Brieg - Stadt und Landkreis (1964)/Die Bevölkerung
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Gesamt: 31.009 davon: 15.574 Frauen davon. 15.435 Männer davon: 74% evangelisch davon: 23% katholisch davon: 3% sonstige Beschäftigte 1939 = 23.566, davon:
Selbständige 11,5% Beamte 13,6% Angestellte 17,1% Arbeiter 55,9% Sonstige 1,9%
Einwohnerzahlen
1675 = 3.600 1741 = 3.244 1805 = 10.041 1876 = 15.269 1895 = 21.304 1910 = 29.035 1925 = 27.344 1933 = 29.816 1939 = 31.419 1946 = 7.700
Verkehrsverbindungen
Dicht an Brieg vorbei führte die Autobahnstrecke Berlin - Breslau - Oberschlesien. Das Teilstück Brieg - Gleiwitz konnte noch vor dem Krieg fertiggestellt werden. Die Anschlußstelle befand sich nur wenige Kilometer entfernt hinter Hermsdorf. Durch Brieg hindurch führte die Reichsfernstraße Nr.5
Der älteste und bedeutenste Verkehrsweg allerdings war der Schiffahrtsweg auf der Oder von Cosel über Breslau bis Stettin zur Ostsee. Massengüter aller Art wurden hier befördert, insbesondere die oberschlesiche Kohle.
Zu erwähnen sind außerdem noch zahlreiche Autobus-Verbindungen, die von Brieg aus in die entfernten Dörfer des Kreisgebietes führten.
Die Stadt Brieg lag an der Eisenbahnhauptlinie Breslau - Oberschlesien mit ihren Verbindungen nach Wien, Prag und dem Orient. Sie war darüber hinaus auch Verkehrsknotenpunkt, weil von Brieg aus die Nebenlinien Brieg - Neiße - und Brieg - Strehlen verkehrten. Geplant war außerdem noch die Nebenlinie Brieg - Namslau. Durch den Krieg ist das Projekt nicht mehr zur Ausführung gekommen.
Die Stadtverwaltung
Im Jahre 1935 wurde die alte preußische Magistratsverfassung durch die Deutsche Gemeindeordnung ersetzt. Aufbau und Organisation der Verwaltung waren demgemäß auch hierdurch bestimmt.
A. Aufbau und Organisation der Verwaltung
1. Oberbürgermeister: Kurt Schmidt, jetzt Rechtsanwalt und Notar in Fröndenberg, Am Stift 18 Hauptamt - Pressestelle - Stadttheater - Stadtforst - Stadtarchiv - Museum - Stadtverwaltungsgericht - Stadtsparkasse - Standesamt - Rechnungsprüfungsamt - Polizeiverwaltung - Amt für Wirtschaftsförderung.
2. Bürgermeister und Stadtkämmerer: Waldemar Reche, + 31.7.1958 in Plön/Holstein Finanzverwaltung - Steuern - Stadthauptkasse - Grundstücksamt - Kirchenpatronate - Schulverwaltung - Ernährungs- und Wirtschaftsamt.
3. Stadtbaurat: Dr. Ing. Krause, im Krieg vermißt Stadtplanung - Hoch- und Tiefbau - Siedlungswesen - Baupolizei - Wohnungsamt - Vermessungsamt.
4. Magistratsrat: Dr. Kampczyk, 25.3.1954 in Hohenstein/Sachsen Wohlfahrtsamt - Fürsorgeamt - Erwerbslosen-, Renten-, Kriegsbeschädigten- und Hinterbliebenenfürsorge - Jugendamt - Versicherungsamt - Tarifangelegenheit - Konzessionssachen - Verwaltung des Städt. Krankenhauses - Verwaltungspolizei - Quartieramt.
5. Stadtrat: Paul Mende, + 5.8.1947 in Luckenwalde Bürgerhospital - Obdachlosenheim - Armenhaus - Siechenheim - Kinderhort - Marktwesen.
6. Stadtrat: Wilhelm Reppert, + 12.8.1959 in Bitterfeld/Sachsen Marstallverwaltung - Straßenreinigung - landwirtschaftliche Angelegenheiten.
7. Stadtrat: Alfred Kassubek in Löwensen über Bad Pyrmont Kaufmännische Leitung der Stadtbetriebswerke - Freiwillige Feuerwehr - Luftschutz - Heimatmuseum - Volksbücherei - Verkehrsamt.
8. Stadtrat: Adolf Brandt, Oberhausen-Holten, Rahnstraße 212 Verwaltung des Schlachthofes - Städt. Volksbadeanstalt - Schiedsmannangelegenheiten.
B. Städtische Einrichtungen und Betriebe
1. Stadtwerke: Werksleitung und Kaufmännische Leitung: Stadtrat Kassubek Technische Leitung des Elektrizitätswerkes: Direktor Karl Matheis, + 21.3.1948 in Wenzendorf Technische Leitung des Gas- und Wasserwerkes: Direktor Franz Burkheiser in Bergzabern/Pfalz, Auf der Rötz 6
2. Stadtgärtnerei: Stadtoberinspektor Gerhard Mader, Vaterstetten, Kreis Ebersbach, Lilienstraße 606
3. Stadtforst: Städt. Oberförster Erich Hagen in Langenei/Sauerland
4. Heimatmuseum: Studienrat Günther, vermißt
5. Stadttheater: Indendant Lenau, Perneck/Fichtelgebirge
6. Städt. Badeanstalten: ?
7. Städt. Marstall: Stadtinspektor Marks
8. Freiw. Feuerwehr: Branddirektor Matheis, s.o.
9. Städt. Sparkasse: Direktor Herbert Matz, Münster, Melcherstraße 30
10. Hotel u. Gaststätten: Hotel "Goldenes Lamm" und Stadtparkrestaurant
11. Stadtarchiv: Stadtarchivar Georg Wenzel, Frühjahr 1945 auf dem Marsch in die Gefangenschaft verstorben.
12. Stadtbücherei: Lehrer Karl Scholz, Brieg, Riedelstraße 9
13. Behördlicher Luftschutz: Stadtrat Kassubek und Polizeiinsp. Bullan, Goslar
Die Aufgaben der Stadtverwaltung konnten trotz aller Mängel in personeller Hinsicht infolge des totalen Krieges bis zum Verlassen Briegs in mustergültiger Weise wahrgenommen werden.
In der Nacht vom 22. zum 23.1.1945 mußte die Stadt auf Befehl des Gauleiters geräumt werden. Das galt auch für die Verwaltung. Der Oberbürgermeister war zur Wehrmacht eingezogen. Bürgermeister Reche als sein ständiger Vertreter überführte die Stadtverwaltung in den für Brieg Stadt und Land vorgesehenen Auffangkreis Hirschberg im Riesengebirge. Dort war nach den gegebenen Verhältnissen eine geordnete Verwaltungstätigkeit nicht mehr möglich. Es wurden nur in einigen Räumen des Hirschberger Rathauses die Dienstgeschäfte abgewickelt, sowie Rat und Auskunft erteilt.
