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Version vom 29. Juli 2006, 19:32 Uhr
Hierarchie
Regional > Vertreibung > Vertreibung/Definitionen
Einleitung
Nach Ende des 2. Weltkriegs wurden über mehr als 12,5 Millionen Deutsche bzw. Deutsch-Ethnische Menschen aus ihrer Heimat (Ostpreußen, Pommern, Schlesien, Westpreußen, das Ost-Brandenburg, Böhmen, Mähren, Österreich-Schlesien, Ungarn u.a.) nach Deutschland oder Österreich vertrieben oder mussten flüchten. Ungefähr 9-10 Mio. dieser Vertriebenen und Flüchtlinge stammten aus den Gebieten des Deutschen Reichs und ehemaligen, jahrhundertealten deutschen Siedlungsgebieten in Mittel- und Osteuropa; ca. 3,0 Mio. waren vertriebene Deutsch-Ethnische Menschen aus dem sogenannten Sudetenland. Weitere Details hierzu siehe:
Flüchtling
Ein Flüchtling ist gemäß Genfer Flüchtlingskonvention eine Person, "die aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will". [v2]
Vertriebener
Auszug aus dem § 1 Bundesvertriebenengesetz
(1) Vertriebener ist, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger seinen Wohnsitz in den ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstande vom 31. Dezember 1937 hatte und diesen im Zusammenhang mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht, verloren hat. Bei mehrfachem Wohnsitz muß derjenige Wohnsitz verlorengegangen sein, der für die persönlichen Lebensverhältnisse des Betroffenen bestimmend war. Als bestimmender Wohnsitz im Sinne des Satzes 2 ist insbesondere der Wohnsitz anzusehen, an welchem die Familienangehörigen gewohnt haben.
(2) Vertriebener ist auch, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger | |||
1. | nach dem 30. Januar 1933 die in Absatz 1 genannten Gebiete verlassen und seinen Wohnsitz außerhalb des Deutschen Reiches genommen hat, weil aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen gegen ihn verübt worden sind oder ihm drohten, | ||
2. | auf Grund der während des zweiten Weltkrieges geschlossenen zwischenstaatlichen Verträge aus außerdeutschen Gebieten oder während des gleichen Zeitraumes auf Grund von Maßnahmen deutscher Dienststellen aus den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten umgesiedelt worden ist (Umsiedler), | ||
3. | nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 1. Juli 1990 oder danach im Wege des Aufnahmeverfahrens vor dem 1. Januar 1993 die ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete, Danzig, Estland, Lettland, Litauen, die ehemalige Sowjetunion, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien oder China verlassen hat oder verläßt, es sei denn, daß er, ohne aus diesen Gebieten vertrieben und bis zum 31. März 1952 dorthin zurückgekehrt zu sein, nach dem 8. Mai 1945 einen Wohnsitz in diesen Gebieten begründet hat (Aussiedler), | ||
Weitere Details zum §1 Satz (2) und folgende, siehe direkt in u.g. Quelle. |
(wörtlich zitiert: Bundesvertriebenengesetz, Erster Abschnitt, Allgemeine Bestimmungen. - zit. nach [100])
Heimatvertriebener
Auszug aus dem § 2 Bundesvertriebenengesetz
(1) Heimatvertriebener ist ein Vertriebener, der am 31. Dezember 1937 oder bereits einmal vorher seinen Wohnsitz in dem Gebiet desjenigen Staates hatte, aus dem er vertrieben worden ist (Vertreibungsgebiet), und dieses Gebiet vor dem 1. Januar 1993 verlassen hat; die Gesamtheit der in § 1 Abs. 1 genannten Gebiete, die am 1. Januar 1914 zum Deutschen Reich oder zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie oder zu einem späteren Zeitpunkt zu Polen, zu Estland, zu Lettland oder zu Litauen gehört haben, gilt als einheitliches Vertreibungsgebiet.
