Die Probstei in Wort und Bild/007

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Die Probstei in Wort und Bild
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Vorwort

Als ich vor Jahren einmal an der Seite eines alten Försters durch den Wald schritt und vor manchem Baumriesen ehrfurchtsvoll stehen blieb, sagte der Alte, mit seinem Handstock auf eine Menge teils von Moos überwucherter Kerbschnitte hindeutend: “Ein alter Baumstamm ist in meinen Augen ein Stammbaum!“ - und setzte nachdenklich hinzu: “Sie sind schon lange entschlafen, die jene Schriftzeichen in die Baumrinde gruben!“

Mein lieber Herr! Du bist gewiß auch schon durch einen stattlichen Eichen- und Buchenwald gewandert und hast Namen, Zeichen und Jahreszahlen an den Baumstämmen wahrgenommen, aber vergeblich versucht, Dir dieselben ausdeuten zu können; doch keiner von jenen lebensfrohen Menschen, welche einst den jugendlichen Forst durchwandelten, ergeht sich mehr im herangewachsenen Hochwalde, und wie schön wäre es doch, wenn Dir jemand diese rätselhaften Inschriften deuten könnte....Oder ahnst Du vielleicht, ob irgend ein Gegenstand in Deinem Zimmer, ein Thürpfosten oder Balken Deines Hauses, oder wohl gar Deine eigene Wiege aus einem derartigen, etwa historischen Baumstamme gefertigt wäre. Würde aber einem solchen Gerät menschliche Sprache verliehen, so könnte es Dir Seltsames, ja Wunderbares, was Deine Seele in Spannung versetzt, erzählen und Dir vielleicht Aufschluß geben über ganz geheime Dinge, welche sonst Deiner Erfahrung verborgen bleiben; denn es wäre reich an besonderen Erlebnissen und sonderbaren Begebenheiten.

Ist nicht Deine Heimat, lieber Probsteier, ein kräftiger Ausläufer des ehemaligen herzynischen Urwaldes gewesen? Und ließe sich nicht die Vorgeschichte Deines Landes ebenfalls mit einem fast undurchdringlichen Waldeslicht vergleichen? - Siehe, das vor Dir liegende, eben aufgeschlagene, hübsch ausgestattete Werk soll Dir aus diesem Walde ein heimatliches Stammbuch sein. Es will Dir Kunde bringen von Deiner engeren Heimat, wie sie voreinst dalag in verwaldeter Wildnis, horchend auf die gewaltig einherbrausenden Nordstürme, auf das rastlose Atmen des nahegelegenen, oft verhängnisvollen Meeres, auf die lautdröhnenden Axtschläge hereinbrechender Kultur bis zu seiner allmählichen Fortentwickelung unter den segensreichen Einflüssen christlicher Zivilisation; es will Dir auf seinen freundlichen Blättern, wenngleich oftmals nur in kurzen Zügen, aus den Wandlungen der Verhältnisse alles enthüllen, was der eherne Griffel der Zeit den Baumstämmen der Geschichte eingegraben hat an Namen, Zeichen und Daten, und zwar: soviel die Wissenschaft aus alten vergilbten Pergamenten und Klosterakten hat mühsam entziffern können, soviel aus dem Schatz alter Kirchenarchive mit Sorgfalt aufgefunden wurde, soviel in noch vorhandenen Familienchroniken und Traditionen sich Denkwürdiges erhalten hat, soviel an sonstigen Aufzeichnungen des Wissens- und Bemerkenswerten uns bis auf die Gegenwart überkommen ist; mit kurzem Wort, es will Dir schildern:

“Die Probstei in Wort und Bild!“