Handbuch der praktischen Genealogie/068: Unterschied zwischen den Versionen
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damals eine ansehnliche und weitläufige Stadt war, pflegte man mit dem eigentlichen Behördenverzeichnis zugleich ein Adreßbuch für die Residenz zu verbinden, indem man auch einige Privat- und Geschäftsleute aufnahm und durchgängig die Wohnungen angab. Dies Moment tritt nirgends stärker hervor als bei den preußischen Adreßkalendern. Bei ihnen kommt außerdem hinzu — und darin stehen sie vollkommen allein —, daß sie sich niemals und in keiner ihrer Arten auf das ganze Staatsgebiet erstreckten. Sie können aus diesen Gründen nicht den Anspruch machen, als eigentliche Staatshandbücher zu gelten; wenn sie auch für diese ein brauchbares Surrogat bilden, so tragen sie ihrer Entstehung und ihrem Inhalt nach doch mehr den Charakter eines systematisch angelegten städtischen Adreßbuches. Sie gehören in diesem Sinne einer seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts in Deutschland weit verbreiteten Literaturgattung an. Für eine ganze Reihe größerer Städte besitzen wir solche Bücher, die gewöhnlich den Titel „Das itztlebende...“ oder das | damals eine ansehnliche und weitläufige Stadt war, pflegte man mit dem eigentlichen Behördenverzeichnis zugleich ein Adreßbuch für die Residenz zu verbinden, indem man auch einige Privat- und Geschäftsleute aufnahm und durchgängig die Wohnungen angab. Dies Moment tritt nirgends stärker hervor als bei den preußischen Adreßkalendern. Bei ihnen kommt außerdem hinzu — und darin stehen sie vollkommen allein —, daß sie sich niemals und in keiner ihrer Arten auf das ganze Staatsgebiet erstreckten. Sie können aus diesen Gründen nicht den Anspruch machen, als eigentliche Staatshandbücher zu gelten; wenn sie auch für diese ein brauchbares Surrogat bilden, so tragen sie ihrer Entstehung und ihrem Inhalt nach doch mehr den Charakter eines systematisch angelegten städtischen Adreßbuches. Sie gehören in diesem Sinne einer seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts in Deutschland weit verbreiteten Literaturgattung an. Für eine ganze Reihe größerer Städte besitzen wir solche Bücher, die gewöhnlich den Titel „Das itztlebende...“ oder das „jetztflorierende...“{{Druckfehler|Öffnendes Anführungszeichen fehlt}} führten. Obwohl vorzugsweise die öffentlichen Ämter und Kollegien berücksichtigend, waren sie doch weniger für den Gebrauch der Behörden als vielmehr für die „polite Welt“, insbesondere die durchreisenden Fremden bestimmt, die nicht nur über „die Verfassung des Regiments und Kirchenstaats", sondern auch über den genauen Namen und Titel der berühmtesten Persönlichkeiten einer Stadt unterrichtet sein wollten. Das Beispiel, das diese oder jene besonders bedeutende Stadt in dieser Hinsicht gab, fand in anderen Städten bald Nachfolge. Der schon erwähnte Wiener Kalender wurde nicht nur für den Berliner Adreßkalender, sondern auch für verschiedene andere ähnliche Bücher, wie namentlich das „itztlebende Breslau“ vorbildlich, dessen direkte Fortsetzung die „Schlesische Instanzien-Notiz“ bildet. An das Muster des „Itztlebenden Leipzig" schloß sich das 1701 erschienene „jetztlebende Halle“ an, das wahrscheinlich als das älteste Adreßbuch einer preußischen Stadt überhaupt zu betrachten ist. | ||
{{NE}}Die Anfänge des Berliner Adreßkalenders gingen von der brandenburgischen Sozietät der Wissenschaften aus, der durch das Patent vom 10. Mai 1700 die Herausgabe aller Kalender im ganzen Umkreis des Staatsgebietes übertragen worden war. Ein erster Versuch erschien 1704 unter dem nicht völlig zutreffenden Titel „Das jetztlebende Königlich-Preußische und Curfürstlich-Brandenburgische Haus", ein zweiter im Anschluß an den Wiener Hofkalender und an das in Hamburg erscheinende europäische genealogische Handbuch „Die | {{NE}}Die Anfänge des Berliner Adreßkalenders gingen von der brandenburgischen Sozietät der Wissenschaften aus, der durch das Patent vom 10. Mai 1700 die Herausgabe aller Kalender im ganzen Umkreis des Staatsgebietes übertragen worden war. Ein erster Versuch erschien 1704 unter dem nicht völlig zutreffenden Titel „Das jetztlebende Königlich-Preußische und Curfürstlich-Brandenburgische Haus", ein zweiter im Anschluß an den Wiener Hofkalender und an das in Hamburg erscheinende europäische genealogische Handbuch „Die durchläuchtige Welt“.