Rahlstedts Geschichte

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Rahlstedts Geschichte

Geschichte und Vorgeschichte der früheren stormarnschen Dörfer Alt- und Neu-Rahlstedt, Oldenfelde und Meiendorf, die später zur Landgemeinde Rahlstedt zusammengefaßt wurden und heute den Hamburger Stadtteil Rahlstedt bilden

Vor- und Frühgeschichte

In der letzten Eiszeit vor 120.000 bis etwa 20.000 Jahren schieben sich die Gletscher bis auf 200m an den Standort des heutigen Rahlstedt-Centers vor. Der anschließend einsetzende Abschmelzprozeß hinterläßt uns u.a. die seltene Bodenstruktur des Meiendorfer Tunneltals und das Schmelzwasserbett der Rahlau.

Alfred Rust entdeckt in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts die Hinterlassenschaften der Rentierjäger von Meiendorf. Vor ca. 12.500 bis 8.500 Jahren, in der Nacheiszeit, stellen sie den Rentierherden zwischen Ahrensburg und Rahlstedt nach. Das Landschaftsbild damals ähnelt stark der Tundra- und Seenlandschaft im heutigen Nordsibirien.

Nach der weiteren Erwärmung siedeln sich noch im Laufe der jüngeren Steinzeit vor etwa 4.000 Jahren Bauernverbände in Norddeutschland an. Es ist überliefert, daß in der Gegend von Rahlstedt mehrere Großsteingräber lagen, auch Riesenbetten oder Hünengräber genannt.

3.000 Jahre alte Überreste bronzezeitlicher Grabhügel gab es noch Ende des 19. Jahrhunderts an den Lehmkuhlen in Oldenfelde. Auch in einem Waldstück des Hufners Eggers, auf dem Gelände des heutigen Oldenfelder Gymnasiums, soll ein Grabhügel gelegen haben.

Ein halbes Dutzend Urnenfriedhöfe aus der Eisenzeit und aus der römischen Kaiserzeit (500 v. Chr. bis 500 n. Chr.) in Rahlstedt und Oldenfelde zeugen von einer für die damalige Zeit relativ dichten Besiedlung unseres Raumes durch eine germanische, wahrscheinlich suebische Bevölkerung. Diese zieht in der Zeit der Völkerwanderung zum großen Teil wieder weg. Einzelfunde weisen auf eine geringe Weiterbesiedlung hin.

Die Namensgebung Radolvestede (= Stätte des Radolf) erfolgt wahrscheinlich im 8./9. Jahrhundert.

Rahlstedt im Mittelalter

Im 11. und 12. Jahrhundert liegt Rahlstedt im sächsisch-slawischen Grenzraum. Die Anlage des Kirchspiels Alt-Rahlstedt erfolgt erst nach dem Siedlungsausbau in Stormarn zu Beginn des 13. Jahrhunderts. 1248 wird es mit Radolf als namentlich bekanntem Pfarrherrn erstmals urkundlich erwähnt. Der Sage nach hat ein Bulle des Bauervogts die Stelle des Kirchenbaus ausgesucht.

1263 wird der aus Oldenfelde stammende Hamburger Bürger Volkoldus genannt.

Graf Adolf V. von Holstein-Segeberg verkauft 1288 dem Hamburger Domkapitel u.a. Einkünfte in Alt- und Neu-Rahlstedt. Der letztgenannte Ort ist hier erstmals urkundlich greifbar. Die adelige Familie von Wesenberg veräußert acht Jahre später den Zehnten u.a. von Oldenfelde (erstmals belegt), Alt- und Neu-Rahlstedt an das Kloster Harvestehude.

Früheste urkundliche Nennung von Meiendorf erfolgt 1318: der Adelige Mildhovet verkauft einem Hamburger Bürger Einkünfte aus fünf Bauernstellen. Während einer Fehde zwischen dem Hamburger Rat und dem Hamburger Domkapitel finden 1342/43 Plünderungen durch lauenburgische Adelige in Neu-Rahlstedt und Meiendorf statt.

Während der allgemeinen Krise der ländlichen Räume in Mitteleuropa sinkt die Bevölkerung in Stormarn zwischen 1300 und 1450 um 75 Prozent. In Neu-Rahlstedt, als vielleicht einzigem Dorf in Stormarn, bleibt die Anzahl der Höfe jedoch konstant. Andere Dörfer, so Berne und Neu-Stapelfeld, werden von ihren Bewohnern verlassen. Der niedere Adel verliert im Hamburger Umland seinen Einfluß.

Der deutsche König Sigismund setzt sich auf dem Konzil zu Konstanz für die Freilassung von zwei Neu-Rahlstedter Bauern ein, die um 1417 durch Mecklenburger verschleppt worden waren.

Der Knappe Luder Heest verkauft 1475 die Gerichtsbarkeit des Dorfes Neu-Rahlstedt an den Lauenburger Herzog Johann IV. Neu-Rahlstedt gehörte bis 1571 zum Herzogtum Sachsen-Lauenburg und ist Bestandteil des Amtes Tremsbüttel.

Die Amtsrechnung Trittau nennt 1492 für Meiendorf 15 Bauernstellen, die der Grund- und Gerichtsherrschaft des Hamburger Domkapitels unterstehen. Die Dörfer Alt-Rahlstedt und Oldenfelde gehören einschließlich Grundherrschaft und Gerichtsbarkeit zum Amt Trittau.

