Das Uckermärkische Archiv von Hans Wendt/006: Unterschied zwischen den Versionen

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öffentlichung seiner vielfältigen Arbeitsergebnisse war in vielen Fällen wohl kaum geplant, zumal er selbst seine schriftstellerischen Fähigkeiten eher kritisch bewertete.5 Auch dürfte es ihm an Zeit gemangelt haben, da ihn seine berufliche Tätigkeit als Landwirt stark beanspruchte. Daraus erklärt sich, dass eine Reihe der hinterlassenen Unterlagen eher vorläufigen oder kursorischen Charakter trägt, gleichwohl aber als Materialsammlung wertvoll und zweckdienlich ist. Seit den 1970er Jahren bemühte sich Wendt verstärkt darum, uckermärkische Kirchenbücher abzulichten, zunächst in Form von Papierkopien, später verstärkt in Form von Kleinbildfilmen. Triebfeder war zum einen die schlechte Zugänglichkeit der Quellen für Forscher außerhalb der DDR, zum andern die Sorge vor erneuten, unwiederbringlichen Verlusten. Nach seiner Berechnung waren infolge des Zweiten Weltkriegs 159 Kirchenbücher und 107 Konfirmandenregister evangelischer Kirchengemeinden in der Uckermark vernichtet worden. Dass die Befürchtungen im Einzelfall nicht unbegründet waren, zeigt sein Bericht über die Suche nach den ältesten Kirchenbüchern von Drense und der französisch-reformierten Gemeinde Gramzow, die er bei Drense durch Zufall, bei Gramzow durch langwierige Recherche in Privathand wiederfand.6 Die Kirchenbuchverfilmung erfolgte zwar auf eigene Initiative, war aber mit den Konsistorien der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg (Ost und West) abgestimmt. Wendt war kirchenkreislicher Archivpfleger und verfügte über eine Bescheinigung des Konsistoriums Berlin (West), die ihn berechtigte, »Kopien der in den uckermärkischen Kirchengemeinden befindlichen Kirchenbücher herzustellen«.7 Ein weiterer Partner war die Arbeitsgemeinschaft für uckermärkische Kirchengeschichte um den Criewener Pfarrer Herbert Lüpnitz, mit dem Wendt verwandtschaftlich verbunden war.8 Lüpnitz vermittelte die Kontakte zu den uckermärkischen Pfarrern und sorgte für die Ausleihe von Kirchenbüchern des ehemaligen Kreises Randow aus der vorpommerschen Landeskirche. Besonders förderlich für das Unterfangen war der Dauerpassierschein für die Exklave Wüstemark, der häufige Reisen in die DDR ermöglichte. Die Kirchenbücher wurden in der Regel vor Ort in den Gemeinden verfilmt, teilweise aber auch, wenn sie sich zur Restaurierung in Berlin (West) befanden. Im Ergebnis liegen ca. 350 Bände mit Kirchenbuchkopien und -auswertungen und ca. 3.700 Filme im Nachlass Wendt vor. Sie decken einen überwiegenden Teil der uckermärkischen Kirchenbuchüberlieferung bis zum Einsetzen der Standesämter im Jahre 1874 ab. Außerdem sind zahlreiche Kirchenbücher aus dem pommerschen Kreis Randow, vereinzelt auch Register aus anderen brandenburgischen Landesteilen überliefert.9 Leider ist die Qualität der Nasskopien aus der Frühzeit der Papierkopierer und ihre Bindung relativ schlecht. Sie sind zwar benutzbar, dürfen aber nicht weiter kopiert werden. Von den Kleinbild-Filmen sind zum überwiegenden Teil keine Rückvergrößerungen angefertigt wor5
wirt erwarb. Die Hoffnung, den Familienbesitz in neunter Generation fortführen zu können, wurde durch den ZweitenWeltkrieg und die deutsche Spaltung zunichte gemacht. 1940 wurde Wendt eingezogen und geriet bei Kriegsende in sowjetische Gefangenschaft, aus der er erst Anfang 1950 entlassen wurde. Inzwischen war der Besitz in Wallmow durch die Bodenreform enteignet worden und die Eltern heimat- und mittellos in den Westteil Berlins geflüchtet. Die folgenden Jahre waren damit ausgefüllt, sich eine neue Existenz in Berlin-Zehlendorf aufzubauen. »Zunächst arbeitete ich bei der Aufräumung Berlins und baute mir in der Freizeit einen [...] kleinen Betrieb durch Pachtung von 11 ha Acker auf, den ich aber im Laufe der Zeit – insbesondere durch Pachtung der Exklave Wüstemark – in weiteren fünf Jahren auf 350 Morgen brachte. Unter Glas zog ich 1/4 Mill. Gemüsepflanzen an, bestellte 60 Morgen Feldgemüse, Gurken und Tomaten in 3000 qm Glashäusern, hatte fünf Traktoren laufen, wurde Land los, bekam neues dazu, führte Prozesse, musste [den] Gemüsebau einstellen, richtete [eine] Hühnerfarm ein, hörte nach fünf Jahren wieder damit auf und hatte reichlich spät dann restlos die Nase voll in einer Großstadt Landwirtschaft zu betreiben. Heute [1977] habe ich noch meine Wüstemark und Weiden für eine bescheidene Araberzucht. Daneben einen kleinen Gemüseladen.«3 Wendt war zweimal verheiratet und hatte sechs Kinder. Die erste, während des Zweiten Weltkrieges geschlossene Ehe wurde wenige Jahre später in der Kriegsgefangenschaft geschieden. Aus der zweiten Ehe mit der ebenfalls aus der Uckermark stammenden Gertrud Kaune gingen vier Kinder hervor. Der älteste Sohn Hans-Peter ging nach der Wiedervereinigung nach Wallmow zurück und pachtete als Wiedereinrichter die alten Flächen des großväterlichen Betriebes, während der jüngere Bruder Christian die kleinere Landwirtschaft in Berlin mit der Araberzucht übernahm. Ungeachtet der Schwierigkeiten, die Kalter Krieg und Mauerbau hervorriefen, pflegte Wendt intensiv seine Verbindungen zur uckermärkischen Heimat. Die Pachtung der West-Berliner Exklave Wüstemark im DDR-Bezirk Potsdam bot dafür günstige Voraussetzungen. Der Landwirt besaß einen Dauerpassierschein, der es ihm ermöglichte, regelmäßig in die DDR einzureisen. Die Wiedervereinigung erlebte er nicht mehr. Er starb am 27. Februar 1988 bei einem Aufenthalt in Potsdam. Wendt war ein leidenschaftlicher Genealoge, der sich bereits als junger Mann mit der Geschichte der eigenen Familie beschäftigt hatte. Spuren davon sind an verschiedenen Stellen in seinem Nachlass zu finden. Das Interesse war aber nicht allein darauf beschränkt. Er knüpfte Kontakte zu anderen uckermärkischen Genealogen und Heimatforschern, mit denen er in regen Schriftwechsel trat, untersuchte die Geschichte seines Heimatortes Wallmow und der Auswanderung uckermärkischer Familien nach Übersee (USA und Australien), edierte das Prenzlauer Bürgerbuch4 und erforschte gemeinsam mit Johanna Oqueka die Genealogie von Hugenottenfamilien, die infolge des Potsdamer Ediktes von 1685 in die Uckermark emigriert waren. Vor allem aber trug er seine reichhaltige Sammlung zusammen, die ihm und Gleichgesinnten als Arbeitsmittel diente. Wendt war in erster Linie praktischer Familienforscher, der an der Aufstellung von Stammfolgen und Ahnenlisten interessiert war und sich mit großem Elan der systematischen Sammlung und Auswertung von genealogischen Quellen, voran den Kirchenbüchern, widmete. Eine Ver3 4


