Deutsche und französische Kultur im Elsass/016
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Lehrern und Technikern, Politiker aus allen möglichen Berufen, die mit zahlreichen Subalternen die Staatsgeschäfte führen. Bei der geringen politischen Neigung und Veranlagung des Elsässers haben in der Hauptsache nur einige Notabeln eine politische Rolle gespielt und höhere Verwaltungsposten bekleidet. Einen Stand eingeborener höherer Verwaltungsbeamten konnte es nicht geben. Als Richter, Lehrer und technische Beamte sind sie in hervorragendem Masse unter französischer Herrschaft nicht thätig gewesen. Dagegen beginnt in allerjüngster Zeit ein elsass-lothringischer Beamtenstand sich auszubilden, der unter dem französischen Regiment unmöglich gewesen wäre. Also auch hier war und ist noch heute die politische Kultur Frankreichs entscheidend für die soziale Klassenbildung im Elsass.
Der eigentliche Beruf des Elsässers ist einerseits der Soldatenstand, andererseits Handel und Industrie. Dies ist eine alte Stammeseigenschaft der Alemannen und Schwaben. Schweizer und Württemberger sind genau wie die Elsässer tüchtige Geschäftsleute und gute Soldaten, und ein gemeinsamer Zug lebt in den Augsburger Handelsherren, deren glänzendste Vertreter die Fugger bilden, den Baseler Seidenherren und den Mülhauser Baumwollenlords. Aber welche Anregungen empfingen diese alten Stammeseigentümlichkeiten der Elsässer durch die Aufnahme in den französischen Staatsverband! wie viele Generale haben sie den französischen Armeen, von Kleber bis zu Zurlinden, geliefert. Wie sehr sind die Elsässer gerade durch diese ihre Landsleute, die immer in den vordersten Reihen des französischen Heeres gefochten haben, mit dem Schicksal der französischen Nation verbunden gewesen. Die Waffenbrüderschaft, die den stammes- und landfremden Schweizer mit den Franzosen verband, hat in noch unendlich viel höherem Grad den durch die Staatsangehörigkeit nicht getrennten Elsässer zum Franzosen gemacht. Es ist ein merkwürdiger, fast ironischer Zug der Geschichte, dass gerade der germanische Soldatengeist des Elsässers ihn immer wieder zur Armee seines neuen Vaterlandes trieb, und so das ganze Volk der alten Mutternation noch stärker entfremdete. Also Frankreich hat dem Elsässer die Armee und den Krieg geboten, in denen er seine soldatischen Eigenschaften zur Geltung bringen konnte. Ganz ähnlich steht es mit der Industrie. Wie schon erwähnt, war Frankreich ein wichtiges Absatzgebiet für die „Indiennes" Mülhausens, bevor diese Stadt der französischen Republik einverleibt wurde. Der französische Geschmack des Rokoko in Wohnungseinrichtung und Kleidung ist untrennbar mit dem gedruckten Kattun verbunden. Als dann Mülhausen, sanftem Zwang und wohlverstandenem Interesse folgend, sich der französischen Herrschaft unterwarf, und das ganze Elsass dem französischen Zollgebiet einverleibt war, da wurde die oberelsässische Baumwollenindustrie ein nationalfranzösischer Gewerbszweig, und ihr höchster Stolz, die Kattundruckerei, besiegte zwar alle Konkurrenz in Frankreich, empfing aber andererseits ihre hohe künstlerische Vollendung durch den Zusammenhang mit französischem Farben- und Formensinn, wie ja auch die Herrscherstellung der französischen Mode den elsässischen Mousselinen und Kattunen den Weg in alle Länder bahnte. Auch die hochentwickelte Nahrungsmittelindustrie des Unterelsasses geht unmittelbar auf französische Einflüsse zurück, wie die Chokolade-, Zuckerwaaren- und Gänseleber-Fabrikation. Die Gänseleberpastete ist die
- Bildunterschrift:
- L. v. SEEBACH: DER RABENHOF IN STRASSBURG.