Auf dem Glind in Platjenwerbe
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Da in den Adreßbüchern von 1965 und 1969 nicht ersichtlich ist, wer der Eigentümer des Hauses ist, werden alle Personen alphabetisch aufgeführt.
Die Daten zu dem Jahr 1998 entstammen dem Telephonbuch. Hier kann es sein, daß die Person, die dort eingetragen ist, schon verstorben ist, aber der Anschluß nicht umgemeldet wurde. Die Erfassung des Jahres 1998 ist noch nicht abgeschlossen.
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Haus Nr.1 (Wolke)
Haus Nr.2 (Kappitz, Reifenschneider)
Haus Nr.3 (Mächel)
- 1965: Mächel, Rudolf, Stoffw. (Haus 91)
- 1969: Mächel, Rudolf, Stoffw. (Haus 91)
Haus Nr.4 (Krudop, Vielstich, Bedstädt, Tienken, Niebank)
- Alte Platjenwerber Hofstelle Nr.27
- 1905: Niebank, Hinrich, Arbeiter (Haus Nr.27)
- 1909: Niebank, Heinrich, Fuhrmann (Haus Nr.27)
- 1928: Niebank, Hinrich, Arbeiter; Tienken, Carl, Bootsbauer
- 1938: Bedstädt, Georg, Kaufmann; Vielstich, Caroline, Witwe
Ende der 60er Jahre sollte das Haus abgerissen, es widerstand jedoch den Bemühungen des Landwirt Lamken aus Bentloge und seinem Trecker. Daraufhhin wurde das Haus einfach angezündet und brannte ab. Die Trümmer wurden in die daneben liegende tiefe Tonkuhle geschoben und zu einem späteren Zeitpunkt entstand an dieser Stelle eine Neubau, 2012 im Besitz der Familie Krudop.
Haus Nr.5 (Börnsen)
- 1965: Börnsen, Hilde, Angestellte (Haus 27a)
- 1969: Börnsen, Hilde, Angestellte (Haus 27a)
weitere Details siehe Haus Nr. 6 (Wulfekuhl)
Haus Nr.6 (Wulfekuhl)
- 1969: Wulfekuhl, Alois, Tonwaren Fabrikant (Haus Nr. 118)
- 1998: Wulfekuhl, E.
Wahrscheinlich befand sich hier schon seit vielen Jahren eine Töpferei - möglicherweise machte ein Arbeiter der Dampfziegelei Glindberg sich hier selbständig. Nach dem Krieg übernahm die Familie Behnke, zu der leider keine weiteren Daten bekannt sind, die Töpferei und erhielt wenig später die Genehmigung, ein Wohnhaus auf dem Grundstück zu errichten (jetzt Nr. 5).
Ein besonderes Werkstück aus der Töpferei auf dem Glind ist ein extra angefertigter Kachelofen, der auf einer Ausstellung vorgestellt und anschließend verkleinert und mit leichten Beschädigungen in dem neu erbauten Wohnhaus aufgestellt wurde. Als dieses 1956 bezugsfertig war, brannte die Töpferei aus und Familie Behnke musste das Grundstück komplett verkaufen. Dabei übernahm die Familie Wulfekuhl die Töpferei mit entsprechendem Gelände und baute eine Wohnung an die Töpferei an. Das Wohnhaus - ebenfalls mit einem großen Grundstück wurde über einen Makler der Familie Börnsen angeboten, wobei Herr Börnsen sen. sich nur widerwillig für eine Besichtigung dieses vom Dorf weit entlegenen Objektes durchringen konnte. "Er kam, sah einen wüst verfahrenen Lehmweg, keinen Wasser- und Stromanschluss, einen Brunnen nur auf dem daneben gelegenen Grundstück bei Weissenborn, sah das Haus, noch ohne Türen und ohne Heizung - und sah den Ofen. Und kaufte das Haus" so erzählt sein Sohn. Ein Jahr später wurde das hintere Grundstück, auf dem ein Waldeinsiedler gelebt hatte, dazu gekauft und 1961 das Haus mit einem Walmdach aufgestockt.