Ende Februar 1945 kam dann der Befehl, auch Hirschberg zu räumen. Damit mußte jede weitere Verwaltungsarbeit eingestellt werden. Die Stadtverwaltung hatte aufgehört zu existieren.
Briegs letzter Ehrenbürger und Stadtältester Paul Mende
Der Ehrenbürgerbrief einer deutschen Stadt stellt eine seltene und hohe Auszeichnung dar. Er wird nur solchen Bürgern verliehen, die sich um ihre Vaterstadt in außerordentlichem Maße verdient gemacht haben.
Auch die Stadt Brieg hat im Laufe ihrer langen Geschichte manchen ihrer Bürger auf diese Weise geehrt und ausgezeichnet. Zu ihnen zählt auch der letzte Ehrenbürger und Stadtälteste, Bäckermeister Paul Mende, geb. 9.12.1983 Brieg, gest. 5.8.1947 Luckenwalde.
Im Jahre 1923 wurde er bereits als Kandidat der Deutschen Volkspartei in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Im Jahre 1930 ist er dann zum unbesoldeten Stadtrat gewählt worden. Anläßlich seines 60. Geburtstages am 9. Dezember 1943 wurde er für seine Verdienste vom Regierungspräsidenten der Provinz Schlesien zum Stadtältesten ernannt. Zugleich wurde ihm das Ehrenbürgerrecht verliehen.
Brieger Schulen
Unter den städtischen Einrichtungen nahmen die Schulen eine besondere Stellung ein. Auf seine Schulen ist Brieg immer stolz gewesen. Es war zwar kein besonderer Stadtschulrat angestellt, aber die Schulverwaltung lag als besonderes Dezernat in der Hand des Bürgermeisters. Erhebliche Beträge hat die Stadt noch kurz vor dem Kriege in die neue Volksschule zwischen der Bismarkstraße und der Strehlener Straße investiert.
Volksschulen
Brieg besaß fünf Volksschulen; nämlich zwei evangelische Knabenvolksschulen an der Lindenstraße mit den letzten Rektoren ZIEBOLZ und NITZSCHKE, zwei evangelische Mädchenvolksschulen an der Steinstraße mit den letzten Rektoren BOJAK, PANTKE und SCHOLZ. Die katholische Knaben- und und Mädchenvolksschule unter den Rektoren KLEINDAM und PANDER war zunächst in einem alten Gebäude am Piastenschloß untergebracht. Später zog sie dann in den Neubau zwischen der Bismarkstraße und Strehlener Straße um. Im Jahre 1941 wurde diese Schule in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt. Die Schulaufsicht übte Schulrat WOLF aus. Er wohnt jetzt in Effern/Köln, Hönninger Weg 16.
Hilfsschule
Schließlich besaß Brieg auch eine gut eingerichtete Hilfsschule Leiter war Rektor IRRGANG, + 1.9.1948 in Jena
Mittelschulen
Ein besonders schönes Schulgebäude an der Ecke Bahnhof/Feldstraße beherbergte in einem Flügel die Knaben- und Mädchenmittelschule. Diese Schule führte zur mittleren Reife. Der letzte Leiter war Rektor BUSSE; Bardowick, Karl-Peters-Straße 2
Oberschulen
Neben den städtischen allgemeinbildenden Schulen gab es in Brieg noch zwei staatliche Oberschulen für Jungen und Mädchen.
Das frühere Gymnasium am Stiftsplatz wurde später in eine staatliche Oberschule für Jungen umgewandelt und führte zur Reifeprüfung. Letzter Leiter war Oberstudiendirektor KUNERT; + 1945 auf dem Wege in die Gefangenschaft.
An der Schüsselndorfer Straße war die "Piastenschule" als Oberschule für Jungen und Mädchen gelegen. Sie führte ebenfalls zur Reifeprüfung. Letzter Leiter war Oberstudiendirektor Dr. BOEHM; + 9.4.1948 in Bamberg.
Das städtische Oberlyzeum an der Ecke Bahnhof/Feldstraße wurde 1935 in eine deutsche Oberschule für Mädchen umgewandelt. Auch sie führte im 9-stufigen Aufbau zur Reifeprüfung. Die letzten Leiter waren die Oberstudiendirektoren UMBREIT, EMDE und SANDKÜHLER. Schließlich besaß Brieg auch noch eine höhere Landwirtschaftsschule, die auch mit der Reifeprüfung abschloß und zum Studium der Landwirtschaft an Universitäten berechtigte. Der letzte Leiter war Studiendirektor GRÜTZNER. Im Jahre 1943 wurde die Schule allerdings aufgelöst.
Berufsschulen
An die Volksschulen schloß sich ein gut ausgebautes Berufs- und Fachschulwesen an. Die gewerbliche und kaufmännische Berufsschule sowie die anderen Fachschulen und die hauswirtschaftliche Berufsschule waren im Schulgebäude der früheren "Bürgerschule" an der Mühlstraße untergebracht. Leiter war zuletzt Direktor Wilhelm PFEIFFER, Bad Nauheim, Blücher Str.42
Die Schülerzahlen in den OBERSCHULEN - MITTELSCHULEN - VOLKSSCHULEN (Stand: 1939)
________________________________________________________________________________ Schulen Klassen Schüler Lehrkräfte -------------------------------------------------------------------------------- Oberschulen m. 3 19 471 32 Oberschulen w. 1 8 191 14 Mittelschulen 2 12 312 14 Volksschulen 6 70 3.274 67 Berufsschulen 3 - 1.580 14 Berufsfachschulen 3 - 78 6 ------------------------------------------------------------------------------- Summe 18 109 5.879 147 ==========================================================
Kirchliches Leben
Die evangelischen Kirchen zu Brieg
Zur evangelischen Kirche hatte die Stadt Brieg enge Beziehungen. Sie übte das Patronat nicht nur über die evangelische Kirche der Stadt, sondern als einstige Gutsherrin auch über die Kirchen der ehemaligen Kämmereidörfer Leubusch, Gierdorf-Kreisewitz (hier gemeinsam mit dem Grafen Pfeil) und Böhmischdorf aus. Als Kirchenpatron hatte die Stadt nach Anhörung der Kirchengemeinde die Pfarrer zu berufen und sich andererseits an den Kosten der Unterhaltung von Kirche und Pfarrhaus zu beteiligen, und zwar in der Stadt zu einem Drittel und in den Dörfern zu zwei Dritteln. Die Stadt hatte damit auch Sitz und Stimme im Gemeindekirchenrat. Wo allgemeine Belange der Erhaltung geschichtlicher und künstlerischer Werte es forderten, war die Stadt immer bereit, mit ihren Mitteln helfend einzugreifen. Sichtbarsten Ausdruck fand diese Hilfsbereitschaft u.a. bei der Schaffung der herrlichen Engler-Orgel in der evangelischen Nikolai-Kirche.
