Nieheim
Nieheim: historisch – familienkundliche Entwicklung im lokalen und regionalen Zusammenhang, Land und Leute, Siedlung, Sprache, Kirche, Bibliografie, Archive, Quellen, Hinweise...
Hierarchie: Regional > Bundesrepublik Deutschland > Nordrhein-Westfalen > - Portal:Westfalen-Lippe > Regierungsbezirk Detmold > Kreis Höxter > Nieheim
Früherwähnung
Name
„Nyhem" 1036: „villa Nihem" 1228-1247; „Nehem" 1241: „Nihem" 1262; „Nyehem" 1271: „Nyhem" 1292; „Nyem" 1300, später Niem, Nejm, Nieheimb.
Grundbesitz
- 1036 schenkte der Paderborner Bischof Meinwerk den Zehnten des Herrenhofes Niemen und 4 dazu gehörende Vorwerke: Mallerde. Löwendorf. Pömbsen und Baddenhausen dem Stift Busdorf in Paderborn.
Stadt und Burg
- 1228-47 verlieh der Paderborner Bischof Bernh. IV. der Villa Nieheim Stadtrechte.
- 1282 verlieh Elekt Otto von Paderborn der Stadt Nieheim das Recht. Leute als Bürger aufzunehmen, soweit sie nicht von Bischof, Kanonikern, Klöstern u. Kirchen der Paderborner Diözese und Ministerialen oder Kastellanen des Paderborner Bischofs abhängig sind; gleichzeitig befreite er die Bürger vom Zoll im Gebiet der Paderborner Diözese und innerhalb der Stadt vom Gericht des Vogtes.
- 1288 versetzte der Paderborner Bischof Otto die Hälfte der Burg und Stadt Nieheim einem Paderborner Bürger, der sie vom Grafen Ludolf von Dassel eingelöst hatte, für 300 M.
Kirche
- 1262 plebanus Godefridus; in der gleichen Urkunde wird Johannes von Eissen als Schulrektor in Nieheim genannt.
- 1292 Vizeplebanus Siegfried
- 1299 trennte der Paderb. Bischof Otto Nieheim ab von der Pfarre Pömbsen
- 1300 erklärte Bischof Otto die Kirche in Nieheim zur Mutterkirche der Kapelle in Erwitzen.
Familienname
1241 Andreas von Nieheim .
Landschaftslage
Nieheim liegt im Norden der Hochflächen des Oberwälder Landes (zwischen Eggegebirge und Lipper Bergland) 190 bis 200 m hoch am nördlichen Rande von zum Teil bewaldeten Muschelkalkhöhen (u. a. Holster Berg 332 m) gegen die lößbedeckte Bebermulde. Ortslage etwa 10 m über dem Röthebach.
Geografische Position
1895: Geogr. Position bei (N 51° 48' | O 9° 06')
Ortschaftsursprung
Dorf in der ersten Hälfte 13. Jhdt.
Stadtgründung
Stadtrechtsverleihung durch Bischof Bernhard IV. zur Lippe von Paderborn (1228-47); ein umfassendes Privileg erteilte der Stadt (oppidum, oppidani) der Bischof Otto (von Rietberg) von Paderborn (1277-1307) 1282. Bestätigungen 1607, 1696. Stadt 1843.
Stadt als Siedlung
Bauliche Entwicklung
Planmäßig angelegte Einzelstadt mit rundem Grundriß, unregelmäßig gitterförmigem Straßennetz. Im Winkel der beiden rechtwinklig gekreuzten Hauptstraßen der Kirchplatz. Mauer mit Türmen, 1954 nur in Resten erhalten, so ein Stadtturm im 0sten der Stadt. 4 Tore in den Himmelsrichtungen (Breuser, Holtzer, Pömbser Tor). Bis 1954 kaum über den mittelalterlichen Befestigungsring hinausgewachsen.