Blumentöpfe bei 900 Grad Hitze gebrannt
Keramik-Formermeister aus Bunzlau eröffnete in Mittelsbüren einen Betrieb
(Zeitungsbericht in "Bremer Nachrichten" vom 24. April 1953)
Alois Wulfekuhl kommt aus einer schlesischen Bauernfamilie, blieb aber dem angestammten Beruf nicht treu, sondern wurde Keramiker. In der schlesischen Kreisstadt Bunzlau, die wegen der nach ihr benannten Tonwaren berühmt wurde, arbeitete Wulfekuhl über 20 Jahre lang als Keramik-Formermeister. Dann verschlug ihn das Schicksal als Flüchtling nach Bremen. Nun betreibt er seit gut einem Jahr in Mittesbüren eine "Töpferei ohne Drehscheibe".
Wöchentlich werden in dem kleinen Handwerksbetrieb mit den drei selbstgebauten Brennöfen bis zu 15.000 Blumentöpfe und Blumenschalen hergestellt. Außer in Mittelsbüren brennt man auch in Huckelriede in Bremen Blumentöpfe. "Das ist ein Pfennig-Geschäft und ein saures Brot" sagt der Formermeister, der trotz schwerer Kriegsverletzungen - er wurde siebenmal verwundet - diesen Beruf ausübt.
Der gelbliche Ton für Wulfekuhls Blumentöpfe kommt aus Platjenwerbe oder Brundorf. Bevor der Brennmeister ihn verarbeiten kann, muß der Tonschneider, eine Maschine, die einem Fleischwolf ähnelt, in Funktion treten. Darin wird die Masse durchgeknetet, bis sie plastisch wird. In handgerechten Klumpen wandert dieser Rohstoff in die Stanzmaschine. Er wird dann in ein besonderes Öl getaucht und landet in der Stanze, die in Sekundenschnelle sich vollautomatisch schließt und öffnet und einen ölig glänzenden Blumentopf in Rohform ausstößt. Mit dieser Stanze können stündlich bis zu tausend Blumentöpfe geformt werden. Es werden Formen aller gängigen Größen hergestellt, Blumentöpfe mit einer lichten Weite von 6 bis 16 cm. Zwei bis drei Tage müssen sie trocknen, bevor jeweils 5.000 Stück in den Brennofen wandern. "Das Brennen ist das schwierigste", sagt Meister Wulfekuhl. Zweimal wöchentlich wird in Mittelsbüren gebrannt, Das dauert 18 bis 20 Stunden bei etwa 900 Grad Celsius. Steigt die Hitze höher, so "klinkern" die Blumentöpfe. Sie erhalten dann eine braunviolette Färbung und sind wegen Undurchlässigkeit unbrauchbar, denn jeder Blumentopf soll zwar feste, aber poröse und saugfähige Wände besitzen, sonst gedeihen in ihm keine Blumen.
Töpfe aus Ton aus der "Bremer Schweiz"
Bunzlauer Keramiker: Mit meinem Handwerk ist kein großer Blumentopf mehr zu gewinnen
(Zeitungsbericht in "Die Norddeutsche" vom 31. Oktober 1972 von Gustav Gehl)
"Mit meinem Geschäft ist kein großer Blumentopf zu gewinnen", sagt Alois Wulfekuhl. Er ist der einzige Blumentopffabrikant zwischen Ems und Elbe. Von hundert Blumentöpfen aus fettigem, urwüchsigen Ton, die in Bremer Gärtnereien verwendet werden, stammen etwa zehn aus der "Töpferei ohne Drehscheibe" in der Bremer Schweiz. Ähnliche Betriebe befinden sich in Norddeutschland nur noch in Hamburg und Osnabrück. Die Mehrzahl aller Töpfe aus Ton, wie sie in Gärtnereien verwendet werden, kommen aus großen Fabriken in Württemberg und im Westerwald, erzählt der ehemalige Keramik-Formermeister aus Bunzlau in Schlesien, der in Bremen eine neue Heimat gefunden hat.