Kirchenrechtlich war Brieg in zwei evangelische Kirchengemeinden aufgeteilt, nämlich in die evangelisch-reformierte Stadtpfarrgemeinde St. Nikolai und in die evangelisch-lutherische Gemeinde St. Lukas auf der Logaustraße. Die Nikolai-Kirche war auf der Lange Straße gelegen.
Die evangelische Stadtpfarrkirche St. Nikolai
Sie wurde in den Jahren 1370 bis 1417 im gotischen Stil als Basilika erbaut. Das verhältnismäßig schmale Mittelschiff überragt die beiden Seitenschiffe und empfängt durch die mit spätgotischem Maßwerk gezierten Fenster von oben her ihr Licht. Zwei mächtige Türme recken ihre hochgeführten Helme in eine Höhe von 75 Metern; sie wurden erst 1885 errichtet. Das Hauptschiff war 29 Meter hoch.
Die nachreformatorische Zeit hat die mittelalterliche Messopferkirche durch Aufstellung kunstvoll geschnitzter Stühle und durch Einbau von Emporen in eine evangelische Predigtkirche umgebaut.
Der schönste Schmuck der Kirche ist die Orgel. Sie wurde 1724 bis 1730 durch Michael Engler aus Breslau erbaut. Sie gehört zu den schönsten, musikgeschichtlich bedeutendsten Werken Deutschlands und ist noch eine der wenigen Bach-Orgeln. Letzter Organist war Kirchenmusikdirektor Max DRISCHNER, jetzt in Goslar, Hoher Weg 5.
Die kleine Orgel ist ein Werk des Brieger-Orgel-Baumeisters SCHEFFLER aus dem Jahre 1796. Der Altar ist eine Stiftung des Eisenhändlers Christian Daniel CLERIKUS, dessen Insignien CDC im Fries über dem Altarbild zu erkennen sind. Der Altar mit seinen mittelalterlichen Holzschnitzerein zeigt Szenen aus der Passion Jesu. Das Triumpfkreuz mit Maria und Johannes sowie die Apostel-Gruppe stammen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Die Kanzel wurde 1593 in Spät-Renaissance-Form errichtet und erhielt 1728 ihre barocke Vergoldung. Der Kanzelkorb wird ebenso wie in der Breslauer Maria-Magdalenen-Kirche von vier Engeln getragen.
Der bildnerische Schmuck stammt mit Ausnahme eines Tafelbildes aus nachreformatorischer Zeit. Die Meister der Grabdenkmäler entstammen aus dem Künstlerkreise des Piasten-Schloßbaues. Als schönstes Barockmal gilt das 1668 holzgeschnitzte Denkmal für Bürgermeister Schmidt im nördlichen Seitenschiff. Beachtenswert ist schließlich das historisch bedeutendste Denkmal, das Grabmal des Grafen von Geßler, geschaffen im klassizistischen Stil nach dem Entwurf des Oberbaurates Langhans dem Schöpfer des Brandenburger Tors.
Dieses herrliche Bauwerk ging in der Beschießung Briegs durch die Russen in der Nacht vom 4. zum 5. Februar 1945 unter. Es brannte lichterloh. Sein Feuerschein erleuchtete die gesamte Stadt.
Am 01.01.1945 wirkten folgende Geistliche an der Nikolai-Kirche:
Superintendant BUNZEL, + Januar 1945 in Brieg Pfarrer H. KLEINOD, Pfarramtsleiter, + 14.1.1961 in Triest Pfarrer W. BODEN, + 1945 in Brieg
Die evangelisch-lutherische Sankt Lukas-Kirche
Die Kirche wurde im Jahre 1897 auf Grund einer Generalkonzession König Friedrich Wilhelm IV. für die von der preußischen Landeskirche sich getrennt haltenden Lutheraner erbaut.
Die Gemeinde bestand schon seit dem Jahre 1830 und umfaßte zuletzt ca. 650 Seelen. Sie beschränkte sich nicht nur auf das Stadtgebiet von Brieg allein, sondern auch auf die Brieger Kreisdörfer und die Städte Neiße und Neustadt.
Die Kirche hatte 400 Sitzplätze. Das Altarbild stellte die Auferstehung Christi dar, die Orgel stammte von der Firma Schlaak & Söhne aus Schweidnitz.
Letzter Geistlicher war Pfarrer Paul SCHRÖTER. Er war zugleich Superintendent der Diozöse Breslau der ev.-luth. Kirche Altpreußens mit 16 Pfarramtbezirken. Er wohnte in Klitten, Kreis Niesky
Christliche Gemeinschaften
Bis zur Vertreibung haben in der Stadt Brieg folgende christlichen Gemeinschaften bestanden:
Philadelphia mit Prediger SCHELL, Gemeindehaus Feldstraße Freie Evangelische Gemeinschaft, Gemeindesaal Ohlauer Straße Christliche Gemeinschaft für entschiedenes Christentum (Gnadauer Verband) mit Prediger SCHMENGLER. Versammlungslokal Piastenstraße Katholisch-apostolische Gemeinde mit Prediger ANDREE, Kapelle Dorotheenstraße Adventisten vom siebenten Tage. Versammlungsraum Ohlauer Straße Die jüdische Gemeinde
Die Anzahl der jüdischen Gemeindemitglieder nahm vom Jahre 1933 an immer mehr ab. Waren es damals noch 255, so waren es 1938 nur noch 160 Juden einschließlich der Kinder.
Die katholische Kirche zu Brieg
Zum Territorium der katholischen Stadtpfarrgemeinde Brieg gehörten der gesamte Stadtkreis Brieg, ferner 15 Dorfgemeinden bzw. Gutsbezirke, nämlich Briesen, Grabendorf, Giersdorf, Groß Neudorf, Grüningen, Hermsdorf, Kreisewitz, Linden, Neu-Briesen, Pampitz, Paulau, Rathau, Rothaus, Schreibendorf und Schüsselndorf. Die Pfarrei Brieg gehörte zum Dekanat Brieg. Es hatte seinen Sitz in Löwen, und ihm stand der Erzpriester und Geistliche Rat Friedrich VON WOYSKI vor. Er war zugleich Pfarrer in Löwen und amtierte zuletzt in Endel, Kreis Vechta. Im November 1954 ist er dort verstorben. Die Zahl der Gemeindemitglieder der Zivilgemeinde betrug 8.500. Davon waren in der Stadt Brieg ca. 7.000 wohnhaft. Von der Gesamtbevölkerung der Stadt waren etwa 23% katholisch.
Neben der Zivilgemeinde bestand auch noch eine sehr starke Standortgemeinde sowie eine kleine Gemeinde in der Strafanstalt.
Im Gebiet der Stadtpfarrei lag eine ganze Anzahl von Kirchen und Kapellen. Die Stadtpfarrkirche "Zum Heiligen Kreuz" war in den Jahren 1735 bis 1741 von den Jesuiten als Kollegkirche für den geplanten aber nicht verwirklichten Kollegbau im Barockstil erbaut worden. Sie wurde 1746 feierlich konsekriert und 1819 zur Stadtpfarrkirche erhoben. Die Türme wurden allerdings erst 1856 vollendet.
