Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/046
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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie | |
Inhalt | |
Vorwort | Einleitung Erster Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 Zweiter Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 Dritter Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 • 5 • 6 | |
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erlebter und erstrebter Handlungen gedacht, kann nur da auf volles Verständnis rechnen, wo eine Gleichartigkeit ererbter Eigenschaften von Generation zu Generation vorausgesetzt wird. Der wahre Geschichtschreiber entwickelt in dieser Beziehung in sich eine ungemein große Feinfühligkeit. Selbst wenn er von anderen Nationen oder gar von anderen Rassen erzählen soll, so fehlen ihm nicht selten Stimmung, Wahlverwandtschaft, Sinn und Auffassung, man darf sagen das Organ des Verständnisses. Er sucht sich erst auf alle Weise vorzubereiten, er lernt die Sprache fremder Menschen, er studiert die Länder und deren Natur, in der sie wohnen, er nähert sich dem Vorstellungskreise, welchen das nicht verwandte Volk von Vätern auf Söhne vererbt hat und dadurch als etwas selbstverständliches betrachtet. Geschichtserkenntnis im höchsten Sinne ist nicht nur ein Produkt der Beobachtung von Thatsachen, die sich darbieten, wie die Wandlungen der Erdrinde, wie die Eigenschaften der Elemente, die Erscheinungen der Wärme, des Lichts, der Elektricität, sondern auch eine Folge der Vererbung des gleichen Wesens der Eigenschaften in einer langen Reihe von Generationen. Die wesentliche Unveränderlichkeit des geschichtlichen Menschen macht die Geschichte möglich und die Geschichte beweist umgekehrt, daß sich seit Jahrtausenden derselbe im Wesen gleich geblieben ist. Was sich verändert hat, sind Werke seiner Hände, oder wenn man lieber will, seiner Kunst. Er selbst war immer dasselbe werkzeugschaffende Wesen, so lange ihn die Geschichte beobachtet hat, so lange ihm das Bewußtsein seiner Aehnlichkeit genealogisch erkennbar war. Den Fortschritt in den Dingen, die sein Schaffen hervorbringt und seine Kunst in Jahrtausenden geschaffen hat, zu verkennen, wäre dieselbe Täuschung, wie wenn sich jemand nicht überzeugt halten könnte, daß die Berge der Schweiz höher sind als im Harz, weil er sie ja nicht nebeneinander sehen kann. Diese Fortschrittsfrage ist in der That keine Frage, es dürfte davon nicht geredet werden. Ranke hat sofort in der klaren und weltweisen Einfachheit seiner historischen Denkungsart das Wort vom „technischen Fortschritt“ selbstverständlich aus der Reihe allgemeiner Probleme der Geschichte gestrichen; wenn er den Fortschritt überhaupt bezweifelt hat, so dachte er an eine Frage, die