Geistliche Gerichtsbarkeit (Fürstbistum Münster)
Historische Hierarchie
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Einleitung
Geistliche Gerichtsbarkeit im Fürstbistum Münster
- Geistliches Hofgericht (Offizialat)
- Generalvikariatgericht
- Archidiakonatgericht
- Domhofimmunitätsgericht
- Landesfiskalgericht (eingeschränkt)
Geistliches Hofgericht (Offizialat)
Das Geistliches Hofgericht hatte die "jurisdictio contentiosa civilis" in der ganzen Ausdehnung, worin das geistliche Recht und die Offizialatsgerichtsordnung des Fürstbischofs Christoph Bernhard vom Jahre 1651 diese Gerichtsbarkeit bestimmte. Darin wurden im 1. Teil bestimmt:
- die zur Hege berufenen Personen und deren Aufgaben bestimmt
- die zur Jurisdiktion gehörigen Personen und Sachen und die Form des Bankalprozesses
und im 2. Teil bestimmt:
- die Form und die Gebürentaxe des Prozesses in den zur Ermittlung gehörenden Angelegenheiten. [1]
Dieses Gericht bildete zwei Instanzen:
- deren erste Instanz "in personalibus Civilibus" über geistliche Personen und Kooperationen, deren Gesinde und Offizianten in wirklich geistlichen Gütern und geistlichen Angelegenheiten, als Matrimonial-, Benefizial-, Patronatsachen usw. sich erstreckte.
- deren zweite Instanz erkannte in den von den Erkenntnissen des Archidiakonatgerichts und des Domhofimmunitätgerichts erhobenen Appellationen.
In weltlichen Zivilsachen geistliche Personen hier der gewöhnliche Instanzenzug.
Appellation an höhere Instanzen
Eine Appellation war zu den Entscheidungen des Geistlichen Hofgerichts (Offizialat) an das Matropolitangericht möglich. Das Metropolitangericht Freiburg war die dritte Instanz für Rechtssache der Kirchenprovinz Köln, wozu das Bistum Münster gehörte. Die letzte bildete Rom.
Wichtigste Aufgabe der Metropolitangerichte waren Ehenichtigkeitsverfahren. Aber auch kirchenrechtliche Verstöße konnten verhandelt werden. Oberster Richter war der Erzbischof, der jedoch einen Kirchenrechtler mit der Ausführung beauftragte. So wurde auch auf der Ebene der Archidiakonate verfahren.
Ausschlüsse
Ausgeschlossen von der Gerichtsbarkeit des Geistlichen Hofgerichts (Offizialat) waren die zum Amt Rheine-Bevergern gehörigen 4 Kirchspiele Bevergern, Hopsten, Riesenbeck und Dreierwalde, diese waren der Gerichtsbarkeit des Generalvikariats unterstellt.
Generalvikariatgericht
Der Umfang und die Grenze des Generalvikariatgerichts war durch ein Kommissorium des Fürstbischofs Maximilian Friederich vom 15. März 1763 von Bonn aus bestimmt worden, doch wurden die Grenzen nicht besonders streng eingehalten. Zum Ende des Fürstbistums Münster wurden die Modalitäten zudem am 11.08.1801 noch einmal in 22 Artikeln neu bestimmt.
Lassen wir die die Seelsorge und kirchliche Aufsicht betreffenden Bestimmungen außer Betracht, verbleiben die sonstigen Themen der allgemeinen Rechtsprechung des Generalvikariatgerichts, nämlich:
- die Nachlassenschaft verstorbener Weltgeistlicher, welche nicht zu den Stiftern gehören und Überprüfung der Rechnungslegung der Exekutoren
- Exekutor der Nachlassenschaft verstorbener Weltgeistlicher
- die Verwaltung nachgelassener Benefizien
Eingeschränkte fiskalische und Kriminalgerichtsbarkeit
Das Generalvikariat übte weiterhin eine fiskalische und Kriminalgerichtsbarkeit aus:
- bei geistlichen Verbrechen, wenn diese nicht unter die Gerichtsbarkeit eines Archidiakonatgerichts, des Domhofimmunitätgerichts oder des Landesfiskalats fiel.
Wegen mangelnder gesetzlicher Bestimmungen war auch hier der Grenzverlauf ungenau und wegen der Vormachstellung des Generalvikariats eher willkürlich.
Gleichheit in den Zuständigkeiten
Auch nahm das Generalvikariat Rücksicht auf die drei Archidiakonatgerichte Bevergern, Sassenberg und Wolbeck insofern, dass diese die gleichen gerichtlichen Zuständigkeiten hatten, wie die übrigen Archdiakonate
Lokale Zivilgerichtsbarkeit des Generalvikariats
In den von der Gerichtsbarkeit des Geistlichen Hofgerichts (Offizialat) ausgeschlossenen 4 Kirchspiele Bevergern, Hopsten, Riesenbeck und Dreierwalde im Amt Rheine-Bevergern , übte das Generalvikariat neben der fiskalen Jurisdiktion auch die geistliche Zivilgerichtsbarkeit aus. Begründet wurde dies durch die Verordnung des Fürstbischofs Friederich Christian vom 18.08.1690.
Appellation im Instanzenzug
Wurde das Generalvikariat als Archidiakonatgericht zu Sassenberg und Wolbeck tätig, waren Appellationen an das Geistliches Hofgericht (Offizialat) möglich, von den übrigen Erkenntnissen des Generalvikariats fand derselbe Instanzenzug statt, wie auch beim Geistlichen Hofgericht (Offizialat).