Die Wirkung des Äußeren ist für einen Jesuitenbau nüchtern. Um so überraschender erscheint der herrliche Innenraum. Drei mächtige Pfeilerpaare gliedern den lichten weiten Raum, schaffen Seitenkapellen und tragen das gewaltige Tonnengewölbe, das durch gemalte Scheinarchitektur den Raum in unendliche Höhen weitet. Malerei an der geraden Chorwand über dem schlichten Altar baut in eine Scheinkuppel einen Prunkaltar. Die Geschichte des heiligen Kreuzes ist das Thema der Malereien des Chors, des Deckengewölbes und an den Tonnen der Seitenschiffe, Schöpfer der Malereien ist der Jesuitenpater Kube. Die Bildhauerarbeiten der Kanzel, die bewegten Begleitfiguren des Altarkreuzes, fügen sich gut dem spätbarocken Innenraum ein. Beachtenswert sind zwei barocke Plastiken: Judas Taddäus und Nepomuk. Ein köstliches Stück ist das mittelalterliche, holzgeschnitzte Kruzifix an einem Pfeiler rechts vom Altar. Am zweiten Chorpfeiler rechts hängt im spätbarocken Rahmen ein Madonnenbild in der Art des Lukas Cranach. Die deutsche Innigkeit und Schlichtheit muten in dieser ganz auf Sinnenreize eingestellten Umgebung nahezu fremdartig.
Die Schloßkirche "Zur Heiligen Hedwig" war die älteste Kirche der Stadt, aber in Ihrer jetzigen Gestalt nur ein kleiner Rest der einst prächtigen Collegiats-Stiftkirche, die im Jahre 1741 während der Belagerung durch die Preußen größtenteils zerstört wurde. Einige Jahrzehnte später ist sie dann in ihrer jetzigen Gestalt wieder aufgebaut worden. Sie wurde zuletzt nur noch für Sondergottesdienste genutzt, und das Allerheiligste in ihr nur während der Hedwigswoche aufbewahrt. Als besondere Kostbarkeit birgt sie neben der steinernen St. Hedwigs-Plastik aus dem 14. Jahrhundert die Metall-Sarkophage der letzten Piasten-Herzöge aus dem 17. Jahrhundert.
Die Begräbniskirche auf dem alten katholischen Friedhof stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die Begräbniskapelle St. Michael auf dem neuen Friedhof in der Schüsselndorfer Straße wurde erst 1943 als Notbau errichtet. Im Marienstift befand sich dann noch eine kleine Kapelle, in welcher regelmäßig Gottesdienste abgehalten wurden.
Simultankirchen bestanden im Zuchthaus und im Gefängnis.
Als karitative Anstalt darf das St. Marienstift nicht unerwähnt bleiben. Es umfaßte ein Krankenhaus mit über 120 Betten, ein Kinderheim für ca. 20 Kinder und einen Kindergarten. Etwa 20 Borromäerinnen vom Mutterhaus Trebnitz versahen neben anderen Hilfskräften den Dienst am Kranken. Es war das größte allgemeine Krankenhaus Briegs. In ihm wurden alle anfallenden chirurgischen, urologischen und gynäkologischen Operationen durchgeführt. Nur allerschwerste Fälle wurden in die Universitätskliniken Breslau überwiesen.
Langjähriger Chefarzt war Dr. med. F. SCHOEPS, jetzt Wiesbaden, Bismarkstraße 7, Oberarzt war Dr. F. DÖRNER, Bad Mergentheim, Gartenweg 6
Am 1. Januar 1945 lebten in Brieg folgende Geistliche:
Pfarrer: Alfred RIEGER, jetzt Hildesheim, Kreuzstraße 4 als Pfarrer der Kreuzkirche, Kreisvikar: Clemens ZIMMERMANN, als Standort- und Strafanstaltspfarrer, zuletzt Pfarrer in Fürstenberg/Oder Studienrat an den drei Oberschulen: Msgr. Prof. Dr. Dr. Georg SIEGMUND, jetzt Prälat am Dom und Professor am Priesterseminar Fulda Kaplan und Lazarett-Pfarrer: Georg TESCHNER, jetzt Pfarrer in Bayreuth
Stadttheater
Aus einem alten Kloster haben um das Jahr 1822 weise Stadtväter ein Stadttheater gebaut.
Mancher Besucher des Brieger Stadttheaters wird sich gern der zahlreichen wertvollen Aufführungen erinnern. Das Stadttheater in Brieg war eine wahre Pflegestätte deutscher Spielkunst, des Lustspiels und der Operette. Es wurde von der "Schlesischen Landesbühne" bespielt. Das Niveau der Aufführungen war recht hoch, weil die Intendanten es ausgezeichnet verstanden, aus der Fülle der vorliegenden Werke diejenigen herauszugreifen, deren Wiedergabe nicht nur im Rahmen des Möglichen lag, sondern darüber hinaus durch die ihnen zur Verfügung stehenden darstellerischen Kräfte zu vorbildlichen Aufführungen zu gestalten.
Das Theater diente auch der Veranstaltung guter Konzerte, wissenschaftlicher und künstlerischer Vorträge, Dichterlesungen und festlichen Veranstaltungen der verschiedensten Arten, die hier einen stimmungsvollen und würdigen Rahmen fanden. Das Theater war nach seinem Umbau durch den Stadtbaurat Dr.-Ing. KRAUSE zu einem Schmuckstück der Stadt geworden und faßte 500 Sitzplätze.
Musikpflege - Brieg, eine Musikstadt
Brieg war eine sangesfreudige Stadt. Der Grundstein dazu wurde schon in den verschiedenen Schulen gelegt. Die Volksschulen verfügten über eine verhältnismäßig große Anzahl an Lehrkräften, die die Fähigkeiten besaßen, einen guten Musikunterricht zu erteilen. Auch in der Mittelschule war das Musikleben dank der Musikalität ihres Leiters, Rektor Paul BUSSE; und der erfolgreichen Mitarbeit von Mittelschullehrerin Margarete WANGORSCH erfreulich rege. Wenig in Erscheinung trat das Gymnasium, das aber durch systematische Entwicklung der jugendlichen Stimmen in Ton- und Lautbildung durch Musiklehrer JEROFKE, einst bester Bariton Schlesiens, zur Hebung der Sangesfreudigkeit in Brieg, wenn auch unauffällig, nicht unwesentlichen Anteil hatte. Daß das Lehrerseminar mit Musiklehrer Max RICHTER innerhalb und außerhalb des Schullebens eine wichtige Rolle spielte, lag nicht zuletzt an der Struktur des Lehrplanes; Chorgesang, Orgel- und Klavier- und Violinunterricht sowie Orchester waren Pflichtfächer. Auf hohem Niveau stand der Musikunterricht im Oberlyzeum. Professor HIELSCHER, aufgeschlossen für jeden Fortschritt, erteilte Unterricht ganz im Sinne der Anfang der zwanziger Jahre neu gestalteten Richtlinien für den Musikunterricht. Seine durchdachte Unterrichtsmethode und seine freundliche, liebenswürdige Art und Gabe, junge Menschen für die Musik hell zu begeistern, ließen seine Stunden zum echten Erlebnis werden. Schließlich sei noch der Piastenschule gedacht, die nach Auflösung des Lehrerseminars in dessen Räumen einzog und u.a. den Reichtum an Musikinstrumenten (Orgel, Klaviere und Streichinstrumente) übernahm. Als Studienrat SCHÖN die Musiklehrer-Stelle schon als Musikstudent übertragen wurde, nutzte er das reichhaltige Instrumentarium durch Einrichten von zwei Orgelabteilungen, drei Violingruppen und vier Klavierabteilungen sinnvoll aus. Neben diesem vielseitigen, in der damaligen Zeit für eine höhere Schule außergewöhnlichen Musikbetrieb, bestanden noch ein staatlicher Schulchor und leistungsfähiges Schulorchester, das u.a. das Klavierkonzert Nr. 2 in B-Dur von L. van Beethoven und das Violinkonzert in D-Dur, KV. 218 von W.A. Mozart zur Aufführung brachte. Seine Nachfolger, Rektor Arthur NITSCHKE und Studienrat Josef GABOR, arbeiteten in dieser Richtung erfolgreich weiter.
