Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/4/002

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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ein langes, weitläufiges, nirgends gebräuchliches Exordium. Darnach wird das Evangelium kaum Digito oder wenig tangieret, sondern die ganze Predigt mit verdrießlicher Confusion und seinen Privataffekten und Händeln gar ärgerlich zugebracht. Seine Patrone, Defensoren und Wohlthäter, die Propheten und Apostel, wie seine Worte lauten, hebt er in den Himmel, die übrigen werden verflucht und verdammt, das Vaterunser wider Gottes Befehl dergestalt extendieret, daß bei Vielen aus der Andacht ein Gelächter wird, als zum Exempel: „Vater unser, der du bist im Himmel, der du auch siehest über Rostock, ach! das herliche Roseta! mein hochgeehrtes Vaterland“, und so bei jeglicher Bitte einen sonderbaren Anhang. In seinen Predigten schilt und flucht er auf der Kanzel; dahingegen sagt er auch: Alle meine wohlthätigen Gönner und Freunde, die mich ehren und gutes thun in Worten und Werken, Gunst und Gabe, Gott erstatte es ihnen tausendfältig und lasse ihnen das, was sie mir geben, nicht geringer werden, sondern ihnen und ihren Nachkommen zum Ueberfluß segnen; denn was ihr mir also gebet, das gebet ihr nicht mir, sondern Gott selbst und dem großen Priester Jesu, dessen Diener, Vicarius und Statthalter ich bin, und ihr sollt es thun und wehe dem, der es nicht thut.“ Ueber die lutherische Theologie im siebenzehnten Jahrhundert giebt ein hervorragender, berühmter Lehrer und geistvoller Schriftsteller [1] in unsrer Zeit eine treffende und bündig zusammenfassende Charakteristik, welcher wir im Allgemeinen folgen. Dieselbe lautet in ihren Grundzügen wie folgt, er sagt nämlich in seiner Darstellung des inneren Ganges des Protestantismus in Deutschland unter Anderm: In dem Charakter der lutherischen Kirche, welche sich vorzugsweise für die Pflegerin der schriftgemäßen Lehre hält, ist eine Vorliebe für die Dogmatik begründet. Das Reformationszeitalter forderte das eifrige Studium der Schrift, um aus der Schrift die Glaubenlehren zu ziehen. Es war aber natürlich, daß, nachdem die lutherische Kirche in dem Concordienbuche festgestellt hatte, welche Glaubenslehren sie in der Schrift gefunden habe, eine Zeit kommen mußte, wo man an die Schrift mit der Voraussetzung fester Glaubenslehren ging, die aus jeder Untersuchung wieder herauskommen müßten. Solch' eine Zeit


  1. K. F. A. Kahnis, Der innere Gang des deutschen Protestantismus. Ausg. 3. Leipzig 1874. Th. I, S. 100 ff.