(wörtlich zitiert: Bundesvertriebenengesetz, Erster Abschnitt, Allgemeine Bestimmungen. - zit. nach [100], [101])
Sowjetzonenflüchtling
Auszug aus dem § 3 Bundesvertriebenengesetz
(1) Sowjetzonenflüchtling ist ein deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger, der seinen Wohnsitz in der sowjetischen Besatzungszone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin hat oder gehabt hat und von dort vor dem 1. Juli 1990 geflüchtet ist, um sich einer von ihm nicht zu vertretenden und durch die politischen Verhältnisse bedingten besonderen Zwangslage zu entziehen. Eine besondere Zwangslage ist vor allem dann gegeben, wenn eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben oder die persönliche Freiheit vorgelegen hat. Eine besondere Zwangslage ist auch bei einem schweren Gewissenskonflikt gegeben. Wirtschaftliche Gründe sind als besondere Zwangslage anzuerkennen, wenn die Existenzgrundlage zerstört oder entscheidend beeinträchtigt worden ist oder wenn die Zerstörung oder entscheidende Beeinträchtigung nahe bevorstand.
(wörtlich zitiert: Bundesvertriebenengesetz, Erster Abschnitt, Allgemeine Bestimmungen. - zit. nach [100])
Deutscher
Deutscher im Sinne des Grundgesetzes (GG), Artikel 116 Abs. 1
(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.
(wörtlich zitiert: Grundgesetz, Artikel 116, Abs.1. - zit. nach [102])
Statusdeutscher
Statusdeutscher ist derjenige Deutsche, der gemäß Artikel 116, Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist, ohne die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen. D.h. ein Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder dessen Ehegatte oder Abkömmling, der im Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. 12. 1937 Aufnahme gefunden hat. Sie sind den deutschen Staatsangehörigen in jeder Beziehung gleichgestellt. Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetz bewirkt damit die statusrechtliche Gleichstellung von Flüchtlingen, Vertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern mit den deutschen Staatsangehörigen.
Das Bundesvertriebenengesetz (BVFG) ist für die Vertriebenen und Flüchtlinge das wichtigste Ausführungsgesetz zu Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. [101]
Deutscher Staatsangehöriger
Nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetz (GG) ist Deutscher im Sinne des GG, vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
siehe auch Statusdeutscher und Deutscher Volkszugehöriger
Deutscher Volkszugehöriger
Deutscher Volkszugehöriger nach § 6 Volkszugehörigkeit, Bundesvertriebenengesetz
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum oder die rechtliche Zuordnung zur deutschen Nationalität muss bestätigt werden durch die familiäre Vermittlung der deutschen Sprache. Diese ist nur festgestellt, wenn jemand im Zeitpunkt der Aussiedlung aufgrund dieser Vermittlung zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen kann. Ihre Feststellung entfällt, wenn die familiäre Vermittlung wegen der Verhältnisse in dem jeweiligen Aussiedlungsgebiet nicht möglich oder nicht zumutbar war. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch aufgrund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
(wörtlich zitiert: Bundesvertriebenengesetz, Erster Abschnitt, Allgemeine Bestimmungen. - zit. nach [100])
Weitere personenbezogene Definitionen
Aussiedler
Aussiedler sind Angehörige jener deutschen Minderheiten in Ostmittel- und Osteuropa bzw. Zentralasien, die 1945 bis 1949 nicht vertrieben wurden und seit 1950 als Einwanderer in die Bundesrepublik Deutschland gelangten. Die gesetzliche Grundlage für diese Form ethnischer Migration bilden das Bundesvertriebenengesetz in Verbindung mit Artikel 116 Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Seit 1993 regelt das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz die Zuwanderung von Spätaussiedlern nach Deutschland. Hauptherkunftsländer für Aussiedler waren seit 1950 Polen, Rumänien und die Sowjetunion bzw. deren Nachfolgestaaten (insbesondere die Russische Föderation und Kasachstan). Aussiedler oder Spätaussiedler sind meist die Nachkommen deutscher Auswanderer nach Osteuropa. Sie besitzen laut Grundgesetz (Artikel 116, Abs. 1) die deutsche Volkszugehörigkeit wenn sie nach Deutschland kommen und haben einen Anspruch auf Einbürgerung. [v2]
Siehe auch: Spätaussiedler sowie die Karte Deutscher Siedlungsgebiete in Mittel- und Osteuropa
Displaced Persons (DPs)
Displaced Persons waren während des Zweiten Weltkrieges heimatlos gewordene Menschen. Der Begriff umfasst insbesondere nach Deutschland verschleppte Zwangsarbeiter, meist aus Ostmittel- und Osteuropa, die Überlebenden der Konzentrationslager und aus ihren Heimatländern geflüchtete oder vertriebene Menschen. Für die Unterbringung in Lagern und die Vorbereitung der Repatriierung der DPs waren die alliierten Besatzungsmächte und die UNRRA zuständig.
