Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/1/XX

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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der Vorrede der Gedanke an den Zeitpunct auf, in welchem dieses Buch ans Licht tritt. Unsere Zeit ist anerkanntermaßen eine kirchenpolitisch verwirrte. Es wird das auch nicht ohne Einfluß bleiben auf das Urtheil über unsre Kirchengeschichte. Wir können uns jedoch in dieser Beziehung hier nicht ausführlicher äußern, erlauben uns daher mehr nur bescheiden zu fragen, weniger mit Entschiedenheit zu behaupten. Wird die jähe Umwandelung der Dinge in unserem lieben Heimathlande, etwa nach Art einer Provinz im Politischen, auch das historische Bewußtsein einer Landeskirche bei uns auslöschen und uns zu einem Traumleben führen? Eine schroffe Wandelung des staatlichen und staatsbürgerlichen Lebens, eine plötzliche Umgestaltung der wichtigsten öffentlichen Einrichtungen und Verhältnisse ruft von selbst einen unruhigen Geist der Neuerung wach, der meistens nicht leicht zu bannen ist, besonders in unseren beweglichen Tagen. Die Ideen, Meinungen und Urtheile verlassen dann die Bahnen, auf denen sie sich bis dahin in stetiger Continuität und ruhiger, naturgemäßer Entwickelung bewegt hatten. Es beginnt alsdann eine eitle Neuerungssucht sich zu regen, ja utopische Phantasien können sich mehr und mehr der Volksstimmung bemächtigen, selbst in einem vorwiegend ruhigen und verständigen Volke. Vestigia terrent. Wie wird es damit unserem bisher conservativen Lande ergehen? Der geschichtliche Rechtsboden scheint in der Praxis und selbst in der Theorie immer mehr aufgegeben zu werden, während bis jetzt im Ganzen bei uns die Geistesrichtung der historischen Rechtsschule vorherrschte, und deshalb auch die heimathliche Staats- und Rechtsgeschichte nicht blos eine gründliche theoretische Rechtskunde bedingte, sondern vielmehr in höherem Grade als vielleicht in irgend einem andren deutschen Lande von practischem Werthe war. Dieser Werth und diese Geltung ist nunmehr offenbar stark im Sinken begriffen; wovon leider eine merkliche Abnahme des ernsten und tieferen staats- und rechtsgeschichtlichen Studiums und mithin eine Abnahme der Gediegenheit und Fülle der vaterländischen Rechtskenntniß und Rechtsbildung überhaupt eine natürliche Folge sein wird.

Welches Schicksal wird nun unser Kirchenwesen haben? Dasselbe ist bis jetzt im Großen und Ganzen nicht durch rücksichtslose Umgestaltung alterirt und über einen fremden Leisten geschlagen worden; es besteht noch in seiner eigenthümlichen Ordnung und geschichtlichen Individualität, wie sie uns von unsern Vätern überantwortet worden.