Die Kirchenbücher der bayerischen Pfalz (1925)/XI: Unterschied zwischen den Versionen

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gewesen. Auch in den katholisch gebliebenen Teilen der Pfalz waren die KB mindestens
im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts ebenfalls eine allgemeine Einrichtung geworden.
Allerdings auch hier fanden die obrigkeitlichen Befehle nicht immer und überall Gehör.
Die Nachlässigkeit und Bequemlichkeit der Geistlichen zu überwinden, war auch hier
nicht leicht. Noch im 18. Jahrh. mahnt Bischof Damian Hugo in ausführlichen Erlassen,
in denen er sich auf die Anweisungen des Konzils von Trient und auf früher „schon
per generalia genugsam“ ergangene Verordnungen beruft, seine Pfarrer, die Einzeichnungen
in die KB „allezeit ... selbst mit eigener Hand zu thuen und nicht denen
Caplänen und Regularibus anzuvertrauen”. Er habe zu seinem großen Verdruß vernehmen
müssen, „daß sich bei ergebenden Tauff-, Sterb- und anderen Fällen nicht
wenige Pfarrer in der Annotirung in ihre Tauff- und Pfarr-Bücher so fahrlässig und
faul, auch ohngewissenhaft bezeigen, daß sie solche ... auf bloßes Vortragen und leere
Schwetzereyen ... oder aus bloßer Lauigkeit und Faulheit simpliciter einschreiben".<ref>Erlaß vom 6. April 1743. Druck, eingeklebt im kath. KB von Göcklingen.</ref>
Auch gelegentlich der Visitationen wurde manch säumiger Pfarrer, der „weder Getaufte,
Copulirte noch Verstorbene eingeschrieben“, scharf gerügt und mit Strafen belegt.<ref>StASp., Hochst. Speier fasc. ad 322 a u. 306 c/1.</ref>
Doch derartige Mahnungen waren, wie wir gesehen, auch anderwärts immer wieder und
wieder nötig. Sie ändern nichts an der Tatsache, daß die Einführung der KB in der
katholisch gebliebenen Pfalz nicht später erfolgte, als in den zur Reformation übergegangenen
Gebieten. Freilich da, wo die Diözese Speier in andere Herrschaftsgebiete hineinreichte,
können wir katholische KB in jener frühen Zeit nicht finden. Die katholischen
Pfarreien waren dort eben meistens verschwunden oder doch Beunruhigungen und Störungen
schwerster Art ausgesetzt, manche auch jahrelang gar nicht besetzt. Eine Ausnahme
bildete die Reichsstadt Landau, wo den Katholiken in der Ausübung ihrer Religion
keine Schwierigkeiten gemacht wurden. Frühzeitig entstanden denn auch in der dortigen
katholischen Pfarrei die KB: sie sind seit 1588 erhalten.
 
In den anderen Diözesen, deren Wirkungskreis sich auf einzelne Gebiete der
heutigen Pfalz erstreckte, in den Diözesen Mainz, Metz und Worms, erscheinen KB in
katholischen Gemeinden erst rund 100 Jahre später als in der Diözese Speier. Aber dort
hatten mit dem Eindringen der lutherischen Lehre die katholischen Pfarreien fast ausnahmslos
ihr Ende gefunden und waren in lutherische oder reformierte Pfarreien verwandelt
worden. Die Verbindung mit der Diözesanleitung war infolge dessen verloren
gegangen und blieb fast ein Jahrhundert unterbrochen. Nicht einmal die Grenzen der
Diözesen kannte man mehr.<ref>s. unter Nr. 694; vgl. auch Fabricius, Wilh., Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz,
Bd 5, 2 (Bonn 1913), 668 f.</ref>
Und wenn auch da und dort schon während des
30 jährigen Krieges unter dem Schutze kaiserlicher, französischer oder spanischer Truppen
den Katholiken freie Religionsübung möglich war, so handelte es sich doch stets um
vorübergehende Erscheinungen. Mit dem Abzug der katholischen Truppen wurden auch
die katholischen Geistlichen wieder vertrieben. Erst nach dem Ryswyker Frieden – in
den südöstlichen Teilen der Pfalz schon während der französischen Reunionen – begann
katholisches Leben sich wieder mehr zu rühren. Die seit der Reformation eingegangenen
Pfarreien erstanden teilweise wieder, andere wurden neu gegründet. Mit diesen Jahren
beginnen dann auch die katholischen KB zahlreicher zu werden.
 