[v2]
Heimatloser
Heimatlose Ausländer ist ein besonderer Aufenthaltsstatus, den in Deutschland noch etwa 15 000 Menschen besitzen (1990: 39.000). Es handelt sich hierbei um noch lebende "displaced persons" (Verschleppte) aus dem Zweiten Weltkrieg. Ihre Rechte sind im Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. April 1951 (HeimatlAuslG, BGBl. I 269, zuletzt geändert durch das Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004, Sartorius I Hauptbd., Rz 563) geregelt. Sie bedürfen - abweichend vom Aufenthaltsgesetz (früher: Ausländergesetz) keiner Aufenthaltsgenehmigung. [103]
Spätaussiedler
Auszug aus dem § 4 Bundesvertriebenengesetz
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion, Estland, Lettland oder Litauen nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
1. | seit dem 8. Mai 1945 oder |
2. | nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder |
3. | seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, daß Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben, |
seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte. |
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, daß er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Nichtdeutsche Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(wörtlich zitiert: Bundesvertriebenengesetz, Erster Abschnitt, Allgemeine Bestimmungen. - zit. nach [100])
Siehe auch: Aussiedler
Übersiedler
Ein Übersiedler ist ein aus der Sowjet-Besatzungszone (SBZ)/Deutschen Demokratischen Republik (DDR) oder Ost-Berlin geflohener oder sonst ausgereister Deutscher. [103]
Umsiedler
Ein Umsiedler ist ein im Zuge des 2. Weltkriegs zwangsweise umgesiedelter deutscher Volkszugehöriger. [103]
Begriffliche Definitionen
Abschiebung
Ist die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht eines Ausländers, der aus dem Hoheitsgebiet eines Staates entfernt wird. Die Abschiebung darf laut Genfer Flüchtlingskonvention nicht in einen Staat erfolgen, der den Flüchtling mit dem Tod bedroht oder ihn wegen seiner Rasse, Religion oder politischen Überzeugung verfolgt. [v2]
Auswanderung
siehe: Emigration
Deportation
Zwangsweise Umsiedlung von Individuen oder Gruppen innerhalb eines Staates. (wörtlich zitiert nach: [v2])
Erfolgt die Vertreibung von Menschen von ihren Wohngebieten durch einen Staat innerhalb seines eigenen Staatsgebiets, so nennt man dies im deutschen Sprachgebrauch Deportation, während im Englischen deportation sowohl die innerstaatliche Verbannung als auch die Ausweisung aus dem Staatsgebiet oder Machtbereich umfasst.
(Prof. Dr. jur. Rudolf Streinz, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht der Universität Bayreuth.
(wörtlich zit. nach [56], Seite 324).