Dieses rege Musikleben in den Schulen mußte sich naturgemäß auf das allgemeine Musikleben der Stadt günstig auswirken. So bestanden zahlreiche Gesangvereine: Der Männergesangverein "JUNG", der Brieger Männergesangverein, der Bürgerliche Gesangverein, der Männergesangverein 1913, die Männergesangvereine "Gutenberg" und "Vorwärts" sowie die gemischten Chöre "Edelweiß" und der Volkschor. Zeugnis von ihrer zielstrebigen und erfolgreichen Arbeit legten ab die alljährlichen, auf beachtlichem Niveau stehenden Konzerte, sowie das gut Abschneiden auf Kreis- und Bezirkssängerfesten. Eine besondere Stellung nahm die Singakedemie ein; pflegten die Gesangvereine hauptsächlich acapella-Gesang, so vermittelte die Singakedemie bedeutende Vokalwerke mit Orchesterbegleitung unserer großen Meister wie eines J.S. Bach, G.F. Händel, L. van Beethoven, J.Brahms u.a.m.
In Professor HIELSCHER hatte sie eine überragende Künstlerpersönlichkeit zum Leiter. Waren schon die Übungsabende dank seines großen fachlichen Wissens und Könnens ein musikalischer Genuß, so blieben die Aufführungen den Chormitgliedern wie den Zuhörern unvergeßliche Erlebnisse. Sein plötzlicher Tod, der die ganze Stadt in tiefe Trauer versetzte, riß in das Brieger Musikleben eine große und tiefe Lücke, die sich durch seinen Nachfolger, Rektor BUSSE, der sich seiner großen Aufgabe und Verantwortung voll bewußt war, erst allmählich schloß. Mit derselben Begeisterung und Hingabe wie die Singakedemie sang auch der Kirchenchor der Nikolaikirche unter Prof. HIELSCHERs genialer und sicherer Leitung. Daß jeden Sonntag der Hauptgottesdienst durch Chorgesang ausgestattet wurde, war eine beachtliche Leistung, die manche Großstadtkirche nicht aufzuweisen hatte. Prof. HIELSCHERs Nachfolger wurde Kirchenmusikdirektor Max DRISCHNER, der sich als Organist und Kantor ganz der Musik alter Meister verschrieben hatte. Es war sein unbestrittenes Verdienst, durch seine vortreffliche Registerkunst der Gemeinde den Wert der unvergeßlichen, herrlichen Engler-Orgel bewußt gemacht und ihr das Verständnis für die Werke eines Sweenlinck, Cabezon, Frescobaldi, Scheidt usw. geweckt zu haben.
Mit beachtlicher Stimmkultur sang der von Prof. HIELSCHER gegründete und Max DRISCHNER zur Verfügung gestellte Jugendchor, dessen Pianissimo den Klang überirdischer Schönheit trug. Während der Kirchenchor nach HIELSCHERS Tode im Jahre 1924 im Gottesdienst im Wechsel mit dem Jugendchor sang, ging er später allmählich im Jugendchor ganz auf.
Von nicht geringer Bedeutung ist DRISCHNERs Stellung als Komponist. Seine Orgelwerke haben im In- und Ausland Anerkennung gefunden. Prof. HIELSCHERs Worte über DRISCHNER wurden Erfüllung. "Sie tun gut, sich den Namen DRISCHNER zu merken!" Nicht unerwähnt dürfen auch Frau Erna NITSCHKE-KLICH (Alt) und Fräulein Margarete WANGORSCH (Sopran) bleiben, die über Brieg hinaus als Solosänger einen Namen hatten und sich auch als Chorsänger dem Brieger Kirchenchor und der Singakedemie hilfsbereit zur Verfügung stellten.
Das Interesse und die Liebe der Brieger galt aber auch der Kammer- und Orchestermusik. Wer erinnert sich nicht gern der ausgezeichneten Konzerte im Schauspielhaussaal, wenn z.B. das Pozniack-Trio, das Dresdner Streichquartett oder die Schlesische Philharmonie gastierten? Und welch nicht geringen Anteil am regen Brieger Musikleben hatten die tüchtigen Militärkapellen, die Stadtkapelle und der Beamtenmusikverein, der die heitere und ernste Muse pflegte und manchmal neben der Schlesischen Philharmonie zu den Aufführungen der Singakademie herangezogen wurde !
Brieg war trotz der konkurrierenden Nähe der auf hoher Kulturstufe stehenden Stadt Breslau unbestritten eine Musikstadt, und darauf kann voller Stolz zurückgeblickt werden.
Sport & Sportvereine
Am Eingang des Stadtparks war das schöne, geräumige Stadion gelegen mit seiner Kampfbahn, den Spielfeldern und Tennisplätzen. Neben vielen anderen schönen Wettkämpfen fanden dort auch die prächtigen Reitturniere statt, die vor dem stimmungsvollen Hintergrund des Stadtparks zu den Höhepunkten des Brieger sportlichen Lebens gehörten. Auch für die großen Volksfeste bot das Stadion den passenden Rahmen.
Dem Wassersport diente neben der Oder das neue Freibad im Süden der Stadt. Es war aus einem Baggerteich entstanden. Mit seiner Wasserfläche von 23 Morgen bot es dem Wassersport alle Möglichkeiten. Der breite Sandstrand und die ausgedehnten Liegewiesen konnten an schönen Sommertagen die Masse der Erhohlungssuchenden kaum fassen.
Neben dem Stadion standen den Schulen und Sportvereinen auch noch fünf städtische Turnhallen an der Bergelpromenade, im Lyzeum, in der neuen Volksschule sowie im Gymnasium und in der Piastenschule zur Verfügung.
