Handbuch der praktischen Genealogie/342: Unterschied zwischen den Versionen
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waren alle jene Aristokraten in allen Germanenstaaten bis zur Zeit Karls des Großen überaus mächtige, sehr selbständige Grundherren mit einer großen Menge von ihnen, nicht direkt vom König abhängiger Leute hinter sich, und oft genug mußte der König mit ihnen kämpfen oder verhandeln und Kompromisse schließen, weil seine Befehle nicht beachtet wurden. Vor allem waren sehr selbständig die stammfremden oder im fremden Stammesgebiet eingesetzten Herzöge und Grafen, deren Untertänigkeit unter dem Frankenkönig die Herrschaft des Franken über entfernte, nur oberflächlich unterworfene Völkerschaften sicherstellen sollte: die Herzöge der Thüringer, Bayern, Alemannen und einiger Stämme in Frankreich. | |||
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===II. Genealogie und deutsche Rechtsgeschichte.=== | |||
====1. Die Karolingische Periode.==== | |||
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{{randtextre|Genealogie und deutsche Rechtsgeschichte. Die Karolingische Periode.}}{{NE}}Aus dem mächtigen großgrundherrlichen Beamtenadel der Merowinger ist das Haus der Karolinger hervorgegangen. Die direkten Vorfahren waren schon im 7. Jahrhundert ein bedeutendes Magnatengeschlecht.<ref>Die alte Erzählung vom merowingischen Ursprung der Karolinger in weiblicher Linie wie von ihrem südfranzösisch-lateinischen Ursprung in männlicher Linie dürfte allerdings ebenso wie die Nachricht vom göttlichen Ursprung der Merowinger ein später entstandenes dynastisches Märchen sein. Vgl. darüber neuerdings Saltat, L'origine méridionale des fausses généalogies carolingiennes. Toulouse 1902.</ref> Die Karolinger schufen sich bis zum Ende des 8. Jahrhunderts überall, wo sie erobernd und unterwerfend ihre Königsherrschaft durchsetzten, eine allen anderen Familien überlegene Sonderstellung zunächst wieder dadurch, daß sie etwa traditionell ebenbürtige Häuser radikal aus dem Wege räumten, so die Agilolfinger in Bayern, die Langobardenkönige. Die privilegierte Stellung der fränkischen Königsdynastie wurde bewußt und bestimmt an den Mannesstamm gebunden; so sehr, daß Söhne aus ebenbürtigen, aber von der Kirche nicht als Ehe anerkannten Verbindungen prinzipiell den entfernteren Stammesabkömmlingcn in der Nachfolge vorgezogen wurden (Arnulf; die Nachkommen Lothars II. von Frankreich). Das rein agnatische — also absolut auf den genealogischen Zusammenhang dem Mannesstamme nach gegründete Verwandtschaftssystem drang allerdings doch noch nicht ganz durch, wie die Ausschließung der Karolinger durch weibliche Nachkommen in Deutschland, Italien, Burgund, zuletzt sogar in Frankreich unter dem letzten aller Karolinger, Karl von Lothringen (durch die Capetinger, Deszendenten in weiblicher Linie), zeigt. Ein Fortschritt in dem System der rechtlichen Trennung des Königsgeschlechts von der übrigen Aristokratie ist also, trotz der deutlichen Bemühungen insbesondere Karls des Großen nach dieser Richtung, eigentlich nicht zu verzeichnen. | |||
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Band 2 Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI | |
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waren alle jene Aristokraten in allen Germanenstaaten bis zur Zeit Karls des Großen überaus mächtige, sehr selbständige Grundherren mit einer großen Menge von ihnen, nicht direkt vom König abhängiger Leute hinter sich, und oft genug mußte der König mit ihnen kämpfen oder verhandeln und Kompromisse schließen, weil seine Befehle nicht beachtet wurden. Vor allem waren sehr selbständig die stammfremden oder im fremden Stammesgebiet eingesetzten Herzöge und Grafen, deren Untertänigkeit unter dem Frankenkönig die Herrschaft des Franken über entfernte, nur oberflächlich unterworfene Völkerschaften sicherstellen sollte: die Herzöge der Thüringer, Bayern, Alemannen und einiger Stämme in Frankreich.
II. Genealogie und deutsche Rechtsgeschichte.
1. Die Karolingische Periode.
Genealogie und deutsche Rechtsgeschichte. Die Karolingische Periode. Aus dem mächtigen großgrundherrlichen Beamtenadel der Merowinger ist das Haus der Karolinger hervorgegangen. Die direkten Vorfahren waren schon im 7. Jahrhundert ein bedeutendes Magnatengeschlecht.[1] Die Karolinger schufen sich bis zum Ende des 8. Jahrhunderts überall, wo sie erobernd und unterwerfend ihre Königsherrschaft durchsetzten, eine allen anderen Familien überlegene Sonderstellung zunächst wieder dadurch, daß sie etwa traditionell ebenbürtige Häuser radikal aus dem Wege räumten, so die Agilolfinger in Bayern, die Langobardenkönige. Die privilegierte Stellung der fränkischen Königsdynastie wurde bewußt und bestimmt an den Mannesstamm gebunden; so sehr, daß Söhne aus ebenbürtigen, aber von der Kirche nicht als Ehe anerkannten Verbindungen prinzipiell den entfernteren Stammesabkömmlingcn in der Nachfolge vorgezogen wurden (Arnulf; die Nachkommen Lothars II. von Frankreich). Das rein agnatische — also absolut auf den genealogischen Zusammenhang dem Mannesstamme nach gegründete Verwandtschaftssystem drang allerdings doch noch nicht ganz durch, wie die Ausschließung der Karolinger durch weibliche Nachkommen in Deutschland, Italien, Burgund, zuletzt sogar in Frankreich unter dem letzten aller Karolinger, Karl von Lothringen (durch die Capetinger, Deszendenten in weiblicher Linie), zeigt. Ein Fortschritt in dem System der rechtlichen Trennung des Königsgeschlechts von der übrigen Aristokratie ist also, trotz der deutlichen Bemühungen insbesondere Karls des Großen nach dieser Richtung, eigentlich nicht zu verzeichnen.
Dagegen wurden die Magnaten des Reiches durch die Karolinger und zwar speziell durch Karl den Großen in eine rechtliche Sonderlage neuer Art gebracht.
- ↑ Die alte Erzählung vom merowingischen Ursprung der Karolinger in weiblicher Linie wie von ihrem südfranzösisch-lateinischen Ursprung in männlicher Linie dürfte allerdings ebenso wie die Nachricht vom göttlichen Ursprung der Merowinger ein später entstandenes dynastisches Märchen sein. Vgl. darüber neuerdings Saltat, L'origine méridionale des fausses généalogies carolingiennes. Toulouse 1902.