Kaltenbach 1850/Gangelt

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<Gangelt

Auszug aus:

Johann Heinrich Kaltenbach: Der Regierungsbezirk Aachen, Wegweiser für Lehrer, Reisende und Freunde der Heimathkunde, Aachen 1850.

Gangelt, früher Gangella, Gangluden, Gangla, Gangelta, Gangolta und Gangel genannt, ein Flecken mit einer Post-Expedition, 172 Häusern und 858 Einwohnern, 2 Stunden westlich von Geilenkirchen und 7 St. (4,54 Meilen) von Aachen entfernt. Es ist auf dem Nordrande des Süsterseel-Gangelter Bruches gelegen und wird von der Sittard-Geilenkircher Heerstraße durchschnitten. Der Boden dieses Distrikts ist meist sandig, aber doch fruchtbar. Die Einwohner von Gangelt und Umgegend ziehen viel flachs, Buchweizen und Obst, beschäftigen sich auch mit der Leinweberei und Bierbrauerei; die Bruchanwohner zu Stahe, Niederbusch, Langbruch, Ober- und Untergangelterheide, Mindergangelt etc. besitzen große Gänseheerden und halten viel Rindvieh.

Im Jahre 827 geschieht zuerst Meldung von Gangelt, einem Königsgute im Maasgau gelegen und Gangluden genannt, durch welches die Straße von Aachen nach dem fränkischen Pallaste Nimwegen und der Untermaas führte. Damals bestand Gangelt aus einem Königshofe und einigen Wohnhäusern, deren Bewohner Christen waren. Die dortige Kapelle wird wahrscheinlich dem heiligen Gangolfus gewidmet gewesen sein. 869 erhielt Ludwig der Deutsche durch Theilung die Länder dieseits der Maas, namentlich die Abteien Aachen, Cornelimünster, Süstern, Berg (st. Peters- und Odilienberg an der untern Ruhr) nebst dem Distrikte Aachen und 7 Grafschaften in Ripuarien, auch St. Gangulfi etc. Das Königsgut Gangelt und, seit dem Tode des Pfalzgrafen Siegfried von Ballenstädt dessen Eigenthum Richterich, waren im Besitze Goswin's II. von Heinsberg und Falkenberg. Kaiser Konrad III. schenkte diese Güter (1140) dem Herzog Heinrich II. vom LImburg. Im Jahre 1230 war Tiricus Pfarrer von Gangelt. Um's Jahr 1528 waren dem großen Kirchsprengel Gangelt außer dem vorerwähnten Dorfe Höngen noch eingepfarrt: Brunßum, Schienfeld und Jabeck mit der Schloßkapelle zu Ezenraad, die aber 1559 bei der Errichtung neuer Bisthümer in den Niederlanden von Gangelt getrennt und zu selbstständigen Pfarreien in der jetzigen Provinz Limburg erhoben worden sind. Das Städtchen Gangelt hatte früher Thore; die Stadtmauern, mit denen es im 13. Jahrhundert von den damaligen Herren von Heinsberg umgeben wurde, waren mit 13 Thürmen geschmückt, die aber seit dem 17. Jahrhundert mit den Thoren allmählig zerfielen und größtentheils abgetragen worden sind. 1301 erscheinen die Schöffen von Gangelt mit ihren Vögten und hatten schon ein Schöffenhaus-Siegel, welches 1543 mit einer andern Umschrift versehen wurde und worin Gangelt eine Stadt genannt wird. Nach Aussterben des Hauses Heinsberg im männlichen Stamme wurden die Herrschaften Gangelt, Millen und Waldfeucht mehrmals verpfändet, bis endlich im Jahre 1484 der Herzog Wilhelm von Jülich sie einlöste und seitdem sind sie bei diesem Hause geblieben. 1511 wurde die in Trümmern liegende Burg zu Gangelt wieder von Neuem gebaut, von der aber jetzt nur die Ruinen übrig sind. Seit 1553 wurde die deutsche Sprache bei de Gerichte daselbst eingeführt und die niederländische trat nun immer mehr in den Hintergrund. Ein niederländischer Dialekt hat sich hier jedoch in den meisten Ortschaften an der holländischen Grenze bis heute erhalten, welcher unverkennbar auf eine ehemalige Verbindung dieser Lande mit dem Limburgischen und Lüttich'schen hinweist.