Sportvereine
Die Anzahl der Sportvereine war sehr stattlich, wie die nachstehende Auswahl zeigt:
- Sport Club Brega 09 Brieg
- Vereinsleiter: Rechtsanwalt und Notar Dr. BARTSCH, Brieg, Riedelstraße 12, verstorben
- Spielvereinigung SSC 1910 Brieg
- Vereinsleiter: Lehrer Georg WILLMANN, Brieg, Dreiankerstraße 2a, verstorben
- Sport Club Preußen Brieg
- Vereinsleiter: Otto SEBAST, Brieg, Promenade 2
- Reichsbahnsportverein Brieg
- Vereinsleiter: Reichsbahn-Oberinspektor MAI, Brieg, Bahnhof
- Sport-Club-Hertha Brieg (vorm. Schwarz-Gelb-Brieg)
- Vereinsleiter: Richard GLEISSENBERG, Brieg, Orloviusstraße
- LSV Reinecke Brieg
- Vereinsleiter: Major HOLZ, Brieg, Fliegerhorst
- Ruderverein Brieg
- Vereinsleiter: Kaufmann Otto SCHÜTZ, Brieg, Feldstraße 27
- Schüler Ruderverein Brieg
- Vereinsleiter: Studienrat Dr. KRAUSE, Brieg, Georgstraße 12
- Turnverein e.V. Brieg von 1859
- Vereinsleiter: Walter OSSIG, Brieg, Gartenstraße 5, jetzt: Bad Neustadt/Saale, Meiningerstraße 22
- Brieger Frauenturnverein
- Vereinsleiter: Fräulen Thea SCHUBERT, Brieg, Bahnhofstraße 11
- Radfahrclub Amicitia Brieg
- Vereinsleiter: Fischermeister Karl KORN, Brieg, Mühlinsel 6, verstorben 1947
- Radfahrverein "Wanderer" Brieg
- Vereinsleiter: Reinhold MIELKE, Brieg, Wagnerstraße 8
- Bürgerlicher Radfahrverein Brieg
- Vereinsleiter: Schlossermeister Richard NITSCHE, Brieg, Oppelner Straße 25
- Kanuverein Brieg
- Vereinsleiter: Bäckermeister Hermann SELISKY, Brieg, Piastenstraße 14
- Schützengilde Brieg
- Vereinsleiter: Schlossermeister Richard NITSCHE, Brieg, Oppelner Straße 25
Öffentliche Einrichtungen
Grünanlagen
Neben seiner Bezeichnung als "Piasten" - und "Dreianker-Stadt" besaß Brieg noch eine dritte, nämlich die einer "Gartenstadt". Die gewaltigen alten Wallanlagen, die sich um die ganze Altstadt bis zur Oder hinzogen, wurden nach ihrer Schleifung zu herrlichen Anlagen umgestaltet. Promenade mit Bismarkdenkmal, Wallgraben und Pfennigbrücke, Bergelpromenade mit Milchhäuschen, Goldfischteich, Trauerbuche, Bronzeplastik "Trinkendes Mädchen" und Schwanenteich, Rosarium, Wolfsschlucht sowie die Oderpromenade mit dem alten Odertor glichen einem Kurpark. Wem eine Wanderung hierdurch nicht genügte, der ging in den 63 ha großen Stadtpark, den "JULIUS-PEPPEL-Park", der nach seinem Schöpfer, dem Oberbürgermeister Julius PEPPEL, benannt war.
Stadtforst
Die Stadtforst von Brieg lag nicht innerhalb seiner Stadtgrenzen, sondern im Kreisgebiet bei Leubusch. Sie umfaßte etwa 3.000 Morgen. Der Wald wies je nach Qualität des Bodens verschiedene Bestände auf und brachte gute Erträge; auch Hoch- und Niederwild war vorhanden. In letzter Zeit ist noch Damwild eingeführt worden; es wurde im Gatter gehalten. Im Wald befand sich auch ein Jagdhäuschen mit Übernachtungsgelegenheit und die Gaststätte "Wechmannsruh".
Städtisches Krankenhaus
Außer den privaten Krankenhäusern des evangelischen Diakonissenstifts in der Steinstraße und dem katholischen St. Marienstift in der Lindenstraße bot das Städtische Krankenhaus in der Neuhäuser Straße etwa 100 Kranken Pflege und Heilung. Die Leitung lag in den Händen tüchtiger Ärzte. Ein großer Neubau war in der neuen Hindenburgstraße geplant. Das neue Krankenhaus sollte die drei alten Anstalten völlig ersetzen und jeden vorauszusehenden Mehrbedarf für die Zukunft aufnehmen. Daneben waren Ärzte- und Schwestern-Wohnungen, Verwaltungsgebäude, Park usw. vorgesehen. Das alte städtische Krankenhaus in der Neuhäuser Straße sollte zu einem würdigen Altersheim umgebaut werden, weil das vorhandene an der Neißer Straße neuzeitlichen Ansprüchen nicht mehr genügte.
Während des Krieges wurde das städtische Krankenhaus für Lazarettzwecke in Anspruch genommen. Letzte leitende Ärzte waren Dr. A. LÜCK, + 1945 in der Lüneburger Heide und Dr. K. JENETZKY, Bayreuth, Bahnhofstraße 16
Schlachthof
Brieg gehörte zu den Städten, die keinen eigenen Schlachthof besaßen. Er befand sich noch im Besitz der Fleischerinnung Brieg. Die Stadt wollte diese wichtige Einrichtung allerdings in ihren Besitz übernehmen. Hierfür war schon ein leitender Tierarzt und städtischer Veterinär nebst Hilfspersonal eingestellt. Erweiterungs- und Verbesserungspläne, der Neuzeit entsprechend lagen vor.
Stadtwerke
Ihre Bedeutung für Industrie, Handel, Gewerbe usw. braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden. Entsprechend der ständig wachsenden Bevölkerung mit ihren vielseitigen Bedürfnissen mußte die Anlagen ständig erweitert und verbessert werden. Die Verwaltungsräume befanden sich im neuen Sparkassengebäude in der Mollwitzer Straße. Während des Krieges wurden an die Stadtwerke ganz besondere Anforderungen gestellt. Im Rahmen der Verlagerung kriegswichtiger Industrie- und Entwicklungsbetriebe waren oft in kürzester Zeit schwierigste Erweiterungs- und Umlegungsarbeiten am Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetz auszuführen und Kapazitätserhöhungsaufgaben zu erfüllen.
Städtischer Marstall
Der städtische Marstall hatte seine Bezeichnung aus der Zeit erhalten, da die Fahrzeuge noch von Pferden gezogen wurden. Im letzten Jahrzehnt vor der Vertreibung ist der Betrieb stark modernisiert und motorisiert worden. Dem Marstall oblag mit seinem Arbeitskräften die Sauberhaltung der Straßen zu allen Jahreszeiten. In den 30iger Jahren ist auf dem Gelände des Marstalles sogar eine Seidenraupenzucht angelegt worden.