Gebäude
Rathaus, Renaissance, 17. Jh. Kath. Nikolaipfarrkirche 13.-15. Jh., vollendet 1497, durch Brand beschädigt 1700. Hospital zum Hl. Geist erwähnt 1420, verfallen im 18. Jh.; seine Kapelle im 16. Jh. profaniert, wiederhergerichtet 1684, später nicht mehr benutzt, noch erhalten. Kath. Pfarrhaus 1730. Ev. Pfarrkirche 1868/69 erbaut. Bischöfliche Burg (1382 in dem "Schlotte to Nieheim") lag an der Südseite der Stadt.
Brände
Größere Brände 1621, 1623, 1669, 1696, 1698, 1700 (257 Gebäude), 1711, 1732, 1736, 1744.
Bevölkerung
Seuchen
Pest 1636 (280).
Bevölkerungsverzeichnisse
Kirchenbücher
- Kirchenbücher: kath. seit (1729) 1764
- Kirchenbücher: ev. seit 1864.
- Nieheim, St. Nikolaus, katholisch, Matrikel, 1631 - 1999, Digitalisate online bei Matricula
Abschriften der Mormonen
Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
- 1808-1813 (Zivil, rk.) Geburten, Aufgebote, Heiraten, Tote
- 1864-1874 (ev., siehe auch Brakel) Geburten, Heiraten, Tote
- 1815-1874 (rk.) Geburten, Heiraten, Tote
- 1810-1813 (Juden, Zivil) Geburten, Heiraten, Tote
- 1815-1821 (Juden, Pfarrbezirk) Geburten, Heiraten, Tote
- 1828-1847 (Juden, Landrat, Gerichtsbezirk Höxter) Geburten, Heiraten, Tote
- 1828-1831 (Juden, Landrat, Gerichtsbezirk Brakel) Geburten, Heiraten, Tote
- 1847-1874 (Juden, Gerichtsbezirk) Geburten, Heiraten, Tote
Jüngere Einwohnerzahlen
1802: 1.137 Einwohner (E.), 1818: 1.265 E., 1843: 1.596 E., 1858: 1.679 E., 1871: 1.563 E., 1885: 1.719 E., 1895: 1.725 E., 1905: 1.654 E., 1925: 1.794 E., 1933: 1.850 E., 1939: 1.772 E., 1946: 2.713 E., 1950: 2845 Einwohner.
Sprache
Die niederdeutsche Mundart als Umgangssprache von Nieheim liegt 1954 im Raum Arnsberg - Paderborn - Herford des Westfälischen. Kennzeichen: buggen 'bauen', moi 'mir' und `mich', jiou 'ihr', juk 'euch', maigget `(sie) mähen'.
Wirtschaft
Handel u. Gewerbe
Stand 1954: Fünf spätmittelalterliche Zünfte. Um 1845: vier Kram- und Viehmärkte. Ackerbürgerstadt. Daneben 1954 Maschinen- und Mühlenbauanstalt (1919), Möbelwerkstätte, Herstellung von Farben (1947) und Ziegeln; Käserei.
Verkehr
Stand 1954: In Nieheim kreuzen sich die Nordsüd-Straße Warburg - Brakel - Nieheim - Steinheim - Wöbbel und die Westost-Straße Bad Driburg - Nieheim - Holzminden. Nieheim ist 1954 abgelegen von der Bahn, nächster Bahnhof ist Bergheim (6 km nordwestlich) an der Hauptstrecke Altenbeken - Hannover (1872).
Umgebungsbedeutung
Stand 1954: Nieheim ist als Landstädtchen 1954 kleiner kultureller Mittelpunkt.
Verwaltung
Rat
Richter, Rat und Gemeinheit 1262, Bürgermeister 1282. Bürgermeister und Rat, seit Mitte 14. Jhdts. in Urk., standen unter bischöflicher Oberaufsicht. Bürgermeister, Rat und Gemeinheit 1415. Seit 1773: 2 Bürgermeister und 4 Ratsherren einschließlich Kämmerer; durch Wahlreglement von 1798: 2 Bürgermeister, 2 Kämmerer, 4 Ratsherren durch 4 Bauerschaften gewählt. Wahl am Matthiastage (24. 2.): 8 von der Bürgerschaft gewählte Deputierte wählen 16 Kurherren, diese den Rat. Annahme der revidierten Städteordnung 1836.
Gericht
Bischöflicher Stadtrichter 1262; trat aber später völlig zurück hinter dem bischöflichen Gogericht, Ratsgericht 1637 bezeugt.
