Handbuch der praktischen Genealogie/331: Unterschied zwischen den Versionen

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Osten leicht kartographisch darstellen. Wenn man sich einmal die Mühe machen wird, an der Hand der Familienforschung dieses etappenmäßige Vorrücken nach Osten weiter im einzelnen zu verfolgen, wird man zu höchst merkwürdigen Ergebnissen für die gesamte Kolonialgeschichte kommen. Der Vormarsch der askanischen Macht über die Oder, die deutsche Durchdringung der slawischen Länder an der Ostseeküste, die meißnischen Einflüsse bei der Besiedelung der Lausitzen, Schlesiens, Böhmens und Mährens werden in ganz anderer Weise wie bisher klargestellt werden können.<ref>C. Krollmann, Die Herkunft der deutschen Ansiedler in Preußen, ZWG, Heft 54.</ref>


Es ist ein häufig begegnender Irrtum, daß aus gleichem Familiennamen und gleichem Wohnsitz auf Verwandtschaft geschlossen wird. Wie verfehlt ein solcher Schluß ist, geht schon aus der ungeheuren Verbreitung einzelner Familiennamen wie Müller, Schulze oder Lehmann hervor. Kein vernünftiger Mensch wird behaupten, daß alle Personen mit Namen Müller, die z. B. in Leipzig wohnen, auch nur entfernt miteinander verwandt sein müßten. Das trifft aber auch auf kleine Orte zu, in denen ja auch von jeher gleichnamige, aber nicht verwandte Personen nebeneinander gewohnt haben, zu denen dann später weitere gleichnamige Personen aus noch anderen Familien hinzugekommen sein können. So ist z. B. im sächsischen Erzgebirge der Name „Böhme" sehr verbreitet, der aber lediglich einen Hinweis auf die gemeinsame Herkunft aus dem Lande Böhmen, nicht aber eine Andeutung von Verwandtschaft enthält. Besondere Schwierigkeiten bieten in diesen Beziehungen die Gegenden mit polnischer Bevölkerung. Es saßen dort seit sehr langer Zeit 10, 20 und noch mehr verschiedene Familien in einem und demselben Dorfe und nahmen, der Sitte folgend, nach dem Dorfe den gleichen Namen an. Leider sind die Wappen des polnischen Klein-Adels den forschenden Heraldikern  fast  gar  nicht  bekannt geworden.    Dieser  Umstand erschwert es sehr, eine zutreffende Gruppierung der Familien herauszufinden.<ref>E. v. Zernicki, Der polnische Klein-Adel, Seite 7 ff.</ref>  
Osten leicht kartographisch darstellen. Wenn man sich einmal die Mühe machen wird, an der Hand der Familienforschung dieses etappenmäßige Vorrücken nach Osten weiter im einzelnen zu verfolgen, wird man zu höchst merkwürdigen Ergebnissen für die gesamte Kolonialgeschichte kommen. Der Vormarsch der askanischen Macht über die Oder, die deutsche Durchdringung der slawischen Länder an der Ostseeküste, die meißnischen Einflüsse bei der Besiedelung der Lausitzen, Schlesiens, Böhmens und Mährens werden in ganz anderer Weise wie bisher klargestellt werden können.<ref>''C. Krollmann'', Die Herkunft der deutschen Ansiedler in Preußen, ZWG, Heft 54.</ref>


Die familiengeschichtliche Forschung wird, je mehr sie sich mit den Zeiten des alten deutschen Reiches vor 1806 befaßt, um so mehr Anlaß haben, mit der territorialen Zerstückelung des alten Reiches zu rechnen und daher jene kleinstaatlichen Gebilde zu studieren, die der gegenwärtigen Generation angesichts der Einheit des deutschen Reiches und der Größe der meisten Einzelstaaten nur schwer begreiflich sind. Dabei aber kommen wir so recht eigentlich auf das Gebiet der Topographie und historischen Geographie. Ein einziges Beispiel anstatt vieler möge genügen. Ich folge dabei der vortrefflichen Abhandlung von Karl Heldmann, „Geschichte der Deutschordensbailei Hessen nebst Beiträgen zur Geschichte der ländlichen Rechtsverhältnisse und der Deutschordenscommendur Marburg und Schiffenberg" (in der Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, N.F. 20, Kassel 1895). In dieser Abhandlung, welche durch die mit biographischen Notizen versehenen Listen der Landcomthure der Bailei Hessen, der dortigen Pfarrer, Vögte, Priore, Pächter, Guts-, Hufen-, Haus- und Garteninhaber auch für die Genealogie sehr beachtenswert ist, werden die Teilgebilde, <noinclude>
{{NE}}Es ist ein häufig begegnender Irrtum, daß aus gleichem Familiennamen und gleichem Wohnsitz auf Verwandtschaft geschlossen wird. Wie verfehlt ein solcher Schluß ist, geht schon aus der ungeheuren Verbreitung einzelner Familiennamen wie Müller, Schulze oder Lehmann hervor. Kein vernünftiger Mensch wird behaupten, daß alle Personen mit Namen Müller, die z. B. in Leipzig wohnen, auch nur entfernt miteinander verwandt sein müßten. Das trifft aber auch auf kleine Orte zu, in denen ja auch von jeher gleichnamige, aber nicht verwandte Personen nebeneinander gewohnt haben, zu denen dann später weitere gleichnamige Personen aus noch anderen Familien hinzugekommen sein können. So ist z. B. im sächsischen Erzgebirge der Name „Böhme" sehr verbreitet, der aber lediglich einen Hinweis auf die gemeinsame Herkunft aus dem Lande Böhmen, nicht aber eine Andeutung von Verwandtschaft enthält. Besondere Schwierigkeiten bieten in diesen Beziehungen die Gegenden mit polnischer Bevölkerung. Es saßen dort seit sehr langer Zeit 10, 20 und noch mehr verschiedene Familien in einem und demselben Dorfe und nahmen, der Sitte folgend, nach dem Dorfe den gleichen Namen an. Leider sind die Wappen des polnischen Klein-Adels den forschenden Heraldikern  fast  gar  nicht  bekannt geworden.    Dieser  Umstand erschwert es sehr, eine zutreffende Gruppierung der Familien herauszufinden.<ref>''E. v. Zernicki'', Der polnische Klein-Adel, Seite 7 ff.</ref>
 