Die Betriebsangehörigen des Marstalles waren gleichzeitig Einsatzkräfte des Entgiftungstruppe für den Luftschutz. Ein großer Krupp-Sprengwagen mit Spezialdüsen für Straßenentgiftung und Chlorkalk-Anhänger, sowie moderne Gummi-Schutzanzüge waren ihre Ausrüstung. Die Fachausbildung lag in den Händen des Chemikers, Stud.Rat Dr. REINISCH, Gadderbaum, Kreis Bielefeld, Maraweg 7a.
Die Freiwillige Feuerwehr
Wie viele gleich große Städte besaß Brieg auch eine Feuerwehr, die sich aus etwa 100 Freiwilligen zusammensetzte, und zwar aus allen Kreisen der Bürgerschaft, besonders aber aus der Handwerkerschaft. Getreu dem Wahlspruch: "Gott zur Ehr und dem Nächsten zur Wehr" hat die freiwillige Feuerwehr auch bei Wassernot und in anderen Fällen das Ihre zur Erhaltung der Stadt und ihrer Bürger beigetragen. Ständige Verbesserungen und Verstärkung der Geräte war die stete Sorge der Stadtverwaltung. Neben der freiwilligen städtischen Feuerwehr gab es noch Betriebsfeuerwehren mit eigenem motorisiertem Gerät bei den Firmen GÜTTLER & Co., PZILLAS, T.T. HEINZE, LOEWENTHAL, MOLL usw.
Die freiwillige Feuerwehr Brieg verfügte in ihrem Feuerwehrhaus Mühlstraße - altes Zeughaus, früher Franziskanerkloster über ein ideales Ausbildungs- und Einsatzzentrum. Es enthielt neben der großen Exerzierhalle mit eingebautem Steigerturm die Fahrzeughalle, den Schlauchtrockenturm, 2 große Versammlungs- und Ausbildungsräume, das Vorstandszimmer mit der von dem Brandmeister, Ing. Rudolf KELLNER, geschaffenen Lehrmittelschau, die z.B. die Modelle aller bekannten Dachstuhlkonstruktionen aufwies, sowie einen Luftschutzraum. Drei komplette Löschzüge, bei denen sich u.a. eine vollautomatische Magirus-Drehleiter auf Mercedes-Pritsche befand, bedeuteten den Wehrmännern ein gutes Rüstzeug. Dadurch, daß im Feuerwehrhaus drei in städtischen Diensten stehende Kraftfahrer wohnten, erreichte die mit den in der Nähe wohnenden Kameraden die Schlagkraft und Einsatzbereitschaft einer Berufsfeuerwehr. Eine moderne Feuermeldeanlage, deren umfangreicher Melde- und Schaltschrank in der Polizeiwache stand, mit Feuermeldern, von denen aus jederzeit die Polizei und das Feuwehrhaus telefonisch erreichbar waren und Alarmglocken in der Wohnung jedes Feuerwehrmannes ergänzten die schnelle Einsatzmöglichkeit.
Bei der Räumung der Stadt wurden die Geräte nach Hirschberg im Riesengebirge überführt. Dabei blieb unterwegs die große Autospritze liegen. Die Großgeräte kamen in die Sammelstelle im Schloßpark Bad Warmbrunn. Ein Mercedes Mannschaftwagen wurde von der Feuerwehr Hirschberg übernommen. Zwei Tragkraftspritzen mit Pkw-Zugwagen und div. Material wurden am 30.3.1945 dem Feuerwehrleiter der Werksfeuerwehr "Schlesische Zellwolle AG" in Hirschberg auf Weisung des Reg. Präs. vom Feuerwehrdezernat übergeben.
Feuermelder in der Stadt Brieg
- Logaustraße, Fabrik GÜTTLER
- Steinstraße, Ecke Gartenstraße, Schule
- Neuhäuserstraße 54
- Robert-Pzillas-Straße, am Weinberg
- Schönauer Straße, Zuckerfabrik NEUGEBAUER
- Fischerstraße, Ecke Robert-Pzillas-Straße
- Fischerstraße 15
- Steinstraße 1, Heil- und Pflegeanstalt
- Schauspielhaus 2. Stock
- Schauspielhaus Bühne
- Lange Straße 11, Bankhaus EICHBORN
- Piastenstraße, Ecke Logaustraße
- Dreiankerstraße, gegenüber der Firma T.T. HEINZE
- Schulstraße 19
- Feldstraße 8
- Ohlauer Straße 49
- Lange Straße, Gymnasium
- Mollwitzer Straße, Ecke Lange Straße
- Moltkestraße, Kaserne, unteres Tor am Stabsgebäude
- Schwarzer Weg, Ecke Siedlungsstraße
- Ohlauer Straße 35
- Holzmarkt, Gasthaus "ZUM GOLDENEN SCHIFF"
- Ziegeleistraße, Kläranlage
- Fabrik MOLL
- Schleusendamm 1, Schlachthof
- Mühlendamm 4, Gasthaus
- Zollstraße, am Katasteramt
- Burgstraße, Ecke Ring
- Mühlstraße 13
- Ring, Betriebswerke
- Oppelner Straße, Ecke Nikolaistraße
- Nikolaistraße, Einfahrtstor zum großen Exerzierplatz
- Bahnhofstraße 41
- Schüsselndorfer Straße, gegenüber Haus 4
- Briegischdorfer Straße, Gasthaus STANKOWSKI
- Siedlung an der Briegischdorfer Straße, vor Haus 2
- Siedlung an der Schüsselndorfer Straße, am Anfang
- Bahnhofstraße, Gaswerk
- Wechmannstraße, Furchnerkolonie
- Riedelstraße 3
- Schwarzer Weg, Ecke Albert- Spätlich-Straße
- Pistoriusstraße, Ecke "Am grünen Anger"
- Roonstraße am Ribaplatz
Aus der Baugeschichte der Stadt Brieg[1]
Die Stadt Brieg wurde im Jahre 1250 an dem Oder-Übergang der alten Handelsstraße von Böhmen nach Polen angelegt. In ihrem Mittelpunkt lag der Ring mit dem Rathaus und mit Geschäfts-, Gast- und Bürgerhäusern. Von dort führten Straßen nach den ehemaligen Stadttoren und zu den umliegenden Städten und Dörfern. In der Blütezeit unter Herzog Georg II. sind Piastenschloß, Rathaus, Gymnasium und private Giebelhäuser entstanden. Bei der Belagerung der Stadt durch Friedrich den Großen wurde das Piastenschloß zerstört und nur notdürftig instandgesetzt, dagegen die Festungswälle massiv ausgebaut und erweitert. Auch Kasernen, Proviant- und Salzmagazine wurden errichtet. Die private Bautätigkeit lag darnieder. Nach der Besetzung Preußens durch die Franzosen wurden die Festungswälle 1807 geschleift. Die Stadt konnte sich nach drei Seiten ausdehnen, und als nach dem Krieg 1870/71 Industrie und Handel wieder aufblühten, sich auch in baulicher Hinsicht weiter entwickeln. Es wurde ein modernes Wasserwerk gebaut, eine Kanalisation mit einer neuzeitlichen biologisch-mechanischen Kläranlage geschaffen, sämtliche Straßen mit zementvergossenem Granitpflaster versehen, ein 63 ha großer Stadtpark nach dem Muster englischer Gärten angelegt, neue Kasernen gebaut, eine Landwirtschaftsschule, ein Lehrerseminar mit Direktorenwohnhaus und Turnhalle, ein Lyzeum mit Mittelschule, ein Land- und Amtsgericht mit Gefängnis, ein Zollamt und Garnisonslazarett errichtet.