Der Bunzlauer Keramiker mußte seine Existenz im ehemaligen Dorf Mittelsbüren im Werderland aufgeben. Als Planungsverdrängter baute er sich auf dem Ton der berühmten Vielstichs aus Lesum in Platjenwerbe, Auf dem Glind, eine neue Produktionsstätte auf. Alois Wulfekuhl stammt aus der Provinz Posten. Seine Eltern waren Bauern. Nach dem ersten Weltkrieg mußte die Familie nach Schlesien "auswandern". Als dort 1945 die Russen einzogen, gehörten Frau und Kinder zu einem der großen Trecks, die nach dem Westen unterwegs waren. In Bremen fand der Bunzlauer Keramiker seine dritte Heimat. IM ehemaligen Dorf Mittelsbüren errichtete Wulfekuhl 1952 eine kleine Tonwarenfabrik, aber 1957 mußte sie dem Klöckner-Projekt weichen.
Auf Ton baute Wulfekuhl in Platjenwerbe an der Landesgrenze seinen zweiten Betrieb auf. Hinter seinem kleinen Häuschen mitten im Landschaftsschutzgebiet der "Bremer Schweiz" ist Auf dem Glind die Tonschicht bis 20 m mächtig. Die berühmten Vielstichs aus Lesum hatten dort bereits fast 200 Jahre lang ihren Rohstoff für ihre Kunstkeramiken gewonnen.
Bevor der Töpfer aus der "Bremer Schweiz" den gelblichen Ton verarbeiten kann, muß er im Tonschneider, einer fleischwolfähnlichen Maschine, aufgearbeitet werden, damit die Masse plastisch wird. Blumentöpfe entstehen nicht auf der Töpferscheibe, sondern in einer Stanze. Zwei Hände voll Ton reichen für einen mittleren Topf. Mit der Stanzmaschine können stündlich bis tausend Töpfe geformt werden. Halb- oder Vollautomaten gibt es noch nicht zur Herstellung dieser Rohlinge. Sie müssen immer noch von geschickten Händen mit Hilfe einer Stanze geformt werden.
Bevor die Rohlinge in den selbstgebauten Brennofen wandern, müssen sie ein bis zwei Tage trockenen. Bei etwa 900 Grad Celsius dauert ein Brand etwa 24 Stunden. Erreicht die Höllenglut in dem Ofen noch höhere Grade, so "klinkern" die Blumentöpfe. Sie bekommen dann eine braunviolette Färbung, werden undurchlässig und unbrauchbar. Blumentöpfe sollen zwar feste, aber auch saugfähige und poröse Wände besitzen, sonst gedeihen in ihnen keine Pflanzen.
Noch vor zehn Jahren konnte Alois Wulfekuhl in der Frühjahrssaison seinen Ofen zweimal in der Woche beschicken. Er benötigte dann alle zehn Tage 50 Zentner Braunkohlebriketts für die Höllenglut in seinem Ofen, aus dem seinerzeit jährlich noch etwa 600.000 Blumentöpfe in 18 verschiedenen Größen mit einem Durchmesser von 4 bis 16 Zentimetern auf den Markt wanderten.
Das 62jährige Bunzlauer Ehepaar arbeitet heute in der "Töpferei ohne Drehscheibe" völlig allein. Die Kinder, zwei Töchter und ein Sohn, die früher mit Hand angelegt haben, sind längst "ausgeflogen". Und in wirtschaftlicher Prosperität gibt es heute auch keine Hilfskräfte mehr für die beschwerliche Arbeit des Tonwarenformers.
Obwohl die Nachfrage größer geworden ist, obwohl die kleinsten Blumentöpfe heute bereits aus künstlichen Schaumstoffen hergestellt werden, können die Wulfekuhls nicht mehr alle Wünsche ihrer Kunden erfüllen. In 70stündiger Arbeitszeit in der Woche schaffen die Eheleute heute noch pro anno etwa 250.000 Blumentöpfe. Und weil der Brennofen auch nachts alle anderthalb Stunden kontrolliert und versorgt werden muß, wird ihn jetzt Alois Wulfekuhl mit Ölbrennern ausrüsten.
Alois Wulfekuhl, der sein keramisches Handwerk vom schlesischen Bunzlau in die "Bremer Schweiz" verpflanzte und einen besonders guten Ton schätzt, wird sein Können nicht weiter vererben. Mit seinem Metier ist eben kein großer Blumentopf mehr zu gewinnen. Über seinem Schreibtisch prangt der realistische Spruch: "Mußt nach den Sternen nicht greifen, schön ist die Welt auch drunten ...".
Im Frühjahr 2017 wurde das Haus abgerissen und macht einem Neubau Platz.