Schlesisches Namenbuch/016: Unterschied zwischen den Versionen
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I. Taufnamen: a) altdeutsche b) slawische | |
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diese drei ihre Blüte bestimmten historischen und literarischen Gestalten: Dietrich von Bern (Theoderich der Große), aus dessen Sagenkreis auch Vasold, Ecke, Runze, Tyrold, Sindram, Laurin und Nibelung auftauchen, dann Adalbert von Prag, dem Heiligen, und dem berühmten Landgrafen Hermann von Thüringen, dem Schirmherrn unserer mittelhochdeutschen Dichter und Schwiegervater der allverehrten heiligen Elisabeth.
Der literarische Ursprung heutiger Familiennamen ist im einzelnen noch wenig bekannt. Was man auf Schlesiens Ritterburgen, in Ministerialen- und Patrizierkreisen, eifrig las, die Werke unserer großen Epiker wie auch die späteren Legendendichtungen, das färbte auch die Namengebung dieser höfischen Schichten: Iwan und Gawan (Walwan), Tristram und Isolde, Wigalous und Enede/Eneyde, Gelfrad und Wolfhart, Alexius und Sander und dergleichen mehr sind uns in schlesischen Urkunden überliefert. Dem Volke aber waren die Stoffe der Helden- und Spielmannsdichtung vertrauter, und davon zeugt noch heute unsere Namenwelt. Der Heldensang der Nibelungen klingt nach in schles. Seidel und Riedel (Siegfried und Rüdiger), in Günther, Giernth und Geißler (Giselher), den königlichen Brüdern, auch in Wohlfahrt und Gelfert (Wolfhart und Gelfrat). Als germananische Personennamen entpuppen sich auch Geppert, Hilbrich und Weinhold, mundartlich völlig umfrisiert aus Gottfried, (Meier) Helmbrecht und Winand/Wignand und ähnlich die kontrahierten Arlt, Seibt und Weigt aus Arnold, Sibot/Sigbot und Wigand. Auch einige sehr alte Koseformen, um 1350 schon nicht mehr gebräuchlich, leben weiter in Göbel, Hertel, Reichel, Völkel, Weigel/Weigelt, Thamm und Ernst. Über das Schicksal der altdeut. Frauennamen handelt der Anhang „Metronymika“, über weitere Sproßformen von Männernamen der Anhang „Patronymika“.
2) Die kirchlichen Heiligennamen.
Ein gänzlich anderes Gepräge böte Schlesiens Namenlandschaft heute, wenn der Prozeß der Familiennamenbildung ein oder zwei Menschenalter später begonnen hätte. Wir hätten dann fast nur die Namenwelt der Kirche vor uns. Schon um 1400 betragen die Heiligennamen, gemessen an der Zahl der Namenträger, fast das Fünffache der altdeutschen, während zu Beginn des entscheidenden 14. Jahrhunderts sich beide Gruppen noch die Waage hielten (Vgl. Bahlow, Studien S. 116). Es überragen hier nun alle anderen: Johannes (d. i. der Täufer), der weitaus häufigste Rufname des Mittelalters, und Nikolaus als Patron der Kaufleute und Reisenden; mit etwas Abstand folgen die Apostel Petrus und Jakobus, während Paulus von Petrus stark beschattet wurde. Bezeichnend ist nun für die Weiterbildung der kirchlichen Namenwelt in Schlesien die Beteiligung von vier Sprachen: der deutschen Mundart und der drei slawischen Dialekte des Wendischen, Tschechischen und Polnischen. Eine ungeheuer bunte Menge Sproßformen ist das Ergebnis. Namen rein deutscher Lautgestalt wie Hensel, Nickel, Jäckel usw. wechseln mit regelrechten Mischformen, die ohne Vorgang dastehen und sich jeder Deutung mitunter hartnäckig widersetzen. In Hentschel, John und Hanke vor allem lebt Johannes fort, daneben auch in Jeschke, Jänisch, Jochmann und in vielen anderen; in Nitsche und Klose: Nikolaus. Besonders fruchtbar hat sich Petrus erwiesen: Pätzold und Pietsch sind seine Hauptvertreter, dazu die Mischform Peschel (Pischel, Pöschel), deutsch-tschechisch Pechmann, deutsch-polnisch Posselt, oberschlesisch Peschke, Perschke, Persig, mundartlich glätzisch Patzelt, Patzler neben Peßler. Ähnlich versteckt lebt auch Jakobus in Joppich, Jockisch, Kube, Kubisch (Gubisch), Kupke usw., während Paulus bescheidener mit Paschke und oberschlesisch. Pawel (Pabel) vertreten ist, wahrscheinlich auch mit Pallaske.