In einem Brief vom 15. Januar 1984 an Gerhard Kegel über seinen Beitrag zur Geschichte der Stadt Prenzlau (vgl. Rep. 16 Wendt Nr. 948) vermerkt er selbstkritisch: »Zum Schluss muss ich feststellen, dass ich in den letzten 30 Jahren körperlich schwer arbeiten musste und mir das Lenkrad des Treckers leichter in der Hand liegt als Feder oder Schreibmaschine. Ich bitte dies beim Lesen meiner Artikel zu beachten.« 6 Rep. 16 Wendt Nr. 948. 7 Schreiben vom 6.3.1973, in: Rep. 16 Wendt Nr. 1263. 8 Vgl. Herbert Lüpnitz: Auf den Spuren uckermärkischer Familien (= Schriftenreihe der Stiftung Stoye Bd. 6). Neustadt an der Aisch 1975. 9 Vgl. 2.1–2.2: Bechlin, Braunsberg, Darritz, Gotttberg, Kränzlin, und Zühlen, Kr. Ruppin; Dossow und Kunow, Kr. Ostprignitz sowie Grüneberg und Dürren-Selchow, Kr. Königsberg (Neumark).
Vgl. Lebensläufe der Altherren der Höheren Landbauschule Potsdam, Typoskript, Kissingen 1977, S. 51 (= Rep. 16 Wendt Nr. 119). Die Prenzlauer Bürgerbücher 1585–1880. Von Hans Wendt unter Einbeziehung der Arbeiten von W. Münstermann und unter Mitwirkung von Johanna Oqueka und Karl Otto. Berlin: Selbstverlag 1984.


