Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch (1887)/V (Vorwort): Unterschied zwischen den Versionen
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Vorliegendes Wörterbuch soll, wie schon der Titel andeutet, ein lateinisch-deutsches Schulwörterbuch im s t r e n g e r n Sinne des Wortes, d. h. weder mehr noch weniger als ein Wörterbuch für Schüler sein, das mithin unmittelbar nur den Bedürfnissen der Schüler, aber auf allen Stufen des Gymnasiums und in gehörigem Maße Rechnung trägt und genügt. Wenn ich mich aber zur Bearbeitung eines solchen Schulwörterbuches entschloß, so konnte mich dazu nur die Überzeugung bestimmen, daß durch die vorhandenen lexikalischen Werke dasselbe nicht überflüssig gemacht sei. Denn daß die größern lateinischen Wörterbücher, wie auch das treffliche Handwörterbuch von | Vorliegendes Wörterbuch soll, wie schon der Titel andeutet, ein lateinisch-deutsches Schulwörterbuch im s t r e n g e r n Sinne des Wortes, d. h. weder mehr noch weniger als ein Wörterbuch für Schüler sein, das mithin unmittelbar nur den Bedürfnissen der Schüler, aber auf allen Stufen des Gymnasiums und in gehörigem Maße Rechnung trägt und genügt. Wenn ich mich aber zur Bearbeitung eines solchen Schulwörterbuches entschloß, so konnte mich dazu nur die Überzeugung bestimmen, daß durch die vorhandenen lexikalischen Werke dasselbe nicht überflüssig gemacht sei. Denn daß die größern lateinischen Wörterbücher, wie auch das treffliche Handwörterbuch von | ||
G e o r g e s, zu weit über das Bedürfnis der Schule hinausgehen, wird schwerlich ein Schulmann in Abrede stellen; andere mir bekannte Wörterbücher sind wieder selbst für den Schulgebrauch zu dürftig oder dem heutigen Standpunkt der lateinischen Sprachwissenschaft zu wenig entsprechend. Das in mehrfacher Hinsicht recht zweckmäßige und schon als erstes eigentlich lateinisch-deutsches Schulwörterbuch verdienstliche Werk von I n g e r s l e v aber stimmt doch auch mit der Idee eines Schulwörterbuches, die mir vorschwebte, in mehreren wesentlichen Beziehungen nicht überein. Denn den Schülern, besonders der oberen Klassen, bietet dasselbe nach meinem Dafürhalten zunächst deshalb zu wenig, weil der Sprachschatz der klassischen und eigentlichen Schulschriftsteller selbst für den Schüler zu unvollständig und lückenhaft dargelegt ist, namentlich was die Konstruktionsverhältnisse und die Phraseologie betrifft. Ebenso aber erfährt der Schüler aus dem Ingerslevschen Wörterbuch viel zu wenig, worüber er doch jedenfalls und auch um ihm zugleich beim Lateinischschreiben die erforderliche Hilfe zu gewähren, besonders Auskunft erhalten muß, ob ein Wort, eine Bedeutung, Form, Konstruktion, Verbindung u. s. w. klassisch, nachklassisch, spätlateinisch, poetisch ist oder nicht, er wird aber auch, was ein noch größerer Übelstand ist, da der (Vorrede S. IX) aufgestellte Grundsatz: ′ Wo von einem Worte oder einer Phrase nichts gesagt ist, wird durch dieses Schweigen bezeichnet, daß das Wort sich auch bei jenen Verfassern [den klassischen Schriftstellern] findet, also gut klassisch ist′, durchaus nicht konsequent durchgeführt wird, sehr oft verleitet, vieles für klassisch oder prosaisch u. s. w. zu halten, was es keineswegs ist. | G e o r g e s, zu weit über das Bedürfnis der Schule hinausgehen, wird schwerlich ein Schulmann in Abrede stellen; andere mir bekannte Wörterbücher sind wieder selbst für den Schulgebrauch zu dürftig oder dem heutigen Standpunkt der lateinischen Sprachwissenschaft zu wenig entsprechend. Das in mehrfacher Hinsicht recht zweckmäßige und schon als erstes eigentlich lateinisch-deutsches Schulwörterbuch verdienstliche Werk von I n g e r s l e v aber stimmt doch auch mit der Idee eines Schulwörterbuches, die mir vorschwebte, in mehreren wesentlichen Beziehungen nicht überein. Denn den Schülern, besonders der oberen Klassen, bietet dasselbe nach meinem Dafürhalten zunächst deshalb zu wenig, weil der Sprachschatz der klassischen und eigentlichen Schulschriftsteller selbst für den Schüler zu unvollständig und lückenhaft dargelegt ist, namentlich was die Konstruktionsverhältnisse und die Phraseologie betrifft. Ebenso aber erfährt der Schüler aus dem Ingerslevschen Wörterbuch viel zu wenig, worüber er doch jedenfalls und auch um ihm zugleich beim Lateinischschreiben die erforderliche Hilfe zu gewähren, besonders Auskunft erhalten muß, ob ein Wort, eine Bedeutung, Form, Konstruktion, Verbindung u. s. w. klassisch, nachklassisch, spätlateinisch, poetisch ist oder nicht, er wird aber auch, was ein noch größerer Übelstand ist, da der (Vorrede S. IX) aufgestellte Grundsatz: ′ Wo von einem Worte oder einer Phrase nichts gesagt ist, wird durch dieses Schweigen bezeichnet, daß das Wort sich auch bei jenen Verfassern [den klassischen Schriftstellern] findet, also gut klassisch ist′, durchaus nicht konsequent durchgeführt wird, sehr oft verleitet, vieles für klassisch oder prosaisch u. s. w. zu halten, was es keineswegs ist.× | ||
