Herforder Chronik (1910)/261: Unterschied zwischen den Versionen

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=== c) Die Jülichsche Cession. 1547.===
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Die Äbtissin Anna von Limburg blieb fest in ihrem Widerstände gegen Luthers Lehre.
 
Schon vor ihrem Regierungsantritt hatte der Geist der neuen Zeit vergeblich in Herford an die Klosterpforten der Abtei geklopft. Anna brachte kein Verständnis für sein Weben mit, blieb seine Gegnerin, und ihre Berater haben sie wohl geflissentlich von eingehender Bekanntschaft mit den neuen Gedanken ferngehalten. Den Einflüsterungen ihrer Freunde mag es nicht schwer geworden sein, die schwache Frau zu überzeugen, daß sie jede Hinneigung zu der reformatorischen Bewegung  mit einer Einbuße an Macht und Ansehen bezahlen müßte.
 
War schon längst mit dem wachsenden Reichtum der Unabhängigkeitssinn der Stadt gestiegen und infolgedessen eine Lockerung des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen ihr und der Abtei eingetreten, so hatte die Stadt doch nie und unter keinen Umständen eine ehrerbietige Rücksichtnahme auf ihre Äbtissin außer Augen gelassen, und beide Parteien hatten sich gut dabei gestanden. Das einträchtige Verhältnis erhielt jedoch einen gewaltigen Stoß, als Äbtissin Anna, wie vorher erzählt, ihre gegensätzliche Stellung zu allem, was die Bürgerschaft bis ins Innerste bewegte, scharf betonte und vor einem Zerwürfnis mit der Stadt nicht zurückscheute.
 
Es war schon Kurzsichtigkeit von ihr, als sie durch Schließung der Münsterkirche die evangelischen Prädikanten am Predigen verhinderte und damit den Siegeszug der neuen Lehre aufhalten zu können meinte. Wie ihre tatkräftigen Gegner sich zu helfen wußten, haben wir erzählt. Die Öffnung der Kirche durch den Rat 1530 und Dreiers Einsetzung als ersten Prediger am Münster mußte sie als ein Eingriff in ihre Rechte aufs höchste verletzen. Da sie aber nur protestierte und nicht das geringste Entgegenkommen zeigte, ließ man jede weitere Rücksicht gegen sie fallen. Ihr ist es als Schuld zuzurechnen, daß zwei Jahre später der Rat sie ganz ausschaltete und unbekümmert um die geistliche Oberin die von Dreier fertiggestellte Kirchenordnung 1532 öffentlich und feierlich in der Münsterkirche verkünden ließ.
 
Sie mußte es sogar erleben, daß der von ihr angerufene Schirmvogt, der Herzog Johann von Jülich, selbst Anhänger der neuen Lehre, ihr nicht diejenige Hilfe brachte, welche sie gegen die ihre Hoheitsrechte mit Füßen tretende Stadt für notwendig erachtete. Die eingeschüchterte, aber eigenwillige Frau empfand diese Erfahrungen als tiefe Demütigungen, ließ sich jedoch nicht eines Besseren belehren und geriet immer tiefer in ihre Verbitterung. Daher ist es auch nicht zu verwundern, daß, als man ihr den Übertritt und den Verzicht auf ihre geistliche Würde gegen eine reichlich bemessene Entschädigung nahelegte, sie das als ein freches Ansinnen heftig zurückwies und allen weiteren Werbungen des Rates sich durch die bekannte Flucht nach dem Sundern entzog.

Aktuelle Version vom 8. Juli 2018, 14:58 Uhr

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Herforder Chronik (1910)
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c) Die Jülichsche Cession. 1547.

Die Äbtissin Anna von Limburg blieb fest in ihrem Widerstände gegen Luthers Lehre.

Schon vor ihrem Regierungsantritt hatte der Geist der neuen Zeit vergeblich in Herford an die Klosterpforten der Abtei geklopft. Anna brachte kein Verständnis für sein Weben mit, blieb seine Gegnerin, und ihre Berater haben sie wohl geflissentlich von eingehender Bekanntschaft mit den neuen Gedanken ferngehalten. Den Einflüsterungen ihrer Freunde mag es nicht schwer geworden sein, die schwache Frau zu überzeugen, daß sie jede Hinneigung zu der reformatorischen Bewegung mit einer Einbuße an Macht und Ansehen bezahlen müßte.

War schon längst mit dem wachsenden Reichtum der Unabhängigkeitssinn der Stadt gestiegen und infolgedessen eine Lockerung des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen ihr und der Abtei eingetreten, so hatte die Stadt doch nie und unter keinen Umständen eine ehrerbietige Rücksichtnahme auf ihre Äbtissin außer Augen gelassen, und beide Parteien hatten sich gut dabei gestanden. Das einträchtige Verhältnis erhielt jedoch einen gewaltigen Stoß, als Äbtissin Anna, wie vorher erzählt, ihre gegensätzliche Stellung zu allem, was die Bürgerschaft bis ins Innerste bewegte, scharf betonte und vor einem Zerwürfnis mit der Stadt nicht zurückscheute.

Es war schon Kurzsichtigkeit von ihr, als sie durch Schließung der Münsterkirche die evangelischen Prädikanten am Predigen verhinderte und damit den Siegeszug der neuen Lehre aufhalten zu können meinte. Wie ihre tatkräftigen Gegner sich zu helfen wußten, haben wir erzählt. Die Öffnung der Kirche durch den Rat 1530 und Dreiers Einsetzung als ersten Prediger am Münster mußte sie als ein Eingriff in ihre Rechte aufs höchste verletzen. Da sie aber nur protestierte und nicht das geringste Entgegenkommen zeigte, ließ man jede weitere Rücksicht gegen sie fallen. Ihr ist es als Schuld zuzurechnen, daß zwei Jahre später der Rat sie ganz ausschaltete und unbekümmert um die geistliche Oberin die von Dreier fertiggestellte Kirchenordnung 1532 öffentlich und feierlich in der Münsterkirche verkünden ließ.

Sie mußte es sogar erleben, daß der von ihr angerufene Schirmvogt, der Herzog Johann von Jülich, selbst Anhänger der neuen Lehre, ihr nicht diejenige Hilfe brachte, welche sie gegen die ihre Hoheitsrechte mit Füßen tretende Stadt für notwendig erachtete. Die eingeschüchterte, aber eigenwillige Frau empfand diese Erfahrungen als tiefe Demütigungen, ließ sich jedoch nicht eines Besseren belehren und geriet immer tiefer in ihre Verbitterung. Daher ist es auch nicht zu verwundern, daß, als man ihr den Übertritt und den Verzicht auf ihre geistliche Würde gegen eine reichlich bemessene Entschädigung nahelegte, sie das als ein freches Ansinnen heftig zurückwies und allen weiteren Werbungen des Rates sich durch die bekannte Flucht nach dem Sundern entzog.