Brieg - Stadt und Landkreis (1964)/Wirtschaft und Verkehr

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Brieger Industriebetriebe

Brieg hat im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl und seiner räumlichen Ausdehnung eine überaus stattliche Anzahl größerer Industriebetriebe besessen. In Zeiten wirtschaftlicher Konjunktur bestimmten diese Betriebe weitgehend das Wirtschaftsleben der Stadt. Hier folgt nur eine kleine Auswahl einiger Industriebetriebe.

Zuckerfabrik NEUGEBAUER

Diese an der Schönauerstraße gelegene Fabrik wurde bereits im Jahre 1876 gegründet und ein Jahr darauf von den Gebrüdern NEUGEBAUER erworben. Sie hat sich bis zum bitteren Ende im Besitz der Familie Neugebauer befunden. Die zur Verarbeitung gelangenden Rüben kamen aus den Kreisen Brieg, Strehlen, Breslau, Ohlau und Grottkau. Im Jahre 1944 wurden noch 3 Millionen Zentner Zuckerrüben verarbeitet und 450.000 Zentner Rohzucker daraus gewonnen. 220.000 Zentner Trockenschnitzel und 50.000 Zentner Melasse wurden ebenfalls hergestellt.

Geschäftsbücherfabrik W. LOEWENTHAL A.G., Feldstraße 7

Dieses Unternehmen wurde 1879 durch den 1922 verstorbenen Stadtältesten Wilhelm LOEWENTHAL und seinem Bruder Louis zur Herstellung von Notiz- und Geschäftsbüchern gegründet, zunächst in einer kleinen Werkstatt in der Oppelner Straße arbeitend, später teilweise in der Strafanstalt Brieg und seit 1886 auf eigenem Grundstück Feldstraße 7 am Güterbahnhof mit mächtiger Fabrikanlage.

Belegschaft 1891 =   300 Arbeiter
            1907 =   800 Arbeiter
            1923 = 1.030 Arbeiter
            1928 =   579 Arbeiter und Angestellte

Grundstücksgröße: 30.000 qm. Der Betrieb arbeitete seit 1924 mit 20 der modernsten Buchdruckschnellpressen größten Formats, vielen modernen Liniermaschinen, Heftmaschinen, Schneidemaschinen. Gesamtzahl der Maschinen: 400. Einführung des Akkordsystems. Herstellung von Geschäftsbüchern, Notizbüchern und Drucksachen aller Art. In besonderer Abteilung Herstellung von Alben, Geldtaschen, Schreibunterlagen, Ordnungsmappen und anderen Galanteriewaren. Große Exportabteilung, Auslandvertretungen in Amsterdam, Athen, Basel,Jaffa, Jerusalem, Kairo, Belgrad, Brüssel, Buenos Aires; Auslieferungslager in Berlin und Hamburg; Vertreter der deutschen Versandabteilung in Königsberg, Heilbronn, Bonn und Frankfurt a.M. Die Fabrik stand unter der Leitung von Herrn Walter Loewenthal und ist seit dem Tode Wilhelm LOEWENTHAL in eine A.G. (Familien A.G.) umgewandelt. Sie wurde 1934 enteignet und ist bei den Kampfhandlungen um Brieg völlig zerstört worden. Der letzte Leiter dieser Fabrik, Stadtrat Walter LOEWENTHAL, mußte in den 30iger Jahren nach England emigrieren. Er hat sich dort wieder einen neuen Betrieb aufgebaut.

Maschinenfabrik PZILLAS

Bereits im Jahre 1862 ist durch den Brieger Ingenieur Robert PZILLAS auf dem Gebiet des alten Brieger Hochgerichts an der Oder diese Maschinenfabrik mit Eisengießerei, Kesselschmiede usw. errichtet worden. Sie wurde später zu einer modernen Schiffswerft mit Schiffbau erweitert. Bis zu 200 Schiffe konnten jährlich repariert werden. Daneben wurden Aufträge für neue Bauten ausgeführt.

Maschinenfabrik GÜTTLER & Co.

Die Maschinenfabrik lag auf der Logaustraße. Sie besaß auch eine Eisengießerei und eine Kesselschmiede zur Herstellung von Lokomobilen, Dampfmaschinen, Ziegelei- und Sägewerkmaschinen usw. Export wurde in fast alle Ostblocksstaaten, den Balkan und nach Übersee.

