die Ärzte sind daher ausgezeichnete Kritiker und Kenner des Porträts. Ein Nachteil der Porträtkunst für den Arzt liegt, wie Dr. Kronfeld in der K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien ausführte, darin, daß die Porträtkunst das individuelle Relief des Gesichts und pathologische Details nicht selten unterdrückte. Trotzdem ist die Ausbeute an pathologischen Porträts, welche kranke, leidende Menschen zum Objekt haben, sehr groß. Doch muß man sich hüten, stilistische Eigentümlichkeiten als pathologische zu deuten. Eine große Rolle in der Porträtkunst spielt der Gesichtsausdruck bei Wucherungen im Nasenrachenraum; an Porträts kann man die sichere Diagnose auf dessen Zustand stellen. Auch finden sich unter berühmten Porträts Darstellungen von Ohren- und Nierenkranken, von Blutarmen und Tuberkulösen, sowie von Geisteskranken. In den Kreis merkwürdiger Erscheinungen im Gesicht gehört auch die sogenannte Habsburger Lippe. Dieser Habsburger Typus ist eines der wichtigsten Beispiele der Vererbung eines menschlichen Merkmales, sowohl was die Zahl der betroffenen Individuen als auch die Möglichkeit ihres Nachweises durch glaubwürdige Abbildungen betrifft.

Der Habsburgische Familientypus.      Bei einer großen Anzahl von Gliedern des Habsburgischen Hauses ist der vorstehende Unterkiefer (Prognathismus inferior) und die herabhängende Unterlippe zu bemerken. Das erkennt man ausgezeichnet aus dem mit zahlreichen Porträts ausgestatteten Werke von Osw. Rubbrecht, l'origine du type familial de la maison de Habsbourg (Bruxelles 1910). Beide Erscheinungen