Emigration
Emigration bezeichnet den Vorgang wenn Menschen aus politischen, sozialen, ökonomischen, religiösen oder ethnischen Gründen ihren Heimatstaat verlassen. Emigration ist das freiwillige oder erzwungene Verlassen des Heimatlandes. Das Gegenteil von Emigration ist Immigration. [103]
Ethnische Säuberung
Verharmlosende Bezeichnung für die gewaltsame Entfernung einer ethnischen oder anderweitig ausgezeichneten Gruppe aus einer Region. Der Ausdruck wurde in der Propagandasprache der serbischen Führung des seit 1990 zerfallenden jugoslawischen Staates verwendet. Obwohl er 1992 zum Unwort des Jahres erklärt wurde, ist er allgemein für Vertreibung und Völkermord in Bosnien gebräuchlich. Der Begriff hat allerdings eine längere Geschichte und wurde bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Tschechen (oysta), Polen (oczyszczanie), Deutschen (Säuberung) und Franzosen (purification) verwendet. (wörtlich zitiert nach: [v2])
Genozid
Völkermord bzw. systematische Vernichtung eines Volkes oder einer Volksgruppe, in der Regel durch staatliche Gewalt. Der Begriff wurde 1944 durch den Juristen Raphael Lemkin in seinem Buch „Axis Rule in Occupied Europe“ geprägt. Im Jahr 1948 wurde diese Definition Bestandteil der UN-Völkerrechtsdeklaration. Das bekannteste Beispiel eines Genozids ist der Holocaust an den europäischen Juden. Der erste Völkermord in Europa ereignete sich bereits im Jahr 1915, als die Armenier im Osmanischen Reich vernichtet wurden. Für dieses Ereignis ist der Begriff allerdings bis heute strittig. (wörtlich zitiert nach: [v2])
Heim ins Reich-Politik
Die sogenannte "Heim ins Reich-Politik" und dafür abgeschlossene Verträge mit verschiedenen Staaten, verfolgte von 1939-1944 das Ziel, Deutsch-Ethnische Volksgruppen, die z.T. seit Jahrhunderten in Ost- und Südosteuropa als Minderheiten lebten, in geschlossen deutsch besiedelte Deutsche Reichsgebiete zurückzubringen. Es handelt sich hierbei um Umsiedlung deutscher Minderheiten. Siehe ausführlicher unter: Heim ins Reich-Politik
Migration
Ein Begriff aus dem moderneren Sprachgebrauch. Es bedeutet wörtlich Wanderung, also das (räumliche) Überschreiten von Grenzen, seien diese international (Außengrenzen) oder national bzw. regional (Binnengrenzen). Migration kann auf eine begrenzte Zeit (temporäre Migration) oder auf Dauer (permanente Migration) stattfinden. Migration kann freiwillig oder unfreiwillig erfolgen. Von freiwilliger Migration spricht man, wenn Migranten aus eigenem Entschluss auswandern, von unfreiwilliger Migration dagegen, wenn ein Staat Einzelpersonen oder Gruppen ausweist. (wörtlich zitiert nach: [v2])
Repatriierung
Dies ist ein völkerrechtlicher Begriff. Er bezeichnet die Rückführung von Personen, die sich außerhalb ihres Heimatstaates befinden, durch den Aufenthaltsstaat und die Wiederaufnahme im Heimatstaat. Repatriierung wird vor allem im Zusammenhang mit Kriegsereignissen (Kriegsgefangene, Evakuierte) verwendet. Der Begriff ist völkerrechtlich in der Genfer Flüchtlingskonvention geregelt. Im weiteren Sinn kann er auch die Zurückholung von Personen oder Gruppen in das Vaterland (= Lateinisch patria, also den eigenen Nationalstaat, in dem die Nation lebt) bedeuten bzw. die Umsiedlung von Bevölkerungsteilen eigener ethnischer oder ethnisch ähnlicher Herkunft, die außerhalb des Nationalstaats leben. [v2]
Umsiedlung
Politisch gewollter und meist vertraglich geregelter Transfer von Bevölkerungsgruppen. (wörtlich zitiert nach: [v2])
Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Das Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist ein Tatbestand des Völkerstrafrechts. Der Begriff ist relativ neu. Er wurde während des 2. Weltkriegs mehrfach verwendet, um grobe und systematische Verstöße gegen die Haager und Genfer Konventionen zu kennzeichnen. Jedoch erst mit dem Londoner Abkommen vom 8. August 1945 wurde dieser Begriff juristisch definiert.
"Artikel 6(c) des Statuts des Internationalen Militärtribunals definiert":
Mord, Ausrottung, Versklavung, Deportation oder andere unmenschliche Handlungen, begangen an irgendeiner Zivilbevölkerung vor oder während des Krieges.