Lederfabrik F.W. MOLL AG

Im Jahre 1811 wurde die Lederfabrik MOLL gegründet. Sie ist stets im Familienbesitz geblieben. Der Betrieb war mit den modernsten Maschinen ausgestattet und gehörte zu den größten seiner Art in Deutschland. Die Hauptfabrikation erstreckte sich auf Unterleder und Treibriemenleder.

Dachpappenfabrik - Chemische Werke AG Brieg

Kurz nach 1. Weltkrieg erwarb Herr Urban ROTH die bereits im Jahre 1851 gegründete Brieger Dachpappenfabrik FALCH. Hieran wurde etwas später eine Zweigstelle "Industriebedarf" zum Vertrieb aller Bedarfsgüter für die Industrie (Öle, Fette, Gummischläuche pp) angegliedert. Im Jahre 1923 gründete Herr ROTH dann die Chemischen Werke AG Brieg. Dieses Unternehmen befaßte sich hauptsächlich mit der Teerdestillation und der Herstellung von Bitumenemulsion sowie der Aufbereitung des Teer- Asphaltgemischgutes für den Straßenbau. Diesem Betrieb war eine schon damals namhafte Straßenbauabteilung angeschlossen, die als eine der ersten Firmen Schlesiens Schwarzdecken herstellte.

Dem Straßenbau ist der Unternehmer ROTH treu geblieben. Er besitzt heute einen der größten Straßenbaubetriebe Niedersachsens mit seinem Sitz in Alfeld/Leine.

T.T. HEINZE, Geschäftsbücherfabrik und Buchdruckerei

Die Firma wurde 1846 in Brieg, Mollwitzer Straße, von Theodor Traugott HEINZE als Spezerei- und Papierwarengeschäft gegründet. 1863 wurden die Geschäfts- und Herstellungsräume nach dem Ringe und Langestraße verlegt. 1885, mit dem Übergang der Firma an die Söhne Theodor und Hugo HEINZE, erfolgte eine Wandlung von der Deckung des Ortsbedarfs zur Erschließung größerer Absatzgebiete in Schlesien, Sachsen und Berlin. Den eigentlichen Auftrieb erhielt die OHG durch den zielbewußten Umbau der Fertigungsart und durch die Verlegung der Fabrikation in betriebseigene Neubauten auf der Dreiankerstraße. Der Umbau zur Großfabrikation vollzog sich in knapp 10 Jahren von 1895 bis 1904. Das Wachstum der Firma dauerte fort, so daß sie schließlich bei einer Stammbelegschaft von mehr als 1.200 Köpfen als die bedeutenste Geschäftsbücherfabrik des Reiches angesprochen werden konnte. Die ständige Aufwärtsentwicklung wurde unterbrochen durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges.

Der Übergang der Betriebsleitung von der 2. zur 3. Generation, die gerade zu dieser Zeit vier Jahre im Felde stand, wurde erleichtert durch ein Anzahl vorzüglicher Mitarbeiter. Nach dem Kriege und nach dem Tode des Stadtrats und Stadtältesten Theodor HEINZE am 23.11.1920 sah sich die junge Generataion Georg Und Rudolf /Söhne von Theodor) und Erich HEINZE (Sohn von Hugo) einer sehr veränderten Lage gegenüber. Große Teile hochindustrialisierter Absatzgebiete, ebenso die deutschen Kolonien, gingen durch den Versailler Vertrag verloren. Sehr ins Gewicht fallend war der zusätzliche Absatzverlust in den russischen Randstaaten, in Südamerika, in den holländischen und englischen Kolonien. Die Lage wurde durch umfassende Umorganisation im Betrieb, durch weitere maschinelle Verbesserungen gemeistert, insbesondere durch die Verlagerung der Arbeiten von den schwerfälligen Vierfarbendruckmaschinen auf Liniermaschinen. die damals eine grundlegende Verbesserung erfuhren. Das Zurückbleiben von Schlesien in der wirtschaftlichen Erholung nach dem ersten Weltkrieg machte Dauerarbeitslosigkeit zum dringensten Problem. Die Firma mußte lange Jahre mit Arbeitszeitverkürzungen arbeiten, um die große Stammbelegschaft durchzuhalten. Es gelang ihr aber, die führende Stellung in der deutschen Geschäftsbücherindustrie zu halten und nach Überstehen der Inflation dem Werke finanziell wieder die solide Grundlage zu geben, die Voraussetzung für eine vorbildliche Marktpflege war bei konsequenter Einschaltung des Schreibwarenhandel und Großhandels. Sie entzog sich zugleich dem Druck von der Kapitalseite her durch Umwandlung in eine A.G.

