Diskussion:Grundsätzliches über zeitgeschichtliche Darstellungen (Rösch)
Die Ahnen- bzw. die Familienforschung hat für mich generell den Anspruch, dass die Personen in ihrer Familienstruktur grafisch dargestellt werden müssen, um sie anderen vermitteln zu können. In geeigneter Weise sollten dazu immer auch die geschichtlichen und / oder regionalen Zeitgeschehen beschrieben werden. Die reine Sammlung von Lebensdaten in einer Datei ist meiner Meinung nach "wertlos" für andere. Die grafische Darstellung hat eine lange Tradition und geschieht in vielen Varianten. Für meine Hobby-Ansprüche habe ich viele Denkanstöße bekommen aus der Buch- und Druck-Kunst des Mittelalters. Besonders interessant und aufschlussreich für mich ist die übermittelte Seitengestaltung im goldenen Schnitt (Das Stundenbuch: Perlen der Buchkunst; König; Bartz. Belser-Verlag, 1998 - ISBN 3-7630-5733-1). Dazu gehört für mich auch die Gestaltung der Titel- bzw. Einbandseite. Die Entwicklung über 1000 (in Worten: Eintausend) Jahre ist in <Außen-Ansichten - Bucheinbände aus 1000 Jahren aus den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek München; 2006, Harrassowitz Verlag Wiesbaden> exzellent zusammen gestellt.
Ich halte nichts von der auch heute noch vorhandenen Meinung, dass der Baum für den "Familienstamm" ein mathematischer Begriff für die Ordnung der Generationen - nur ein Ordnungssystem - sei und deshalb keine "Wurzel" habe. Demnach könnten die Enkel / Urenkel in der Grafik auch unten abgebildet werden. ... Vielmehr sehe ich das genau so, wie Arndt - und auch Arthur Teschler - das geschrieben haben. Der Baum, die Eiche in der Natur, hat die Wurzeln in der Erde. Die Spitzenahnen sind im Stamm ganz unten, die ersten Verzweigungen sind ihre Nachkommen, dann deren familiären Verbindungen und dann wiederum die Nachkommen. Die "Wurzeln meiner Familie", meine Vorfahren, können nun mal nicht die Zweiglein sein. Für meine Grafiken habe ich ein Hintergrundbild gestaltet mit z w e i alten, stattlichen Eichen, die mit ihren ausladenden Ästen ineinander verflochten sind. Es soll symbolisieren, dass auch die ältesten Paare, die eine neue Familie gründeten, immer auch jeweils ihre "Sippe" in die neue Verbindung mit einbrachten bzw. einbringen. Nach dem Motto: Deine Verwandten sind jetzt auch meine Verwandten. Das ist lebensnah. Bei den Familienfeiern treffen sich ja - manchmal bis jeweils 4 Generationen - diese Verwandten beider Seiten und pflegen Kontakte untereinander.
Eine für mich sehr interessante Literatur zum Thema Stammbaum und der grafischen Darstellung ist:
Stammbäume Eine illustrierte Geschichte der Ahnenkunde Christiane Klapisch-Zuber Knesebeck-Verlag; 2004.
Die Autorin untersucht die geschichtliche Entwicklung der grafischen Darstellung von Ahnentafeln. Bereits in der Spätantike entwickelte sich eine Bildsprache, die die Ahnenreihe eines Familienverbandes in Form eines Baums wiedergab. Erst im 11. Jahrhundert begann man, abstrakte Formen als <Bäume> darzustellen. Und daraus entwickelte sich dann nach und nach der <Stammbaum>. "Erst während der Renaissance um 1500 und in der Zeit danach setzte sich der aus der mittelalterlichen Urform entwickelte Stammbaum, wie wir ihn kennen, durch." (S. 10). ...
In meinen Familien-Chroniken (A3 quer) stelle ich neben den Gesamtübersichten für eine Sippe (dort sind Einzelheiten zur Person oft kaum noch lesbar) immer Detail-Ansichten für die Familien der dargestellten Paare - bei Nachkommen-Tafeln also jeweils die Familien von "Braut und Bräutigam" dar. Je nach Größe der Sippe - in der Höhe nach den erforschten Generationen und in der Breite bestimmt durch die Anzahl der Geschwister und deren Familien - können es mehrere Bildtafeln sein. Wichtig für mich ist es, dass ein interessierter Betrachter die Abbildung versteht, auch wenn er die dargestellten Personen nicht persönlich kennt. Das Bild muss erfassbar sein zwischen linkem und rechtem Bildrand. Die oft diskutierte Fünf-Meter-Druckausgabe hat für mich eine sehr untergeordnete Rolle. Als Pendant dazu kann aus der Sicht eines jüngsten Mitgliedes der Familie - Enkel / Urenkel - die < Vorfahren-Tafel > eine wertvolle Ergänzung zur Abbildung einer < Nachkommen-Tafel > sein. Hier wird dem entsprechend aus dem Baumwipfel = Enkel zum Stamm / zur Wurzel dargestellt.
Die vielen Betrachter meiner Arbeiten haben mir bisher bestätigt, dass sie so die Familiengeschichte besser verstehen.
Beste Grüße
Arno (Dr. Chowanietz)