Der völkerrechtliche Straftatbestand "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" wurde juristisch erstmals 1948 zur Verfolgung der Nazi-Verbrechen definiert (Genozid). Diese Vorgehensweise war damals umstritten, da nach rechtsstaatlichen Prinzipien eigentlich nur Verbrechen verfolgt werden können, die nach dem Erlass des entsprechenden Gesetzes begangen wurden (nulla poena sine lege, keine Strafe ohne Gesetz). Seit 2002 besteht der Internationale Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag als ständige Institution zur Verfolgung dieser Verbrechen. Der ICC berücksichtigt den oben genannten Rechtsgrundsatz und darf nur Straftaten verfolgen, die nach dem Inkrafttreten des internationalen Strafrechts begangen worden sind. (wörtlich zitiert nach: [v2])
Vertreibung
Als völkerrechtlich relevanter Begriff wird unter Vertreibung die durch Gewalt oder sonstige Zwangsmittel bewirkte Verdrängung der Bevölkerung aus ihrer Heimat verstanden. Völkerrechtlich werden zwei Arten von Vertreibungen unterschieden:
- Der Staat vertreibt eigene Staatsangehörige in das Gebiet des die Flüchtlinge freiwillig oder notgedrungen aufnehmenden Mutter- oder Asylstaats, um sich unerwünschter Minderheiten zu entledigen
- Der Staat vertreibt fremde Staatsangehörige aus den von ihm kriegerisch besetzten Gebiet eines fremden Staates in andere Teil dieses Staates, um das Gebiet zu annektieren und mit eigenen Staatsangehörigen zu besiedeln.
Völkerrechtlich sind beide Arten der Vertreibung zwar verschieden zu beurteilen, in beiden Fällen ergibt sich jedoch die Völkerrechtswidrigkeit.
(Prof. Dr. jur. Rudolf Streinz, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht der Universität Bayreuth.
(wörtlich zit. nach [56], Seite 324).
Völkermord
Die Merkmale des Begriffs Völkermord wurden in der UNO-Konvention vom 9. Dez. 1948 zur Verhinderung und Bestrafung von Völkermord festgelegt. Nach Artikel II. der Konvention bedeutet Völkermord eine der nachfolgenden Handlungen, die in der Absicht begangen werden, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solches ganz oder teilweise zu zerstören:
a) Tötung von Mitglieder der Gruppe
b) Verursachung von schweren körperlichen oder seelischen Schaden an den Mitglieder der Gruppe;
c) Vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet ist, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen
Zwangsmigration
Ein Begriff aus dem moderneren Sprachgebrauch. Umschreibt die gewaltsame Umsiedlung oder auch Vertreibung von Menschen aus ihren angestammten Wohn- und Siedlungsgebieten. [v2]
Staatsangehörigkeit
Staatsangehörigkeit/Staatsbürgerschaft
Das Wort Staatangehörigkeit ist ein rein deutscher Begriff, der ausschließlich als rechtliche Beziehung zwischen einer natürlichen Person und dem deutschen Staat verstanden wird. Die Staatsangehörigkeit/Staatsbürgerschaft ist ein Rechts- und Schutzverhältnis zwischen einer natürlichen Person und einem Staat, aus dem sich bestimmte (staatsbürgerliche) Rechte (z.B. Wahlrecht) und Pflichten (z.B. Steuerpflicht) ergeben. Die Staatsbürgerschaft wird in Staaten unterschiedlich geregelt. Prinzipiell wird unterschieden zwischen
1) Staatsbürgerschaft, die aufgrund des Abstammungsprinzips (ius sanguinis = lat.: Recht des Blutes) erworben wird, d.h. das Kind erhält die Staatsbürgerschaft der Eltern, eines Elternteils oder bei Unehelichkeit die der Mutter (gilt in Deutschland, nach Artikel 116 Abs. 1 und Art. 16 Abs. 1 GG) und
2) Staatsbürgerschaft, die aufgrund des Territorialprinzips (ius soli = lat.: Recht des Bodens) erworben wird, d.h. das Kind erhält die Staatsbürgerschaft des Staates, in dem es geboren wurde (gilt z.B. in den USA). Darüber hinaus kann die Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung, Legitimation oder Annahme an Kindes statt erworben werden.