Die Gesamtentwicklung spiegelt sich in den Zahlen der Belegschaftsstärke wieder:

               1883 =    25 Mitarbeiter
               1903 =   650 Mitarbeiter
               1914 = 1.200 bis 1.300 Mitarbeiter

Während der Kampfhandlungen um Brieg im zweiten Weltkrieg hat auch diese Fabrik stark gelitten. Sie beherbergt jetzt eine Motorenfabrik. Herr Rudolf HEINZE wohnt jetzt in Buchen/Odenwald.

Gewerbebetriebe

Während die industriellen Betriebe Briegs vielfach mehrere Generationen hindurch in der Hand derselben Familie blieben, ist bei den gewerbetreibenden Handwerkern und Kaufleuten nur selten ein Geschäft auch nur in die 2. Generation in derselben Familie geblieben. Das war der Fall bei den Lebensmittelgeschäften von SCHNALKE, OSWALD, SCHOLZ, Hermann FREYER und Bruno POHL. Letzteres entwickelte sich zu einer Großhandlung mit mehr als 20 Angestellten und erfreute sich eines guten Rufes in der Stadt.

Unter den Bäckereien befand sich allein die BURKERTsche auf der Wagnerstraße in der 3. Generation derselben Familie. Das Handwerk wird jetzt in der 4. Generation von dem Konditormeister Hermann BURKERT in Friedrichshafen fortgeführt.

Einen Querschnitt durch das Wirtschaftsleben der Stadt aus dem Jahre 1934 ergeben folgende Zahlen:

      46 Bäckereien                       15 Töpfer und Ofenbauer
      44 Fleischereien                    10 Stellmachereien
      33 Wild- und Geflügelhandlungen     11 Tapezierergeschäfte
       8 Fischhandlungen                  11 Sattlereien
      64 Gastwirtschaften                  6 Schlossereien
       4 Destillationen                    6 Schmiede
       4 Weinstuben                       47 Schneiderbetriebe
       2 Likörfabriken                    54 Schneiderinnen
      78 Kolonialwarengeschäfte           48 Schuhmachereien
      19 Obst- und Gemüsehandlungen       19 Schuhfabriken- und geschäfte
       9 Konfitürengeschäfte               4 Seifenhandlungen
       8 Konfektionsgeschäfte             19 Zigarrengeschäfte
       3 Geschäfte für Herrenartikel       2 Zigarrenfabriken
       4 Hut- und Mützengeschäfte         40 Friseure
       8 Modewarengeschäfte                7 Friseusen
      12 Putzgeschäfte                     2 Masseusen
      17 Schnittwarenhandlungen            4 Apotheken
      19 Kurz- und Weißwarengeschäfte      9 Drogerien
       3 Pelzwarengeschäfte               24 Ärzte
       6 Installateure                     4 Naturheilkundige
      13 Klempner                          9 Zahnärzte
      23 Malermeister                      9 Dentisten
       4 Ziegeleien                        5 Tierärzte

Geldinstitute

  • Bankverein Brieg, Mollwitzer Straße
  • Dresdner Bank, Zweigstelle Brieg, Ring
  • Bankhaus ECKERSDORFF & Co., Lange Straße
  • Bankhaus EICHBORN & Co., Lange Straße
  • Kreissparkasse Brieg, Piastenstraße
  • Reichsbank Nebenstelle Brieg, Gartenstraße
  • Stadtbank Brieg

Stadtsparkasse Brieg

Die Stadtsparkasse Brieg war die erste und älteste Sparkasse Schlesiens und die zweitälteste Preußens; die Älteste befand sich in Berlin. Mit ihren 36.000 Konten und Einlagen von mehr als 3 Millionen Reichsmark stellte dieses Geldinstitut einen bedeutenden Faktor im Wirtschaftsleben der Stadt dar. Mit Errichtung des Neubaues in der Mollwitzer Straße war allen neuzeitlichen Anforderungen an ein großes Geldinstitut Rechnung getragen. Letzter Leiter war Direktor MATZ. Er wohnt jetzt in Münster, Melcherstraße 30. Mit dem Heranrücken der Front wurden die Konten und sonstigen Unterlagen nach Hirschberg ausgelagert. Dort sind sie dann auch verblieben.

