Herforder Chronik (1910)/297

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Herforder Chronik (1910)
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vorgangen, welches, da die H. subdelegirten commissarij solchen wiederstandt vermerckt, durch Gottes gnedige Verhängnuß (ergänze: abgewendet) und sie mitt Hinterlassung ihres beygehabten proviants und anderer Sachen unverrichtet wieder abziehen müssen.“

Dem schroffen Vorgehen der Kommissarien setzte die Stadt eine scharfe Berufung an Kaiser und Reich entgegen, worin namentlich die Unmittelbarkeit [1] der Stadt und die Stellung der Äbtissin als Reichsstand betont wurde. Die Berufung fruchtete nichts, der Bescheid lautete: Das Restitutionsedikt, also der Befehl zur Herausgabe aller geistlichen Güter an die katholische Kirche, bliebe für Herford so lange in Kraft, bis die Frage der Reichsunmittelbarkeit der Stadt entschieden sei.

Nun hatte es aber mit der Ausführung der Bestimmungen des Restitutionsediktes seine guten Wege; die ganze Stadt war evangelisch, und daher fand sich niemand, der jene Befehle ausgeführt hätte.

Die Frage der Immedietät (Reichsunmittelbarkeit) der Stadt war seit 1547 im Schwange. Damals hatte die Äbtissin Anna von Limburg ihre weltlichen Rechte über die Stadt Herford an Herzog Wilhelm von Jülich übertragen, aber der Reichsfiskal [2] hatte dagegen beim Reichskammergericht Einspruch erhoben, weil die Äbtissin diese Rechte nie besessen habe, da Herford eine reichsfreie Stadt gewesen sei. In den Unruhen der Zeit mußte die Stadt den Prozeß ruhen lassen, jetzt aber, 1631, als von seiner Entscheidung vielleicht der Weiterbestand des evangelischen Bekenntnisses der Herforder abhing, eilte der Rat, einen günstigen Urteilsspruch zu erzielen. Er sandte den Syndikus [3] Dr. Bernhard Fürstenau und den Stadtsekretär Heinrich von Rhaden an das Reichskammergericht und den Reichstag zu Speier und Regensburg, woselbst sie den Erfolg erzielten, von dem der Chronist meldet:

„Anno 1631 den 31ten Martij wie im vorigen 1630ten Jahr Stift und Stadt der reformation halber also angegriffen (ergänze: worden ist) und man nötig gehabt, den punctum exemptionis in camera fortzusetzen [4], maßen (da ja) auch die Stadt Herford uff dem Collegiatstag (Reichstag) zu regenspurg nachr Speyer dero behuef [5] verwiesen ist die Stadt Herford durch ein vom keyserlichen Cammergerichtte Publicirtes Urtheill in puncto Exemptionis, zwischen dem keyserlichen Fiscale und der Stadt Herford auch der Fraw Abtissin, hinwieder zu einer unmittel-

  1. Reichsunmittelbare Städte standen unter keiner Landeshoheit, sondern lediglich unter Kaiser und Reich.
  2. Reichsfiskal (Beamter), der über die Gerechtsame des ehemaligen deutschen Reiches und seines Oberhauptes wachte. Ein solcher fungierte sowohl beim Reichshofrat als beim Reichskammergericht.
  3. Syndikus ist der Rechtsbeistand einer Stadtgemeinde oder sonst einer Körperschaft, der ihre Rechtsgeschäfte als Bevollmächtigter besorgt.
  4. Beim Kammergericht den Prozeß wegen der Unmittelbarkeit wieder aufleben zu lassen.
  5. Zu deren Nutzen.