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wirt erwarb. Die Hoffnung, den Familienbesitz in neunter Generation fortführen zu können, wurde durch den ZweitenWeltkrieg und die deutsche Spaltung zunichte gemacht. 1940 wurde Wendt eingezogen und geriet bei Kriegsende in sowjetische Gefangenschaft, aus der er erst Anfang 1950 entlassen wurde. Inzwischen war der Besitz in Wallmow durch die Bodenreform enteignet worden und die Eltern heimat- und mittellos in den Westteil Berlins geflüchtet. Die folgenden Jahre waren damit ausgefüllt, sich eine neue Existenz in Berlin-Zehlendorf aufzubauen. »Zunächst arbeitete ich bei der Aufräumung Berlins und baute mir in der Freizeit einen [...] kleinen Betrieb durch Pachtung von 11 ha Acker auf, den ich aber im Laufe der Zeit – insbesondere durch Pachtung der Exklave Wüstemark – in weiteren fünf Jahren auf 350 Morgen brachte. Unter Glas zog ich 1/4 Mill. Gemüsepflanzen an, bestellte 60 Morgen Feldgemüse, Gurken und Tomaten in 3000 qm Glashäusern, hatte fünf Traktoren laufen, wurde Land los, bekam neues dazu, führte Prozesse, musste [den] Gemüsebau einstellen, richtete [eine] Hühnerfarm ein, hörte nach fünf Jahren wieder damit auf und hatte reichlich spät dann restlos die Nase voll in einer Großstadt Landwirtschaft zu betreiben. Heute [1977] habe ich noch meine Wüstemark und Weiden für eine bescheidene Araberzucht. Daneben einen kleinen Gemüseladen.«3 Wendt war zweimal verheiratet und hatte sechs Kinder. Die erste, während des Zweiten Weltkrieges geschlossene Ehe wurde wenige Jahre später in der Kriegsgefangenschaft geschieden. Aus der zweiten Ehe mit der ebenfalls aus der Uckermark stammenden Gertrud Kaune gingen vier Kinder hervor. Der älteste Sohn Hans-Peter ging nach der Wiedervereinigung nach Wallmow zurück und pachtete als Wiedereinrichter die alten Flächen des großväterlichen Betriebes, während der jüngere Bruder Christian die kleinere Landwirtschaft in Berlin mit der Araberzucht übernahm. Ungeachtet der Schwierigkeiten, die Kalter Krieg und Mauerbau hervorriefen, pflegte Wendt intensiv seine Verbindungen zur uckermärkischen Heimat. Die Pachtung der West-Berliner Exklave Wüstemark im DDR-Bezirk Potsdam bot dafür günstige Voraussetzungen. Der Landwirt besaß einen Dauerpassierschein, der es ihm ermöglichte, regelmäßig in die DDR einzureisen. Die Wiedervereinigung erlebte er nicht mehr. Er starb am 27. Februar 1988 bei einem Aufenthalt in Potsdam. Wendt war ein leidenschaftlicher Genealoge, der sich bereits als junger Mann mit der Geschichte der eigenen Familie beschäftigt hatte. Spuren davon sind an verschiedenen Stellen in seinem Nachlass zu finden. Das Interesse war aber nicht allein darauf beschränkt. Er knüpfte Kontakte zu anderen uckermärkischen Genealogen und Heimatforschern, mit denen er in regen Schriftwechsel trat, untersuchte die Geschichte seines Heimatortes Wallmow und der Auswanderung uckermärkischer Familien nach Übersee (USA und Australien), edierte das Prenzlauer Bürgerbuch4 und erforschte gemeinsam mit Johanna Oqueka die Genealogie von Hugenottenfamilien, die infolge des Potsdamer Ediktes von 1685 in die Uckermark emigriert waren. Vor allem aber trug er seine reichhaltige Sammlung zusammen, die ihm und Gleichgesinnten als Arbeitsmittel diente. Wendt war in erster Linie praktischer Familienforscher, der an der Aufstellung von Stammfolgen und Ahnenlisten interessiert war und sich mit großem Elan der systematischen Sammlung und Auswertung von genealogischen Quellen, voran den Kirchenbüchern, widmete. Eine Ver3 4

Vgl. Lebensläufe der Altherren der Höheren Landbauschule Potsdam, Typoskript, Kissingen 1977, S. 51 (= Rep. 16 Wendt Nr. 119). Die Prenzlauer Bürgerbücher 1585–1880. Von Hans Wendt unter Einbeziehung der Arbeiten von W. Münstermann und unter Mitwirkung von Johanna Oqueka und Karl Otto. Berlin: Selbstverlag 1984.

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