Wie nun aber in diesen und andern Punkten auch das Schulwörterbuch von Ingerslev dem Schüler zu wenig bietet, so enthält es ebenfalls für denselben auch zu viel. Denn auch Ingerslev hat nicht bloß die lateinischen Schulschriftsteller berücksichtigt, sondern aus Prosaikern und Dichtern, die keineswegs zur Schullektüre gehören, von L u c r e z an bis auf G e l l i u s, vieles | Wie nun aber in diesen und andern Punkten auch das Schulwörterbuch von Ingerslev dem Schüler zu wenig bietet, so enthält es ebenfalls für denselben auch zu viel. Denn auch Ingerslev hat nicht bloß die lateinischen Schulschriftsteller berücksichtigt, sondern aus Prosaikern und Dichtern, die keineswegs zur Schullektüre gehören, von L u c r e z an bis auf G e l l i u s, vieles | ||
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× Belege hierzu bietet jede Seite des Buches, und ich begnüge mich daher, beispielsweise auf den Artikel ''abruptus'' zu verweisen, in welchem weder der Komparativ und Superlativ noch die eigentliche und tropische Bedeutung des Wortes (''abrupta contumacia, per abrupta, procellae abruptae, abruptum sermonis genus'') als nachklassisch bezeichnet ist und ebensowenig die Wendung in ''abruptum'' als poetisch. Vgl. ''abscessus, abscindo, abstergeo'' u. s. w. |
Aktuelle Version vom 28. März 2010, 15:56 Uhr
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- Vorrede zur ersten Auflage.
Vorliegendes Wörterbuch soll, wie schon der Titel andeutet, ein lateinisch-deutsches Schulwörterbuch im s t r e n g e r n Sinne des Wortes, d. h. weder mehr noch weniger als ein Wörterbuch für Schüler sein, das mithin unmittelbar nur den Bedürfnissen der Schüler, aber auf allen Stufen des Gymnasiums und in gehörigem Maße Rechnung trägt und genügt. Wenn ich mich aber zur Bearbeitung eines solchen Schulwörterbuches entschloß, so konnte mich dazu nur die Überzeugung bestimmen, daß durch die vorhandenen lexikalischen Werke dasselbe nicht überflüssig gemacht sei. Denn daß die größern lateinischen Wörterbücher, wie auch das treffliche Handwörterbuch von G e o r g e s, zu weit über das Bedürfnis der Schule hinausgehen, wird schwerlich ein Schulmann in Abrede stellen; andere mir bekannte Wörterbücher sind wieder selbst für den Schulgebrauch zu dürftig oder dem heutigen Standpunkt der lateinischen Sprachwissenschaft zu wenig entsprechend. Das in mehrfacher Hinsicht recht zweckmäßige und schon als erstes eigentlich lateinisch-deutsches Schulwörterbuch verdienstliche Werk von I n g e r s l e v aber stimmt doch auch mit der Idee eines Schulwörterbuches, die mir vorschwebte, in mehreren wesentlichen Beziehungen nicht überein. Denn den Schülern, besonders der oberen Klassen, bietet dasselbe nach meinem Dafürhalten zunächst deshalb zu wenig, weil der Sprachschatz der klassischen und eigentlichen Schulschriftsteller selbst für den Schüler zu unvollständig und lückenhaft dargelegt ist, namentlich was die Konstruktionsverhältnisse und die Phraseologie betrifft. Ebenso aber erfährt der Schüler aus dem Ingerslevschen Wörterbuch viel zu wenig, worüber er doch jedenfalls und auch um ihm zugleich beim Lateinischschreiben die erforderliche Hilfe zu gewähren, besonders Auskunft erhalten muß, ob ein Wort, eine Bedeutung, Form, Konstruktion, Verbindung u. s. w. klassisch, nachklassisch, spätlateinisch, poetisch ist oder nicht, er wird aber auch, was ein noch größerer Übelstand ist, da der (Vorrede S. IX) aufgestellte Grundsatz: ′ Wo von einem Worte oder einer Phrase nichts gesagt ist, wird durch dieses Schweigen bezeichnet, daß das Wort sich auch bei jenen Verfassern [den klassischen Schriftstellern] findet, also gut klassisch ist′, durchaus nicht konsequent durchgeführt wird, sehr oft verleitet, vieles für klassisch oder prosaisch u. s. w. zu halten, was es keineswegs ist.×
Wie nun aber in diesen und andern Punkten auch das Schulwörterbuch von Ingerslev dem Schüler zu wenig bietet, so enthält es ebenfalls für denselben auch zu viel. Denn auch Ingerslev hat nicht bloß die lateinischen Schulschriftsteller berücksichtigt, sondern aus Prosaikern und Dichtern, die keineswegs zur Schullektüre gehören, von L u c r e z an bis auf G e l l i u s, vieles ____________
× Belege hierzu bietet jede Seite des Buches, und ich begnüge mich daher, beispielsweise auf den Artikel abruptus zu verweisen, in welchem weder der Komparativ und Superlativ noch die eigentliche und tropische Bedeutung des Wortes (abrupta contumacia, per abrupta, procellae abruptae, abruptum sermonis genus) als nachklassisch bezeichnet ist und ebensowenig die Wendung in abruptum als poetisch. Vgl. abscessus, abscindo, abstergeo u. s. w.