Grundzüge einer quantitativen Genealogie (Rösch)/004

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Grundzüge einer quantitativen Genealogie (Rösch)
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EINLEITUNG

      Die Genealogie ist eines der Gebiete menschlicher Geistesbetätigung, die uns besonders eindringlich die Begriffe des Unendlichen und Endlichen vor Augen führen. Die Zahl der Gen., die vor uns waren und die nach uns kommen werden, wird uns stets unerforschlich bleiben: Wir können sie als unendlich groß ansehen, ebenso die Zahl der Individuen, die bisher die Erde bevölkert haben, und der, die sie noch bevölkern werden. Denn weder unsre biologischen Erfahrungen und theoretischen Kenntnisse, noch die geologischen Funde reichen aus, uns über das Erden und die Entwicklung der Menschheit ein auch nur annäherndes zahlenmäßiges Bild zu machen. Die universelle Tendenz der belebten Natur, durch Teilung die Individuenzahl zu vergrößern, beherrscht allerdings unser Denken im Sinne einer Entwicklung der Menschheit von kleinen Anfängen zu immer größerem Umfang, doch ohne sichere Anhaltspunkte für den quantitativen zeitlichen Verlauf.

      Der Forscher aber, der Genealogie treiben will, muß irgendwo diese stets ins Unendliche entgleitende, unfaßbar scheinende Masse anpacken, muß ein Koordinatensystem aufstellen: Es ist der erste Grundsatz jeder Sippenforschung, daß sie einen „Nullpunkt“ haben, daß sie monozentrisch, individualistisch sein muß[1]. So greifen wir aus der Fülle eine bestimmte „Familie“ oder eine „Sippe“ heraus, können diese selbst aber nur beschreiben, indem wir willkürlich (meist durch den Beginn unserer historischen Kenntnis bestimmt) die Familie von einem „Stammvater“ ableiten oder eine Ahnenfolge auf einen „Probanden“ beziehen.

      Die Einzelergebnisse der Forschung haben daher meist auch nur für die Angehörigen der speziellen Sippe Interesse. Darüber hinaus aber ist es sowohl vom biologischen Standpunkt als auch infolge der Beziehungen zur großen Kultur-, Menschheits- und Erdgeschichte nicht müßig, die Einzelsippe in vernünftiger Weise statistisch zu verarbeiten, um so allgemeinere Gesichtspunkte zu erkennen. So läßt sich vielleicht dereinst Genaueres über die einer Sippe innewohnende „Lebenskraft“ ableiten, unter Berücksichtigung und in Beziehung zu den äußeren zeitlichen und örtlichen Lebensumständen, um nur eines der Ziele solcher Forschungen anzudeuten. Wenig ist in dieser Hinsicht schon heute getan, viel Material aber liegt zur Verarbeitung bereit.


  1. Die ganze Monotonie der Geschlechterfolgen, aber auch ihre Zielstrebigkeit, ihr Bezug auf ein Individuum, wird uns, in dichterischer Verwebung mit der „heiligen Siebenzahl“ schon eindrucksvoll vorgeführt in den ersten Versen des Matthäus-Evangeliums.