Deutsche und französische Kultur im Elsass/015: Unterschied zwischen den Versionen
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Staatswesen in Frankreich eben ausserhalb ihres engeren Heimatlandes im Staatsdienst Verwendung gefunden hätten. Dies mag ja auch in manchen Fällen zutreffen, aber dieser Behauptung liegt die stillschweigende Voraussetzung zu Grunde, dass der Staatsdienst in Frankreich dieselbe Bedeutung habe wie in Deutschland. Dies trifft für den Richterstand (magistrature), für den akademisch gebildeten Lehrer (fonctionnaire d'enseignement supérieur) und für gewisse technische Beamte (ingénieurs u. a.) zu. Der Eintritt in solche Stellungen ist von einer fachmässigen Vorbildung abhängig und sie verleihen ungefähr dieselbe soziale Stellung wie die gleichen Ämter in Deutschland. Aber die Verwaltung im engeren Sinne (l'administration), also der wichtigste Bestandteil des Staatsdienstes, wird zum weitaus grössten Teil von Subalternbeamten (employés) ohne fachmässige Vorbildung besorgt. Die wichtigsten Posten in der Central- und Lokalverwaltung, die Stellen der Minister, Staatsräte, Gesandten und Präfekten, werden nur mit politisch einflussreichen Männern, den Anhängern der herrschenden Partei im Parlament, besetzt. Irgendwelche Vorbildung oder sonstige Qualifikation ist gerade zu den massgebenden Verwaltungsstellen nicht erforderlich. Die wichtigsten Stellen im französischen Staatsdienst sind also nicht vermittelst fachmännischer Tüchtigkeit, sondern nur vermittelst politischen Einflusses zu erlangen. Aus diesem Grunde wird der Staatsdienst (abgesehen von dem Richterstand und den technischen Stellungen) nur von den politisch einflussreichen Persönlichkeiten, also z. B. von den Notabeln oder aber von den essentiell politisch interessierten oder veranlagten Individuen, besonders von Advokaten ergriffen. Die wichtigsten Bestandteile des Staatsbeamtentums, nämlich die höheren Verwaltungsbeamten, bilden in Frankreich also keine besondere soziale Klasse, einen Berufsstand wie in Deutschland, sondern sie sind nur die einflussreichsten und fähigsten Anhänger der herrschenden Partei. Die grosse Masse besteht aus politisch und sozial völlig bedeutungslosen Subalternbeamten. Staatsdienst in Deutschland und Staatsdienst in Frankreich lassen sich also nicht vergleichen. Die deutschen Staatsbeamten sind eine homogene Berufsklasse, die sich hauptsächlich durch die fachliche (juristische) Bildung ihrer Angehörigen auszeichnet. Die Staatsbeamten in Frankreich sind, abgesehen von Richtern, | |||
Staatswesen in Frankreich eben ausserhalb ihres engeren Heimatlandes im Staatsdienst Verwendung gefunden hätten. Dies mag ja auch in manchen Fällen zutreffen, aber dieser Behauptung liegt die stillschweigende Voraussetzung zu Grunde, dass der Staatsdienst in Frankreich dieselbe Bedeutung habe wie in Deutschland. Dies trifft für den Richterstand (magistrature), für den akademisch gebildeten Lehrer (fonctionnaire d'enseignement supérieur) und für gewisse technische Beamte (ingénieurs u. a.) zu. Der Eintritt in solche Stellungen ist von einer fachmässigen Vorbildung abhängig und sie verleihen ungefähr dieselbe soziale Stellung wie die gleichen Ämter in Deutschland. Aber die Verwaltung im engeren Sinne (l'administration), also der wichtigste Bestandteil des Staatsdienstes, wird zum weitaus grössten Teil von Subalternbeamten (employés) ohne fachmässige Vorbildung besorgt. Die wichtigsten Posten in der Central- und Lokalverwaltung, die Stellen der Minister, Staatsräte, Gesandten und Präfekten, werden nur mit politisch einflussreichen Männern, den Anhängern der herrschenden Partei im Parlament, besetzt. Irgendwelche Vorbildung oder sonstige Qualifikation ist gerade zu den massgebenden Verwaltungsstellen nicht erforderlich. Die wichtigsten Stellen im französischen Staatsdienst sind also nicht | |||
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:STADTTHOR IN KESTENHOLZ. <br /> | :STADTTHOR IN KESTENHOLZ. <br />Aquarell von L. v. Seebach. | ||
Aquarell von L. v. Seebach. | |||
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Staatswesen in Frankreich eben ausserhalb ihres engeren Heimatlandes im Staatsdienst Verwendung gefunden hätten. Dies mag ja auch in manchen Fällen zutreffen, aber dieser Behauptung liegt die stillschweigende Voraussetzung zu Grunde, dass der Staatsdienst in Frankreich dieselbe Bedeutung habe wie in Deutschland. Dies trifft für den Richterstand (magistrature), für den akademisch gebildeten Lehrer (fonctionnaire d'enseignement supérieur) und für gewisse technische Beamte (ingénieurs u. a.) zu. Der Eintritt in solche Stellungen ist von einer fachmässigen Vorbildung abhängig und sie verleihen ungefähr dieselbe soziale Stellung wie die gleichen Ämter in Deutschland. Aber die Verwaltung im engeren Sinne (l'administration), also der wichtigste Bestandteil des Staatsdienstes, wird zum weitaus grössten Teil von Subalternbeamten (employés) ohne fachmässige Vorbildung besorgt. Die wichtigsten Posten in der Central- und Lokalverwaltung, die Stellen der Minister, Staatsräte, Gesandten und Präfekten, werden nur mit politisch einflussreichen Männern, den Anhängern der herrschenden Partei im Parlament, besetzt. Irgendwelche Vorbildung oder sonstige Qualifikation ist gerade zu den massgebenden Verwaltungsstellen nicht erforderlich. Die wichtigsten Stellen im französischen Staatsdienst sind also nicht vermittelst fachmännischer Tüchtigkeit, sondern nur vermittelst politischen Einflusses zu erlangen. Aus diesem Grunde wird der Staatsdienst (abgesehen von dem Richterstand und den technischen Stellungen) nur von den politisch einflussreichen Persönlichkeiten, also z. B. von den Notabeln oder aber von den essentiell politisch interessierten oder veranlagten Individuen, besonders von Advokaten ergriffen. Die wichtigsten Bestandteile des Staatsbeamtentums, nämlich die höheren Verwaltungsbeamten, bilden in Frankreich also keine besondere soziale Klasse, einen Berufsstand wie in Deutschland, sondern sie sind nur die einflussreichsten und fähigsten Anhänger der herrschenden Partei. Die grosse Masse besteht aus politisch und sozial völlig bedeutungslosen Subalternbeamten. Staatsdienst in Deutschland und Staatsdienst in Frankreich lassen sich also nicht vergleichen. Die deutschen Staatsbeamten sind eine homogene Berufsklasse, die sich hauptsächlich durch die fachliche (juristische) Bildung ihrer Angehörigen auszeichnet. Die Staatsbeamten in Frankreich sind, abgesehen von Richtern,
- Bildunterschrift:
- TH. SCHULER: BAUERNBUB.
- Bildunterschrift:
- STADTTHOR IN KESTENHOLZ.
Aquarell von L. v. Seebach.