Handbuch der praktischen Genealogie/397
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Handbuch der praktischen Genealogie | |
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Band 2 Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI | |
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Anthropologisches u. sozialpsychisches Familienstudium. Das genaue Studium dieser Erscheinungen führt zu dem merkwürdigen Resultat, daß solche Familientypen in allen vier Gruppen der Individualpsychologie vorkommen, also nicht nur im Pathologischen, sondern auch im Normalpsychologischen, Überwertigen (Talent und Genie) und Kriminellen. In vielen Familien kann man beobachten, daß bestimmte, organisch bedingte Grundzüge, z. B. motorische Erreglichkeit, nach den drei Richtungen des Normalen, Pathologischen und Kriminellen hin variieren, je nach den besonderen Zutaten, die zu diesem Punkt der Anlage im übrigen hinzugetreten sind. Auf diesem Wege vollzieht sich der Übergang der psychiatrischen Familienforschung in die Anthropologie und Sozialpsychologie.
Es ist hier nicht der Ort, um diese Beziehungen der angeborenen Anlage in den genannten Gebieten näher auszuführen; es soll hier nur gesagt werden, auf welchem Wege man zu einem einwandfreien Material über diese biologischen Phänomene gelangen kann. Abgesehen von den Quellen, die wir in den Berichten einzelner Familienmitglieder über ihre Angehörigen haben, ist es die Hauptaufgabe, die Mitglieder einer Blutsverwandtschaft (Sippe) in vergleichender Weise körperlich und geistig zu untersuchen, d. h. die Methoden der objektiven Registrierung, die in der Psychiatrie mit großem Erfolg angewendet worden sind, immer mehr ohne dogmatische Behauptung psychiatrischer Begriffe auf allgemeine anthropologische Gebiete zu übertragen. In dieser Richtung liegt schon eine große Zahl von brauchbaren Untersuchungen vor, vor allem ist in der vergleichenden Untersuchung von Schulkindern, und zwar von normalen und von Insassen der Hilfsschulen, unter Anwendung psychologischer und anthropologischer Methodik schon viel geleistet worden. Einen großen Fortschritt versprechen jedoch solche vergleichende Untersuchungen gerade innerhalb von Blutsverwandtschaften. Auch hier liegt in der Richtung der Sippschaftsuntersuchung schon jetzt eine Reihe von Resultaten vor, die besonders im Hinblick auf die Mendel'schen Regeln große Beachtung verdienen, wobei es sich darum handelt, ob innerhalb dieser Vererbungs- und Variationserscheinungen bestimmte Gesetze zutage kommen. Allerdings ist die Aufgabe einer vergleichenden Gesamtuntersuchung einer großen Zahl von blutsverwandten Personen vom Standpunkt der Vererbung ein sehr schwieriges Problem und erfordert eine viel größere methodische Arbeit als z. B. die Vergleichung einer einzelnen Eigenschaft, speziell eines Talentes innerhalb einer Sippschaft. Die weitere Ausbildung dieser vergleichenden Untersuchung von Blutsverwandten ist für die Entwickelung dieses ganzen Gebietes von der größten Bedeutung.
Biogenetisches Grundgesetz. Zum Schlusse möchte ich einen prinzipiellen Punkt in dem Verhältnis von Anthropologie und Familienforschung darlegen. Infolge der entwicklungsgeschichtlichen Auffassung innerhalb der Anthropologie ist man gewöhnt, die Beschaffenheit des Einzelindividuums, gestützt auf die Ontogenese, speziell die Art der embryonalen Entwicklung, alsbald im Sinne der allgemeinen Naturgeschichte mit niederen Lebewesen und bestimmten Tierarten zu verknüpfen. Das von Häckel formulierte biogenetische Grundgesetz, wonach