Apotheken

  • Luisen-Apotheke, Mollwitzer Straße 7
  • Mohren-Apotheke, Ring 19
  • Piasten-Apotheke, Piastenstraße 4
  • Rats-Apotheke, Ring 15

Brieger Zeitung

Die "Brieger Zeitung" begleitete die Geschichte der Stadt auch durch den 2. Weltkrieg. Sie befand sich seit 1876 im Besitz der Verleger-Familie KUBISCH. Dr. Martin KUBISCH ist am 7.2.1945 beim Volkssturm gefallen; seine Witwe wohnt in Karlsruhe, Otto-Sachs-Straße 2. Schriftleiter Walter SCHULZ hat im Jahre 1947 ein neues Mitteilungsorgan, zunächst als "Briegische Briefe" und später als "Neue Brieger Zeitung" im Alta Ripa Verlag, Hannover herausgegeben. Nach dessen Tode übernahm sein Sohn die Schriftleitung.

Innungen

mit Angabe des Jahres des ältesten bekannten Privilegs

Freie Innungen

  • Bäcker-Innung (1326)
  • Fleischer-Innung (1315)
  • Maler- und Lackierer-Innung (1605)
  • Maurer-, Steinmetz- und Zimmerinnung (1597)
  • Sattler-, Wagner- und Tapezierer-Innung (1648)
  • Schlosser-, Klempner-, Feilenhauer- und Zirkelschmiede-Innung (1596)
  • Stellmacher-Innung (1515)
  • Tischler-Innung (1550)
  • Töpfer- und Ofensetzer-Innung

Zwangs-Innungen

  • Friseur- und Perückenmacher-Innung
  • Müller-Innung
  • Schmiede-Innung (1482)
  • Schuhmacher-Innung (1495)

Postamt

Am 31.10.1935 verschwand aus dem Stadtbild von Brieg der mit Pferden bespannte Postwagen. Der Postbetrieb wurde weitgehend modernisiert. Nach jahrelangen Vorbereitungen der Brieger Fernmeldebauabteilung war die Verkabelung der Ortsnetze so weit fortgeschritten, daß kurz vor dem Kriege der Aufbau eines Selbstwählamtes in der Stadt und bei einigen Poststellen vorgenommen werden konnte. 1939 betrug die Zahl der Fernsprechteilnehmer mehr als 800.

Nach dem im Jahre 1934 Postrat KEIBEL als Amtsvorsteher nach Breslau versetzt wurde, trat Postamtmann HENKEL aus Bad Altheide seine Nachfolge als Amtsvorsteher an.

Reichsbahn

Brieg war D-Zug Station und gleichzeitig Eisenbahnknotenpunkt. Von hier führte eine Eisenbahnlinie nach Neiße und eine nach Strehlen. Die geplante Strecke nach Namslau konnte nicht mehr verwirklicht werde. Der sogenannte Schienenzepp - FDt Berlin - Beuthen mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h durchfuhr den Bahnhof Brieg mit 80 km/h.

Als am 21. Januar 1945 die Katastrophe hereinbrach und die Räumung der Stadt Brieg einsetzte, erging auch an die Reichsbahndirektion Breslau der Auftrag zur Vorbereitung der Räumung des Bahnhofs. Ein besonderer Zug wurde bereitgestellt und die wichtigsten Dinge verladen. Daneben lief der anstrengende Dienst weiter, bis die Lage unhaltbar wurde und die ersten Artilleriegeschosse in Bahnhofsnähe einschlugen.

Als der Marschbefehl kam, verließen Beamte, Angestellte und Arbeiter schweren Herzens die Stätte ihres jahrelangen Wirkens. Auf Umwegen gelangte der Zug nach Straubing.

Der erste Brieger Bahnhof befand sich an der heutigen Unterführung im Zuge der Bahnhofsstraße, östlich der Gasanstalt. 1878 bis 1880 wurde der neue Bahnhof gebaut.

Finanzen

Beste Informationsquelle über die Finanzlage und das Vermögen einer Stadt ist der Haushaltsplan. Trotz aller Bemühungen ist es nicht gelungen, einen Haushaltsplan der letzten Jahre zu erhalten. Es muß daher auf Unterlagen früherer Jahre zurückgegriffen werden.

Es war die Aufgabe des Stadtkämmeres, dafür zu sorgen, daß die Erfüllung der vielseitigen Aufgaben der Stadtverwaltung und zur Besoldung der städtischen Gefolgschaft erforderlichen Mittel ausreichend und rechtzeitig zur Verfügung standen. Dem Stadtkämmerer unterstanden - abgesehen von seinen anderen Arbeitsgebieten als Bürgermeister - die Finanzverwaltung, das Steueramt und das Grundstücksamt. Die ersten umfaßte die eigentliche Geldverwaltung, das Steueramt und die Einziehung und Verwaltung der Gemeindesteuern; vom Grundstücksamt wurden alle städtischen Grundstücke verwaltet, so die öffentlichen, der Verwaltung selbst dienende Gebäude, wie das Rathaus, das Verwaltungsgebäude am Rosengarten usw., die städtischen Gaststätten und die zahlreichen städtischen Mietshäuser mit etwa 500 Wohnungen. Dazu die Besitzungen der Stadt auf dem Lande, wie das Gut in Kantersdorf - etwa 1000 Morgen, in bester Kultur- und Grundbesitz in Giersdorf, Kreisewitz, Böhmischdorf und Leubusch.