Einordnung im Fürstbistum Paderborn 1779
- 1779 Nieheim
- Explication (Status): Stadt
- Possesor (Inhaber): Fürstlich
- Amt: Dringenberg
- Distrikt: Nieheimer District
- 1779 darinnen
- Explication (Status): 1 adeliches Haus
- Possesor (Inhaber): von Ketteler
- 1779 darinnen
- Explication (Status): der Jesuitenhof
- Possesor (Inhaber): die Jesuiten
Landesherrschaft
Landesherren
Nieheim gehörte immer zum Fürstbistum Paderborn, war im 13.-15. Jh. wiederholt versetzt.
- < 1802 Fürstbistum Paderborn, Nieheimer District
- 1803-1806 Königreich Preußen, Erbfürstentum Paderborn
- 1806-1813 Königreich Westfalen, Departement der Fulda, Distrikt Höxter, Kanton Nieheim
- 1813-1815 Preußisches Gouvernement Weser-Rhein
- 1815 Preußische Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Minden, Kreis Brakel, ab 1832 Kreis Höxter, 1841-1936 Amt Nieheim-Steinheim
- 1946 Land Nordrhein-Westfalen, 1947 Regierungsbezirk Detmold
Adelshaus
Kriegerische Ereignisse
Plünderung durch Hessen 1635/36, durch Schweden 1646. Lager der französischen Armeen bei Nieheim, den Alliierten gegenüber 1761.
Reichstage
Land- und Stadtgericht 1816, Kreisgerichtsdeputation 1849, Amtsgericht 1879.
Zeitzeichen 1895
- Nieheim, Stadt / Stadtgemeinde in Deutschland, Königreich Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Minden, Kreis Höxter
- Zuständigkeit/Einrichtungen: Standesamt Nieheim, Amtsgericht Nieheim, ev. Kspl. Nieheim-Marienmünster, kath. Kspl. Nieheim, Postbezirk, Telegrafenamt
- Gesamtfläche: 2.598,0 ha, (1895) 7 Wohnplätze, 287 Gebäude
- Einwohner: 1.725 (56 Ev., 1.564 Kath., 105 Juden)
- Gewerbe: Käserei, Gerberei (Leder), 3 Mühlen.
- Quelle: Hic Leones
Kriegswesen
Schützengilden
Schützengesellschaft von 1659.
Siegel, Wappen, Fahne
Finanzwesen
Mümzwesen
- Münzstätte der Bischöfe von Paderborn, im Mitbesitz befinden sich die Erzbischöfe von Köln. Bekannt geworden sind Pfennige des Paderborner Bischofs Otto (1277-1307) und des Kölner Erzbischofs Siegfried (1275-1297). Einzelne Forscher legen auch Kölner Pfennige (und Hälblinge) der Erzbischöfe Heinrich und Konrad (12251238-1261) mit dem Beizeichen eines nagelartigen Gebildes nach Nieheim.
- Notgeld des Vorschußvereins 1921: 50 Pfg., 1, 2 M. Papier.
Steuern
Schatzung („schatt“) 1349 bezeugt.
Zölle
Zoll landesherrlich.
Stadtgebiet
- Alter städtischer Waldbesitz. Die Feldmark wurde durch Wüstwerden benachbarter Siedlungen beträchtlich erweitert.
- 1672: 5.623 Morgen, 1885: 2.598 ha, 1951: 2.593 ha.
- 1836 revidierte Städteordnung.
- 1841-1936 Amt Nieheim-Steinheim
- 1970 kommunale Neugliederung: Stadt Nieheim aus dem Amt Nieheim mit den Gemeinden Entrup, Erwitzen, Eversen, Himmighausen, Holzhausen, Merlsheim, Oeynhausen, Schönenberg, Sommersell und aus der Stadt Nieheim.
