Handbuch der praktischen Genealogie/292

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
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Namenserscheinung, aber mit ,,-hof" zusammengesetzt, wie Althoff, Aschhoff, Grasshoff, Sandhoff, Müllenhoff, Fehrhoff usw. In der Schweiz und in Tirol sind diese Namenbildungen nicht anzutreffen, dafür überwiegt die Ableitung von Flurbezeichnungen. Diese können direkt übernommen sein oder durch Vermittelung eines Hofnamens, auf den der Flurname vordem übergegangen war. Ein charakteristisches Beispiel dafür findet sich in der Lebensbeschreibung des Schweizers Thomas Platter, eines Zeitgenossen Zwingiis und Calvins. „Mein Vater", so heißt es da, „hieß Antoni Platter von dem alten Geschlecht der Platter. Sie haben ihren Namen von einem Haus auf einer breiten Platte, genannt das ,Haus an der Platten«, das ist ein Felsen auf einem hohen Berg".[1] Ferner heißt Roseggers Vater volkstümlich der „Waldbauer" und sein Hof der „Waldhof", und in Jeremias Gotthelfs Erzählung „Uli der Knecht" wird der Hof des Bodenbauers als Bodenhof bezeichnet.

Alte Verwandtschaftsbezeichnungen.      Es ist nicht immer und zu allen Zeiten notwendig gewesen, daß die verheiratete Frau nach dem Manne und die unverheiratete nach dem Vater genannt wird; auch die verheiratete konnte den Vatersnamen behalten. So findet sich z. B. Heinrich Felleberg, Anne Thomas Krichinne seine Frau (vgl. unser „geborene"). Es kommt auch vor, daß eine Frau, die sich zum zweiten Male verheiratet, weiter nach ihrem ersten Manne heißt: Mathis gurtelers Frau Jutte wird nach seinem Tode als Frau des Heinrich de Hawilswerde noch Jutte gurtelerinne genannt; die Frau des Heynke clugil heißt Katharina Gysmeisterinne, weil ihr erster Mann gysmeister hieß (vgl. unser „verwitwet gewesene"), Durch solche Willkürlichkeiten läßt sich gelegentlich erklären, daß bei Mutter und Sohn verschiedene Namen auftreten (Reichert, Die deutschen Familiennamen, S. 158). Bemerkenswert ist ferner die auffallende Erscheinung, daß noch im 17. Jahrhundert der Jungfername der Mutter zuzeiten auf eheliche Kinder übergeht. Die sozialgeschichtliche Bedeutung des Schwankens der Familiennamen ist noch vielfach unerforscht. Man kann z. B. beobachten, daß bei einem Familienzweig, der wirtschaftlich und sozial eine Blütezeit erlebt, auch der Familienname verhältnismäßig früh fest wird, während andere minder begünstigte Linien derselben Familie unter den alten Schwankungen noch fortgesetzt zu leiden haben. Diese Vorgänge waren zeitlich und örtlich verschieden. Daß namensgeschichtliche Studien für den praktischen Genealogen von allergrößter Bedeutung sind, lehrt beispielsweise die Tatsache, daß noch im 16. Jahrhundert für zweifellose Angehörige einer und derselben Familie in den verschiedenen Quellen ein halbes Dutzend verschiedene „Familiennamen" in Gebrauch sind, daß also ein Stammbaum, der etwa nur die heute erhaltenen „Familiennamen" berücksichtigen würde, sich als durchaus lückenhaft herausstellt. (Hashagen WZ 1910, S. 544.)

      Bezüglich der Geschichte der Namen sind alte Kulturstätten vor jüngeren ein gutes Stück in der Entwicklung voraus. So ist z. B. der ganze


  1. Aus Thomas und Felix Platters Lebensbeschreibung, hrsg. von Otto Fischer in „Erlebnis und Bekenntnis", München 1911, S. 18 u. 288.