1573 werden in Meiendorf 17, in Oldenfelde 10 und in Alt-Rahlstedt 14 Bauernstellen unterschiedlicher Größe aufgeführt. In letzterem sind Hanns Hinsche Krüger und Henncke Flasbarth Schmied.

Herzog Adolf von Schleswig-Holstein-Gottorf zwingt 1576 das Hamburger Domkapitel zur Aufgabe mehrerer Dörfer, darunter Meiendorf, die zum Amt Trittau gelegt werden.

Dreißigjähriger Krieg und danach

Im Dreißigjährigen Krieg lagern die Heere Tillys 1627 bei Rahlstedt. Während des Krieges fällt in Neu-Rahlstedt eine seit dem Mittelalter bestehende Bauernstelle wüst.

Um 1665 existieren in Alt-Rahlstedt 11, in Oldenfelde 8 und in Meiendorf 13 Bauernstellen unterschiedlicher Größe.

Die Reste des Herzogtums Gottorf werden 1773 mit dem Königlichen Anteil in Holstein vereinigt. Dies gilt auch für die zum Amt Trittau gehörenden Dörfer Alt-Rahlstedt, Meiendorf und Oldenfelde und für das zum Amt Tremsbüttel gehörende Neu-Rahlstedt.

In den Jahren 1778-1782 findet die Vermessung der Gemarkungen Neu-Rahlstedt, Alt-Rahlstedt, Meiendorf und Oldenfelde statt, um durch Verkopplung die Effektivität der Bewirtschaftung zu steigern. Diese Einteilung zeigt sich teilweise noch heute im Straßenbild.

Die Napoleonische Zeit bringt 1806 durch Verwüstungen und Einquartierungen von Franzosen und Russen große Not über das Kirchspiel. Am 6. Dezember 1813 findet bei Alt-Rahlstedt ein Gefecht zwischen dänischen Dragonern und russischen Truppen statt.

Die Chaussee Hamburg-Lübeck, die heutige B75, wird 1843 angelegt.

Die Eisenbahn

1865 erfolgt die Eröffnung der Eisenbahnstrecke Hamburg-Lübeck durch die Lübeck-Büchener Eisenbahngesellschaft. Stormarn wird 1867 Teil der neu geschaffenen preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Mit der Landgemeindeverordnung werden die Dörfer selbständige Gemeinden mit einem gewählten Gemeindevorsteher. 1888 wird mit der neuen Kreisordnung der Amtsbezirk Alt-Rahlstedt gebildet, zu dem außer den genannten vier Dörfern Braak, Tonndorf-Lohe, Stapelfeld und Stellau gehören. Zu den Befugnissen des neuen Amtsvorstehers gehört primär die Verwaltung der Polizei.

Der Bahnhof Alt-Rahlstedt der Lübeck-Büchener Eisenbahn wird 1893 eröffnet, das Elektrizitätswerk in der Bachstraße (Schweriner Straße) nimmt 1898 seinen Betrieb auf.

1901-1909 verbringt Detlev von Liliencron seinen Lebensabend in Rahlstedt.

Das Verwaltungsgebäude des Amtsbezirks Alt-Rahlstedt mit Standesamt, Amtskasse, Einwohnermeldeamt und Polizei wird 1905 in der Waldstraße (Amtsstraße) fertiggestellt.

Die Landgemeinden Alt- und Neu-Rahlstedt, Oldenfelde und Meiendorf sowie Teile von Tonndorf-Lohe und Jenfeld werden 1927 zur Großgemeinde Rahlstedt zusammengelegt.

1933 bis heute

Die Nationalsozialisten entheben Gemeindevorsteher Heinrich Schulz und den gesamten Gemeinderat 1933 ihres Amtes. Die Gleichschaltung von Politik und Kultur beginnt.

Rahlstedt wird 1937 Garnisonsstadt (Boehn-Kaserne, Standortübungsplatz Höltigbaum, 1939 Graf-Goltz-Kaserne) und wird ein Jahr später im Rahmen des Groß-Hamburg-Gesetzes nach Hamburg eingemeindet.

1939-45: Im Zweiten Weltkrieg werden in Rahlstedt insgesamt 32 Häuser durch Bomben zerstört, dabei gibt es 12 Tote und 32 Verletzte. In Rahlstedt und Meiendorf befinden sich Lager für Kriegsgefangene. Von den ca. 25.000 Deutschen jüdischen Glaubens im Hamburger Raum vor 1933 leben 1945 nur noch etwa 300. Die Besetzung Rahlstedts durch die britische Armee erfolgt am 3.5.1945

Der Flüchtlingsstrom aus dem Osten, der Wiederaufbau und die Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 schaffen die materiellen Voraussetzungen für das Wohlergehen im heute bevölkerungsreichsten Hamburger Stadtteil Rahlstedt mit 85.000 Einwohnern, einem Stadtteil mit über 1000 Jahren eigenständiger Geschichte und einer Vorgeschichte, welche schon vor mehr als 10.000 Jahren begann.

  • Erstellt vom Arbeitskreis Geschichte im Kulturverein Rahlstedt (Annemarie Lutz, Dietmar Möller, Günther Bock, Jörg Langmann)

Internet

Die Geschichte Rahlstedts und seiner Kirche