Herforder Chronik (1910)/204

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Herforder Chronik (1910)
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Hämelingerstraße ausgebrochen, „man hat niemals erfahren können, woher diese große erschreckliche Brunst entstanden oder verursachet“. Die Sage - Schwettmann berichtet sie auch - schreibt die Entstehung des Brandes der Hausfrau des Besitzers bei, welche am Tage den Dreschern in der Scheune beim Umwenden geholfen, dabei ihren Ring verloren und ihn unvorsichtigerweise abends mit offenem Lichte gesucht habe.

Die bei Hermann zum Rhaden angehäuften Korn-, auch wohl Strohvorräte, sein ganzes Braugerät, die damals übliche, viel Holzwerk enthaltende Bauart der Häuser und nicht zuletzt ein bei allen solchen Bränden die Hauptrolle spielender „Windsturmb“ begünstigten die schnelle Ausdehnung des Schadenfeuers. Zunächst wurde die Neustadt hart betroffen. Von Hermanns zum Rhaden Anwesen ist „Alles in Rauch aufgangen, mehr als 1000 Taler Schaden zugefüget worden“. Die nächsten Nachbarn, alles ackerbautreibende und demzufolge viel brennbaren Stoff beherbergende Bürger - das Instrumentum führt sie namentlich auf - wurden stark in Mitleidenschaft gezogen, und von Hinrich Vollmer aus, der seinen Schaden nur auf 50 Taler angibt, ist das Feuer auf den Turm der Johanniskirche übergesprungen. Wie man sagt, sei ein brennendes Speckstück herangeflogen und habe sich da oben festgesetzt. Der Turm wäre zu retten gewesen, wenn nicht in der späten Abendstunde Schrecken und Bestürzung allgemeine Kopflosigkeit verursacht hätte, und wenn nicht gerade an diesem Unglückstage „etzliche Leitern aus dem Thurmb genommen gewesen“. Man kann sich das ängstliche Hin- und Herlaufen, das Jammern und Schreien der armen Betroffenen ausmalen, jeder mit der Bergung seiner Habe oder mit Abwehrmaßregeln beschäftigt. Unterdessen lohte der Turm auf, sonst der Stolz der Neustädter, der die zum Gottesdienste einladenden Glocken barg, jetzt eine vielen Bürgern verderbenbringende Riesenfackel. Bis auf den steinernen Unterbau brannte er nieder, ja, das Instrumentum sagt, nicht die ansehnliche Spitze allein mit allen schönen Glocken, sondern auch die Kirche bis auf die bloßen „Gewölber“ sei „gar“ eingeäschert. Man schätzte damals den Schaden an der Kirche auf mindestens 10000 Taler. Jetzt war dem entfesselten Elemente kein Halt mehr zu gebieten. Feuergarben aus den brennenden Häusern und glühende Scheite von dem aufflammenden Turme trug der Wind ungehindert hinüber in die Früherren- und die Scheunen der gleichlaufenden Lübberstraße, sie entzündeten die dort lagernden Korn- und Warenvorräte und legten die Wohnhäuser in Asche. Die in dem Instrumentum angegebenen Schadenbeträge der einzelnen Abgebrannten gehen bis zu 3000 Talern, es wird aber ausdrücklich bemerkt, daß in diesen Zahlen nicht die von der Feuerswut verzehrten Geldsummen und Kleinodien begriffen seien, welche in jenen unruhigen Zeiten auswärtige Edelleute bei ihren Verwandten und Freunden in der Stadt zur Verwahrung niedergelegt hatten.

Nach seinem besten Vermögen half, wer helfen konnte, ein Nachbar dem anderen, aus Altstadt und Radewig waren die Hilfsfreudigen herbeigeeilt und die alarmierte militärische Besatzung der Stadt bemühte sich mit Umsicht und