{{NE}}Die familiengeschichtliche Forschung wird, je mehr sie sich mit den Zeiten des alten deutschen Reiches vor 1806 befaßt, um so mehr Anlaß haben, mit der territorialen Zerstückelung des alten Reiches zu rechnen und daher jene kleinstaatlichen Gebilde zu studieren, die der gegenwärtigen Generation angesichts der Einheit des deutschen Reiches und der Größe der meisten Einzelstaaten nur schwer begreiflich sind. Dabei aber kommen wir so recht eigentlich auf das Gebiet der Topographie und historischen Geographie. Ein einziges Beispiel anstatt vieler möge genügen. Ich folge dabei der vortrefflichen Abhandlung von Karl Heldmann, „Geschichte der Deutschordensbailei Hessen nebst Beiträgen zur Geschichte der ländlichen Rechtsverhältnisse und der Deutschordenscommendur Marburg und Schiffenberg" (in der Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, N.F. 20, Kassel 1895). In dieser Abhandlung, welche durch die mit biographischen Notizen versehenen Listen der Landcomthure der Bailei Hessen, der dortigen Pfarrer, Vögte, Priore, Pächter, Guts-, Hufen-, Haus- und Garteninhaber auch für die Genealogie sehr beachtenswert ist, werden die Teilgebilde, <noinclude>


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Aktuelle Version vom 17. September 2012, 10:02 Uhr

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Handbuch der praktischen Genealogie
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Osten leicht kartographisch darstellen. Wenn man sich einmal die Mühe machen wird, an der Hand der Familienforschung dieses etappenmäßige Vorrücken nach Osten weiter im einzelnen zu verfolgen, wird man zu höchst merkwürdigen Ergebnissen für die gesamte Kolonialgeschichte kommen. Der Vormarsch der askanischen Macht über die Oder, die deutsche Durchdringung der slawischen Länder an der Ostseeküste, die meißnischen Einflüsse bei der Besiedelung der Lausitzen, Schlesiens, Böhmens und Mährens werden in ganz anderer Weise wie bisher klargestellt werden können.[1]

      Es ist ein häufig begegnender Irrtum, daß aus gleichem Familiennamen und gleichem Wohnsitz auf Verwandtschaft geschlossen wird. Wie verfehlt ein solcher Schluß ist, geht schon aus der ungeheuren Verbreitung einzelner Familiennamen wie Müller, Schulze oder Lehmann hervor. Kein vernünftiger Mensch wird behaupten, daß alle Personen mit Namen Müller, die z. B. in Leipzig wohnen, auch nur entfernt miteinander verwandt sein müßten. Das trifft aber auch auf kleine Orte zu, in denen ja auch von jeher gleichnamige, aber nicht verwandte Personen nebeneinander gewohnt haben, zu denen dann später weitere gleichnamige Personen aus noch anderen Familien hinzugekommen sein können. So ist z. B. im sächsischen Erzgebirge der Name „Böhme" sehr verbreitet, der aber lediglich einen Hinweis auf die gemeinsame Herkunft aus dem Lande Böhmen, nicht aber eine Andeutung von Verwandtschaft enthält. Besondere Schwierigkeiten bieten in diesen Beziehungen die Gegenden mit polnischer Bevölkerung. Es saßen dort seit sehr langer Zeit 10, 20 und noch mehr verschiedene Familien in einem und demselben Dorfe und nahmen, der Sitte folgend, nach dem Dorfe den gleichen Namen an. Leider sind die Wappen des polnischen Klein-Adels den forschenden Heraldikern fast gar nicht bekannt geworden. Dieser Umstand erschwert es sehr, eine zutreffende Gruppierung der Familien herauszufinden.[2]

      Die familiengeschichtliche Forschung wird, je mehr sie sich mit den Zeiten des alten deutschen Reiches vor 1806 befaßt, um so mehr Anlaß haben, mit der territorialen Zerstückelung des alten Reiches zu rechnen und daher jene kleinstaatlichen Gebilde zu studieren, die der gegenwärtigen Generation angesichts der Einheit des deutschen Reiches und der Größe der meisten Einzelstaaten nur schwer begreiflich sind. Dabei aber kommen wir so recht eigentlich auf das Gebiet der Topographie und historischen Geographie. Ein einziges Beispiel anstatt vieler möge genügen. Ich folge dabei der vortrefflichen Abhandlung von Karl Heldmann, „Geschichte der Deutschordensbailei Hessen nebst Beiträgen zur Geschichte der ländlichen Rechtsverhältnisse und der Deutschordenscommendur Marburg und Schiffenberg" (in der Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, N.F. 20, Kassel 1895). In dieser Abhandlung, welche durch die mit biographischen Notizen versehenen Listen der Landcomthure der Bailei Hessen, der dortigen Pfarrer, Vögte, Priore, Pächter, Guts-, Hufen-, Haus- und Garteninhaber auch für die Genealogie sehr beachtenswert ist, werden die Teilgebilde,


  1. C. Krollmann, Die Herkunft der deutschen Ansiedler in Preußen, ZWG, Heft 54.
  2. E. v. Zernicki, Der polnische Klein-Adel, Seite 7 ff.