Politische Einteilung
Stadtteile / Ortsteile:
- Entrup
- Erwitzen
- Eversen
- Finnbrock
- Himmighausen
- Holzhausen
- Horsthof
- Kariensiek
- Keilberg
- Merlsheim (Nieheim)
- Sommersell (Nieheim)
Kirchenwesen
Bistümer seit Mittelalter
Seit dem 13. Jhdt. zum Archidiakonat Steinheim des Bistums Paderborn gehörig. 1262 Pfarrer genannt. 1299 wurde die Pfarre von Pömbsen getrennt, 1324 der Abtei Marienmünster inkorporiert. Kaland 1351, neue Statuten 1722. Kaplanei 1618 gegründet.
Reformation
Im Anfang 17. Jhdt. neigte die Bevölkerung längere Zeit vorübergehend dem Protestantismus zu, seitdem vorwiegend katholisch. Die Protestanten waren dem 1843 errichteten Pfarramt Brakel zugeteilt, seit 1864 der Kirchengemeinde Marienmünster -Nieheim- Steinheim. 1856 ev. Betsaal, 1868-69 Pfarrkirche in Nieheim errichtet. Kreisgemeinde Paderborn.
Konfessionen
1871: 1.373 Kath., 40 Ev., 1925: 1.635 Kath., 80 Ev., 1946: 2.236 (80%) Kath., 468 Ev.
Juden
1652 und 1661: 3, 1671: 4, 1681: 10 Familien, 1716: 13 Familien, 1719: 8 Familien, 1794: 12 Familien. Synagoge seit etwa 1780. 1802: 74, 1895: 105 Personen.
Wohlfahrtspflege
Stand 1954: Heiliggeisthospital als Armenhaus 1420 zuerst erwähnt, im 18. Jh. verfallen. 1954 Krankenhaus.
- Apotheke: St. Nikolaus-Apotheke 1797
Bildungswesen
Schulen
Stand 1954: Alte Volksschule. Lehrerin für Mädchen 1683 genannt. Ev. Volksschule 1868-1939 und wieder seit 1948. Private kath. Rektoratsschule, als öffentliche Mittelschule (Realschule) seit 1943. Gewerbliche Fortbildungsschule seit 1898.
Archiv
- Nieheim/Stadtarchiv
- Katholisches Pfarrarch.
Artikel-Quellen
- Deutsches Städtebuch, Handbuch städtischer Geschichte, Bd. III. Nordwest-Deutschland, II. Westfalen (1954) W. Kohlhammer Verlag Stuttgart
- Adreßbücher, Stadtarchiv
Bibliografie
- Bau- und Kunstdenkmäler des Kr. Höxter (1914).
- Berghaus, P.: Währungsgrenzen des westfälischen Oberwesergebietes im Spätmittelalter (1951).
- Böger, R.: Die Schwalenbergische Mundart, in: Ndt. Jb. 32 (1906), S. 141 [hier ist N. zum Vergleich herangezogen].
- Brand, J. : Studien zur Dialektgeographie des Hochstiftes Paderborn und der Abtei Corvex (1914).
- Bratvogel, F.: Der Kreis Höxter, in: Kreis- und Stadthandbücher des Westfälischen Heimatbundes (1952).
- Hävernick, W. Münzen von Köln, Bd. I, S. 269 (1935).
- Have: Kurzer geschichtlicher überblick über die Nieheimer Schützengesellschaft (1885).
- Krömecke, E: Geschichtliche Nachrichten über die Stadt Nieheim, in Westfälische Zeitschrift (WZ) 31, 1873, II S. 1-93:
- Lotze, K. Aus Nieheims Vergangenheit, in: Heimatbuch des Kr. Höxter 2 (1927).
- Lückger, H. J.: Nachtrag zum Bd. I, (1939)
- Naumann, Elfried: Mittelalter, Adelssitze und Poeten (1998)
- Nieheim und seine Vergangenheit, Festschrift zur 700-Jahrfeier (1947).
- Parensen, Paula: Die Verfassung der Stadt Nieheim von ihren Anfängen bis zum Jahre 1803, Phil.Diss. Münster 1941.
- Parensen, Ferdinand: Nieheim und seine Vergangenheit, 1947 (28 S.)
- Weingärtner, J.: Münzen von Paderborn (1882).
Bibliografie-Suche
- Volltextsuche nach Nieheim in der Familienkundlichen Literaturdatenbank
Historische Quellen
Weblinks
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