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Wie groß ist nun heute noch der Bestand an pfälzischen KB? Wieviele könnten es
bei der Annahme, daß in allen Pfarreien KB geführt wurden, sein und von wievielen
Pfarreien sind tatsächlich die KB oder doch wenigstens Bruchstücke derselben noch
vorhanden?
 
Nach meiner Zählung, für deren Richtigkeit ich jedoch bei dem Mangel an verlässigen
Grundlagen nicht volle Gewähr geben kann, bestanden im 16. Jahrhundert in
der Zeit des ersten Aufkommens der KB in dem ganzen Gebiet der heutigen bayerischen
Pfalz 65 katholische, 99 lutherische und 154 reformierte Pfarreien. Im folgenden Jahrhundert
wurden 85 katholische, 17 lutherische und 1 reformierte, im 18. Jahrhundert
72 katholische, 40 lutherische und 23 reformierte Pfarreien errichtet, so daß es in dem
ganzen behandelten Zeitraum, also etwa von der Mitte des 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
222 katholische, 156 lutherische und 178 reformierte, insgesamt 556 Pfarreien
gegeben hatte. Diese Pfarreien bestanden jedoch nicht dauernd während der ganzen
2{{Bruch|1|2}} Jahrhunderte. Der häufige Religionswechsel der Landesherren hatte die Auflösung
oder Umwandlung gar mancher Pfarrei oft schon nach wenigen Jahren ihres Bestehens
zur Folge. Die vielen, das Land schwer heimsuchenden Kriege, welche die Bevölkerung
hinrafften und ganze Dörfer in einem Maße verwüsteten, daß sie zu Einzelhöfen zusammenschrumpften
oder ganz und gar verschwanden; die in ihrer Begleitung sich einstellende
 
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Aktuelle Version vom 8. Juni 2013, 19:30 Uhr

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Die Kirchenbücher der bayerischen Pfalz (1925)
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gewesen. Auch in den katholisch gebliebenen Teilen der Pfalz waren die KB mindestens im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts ebenfalls eine allgemeine Einrichtung geworden. Allerdings auch hier fanden die obrigkeitlichen Befehle nicht immer und überall Gehör. Die Nachlässigkeit und Bequemlichkeit der Geistlichen zu überwinden, war auch hier nicht leicht. Noch im 18. Jahrh. mahnt Bischof Damian Hugo in ausführlichen Erlassen, in denen er sich auf die Anweisungen des Konzils von Trient und auf früher „schon per generalia genugsam“ ergangene Verordnungen beruft, seine Pfarrer, die Einzeichnungen in die KB „allezeit ... selbst mit eigener Hand zu thuen und nicht denen Caplänen und Regularibus anzuvertrauen”. Er habe zu seinem großen Verdruß vernehmen müssen, „daß sich bei ergebenden Tauff-, Sterb- und anderen Fällen nicht wenige Pfarrer in der Annotirung in ihre Tauff- und Pfarr-Bücher so fahrlässig und faul, auch ohngewissenhaft bezeigen, daß sie solche ... auf bloßes Vortragen und leere Schwetzereyen ... oder aus bloßer Lauigkeit und Faulheit simpliciter einschreiben".[1] Auch gelegentlich der Visitationen wurde manch säumiger Pfarrer, der „weder Getaufte, Copulirte noch Verstorbene eingeschrieben“, scharf gerügt und mit Strafen belegt.[2] Doch derartige Mahnungen waren, wie wir gesehen, auch anderwärts immer wieder und wieder nötig. Sie ändern nichts an der Tatsache, daß die Einführung der KB in der katholisch gebliebenen Pfalz nicht später erfolgte, als in den zur Reformation übergegangenen Gebieten. Freilich da, wo die Diözese Speier in andere Herrschaftsgebiete hineinreichte, können wir katholische KB in jener frühen Zeit nicht finden. Die katholischen Pfarreien waren dort eben meistens verschwunden oder doch Beunruhigungen und Störungen schwerster Art ausgesetzt, manche auch jahrelang gar nicht besetzt. Eine Ausnahme bildete die Reichsstadt Landau, wo den Katholiken in der Ausübung ihrer Religion keine Schwierigkeiten gemacht wurden. Frühzeitig entstanden denn auch in der dortigen katholischen Pfarrei die KB: sie sind seit 1588 erhalten.

