Herforder Chronik (1910)/029: Unterschied zwischen den Versionen

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Über diese Gründung gibt eine sehr alte, in der handschriftlichen <tt>vita Waltgeri</tt> (Leben Waltgers) enthaltene Nachricht Auskunft. Deren Verfasser nennt sich in der Einleitung Wigandus <tt>pauper et exiguus</tt>, d. i. der Arme und Geringe (dem Stande nach), und will seine Arbeit, vermutlich eine Zusammenstellung aller mündlichen Überlieferungen, auf Begehren der Herforder Stiftsfrauen verfaßt haben. Über seine Lebensverhältnisse gibt der <tt>exiguus</tt> keinen Aufschluß, ein späterer Chronist, v. Bortfeld, nennt ihn einen „<tt>presbyter in Bilenveldt</tt>“, d. i. Bielefeld. Ebensowenig erfahren wir etwas über die Zeit der Niederschrift der Lebensbeschreibung Waltgers; nach den Meinungen heutiger Gelehrten ist sie an das Ende des 12. Jahrhunderts<ref> Wilmans, Kaiserurkunden I, 488 ff.</ref> oder in das 13. Jahrhundert<ref>Hoffbauer, a. a. O. 40.</ref> zu setzen.
 
Außer den erwähnten reichen Gütern hatte Waltger von seinen Eltern einen noch viel köstlicheren Schatz geerbt, die Liebe zur christlichen Lehre. Da nun Graf Waltger, wie ihn die Chronik nennt, unvermählt blieb, mithin auf Erben keine Rücksicht zu nehmen brauchte, kam ihm in seiner frommen Begeisterung der Gedanke, etwas Ähnliches zu vollbringen, wie in jenen Zeiten anderwärts viele Edle in Nachahmung der Schöpfungen des Kaisers Karl unternommen hatten, nämlich eine Kirche zu Ehren der Gottesmutter, der heiligen Jungfrau Maria, und zwar auf seinem Grund und Boden zu erbauen und sie mit seinem gesamten Hab und Gut auszustatten. Der schöne Gedanke erfüllte seine Seele mit Freude, es standen jedoch der Ausführung Schwierigkeiten entgegen. Denn von der ersten Absicht, die Stiftung in der Nähe seines Wohnsitzes bei Dornberg erstehen zu lassen, riet ihm eine göttliche Stimme ab. Da flehte denn der fromme Mann in heißem Gebete zu Gott, er möge ihn die rechten Wege zur glücklichen Vollendung seines Werkes führen. Und siehe, im Traum erschien ihm die heilige Jungfrau und offenbarte ihm, daß ein Tier seiner Herde die für den Bau des Gotteshauses richtige Stelle anzeigen werde. Gemäß der göttlichen Offenbarung wählt er nun einen Stier und gibt ihm die Freiheit. Mit lustigen Sprüngen zieht dieser in die Weite und mit gespannter Aufmerksamkeit folgt Waltger ihm nach.
 
Nach einstündiger Wanderung legt sich der Stier zum Ausruhen nieder, und Waltger glaubt schon am Ziele zu sein. Allein nach kurzer Rast erhebt sich das Tier wieder, um von neuem stundenlang munter vorwärts zu traben. Endlich kommen sie an die Grenzen von Waltgers Besitzungen, nach dem an der Werre gelegenen Hofgute Waltgers, Hervorde. Hier legt sich der Stier wiederum nieder, und diese Stelle glaubt nun Waltger als den von der Jungfrau Maria gewünschten Ort ansehen zu müssen.
 
Kaum aber war hier der Bau begonnen, als sich widrige Umstände einstellten, indem die am Tage zuvor erbauten Mauern in der Nacht von unsichtbaren Händen zerstört wurden. Als er nun aufs neue Gott um Erleuchtung und um endliche Bestimmung des gottgefälligen Platzes zum Bau des
 
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Aktuelle Version vom 18. März 2009, 19:46 Uhr

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Herforder Chronik (1910)
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Über diese Gründung gibt eine sehr alte, in der handschriftlichen vita Waltgeri (Leben Waltgers) enthaltene Nachricht Auskunft. Deren Verfasser nennt sich in der Einleitung Wigandus pauper et exiguus, d. i. der Arme und Geringe (dem Stande nach), und will seine Arbeit, vermutlich eine Zusammenstellung aller mündlichen Überlieferungen, auf Begehren der Herforder Stiftsfrauen verfaßt haben. Über seine Lebensverhältnisse gibt der exiguus keinen Aufschluß, ein späterer Chronist, v. Bortfeld, nennt ihn einen „presbyter in Bilenveldt“, d. i. Bielefeld. Ebensowenig erfahren wir etwas über die Zeit der Niederschrift der Lebensbeschreibung Waltgers; nach den Meinungen heutiger Gelehrten ist sie an das Ende des 12. Jahrhunderts[1] oder in das 13. Jahrhundert[2] zu setzen.

Außer den erwähnten reichen Gütern hatte Waltger von seinen Eltern einen noch viel köstlicheren Schatz geerbt, die Liebe zur christlichen Lehre. Da nun Graf Waltger, wie ihn die Chronik nennt, unvermählt blieb, mithin auf Erben keine Rücksicht zu nehmen brauchte, kam ihm in seiner frommen Begeisterung der Gedanke, etwas Ähnliches zu vollbringen, wie in jenen Zeiten anderwärts viele Edle in Nachahmung der Schöpfungen des Kaisers Karl unternommen hatten, nämlich eine Kirche zu Ehren der Gottesmutter, der heiligen Jungfrau Maria, und zwar auf seinem Grund und Boden zu erbauen und sie mit seinem gesamten Hab und Gut auszustatten. Der schöne Gedanke erfüllte seine Seele mit Freude, es standen jedoch der Ausführung Schwierigkeiten entgegen. Denn von der ersten Absicht, die Stiftung in der Nähe seines Wohnsitzes bei Dornberg erstehen zu lassen, riet ihm eine göttliche Stimme ab. Da flehte denn der fromme Mann in heißem Gebete zu Gott, er möge ihn die rechten Wege zur glücklichen Vollendung seines Werkes führen. Und siehe, im Traum erschien ihm die heilige Jungfrau und offenbarte ihm, daß ein Tier seiner Herde die für den Bau des Gotteshauses richtige Stelle anzeigen werde. Gemäß der göttlichen Offenbarung wählt er nun einen Stier und gibt ihm die Freiheit. Mit lustigen Sprüngen zieht dieser in die Weite und mit gespannter Aufmerksamkeit folgt Waltger ihm nach.

Nach einstündiger Wanderung legt sich der Stier zum Ausruhen nieder, und Waltger glaubt schon am Ziele zu sein. Allein nach kurzer Rast erhebt sich das Tier wieder, um von neuem stundenlang munter vorwärts zu traben. Endlich kommen sie an die Grenzen von Waltgers Besitzungen, nach dem an der Werre gelegenen Hofgute Waltgers, Hervorde. Hier legt sich der Stier wiederum nieder, und diese Stelle glaubt nun Waltger als den von der Jungfrau Maria gewünschten Ort ansehen zu müssen.

Kaum aber war hier der Bau begonnen, als sich widrige Umstände einstellten, indem die am Tage zuvor erbauten Mauern in der Nacht von unsichtbaren Händen zerstört wurden. Als er nun aufs neue Gott um Erleuchtung und um endliche Bestimmung des gottgefälligen Platzes zum Bau des


  1. Wilmans, Kaiserurkunden I, 488 ff.
  2. Hoffbauer, a. a. O. 40.