Lokale Appellationsvariante
Bei Erkenntnissen oder Urteilen aus den 4 Kirchspiele Bevergern, Hopsten, Riesenbeck und Dreierwalde im Amt Rheine-Bevergern ging der Instanzenzug für Appellationen an die Regierung, später an eine Spezialkommission.
Archidiakonatgericht
Die Gerichtsbarkeit der Archidiakonate gründet sich auf die "constitutio Ernestina, concordata cum archidiaconis, statuta synodalia..." vom 15.05.1573 [2]. Die Grundlagen wurden durch einen Vertrag zwischen dem münsterschen Domkapitel und der weltlichen Regierung 1576 zur Vermeidung von Irrungen ergänzt. Zwar waren hiervon nur die domkapitularischen Archidiakonate direkt betroffen, aber er galt als Richtschnur für alle anderen.
Personalausstattung
Die Zahl der Archidiakonate im Bistum Münster belief sich zuletzt auf insgesamt 32. Die Personalausstattung bestand in der Regel aus
- 1 Archidiakon
- 1 Commissarischer Archidiakon
- 1 Fiscal oder Promotor = Kirchen-/Staatsanwalt
- 1 Aktuar
Auftrag der Gerichtsbarkeit
Die Gerichtsbarkeit dieser Archidiakonate bestand zuletzt überhaupt nur aus einer "inspectio ecclesiastica" (Kirchenvisitation) und in einer Diziplinargerichtsbarkeit und im Zusammenhang damit eine Zuständigkeit
- in geistlichen Zivilsachen, welche das Vermögen der Kirche betrafen, gleich ob die streitenden Parteien geistlichen oder weltlichen Standes waren, in Gemeinschaft mit dem Offizialat. Ausgenommen waren Benefizialsachen, welche ausschließlich vor das Offizialatgericht gehörten.
- in fiskalischen Sachen. Hierin entschieden sie
- über geringere geistliche Verbrechen der Pfarrer und anderer niederer geistlicher und Schulbedienten, wie auch zu schützender Einwohner der Archidiakonalsprengel;
- über etliche Vergehen der nicht ausgeschlossenen Geistlichen, in Gemeinschaft mit den Landesfiskalgericht. Zu den ausgeschlossenen Geistlichen wurden gerechnet die Mitglieder des Domkapitels, der Kollegiatstifter, der Abteien und Damenstifter und andere geistliche Standespersonen.
Appellation
Von den Urteilen oder Erkenntnissen ging die Appellation an das Geistliche Hofgericht (Offizialat), mit Ausnahme des vom Generalvikariat verwalteten Archidiaokanats zu Bevergern, Hopsten, Riesenbeck und Dreierwalde im Amt Rheine-Bevergern. Die Archidiakonate waren überhaupt in Streitfragen dem Geistlichen Hofgericht (Offizialat) unterworfen, in den übrigen Gegenständen ihres Ressorts dem Generalvikariat.
Domhof-Immunitätsgericht
Domhofimmunitätsgericht übte die Gerichtsbarkeit des Domkapitels auf der Immunität des Domkapitels aus. Ausschließlich dem Domkapitel stand dieser halb hier eine Kapitularjurisdiktion zu, welche alle anderen Kollegiatstifter nicht mit einer solchen Gerichtsbarkeit ausgestattet waren. Diese Gerichtsbarkeit erstreckte sich
- in allen Realsachen über alle Häuser und Grundstücke in diesem Bereich
- in Personalsachen über die auf der Domimmunität wohnenden geistlichen Personen, deren Offizianten und Gesinde, über die eben dort wohnenden nicht ausgeschlossenen weltlichen Personen, sowohl in Zivil- als auch in Fiskalsachen.
Sachliche Beschränkung
Eine eigentliche geistliche Gerichtsbarkeit im Zusammenhang mit der Kirche übte dies Gericht nicht aus; diese Angelegenheiten gehörten teils vor das Archidiakonatgericht teils vor das Geistliche Hofgericht (Offizialat). Von daher erkannte es auch nicht in Matrimonial- und Benefizialsachen, hier war das Geistliche Hofgericht (Offizialat) zuständig, an welches auch, ohne Unterschied des Gegenstandes die Appellationen von den Erkenntnissen des Domhofimmunitätsgerichts gingen.
Landesfiskalgericht
Zu den weltlichen Gerichten gehörte eigentlich auch das Landesfiskalsgericht. Zu den geistlichen Gerichten wurde es aber auch gezählt, da es in Konkurrenz zu den Archidiakonatgerichten über weltliche Vergehen der nicht ausgeschlossenen Geistlichen und darüber hinaus privative über gleiche Vergehen der ausgeschlossenen Geistlichen eine fiskalische Gerichtsbarkeit ausübte, in welcher Eigenschaft dasselbe einen geistlichen Beisitzer hatte. Sie konnten nur auf Geldbußen und geistliche Strafen erkennen, fand aber nach Beschaffenheit des Falls eine Leibesstrafe statt, so wurde die Entscheidung in Ansehung der weltlich Ausgeschlossenen den weltlichen Gerichten, sonst aber dem Generalvikariat überlassen. Die Appellation von den Urteilen oder Erkenntnissen des Landesfiskalgerichtes ging an die münstersche Regierung. [3]