In den anderen Diözesen, deren Wirkungskreis sich auf einzelne Gebiete der heutigen Pfalz erstreckte, in den Diözesen Mainz, Metz und Worms, erscheinen KB in katholischen Gemeinden erst rund 100 Jahre später als in der Diözese Speier. Aber dort hatten mit dem Eindringen der lutherischen Lehre die katholischen Pfarreien fast ausnahmslos ihr Ende gefunden und waren in lutherische oder reformierte Pfarreien verwandelt worden. Die Verbindung mit der Diözesanleitung war infolge dessen verloren gegangen und blieb fast ein Jahrhundert unterbrochen. Nicht einmal die Grenzen der Diözesen kannte man mehr.[3] Und wenn auch da und dort schon während des 30 jährigen Krieges unter dem Schutze kaiserlicher, französischer oder spanischer Truppen den Katholiken freie Religionsübung möglich war, so handelte es sich doch stets um vorübergehende Erscheinungen. Mit dem Abzug der katholischen Truppen wurden auch die katholischen Geistlichen wieder vertrieben. Erst nach dem Ryswyker Frieden – in den südöstlichen Teilen der Pfalz schon während der französischen Reunionen – begann katholisches Leben sich wieder mehr zu rühren. Die seit der Reformation eingegangenen Pfarreien erstanden teilweise wieder, andere wurden neu gegründet. Mit diesen Jahren beginnen dann auch die katholischen KB zahlreicher zu werden.


Wie groß ist nun heute noch der Bestand an pfälzischen KB? Wieviele könnten es bei der Annahme, daß in allen Pfarreien KB geführt wurden, sein und von wievielen Pfarreien sind tatsächlich die KB oder doch wenigstens Bruchstücke derselben noch vorhanden?

Nach meiner Zählung, für deren Richtigkeit ich jedoch bei dem Mangel an verlässigen Grundlagen nicht volle Gewähr geben kann, bestanden im 16. Jahrhundert in der Zeit des ersten Aufkommens der KB in dem ganzen Gebiet der heutigen bayerischen Pfalz 65 katholische, 99 lutherische und 154 reformierte Pfarreien. Im folgenden Jahrhundert wurden 85 katholische, 17 lutherische und 1 reformierte, im 18. Jahrhundert 72 katholische, 40 lutherische und 23 reformierte Pfarreien errichtet, so daß es in dem ganzen behandelten Zeitraum, also etwa von der Mitte des 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts 222 katholische, 156 lutherische und 178 reformierte, insgesamt 556 Pfarreien gegeben hatte. Diese Pfarreien bestanden jedoch nicht dauernd während der ganzen 21/2 Jahrhunderte. Der häufige Religionswechsel der Landesherren hatte die Auflösung oder Umwandlung gar mancher Pfarrei oft schon nach wenigen Jahren ihres Bestehens zur Folge. Die vielen, das Land schwer heimsuchenden Kriege, welche die Bevölkerung hinrafften und ganze Dörfer in einem Maße verwüsteten, daß sie zu Einzelhöfen zusammenschrumpften oder ganz und gar verschwanden; die in ihrer Begleitung sich einstellende


  1. Erlaß vom 6. April 1743. Druck, eingeklebt im kath. KB von Göcklingen.
  2. StASp., Hochst. Speier fasc. ad 322 a u. 306 c/1.
  3. s. unter Nr. 694; vgl. auch Fabricius, Wilh., Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, Bd 5, 2 (Bonn 1913), 668 f.