Bürgermeister und Stadtkämmerer Waldemar RECHE

Bürgermeister und Stadtkämmerer W. RECHE (geb. 14.12.1881 in Glatz/Schlesien, gest. 31.07.1958 in Plön/Holstein) hat in den letzten 10 Jahren vor der Vertreibung wie kein anderer die Geschicke der Stadt Brieg wesentlich mitbestimmt. Der gelernte Jurist kam im Jahre 1934 aus Kreuzburg nach Brieg. Daß die Finanzen der Stadt geordnet waren, ist in erster Linie sein Verdienst.

Als Oberbürgermeister Kurt SCHMIDT Anfang des Krieges zur Wehrmacht eingezogen wurde, vertrat er die Stadt in allen Lebensbereichen. Er hat die Bewohner auch sicher durch die Stürme des Krieges geführt. Nach der Vertreibung hat er es als seine vornehmste Aufgabe angesehen, die in der Zerstreuung lebenden Landsleute zu sammeln und ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. An dem Zustandekommen der ersten Patenschaft einer westdeutschen Stadt über eine ostdeutsche hat Bürgermeister RECHE wesentlichen Anteil. Als erster Heimatkreisvertrauensmann konnte er vielen seiner Landsleute bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche im Lastenausgleich behilflich sein.

Die wichtigsten Einnahmequellen außer den Steuern waren Überschüsse von Wasserwerk - Elektrizitätswerk - städt. Ziegelei und die Gebühren aller Art z.B. für Müllabfuhr - städt. Krankenhaus - Kanalisation usw. Darüber hinaus flossen der Stadtkämmerei aus der Stadtgärtnerei, der städt. Badeanstalt usw. auch noch Einnahmen zu.

Das Stadtvermögen gliederte sich in Grundvermögen und Kapitalvermögen. Städt. Wohngrundstücke befanden sich in der Siedlung, auf dem Ribaplatz, der Riedelstraße, der Martin-Schmidt-Straße, der Moltkestraße, Glawnigstraße und Schellerstraße. Von den vielen öffentlichen Gebäuden seien neben dem Rathaus nur die Sportplatzanlage und das Piastenschloß erwähnt.

Neben den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken innerhalb des Stadtgebietes besaß die Stadt noch Güter in Kantersdorf, Alzenau und Pogarell. Ein 50 ha großes Industriegelände im Osten der Stadt war für die Ansiedlung verschiedener Industrien vorgesehen. Zu erwähnen ist ferner noch der Julius-Peppel-Park, sowie Streubesitz in Giersdorf, Paulau, Groß Neudorf und Hermsdorf.

Als Kapitalvermögen waren Spareinlagen, Hypotheken und Reichsanleihen zu erwähnen.

Wichtig für den Einheitswert im Lastenausgleich können gerettete Grundsteuerquittungen werden, wenn die einzelnen Hebesätze des Grundsteuermessbetrages bekannt sind.

Hier sind sie: Der Hebesatz für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke betrug 140% vom Grundstückmessbetrag, und bei bebauten Grundstücken lag er bei 233%. Der Hebesatz der Gewerbesteuer nach Ertrag und Kapital war auf 300% festgesetzt. Diese Hundertsätze waren für des Jahr 1939 festgesetzt worden und sind wohl auch so bis zum Jahre 1944 verblieben.


Diese Seite enthält Text des Buches »Brieg - Stadt und Landkreis«, herausgegeben von der Stadt Goslar zum 10. Treffen der Brieger in Goslar im September 1964. Abgeschrieben von Hermann Hosp aus D-54516 Wittlich in Rheinland-Pfalz. Überarbeitet und umgesetzt in HTML-Code durch Dr.-Ing. Frank Knorr aus D-03185 Teichland, OT Maust in Brandenburg.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Stadt Goslar vom 8. Mai 2001.
Früher war dieser Text auf der alten Regionalseite www.genealogy.net/reg/SCI/Brieg/st-kr/stbrieg3.html zu finden.