<ref>Die Durchläuchtige Welt, oder Kurtzgefaßte Genealogische, Historische und Politische Beschreibung meist aller jetzt lebenden Durchläuchtigen Hohen Personen, sonderlich in Europa. Hamburg, bei Benjamin Schiller, 1701 und 1704.</ref> In der 1704 erschienenen Form ist dann der Berliner Adreßkalender bis auf die Gegenwart fortgeführt worden. 1838—1846 entwickelte er die Tendenz, sich zu einem brandenburgischen Provinzial-Adreßkalender auszuwachsen: nicht nur daß 1843—1845 und 1847 ein Verzeichnis der Patrimonialgerichte der Mark Brandenburg hinzutrat, vor allem wurde von Jahr zu Jahr eine Stadt nach der anderen hinzugezogen, <noinclude> | ||
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Handbuch der praktischen Genealogie | |
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Band 2 Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI | |
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damals eine ansehnliche und weitläufige Stadt war, pflegte man mit dem eigentlichen Behördenverzeichnis zugleich ein Adreßbuch für die Residenz zu verbinden, indem man auch einige Privat- und Geschäftsleute aufnahm und durchgängig die Wohnungen angab. Dies Moment tritt nirgends stärker hervor als bei den preußischen Adreßkalendern. Bei ihnen kommt außerdem hinzu — und darin stehen sie vollkommen allein —, daß sie sich niemals und in keiner ihrer Arten auf das ganze Staatsgebiet erstreckten. Sie können aus diesen Gründen nicht den Anspruch machen, als eigentliche Staatshandbücher zu gelten; wenn sie auch für diese ein brauchbares Surrogat bilden, so tragen sie ihrer Entstehung und ihrem Inhalt nach doch mehr den Charakter eines systematisch angelegten städtischen Adreßbuches. Sie gehören in diesem Sinne einer seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts in Deutschland weit verbreiteten Literaturgattung an. Für eine ganze Reihe größerer Städte besitzen wir solche Bücher, die gewöhnlich den Titel „Das itztlebende...“ oder das „jetztflorierende...“[GWR 1] führten. Obwohl vorzugsweise die öffentlichen Ämter und Kollegien berücksichtigend, waren sie doch weniger für den Gebrauch der Behörden als vielmehr für die „polite Welt“, insbesondere die durchreisenden Fremden bestimmt, die nicht nur über „die Verfassung des Regiments und Kirchenstaats", sondern auch über den genauen Namen und Titel der berühmtesten Persönlichkeiten einer Stadt unterrichtet sein wollten. Das Beispiel, das diese oder jene besonders bedeutende Stadt in dieser Hinsicht gab, fand in anderen Städten bald Nachfolge. Der schon erwähnte Wiener Kalender wurde nicht nur für den Berliner Adreßkalender, sondern auch für verschiedene andere ähnliche Bücher, wie namentlich das „itztlebende Breslau“ vorbildlich, dessen direkte Fortsetzung die „Schlesische Instanzien-Notiz“ bildet. An das Muster des „Itztlebenden Leipzig" schloß sich das 1701 erschienene „jetztlebende Halle“ an, das wahrscheinlich als das älteste Adreßbuch einer preußischen Stadt überhaupt zu betrachten ist.
Die Anfänge des Berliner Adreßkalenders gingen von der brandenburgischen Sozietät der Wissenschaften aus, der durch das Patent vom 10. Mai 1700 die Herausgabe aller Kalender im ganzen Umkreis des Staatsgebietes übertragen worden war. Ein erster Versuch erschien 1704 unter dem nicht völlig zutreffenden Titel „Das jetztlebende Königlich-Preußische und Curfürstlich-Brandenburgische Haus", ein zweiter im Anschluß an den Wiener Hofkalender und an das in Hamburg erscheinende europäische genealogische Handbuch „Die durchläuchtige Welt“.[1] In der 1704 erschienenen Form ist dann der Berliner Adreßkalender bis auf die Gegenwart fortgeführt worden. 1838—1846 entwickelte er die Tendenz, sich zu einem brandenburgischen Provinzial-Adreßkalender auszuwachsen: nicht nur daß 1843—1845 und 1847 ein Verzeichnis der Patrimonialgerichte der Mark Brandenburg hinzutrat, vor allem wurde von Jahr zu Jahr eine Stadt nach der anderen hinzugezogen,
- ↑ Die Durchläuchtige Welt, oder Kurtzgefaßte Genealogische, Historische und Politische Beschreibung meist aller jetzt lebenden Durchläuchtigen Hohen Personen, sonderlich in Europa. Hamburg, bei Benjamin Schiller, 1701 und 1704.
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