Nach Artikel 16 Abs.1 Grundgesetz (GG) darf die deutsche Staatsangehörigkeit (Staatsbürgerschaft) nicht zwangsweise entzogen werden und die Ausweisung von Deutschen aus Deutschland ist verfassungsrechtlich untersagt. [104]
Organisationen
UNRRA
Die United Nations Relief and Rehabilitation Administration war eine Organisation der Vereinten Nationen deren Hauptaufgabe die Rückführung von Displaced Persons in ihre Heimatländer war. Die UNRRA existierte vom 9. November 1943 bis zum 30. Juni 1947.
Gesetze
Bundesvertriebenengesetz (BVFG)
Das Bundesvertriebenengesetz wurde in der Bundesrepublik Deutschland 1952 erlassen. Es regelte die Anerkennung der Flüchtlinge und Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und Ostmittel- bzw. Osteuropa. Flüchtlingen und Vertriebenen wurde auf Grund des Bundesvertriebenengesetzes ein spezieller Status zuerkannt (Vertriebenenausweis A und B), der sie zu bestimmten Leistungen berechtigte. Auch Flüchtlinge aus der SBZ/DDR waren in das BVFG eingeschlossen (Einführung des Vertriebenenausweises C). Sieh auch: Sowjetzonenflüchtling
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG)
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland war 1949 als Verfassung der Bundesrepublik entstanden. Die Ordnung des Grundgesetzes galt von 1949 bis 1989 nur für den damaligen westlichen Teil Deutschlands. Der Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zum Grundgesetz (EinigVtr. v. 31.08.1990, II 889, 890 - 892) hat zur Folge, dass dieses heute für das geeinte Deutschland als dessem Verfassung gilt. [105]
Online Fassung des GG siehe: [102]
Artikel 116 Abs. 1 Grundgesetz
(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.
(wörtlich zitiert: Grundgesetz, Artikel 116. - zit. nach [102])
Lastenausgleich
Das Lastenausgleichsgesetz von 1952 regelte in (West-)Deutschland die materielle Entschädigung von Flüchtlingen und Vertriebenen. Der Ausgleich betraf Schäden und Verluste infolge der Vertreibungen und Zerstörungen der Kriegs- und Nachkriegszeit sowie die Milderung von Härten, die infolge der Währungsreform eingetreten waren. Das Gesetz schuf die Grundlage dafür, dass ein Teil des verlorenen Eigentums und Vermögens der Vertriebenen durch Umverteilung des vorhandenen Volksvermögens ersetzt wurde. Zur Durchführung des Lastenausgleichs wurden Ausgleichsabgaben von der alteingesessenen Bevölkerung Westdeutschlands erhoben, eine groß angelegte Aktion staatlich verordneter nationaler Solidarität. [v2])
Sonstiges
Alliierter Kontrollrat
Der Alliierte Kontrollrat war nach dem Ende des 2. Weltkriegs das oberste Regierungsorgan der Besatzungsmächte in Deutschland und bestand aus den vier Oberbefehlshabern der Besatzungsarmeen. Er trat am 30. Juli 1945 erstmalig zusammen. Die im Potsdamer Abkommen festgelegten Ziele wurden vom Alliierten Kontrollrat in Proklamationen, Gesetzen und Befehlen umgesetzt, die dann in den jeweiligen Besatzungszonen Deutschlands durchgeführt werden sollten.
