Herforder Chronik (1910)/193

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Herforder Chronik (1910)
<<<Vorherige Seite
[192]
Nächste Seite>>>
[194]
Datei:Herforder Chronik 1910.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



als niederdeutsche Nebenformen von rode ansehen. Letzteres hinge zusammen mit dem althochdeutschen riutan in der Bedeutung von reuten, d. i. „Bäume, Gestrüpp oder Unkraut zur Vertilgung aus der Erde arbeiten“. So bedeute das altdeutsche Substantiv riute - urbar gemachtes Land. Eine spätere Bildung ist rode in der Bedeutung von Neubruch, Neuland, und das niederdeutsche rade, worunter das Gerodete zu verstehen ist.

In seinen Beiträgen zur Namenkunde westfälischer Orte nennt Tibus rod, roth einen mühsam durch Ausrottung der Bäume und des Gestrüppes beschaffenen Acker und führt zum Beweise eine Zahl Ortschaften an, z. B. Radevormwald, Bokrade (bei Ibbenbüren), wo die Buchen ausgerottet sind. Im Kreise Herford ist unser „Radewig“ der einzige Ortsname dieser Art, denn Rödinghausen ist wohl besser auf einen Personennamen zurückzuführen. Aber in weiterer Umgebung finden wir Rhaden, Rothenfelde, Rothenuffeln u. a. m. Die größte Ausbeute liefert das waldreiche Lipperland; wir nehmen aus der Fülle der Namen nur Rodensiek und Hartröhren heraus. Letzteres wird 1571[1] als „an den Hartroden“ (Hart-Wald) genannt. Im Hinblick auf die große Zahl westfälischer Ortschaften und die Menge der Fluren, welche das rod oder roth im Namen haben, fragt Tibus: „Woher hat Westfalen den Namen rothe Erde, wenn nicht von den fast unzähligen rothun (Ausrodungen)?“

Förstemann und Tibus stimmen darin überein, daß vic als Morast oder doch weicher Boden anzusehen sei; Tibus führt mehrere Ortsnamen an, auf welche diese Auslegung paßt.

So erscheint uns nun die Radewig als „ein gerodetes Weichland“, auf dem Gesträuch, Gestrüpp u. dgl. beseitigt wurde, kurz als Rodestätte oder Rodeland.

Der junge Stadtteil hatte, wie man das noch heut sehen kann, geringe räumliche Ausdehnung, auch war er nicht dicht bewohnt. Einen großen Raum nahmen die adeligen Höfe Odenhausen und der Kettlersche Hof ein. Letzterer lag dem Hofe Odenhausen gegenüber nach der Aa hin.

Nach Hagedorn wäre 1748 der Hof Odenhausen oder der quernheimsche Hof noch „in Absicht des Gebäudes im Stande gewesen, von dem alten Ketlerischen Hauptgebäude oder dem Hofe des Drostens von Münch zur Werburg (bei Spenge) aber ist nur noch ein Stück von einer Mauer übrig geblieben“. Auch dieser Mauerrest ist seitdem verschwunden, und da Hagedorn seinen Standort nicht angibt, so läßt sich auch Lage und Ausdehnung dieses Hofes nicht mit Bestimmtheit angeben.

Die übrigen Bewohner der Radewig setzten sich zuerst aus den Eigenbehörigen der Höfe zusammen, die ihm wegen ihrer Dienstverpflichtungen nahe sein mußten. Ihnen gesellten sich später Geistliche und Dienstleute des Stifts bei. Erst als die Radewig mit in den Befestigungsgürtel der Stadt einbezogen war, ließen sich auch bürgerliche Ansiedler, Handwerker, hier nieder.

  1. Preuß, a. a. O.