Handbuch der praktischen Genealogie/365

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
<<<Vorherige Seite
[364]
Nächste Seite>>>
[366]
Datei:Handbuch der praktischen Genealogie.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



ist. Aber schon wenn die Ausübung solcher Rechte der Vorfahren in einem anderen Staate erfolgte, sieht sich der Richter durch die unangenehme Notwendigkeit beeinträchtigt, feststellen zu müssen, daß die im anderen Staat ausgeübten ständischen Rechte den Rechten, die der Adel im Inland hatte, gleichwertig waren. Eine alte briefadelige Familie, die ihre Diplomierung nicht urkundlich nachweisen kann, oder eine uradelige, die vorübergehend Adelsprädikate nicht geführt oder ihre ursprünglichen ständischen Vorrechte seit Jahrhunderten eingebüßt hat und sich zum Beweise ihres Adels nur auf fortdauernde gesellschaftliche Anerkennung berufen kann, mag unter Umständen sogar gute Kenner adeliger Gepflogenheiten älterer und neuer Zeit in Verlegenheit setzen; das um so mehr, als die Gesamtheit der adeligen Familien heute nicht wie früher gesellschaftlich selbst Kontrolle darüber führt, wer sich zu ihr rechnen darf. Der Mann, der sich adelig nennt und dessen Familiennamen man nicht allgemein als adelig kennt, wird von Fall zu Fall verschieden aufgenommen; er wird von dem einen lediglich nach seinem Auftreten beurteilt, von dem anderen ohne Rücksicht auf seine persönliche Lage um des unbekannten Namens willen mißtrauisch angesehen und ferngehalten. Die konservativsten Adelskreise selbst trauen sich oft ein Urteil nicht zu, sondern verlangen Beweise für die adelige Qualität. Daher kommt es, daß privaten Unternehmungen, die, wie die Gothaer Taschenbücher und die Adelslexika von Kneschke, Ledebur u. a., sich des Rufes der Unparteilichkeit erfreuen, eine große Autorität beigemessen wird; daher kommt es aber auch, daß heute, wo sich in Adelskreisen wachsende Bedenken gegen die Objektivität oder Zuverlässigkeit dieser privaten Nachrichtensammlungen regen, in ganz Deutschland und in Österreich immer mehr Wert auf eine staatliche formelle Kontrolle der Zugehörigkeit zum Adel gelegt wird.

1. Adelsmatrikeln. Adelsämter.

Adelsmatrikeln. Adelsämter.      Während der Rheinbundszeit tauchte in verschiedenen deutschen Staaten der Plan auf, von Amts wegen offizielle Verzeichnisse aller adeligen Familien anzulegen und nur diejenigen inländischen Familien als adelig anzuerkennen, die ihre Eintragung in das "Matrikel" genannte Verzeichnis erwirkten. Die Durchführung des Planes erforderte eine besondere permanente Behörde, da fortdauernd Geburten und eingewanderte Adelsfamilien einzutragen waren; mit der Einrichtung einer Adelsmatrikel war also notwendig die Schöpfung eines Adelsamtes verbunden, dessen endgültige Feststellungen vollen Beweis für die Berechtigung oder Nichtberechtigung zum Führen des Adels in dem betreffenden Staate lieferten.

      Die Immatrikulierung des gesamten inländischen (bayerischen) Adels ist in Bayern in den Jahren 1808—1819 durchgeführt worden.[1] Die Matrikel unterscheidet fünf Adelsklassen: Fürsten, Grafen, Freiherren, Ritter, Adelige, denen lediglich das Prädikat "von" zusteht


  1. Vgl. Edikt über den Adel im Königreich Bayern vom 28. Juli 1806, Kapitel V, § 14—22.