(wörtlich zitiert nach: [v2])
Genfer Flüchtlingskonvention
Die Genfer Flüchtlingskonvention ist ein "Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge" vom 28. Juli 1951, das am 1. Januar 1954 in Kraft trat. Die Genfer Flüchtlingskonvention legt den Personenkreis der Flüchtlinge fest. Ein Flüchtling ist eine Person, „die wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will ...“ (Art.1,2) Die Flüchtlingskonvention beinhaltet darüber hinaus Regelungen zum gesamten Lebensbereich von Flüchtlingen wie z.B. rechtlicher Status, Arbeit, Unterhalt. Insbesondere soll die Konvention Flüchtlinge vor willkürlichen Ausweisungen bzw. Abschiebungen schützen. [v2])
Potsdamer Abkommen
Das sogenannte Potsdamer Abkommen ist kein völkerrechtlicher Vertrag und kein Abkommen, sondern nur das protokollierte Schlußkommunique einer vom 17. Juli bis 2. Aug 1945 in Potsdam durchgeführten Konferenz der drei alliierten Siegermächte (Großbritannien, Sowjetunion, USA), (Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin). [101]
Die oft zitierte Aussage oder der Schluß, dass die Vertreibung der Deutschen aus den deutschen Ostgebiete sowie die Vertreibung der Sudetendeutschen durch die alliierten Siegermächte auf der Potsdamer Konferenz beschlossen wurde und somit die Berechtigung für diese Vertreibungen das sogn. »Potsdamer Protokoll« sei und Polen und die Tschechoslowakei mit den von ihnen durchgeführten Vertreibungen nur den Willen der Alliierten ausführten, ist unwahr. Zitat: "Nichts könnte von der Wahrheit weiter entfernt sein." ([61] Seite 79).
Weitere Details zur Entstehung des »Artikel XIII. des Potsdamer Protokolls« siehe hier
Quellenhinweise und Literatur
Benutzte Quellen
- [v2] The unwanted: Lexikon. Definitionen. - zit. nach: http://www.the-unwanted.com/leximid.html 11.11.2005
- [22] Potsdamer Abkommen 1945. Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin, vom 2. August 1945,
http://www.bundestag.de/parlament/geschichte/parlhist/dokumente/dok01.html; 11.11.2005
siehe hier auch: Streifzug durch die Geschichte, 1945 Potsdamer Abkommen
http://www.bundestag.de/parlament/geschichte/parlhist/streifzug/g1945/g1945_11.html; 11.11.2005 - [36] Potsdamer Konferenz, kompletter Text: The Berlin (Potsdam) Conference, July 17-August 2, 1945. zit. nach:
http://usa.usembassy.de/etexts/ga4-450801.pdf, 11.11.2005 und
The Avalon Project at Yale Law School (1997): A Decade of American Foreign Policy - The Berlin (Potsdam) Conference, July 17-August 2, 1945.
zit. nach: http://www.yale.edu/lawweb/avalon/decade/decade17.htm, 11.11.2005 - [56] Sudetendeutsches Archiv (1995): Odsun: die Vertreibung der Sudetendeutschen; Begleitband zur Ausstellung. - München: Sudetendeutsches
Archiv, 548 S.: Ill., graph. Darst., Kt.; ISBN: 3-930626-08-X - [61] de Zayas, Alfred (1992): Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Sudetendeutschen. Seite 89-96. - In: Hlawitschka, Eduard (1992): Die Politik von Dr. Edvard Benes und Mitteleuropa. - München: Verl.-Haus Sudetenland, 1994; 96 S.;
Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste. Kongress: Intern. Historiker- und Politologenkonferenz; (Prag):
1992.09.11-13.; ISBN: 3-930626-05-5 - [62] de Zayas, Alfred M. (1995): Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Sudetendeutschen: Eine ethnische Säuberung mit internationaler
Genehmigung. - In: [56] Seite 85-95
(Autor: Prof. Dr. jur., Dr. phil. Alfred M. de Zayas: Gastprofessor für Völkerrecht, Depaul-University, Chicago. Rechtsanwalt in
New York und Florida (USA). Völkerrechtler im Zentrum für Menschenrechte der Vereinten Nationen, ehem. Sekretär des
UNO-Menschenrechtsausschusses, ehema. Chef der Petitionsabteilung im Büro des Hochkommissars für Menschenrechte. - [100] Juris - BMJ (----): Bundesvertriebenengesetz (BVGF) - Gesetz über die Angelegenheit der Vertriebenen und Flüchtlinge. Vom 19.05.1953,
neugefasst 02.06.1993 I 829. - zit. nach: http://bundesrecht.juris.de/bvfg/BJNR002010953.html 19.11.2005 - [101] Kimminich, Otto (1995): Flucht und Vertreibung, Aufnahme in Bayern: Der Völkerrechtliche Hintergrund. - In: Die Entwicklung Bayerns
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