Dorfentstehung
Die Lebensumstände im lokalen und regionalen Bereich mit den natürlichen und kulturellen zeitlichen Gegebenheiten geben Hinweise zur Anlage von Biografien unserer Vorfahren in der jeweiligen Generation. Land und Leute in ihrer Zeit, ihre Siedlung, Sprache, Kirche, und die Vernetzung ihres Lebensraumes. Kurzgefasste Informationen mit Grundlagen für notwendige Einblicke finden sich u.a. im Deutschen Städtebuch ...
Hierarchie: Regional > HRR > Historische deutsche Staaten > Lebensumstände > Dorfentstehung
Die Entstehungsgeschichte eines Dorfes
Zeitliche Angaben können je nach regionaler Zuordnung selbstverständlich variieren. Die nachfolgende Systematisierung betrifft den norddeutschen Raum.
Die Dorfentstehung wird in Siedlungsstufen eingeteilt:
Höfner
Mit der Landnahme später als Hufner, Höfner, Vollhöfner bezeichneter Bauern begann die Besiedlung (1. Siedlungsstufe) und damit Beginn und Geschichte des Dorfes. Zeitlich weit früher als das Jahr 1000, möglicherweise noch in die langobardisch-frühsächsische Zeit um 300 n. Chr.
Kötner
auch Kätner, Kossät, Cossat, Kotsaß Die 2. Siedlungsstufe umfaßt nach Pröve die Zeit zwischen 800 und 1500. Ihre Zahl in den einzelnen Dörfern ist meist klein. Unterschiede zwischen Groß- und Kleinkötnern sind bereits Mitte des 17. Jh. urkundlich nachweisbar. Die Gruppe der Kleinkötner gehört einer etwas später angesiedelten Stufe an oder ist auch aus der Teilung einer Großkote, was immer wieder vorkam, hervorgegangen. Mit dem Begriff Kate wird meist ein 'kleines Haus, Wohnung eines kleineren Besitzers' im Gegensatz zu dem Haus der Höfner bezeichnet. Aus dem Wort Kate entstand die Bezeichnung für die kleineren Bauern, der Kötner. Der in manchen Gegenden gebräuchliche Name 'Kotsaß', d.h. der auf einer Kote sitzende Bauer.
Brinksitzer
auch Brinkkötner Die Bauern des Dorfes selber hatten mit Einwilligung des Amtes darüber zu befinden, dieser bereits im späten 16.Jh. in der Mehrzahl aber nach dem 30jährigen Kriege in den Dörfern erscheinenden Gruppe die Ansiedlung zu gestatten (3. Siedlungsstufe). Dazu schien fast immer der Dorfsbrink der geeignete Platz zur Errichtung der Kate zu sein. Der Brink lag in der Mitte, selten am Rande des Dorfes (die Verbindung zu Rand beruht vermutlich auf der englischen Bedeutung von brink = Rand; das deutsche Brink meint einen grünen Hügel (nach Grimm) und ist gleichbedeutend mit dem Anger). Die Brinksitzer hatten anfangs kein Land oder nur sehr wenig und übernahmen im Dorf neben der Arbeit und Hilfe auf den Höfen noch Botendienste, so etwa das Briefetragen oder andere Meldegänge zwischen Dorf und Amt.
Anbauer
auch Neubauer (etwa nach 1750) Siedler, deren Name und Besitz in den Registern nach ca. 1750 erscheint (4. Siedlungsstufe) und besonders deutlich in den Niederschriften und den Rezessen der sog. Verkoppelungszeit des 19. Jh. hervorgehen. Unter ihnen befinden sich auch die ersten Handwerker, abgesehen von solchen, die schon in der 2. und 3. Stufe der Besiedlung ihren Platz im Dorfe hatten. Diese Anbauer nahmen an der Spezialteilung der den Dörfern zugewiesenen Flächen aus der Aufteilung der Allmende-Flächen teil und bekamen eine kleine Fläche, dagegen nicht die der nächsten Stufe angehörenden Abbauer.
Abbauer
Die 5. Siedlungsstufe begann mit den Jahren, als die Bauern durch die Spezialteilung, Verkoppelung und nach der Möglichkeit der Ablösung ihrer grundherrschaftlichen Lasten und Dienste Besitzer des Bodens wurden, auf dem die Vorfahren teilweise schon seit Jahrhunderten gelebt und gewirtschaftet hatten. Nun konnten sie über Grundstücke nach eigenem Ermessen verfügen, konnten jüngeren Söhnen Grundstücke abtreten als Kindesteil, auch Töchtern Ländereien als Mitgift übereignen. Diese wurden also vom Hofe abgefunden, darum bilden die Abbauer die 5. Siedlungsstufe, die letzte in der Geschichte des alten Dorfes.
[nach einem news-Beitrag von Hans W. Meyer]