Dem Wachstum der Stadt entsprechend sind auch die erforderlichen Wohnungen gebaut worden, kurz nach dem 1. Weltkrieg wurden allein rund 500 Wohnungen durch Neubauten erstellt. Später hat die Wohnungsbaugesellschaft Brieg GmbH, an der die Stadt mit 51% beteiligt war, den Wohnungsbau übernommen und bis Ende 1945 insgesamt 452 Wohnungen hergestellt.
In den Jahren 1925/26 wurde ein neuzeitlicher Sportplatz mit Laufbahn und Spielfeld, einer asphaltierten Radrennbahn, Übungsplätzen, Tennisplätzen pp. geschaffen. Etwa 2 Jahre später ist ein Heldenhain mit einem Denkmal in Form einer Stufenterrasse mit 5 Säulen, die 5 Kriegsjahre darstellten, und 2 Gedächtnishallen angelegt worden. Der Umbau des Lehrerseminars zu einer Oberschule erforderte eine Neuausstattung der Physik-, Chemie- und Biologieklassen. Eine Volksschule wurde zu einer Berufsschule umgewandelt. Das Stadttheater ist durch den Einbau einer neuen Soffitten- und Bühnenbeleuchtung, Aufstellen eines neuen Gestühls im Zuschauerraum und Anlage einer Warmwasserheizung modernisiert worden.
1930 wurde Brieg wieder Garnisonstadt. Die Infanterie-Kasernen wurden für das Reiterregiment Nr. 8 umgebaut und die erforderlichen Pferdeställe und Rauhfutterscheunen errichtet.
Vom Jahre 1933 ab wurden zunächst die Altwohngebäude ausgebessert, die Kleinhaussiedlung gefördert, das Anschlußgleis der alten Zuckerfabrik beseitigt, das Gelände baureif hergerichtet, der Bauhof verlegt, das Salzmagazin an der Mollwitzer Straße abgebrochen und auf diesem Gelände eine neue Sparkasse errichtet. Eine 26 klassige Volksschule mit Brausebädern wurde erstellt, das Stadttheater weiter ausgebaut und der Ausbau des Piastenschlosses fortgesetzt. Auch das Baggerbad mit Gaststätte, Umkleideräumen und Liegewiesen wurde gebaut.
Im Zuge des Aufbaues der Luftwaffe ist ein neuer Flugplatz mit Verwaltungsgebäuden, Kasernen, Flugzeughallen und Werften angelegt worden. Weitere Kasernen mit den erforderlichen Nebengebäuden enstanden im Osten der Stadt. In einer Bucht an der nahen Oder wurde ein Pionierübungsplatz mit Hafen, Aufenthalts- und Geräteräumen angelegt. Durch die Ausführung der Kasernenbauten und die Belegung der Stadt mit Truppen hat die Wirtschaft einen starken Auftrieb erhalten. Es mußten neue Verkaufsläden, Werkstätten, Gaststätten, Lagerräume usw. errichtet bzw. ausgebaut werden.
Im Laufe der Kriegsjahre wurde durch die Verlagerung kriegswichtiger Betriebe wie Hentschel-Flugzeugwerke Berlin-Johannesthal; Vorrichtungs- und Gerätebau H. Engelhardt und H. Agatz, Berlin; Georg Osram, Berlin; Daimler-Benz, Berlin; Hein, Wuppertal; Panzerreparaturwerkstatt Ost, das Baugewerbe übersättigt. Es mußten aus der Umgebung eine Anzahl von Firmen herangezogen werden.
Durch die Länge des Krieges waren Hoch- und Tiefbauarbeiten weitgehend eingeschränkt worden. Für die Nachkriegszeit aber lagen fertige Baupläne bereits vor.
Zur Entlastung des ständig wachsenden Verkehrs in der Innenstadt sollten Durchgangs- und Umgehungsstraßen gebaut werden, eine Autostraße in Verlängerung der Reichstraße 5, Breslau-Oberschlesien, am Briesener Block abbiegen, südlich den Stadtpark umgehen und etwa an der städt. Ziegelei vor Paulau wieder auf die bisherige Straße stoßen. Eine andere Durchgangsstraße sollte im Zuge der Schüsselndorfer Straße-Piastenstraße-Gartenstraße und Georgstraße auf einer zweiten Oderbrücke den Strom kreuzen und dann, nach Norden schwenkend, die Straße nach Scheibendorf erreichen. Schließlich war noch beabsichtigt, die Lindenstraße und Logaustraße mit Hilfe eines Durchbruches der Lindenstraße zwischen Knaben-Volksschule und Marienstift über die Promenade hinweg zu verbinden.
Ein wichtiges Projekt war der neue Oderhafen. Durch den von der Provinz Schlesien in Aussicht genommenen großen Ausbau der Wasserstraßen im Osten wurde Brieg unmittelbar mit berüht. Hierzu wäre das Flußbett zu verbreitern und zu vertiefen gewesen, um auch größere Schiffe den Strom befahren zu lassen. Unter Hinzuziehung erfahrener Sachverständiger wurden daher Pläne für einen leistungsfähigen Umschlaghafen in der Mündung des Paulauer Baches und des Koppener Kanales neben einer größeren Reparaturwerft ausgearbeitet. Langwierige Verhandlungen mit den Behörden wegen des Grunderwerbs, Eingemeindungen, Gleisanschlüsse usw. waren hierzu erforderlich geworden.
Auch die Reichsbahn plante eine bedeutende Erweiterung des Güterbahnhofs. Die Durchführung hätte starke Eingriffe in städtisches Gelände gebracht.
Nicht unerwähnt bleiben dürfen die weiteren Baupläne für den Neubau eines Krankenhauses, die Wiederherstellung des Piastenschlosses und den Erweiterungsbau des Rathauses.
Diese Seite enthält Text des Buches »Brieg - Stadt und Landkreis«, herausgegeben von der Stadt Goslar zum 10. Treffen der Brieger in Goslar im September 1964. Abgeschrieben von Hermann Hosp aus D-54516 Wittlich in Rheinland-Pfalz. Überarbeitet und umgesetzt in HTML-Code durch Dr.-Ing. Frank Knorr aus D-03185 Teichland, OT Maust in Brandenburg. |
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Stadt Goslar vom 8. Mai 2001. |
Früher war dieser Text auf der alten Regionalseite www.genealogy.net/reg/SCI/Brieg/st-kr/stbrieg.html zu finden. |
- ↑ Herausgegeben durch das Stadtbauamt 1930