Brieg - Stadt und Landkreis (1964)/Die Bevölkerung

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Inhaltsverzeichnis

Gesamt: 31.009 davon: 15.574 Frauen davon. 15.435 Männer davon: 74% evangelisch davon: 23% katholisch davon: 3% sonstige Beschäftigte 1939 = 23.566, davon:

Selbständige 11,5% Beamte 13,6% Angestellte 17,1% Arbeiter 55,9% Sonstige 1,9%

Einwohnerzahlen

1675 = 3.600 1741 = 3.244 1805 = 10.041 1876 = 15.269 1895 = 21.304 1910 = 29.035 1925 = 27.344 1933 = 29.816 1939 = 31.419 1946 = 7.700

Verkehrsverbindungen

Dicht an Brieg vorbei führte die Autobahnstrecke Berlin - Breslau - Oberschlesien. Das Teilstück Brieg - Gleiwitz konnte noch vor dem Krieg fertiggestellt werden. Die Anschlußstelle befand sich nur wenige Kilometer entfernt hinter Hermsdorf. Durch Brieg hindurch führte die Reichsfernstraße Nr.5

Der älteste und bedeutenste Verkehrsweg allerdings war der Schiffahrtsweg auf der Oder von Cosel über Breslau bis Stettin zur Ostsee. Massengüter aller Art wurden hier befördert, insbesondere die oberschlesiche Kohle.

Zu erwähnen sind außerdem noch zahlreiche Autobus-Verbindungen, die von Brieg aus in die entfernten Dörfer des Kreisgebietes führten.

Die Stadt Brieg lag an der Eisenbahnhauptlinie Breslau - Oberschlesien mit ihren Verbindungen nach Wien, Prag und dem Orient. Sie war darüber hinaus auch Verkehrsknotenpunkt, weil von Brieg aus die Nebenlinien Brieg - Neiße - und Brieg - Strehlen verkehrten. Geplant war außerdem noch die Nebenlinie Brieg - Namslau. Durch den Krieg ist das Projekt nicht mehr zur Ausführung gekommen.

Die Stadtverwaltung

Im Jahre 1935 wurde die alte preußische Magistratsverfassung durch die Deutsche Gemeindeordnung ersetzt. Aufbau und Organisation der Verwaltung waren demgemäß auch hierdurch bestimmt.

A. Aufbau und Organisation der Verwaltung

1. Oberbürgermeister: Kurt Schmidt, jetzt Rechtsanwalt und Notar in Fröndenberg, Am Stift 18 Hauptamt - Pressestelle - Stadttheater - Stadtforst - Stadtarchiv - Museum - Stadtverwaltungsgericht - Stadtsparkasse - Standesamt - Rechnungsprüfungsamt - Polizeiverwaltung - Amt für Wirtschaftsförderung.

2. Bürgermeister und Stadtkämmerer: Waldemar Reche, + 31.7.1958 in Plön/Holstein Finanzverwaltung - Steuern - Stadthauptkasse - Grundstücksamt - Kirchenpatronate - Schulverwaltung - Ernährungs- und Wirtschaftsamt.

3. Stadtbaurat: Dr. Ing. Krause, im Krieg vermißt Stadtplanung - Hoch- und Tiefbau - Siedlungswesen - Baupolizei - Wohnungsamt - Vermessungsamt.

4. Magistratsrat: Dr. Kampczyk, 25.3.1954 in Hohenstein/Sachsen Wohlfahrtsamt - Fürsorgeamt - Erwerbslosen-, Renten-, Kriegsbeschädigten- und Hinterbliebenenfürsorge - Jugendamt - Versicherungsamt - Tarifangelegenheit - Konzessionssachen - Verwaltung des Städt. Krankenhauses - Verwaltungspolizei - Quartieramt.

5. Stadtrat: Paul Mende, + 5.8.1947 in Luckenwalde Bürgerhospital - Obdachlosenheim - Armenhaus - Siechenheim - Kinderhort - Marktwesen.

6. Stadtrat: Wilhelm Reppert, + 12.8.1959 in Bitterfeld/Sachsen Marstallverwaltung - Straßenreinigung - landwirtschaftliche Angelegenheiten.

7. Stadtrat: Alfred Kassubek in Löwensen über Bad Pyrmont Kaufmännische Leitung der Stadtbetriebswerke - Freiwillige Feuerwehr - Luftschutz - Heimatmuseum - Volksbücherei - Verkehrsamt.

8. Stadtrat: Adolf Brandt, Oberhausen-Holten, Rahnstraße 212 Verwaltung des Schlachthofes - Städt. Volksbadeanstalt - Schiedsmannangelegenheiten.

B. Städtische Einrichtungen und Betriebe

1. Stadtwerke: Werksleitung und Kaufmännische Leitung: Stadtrat Kassubek Technische Leitung des Elektrizitätswerkes: Direktor Karl Matheis, + 21.3.1948 in Wenzendorf Technische Leitung des Gas- und Wasserwerkes: Direktor Franz Burkheiser in Bergzabern/Pfalz, Auf der Rötz 6

2. Stadtgärtnerei: Stadtoberinspektor Gerhard Mader, Vaterstetten, Kreis Ebersbach, Lilienstraße 606

3. Stadtforst: Städt. Oberförster Erich Hagen in Langenei/Sauerland

4. Heimatmuseum: Studienrat Günther, vermißt

5. Stadttheater: Indendant Lenau, Perneck/Fichtelgebirge

6. Städt. Badeanstalten: ?

7. Städt. Marstall: Stadtinspektor Marks

8. Freiw. Feuerwehr: Branddirektor Matheis, s.o.

9. Städt. Sparkasse: Direktor Herbert Matz, Münster, Melcherstraße 30

10. Hotel u. Gaststätten: Hotel "Goldenes Lamm" und Stadtparkrestaurant

11. Stadtarchiv: Stadtarchivar Georg Wenzel, Frühjahr 1945 auf dem Marsch in die Gefangenschaft verstorben.

12. Stadtbücherei: Lehrer Karl Scholz, Brieg, Riedelstraße 9

13. Behördlicher Luftschutz: Stadtrat Kassubek und Polizeiinsp. Bullan, Goslar

Die Aufgaben der Stadtverwaltung konnten trotz aller Mängel in personeller Hinsicht infolge des totalen Krieges bis zum Verlassen Briegs in mustergültiger Weise wahrgenommen werden.

In der Nacht vom 22. zum 23.1.1945 mußte die Stadt auf Befehl des Gauleiters geräumt werden. Das galt auch für die Verwaltung. Der Oberbürgermeister war zur Wehrmacht eingezogen. Bürgermeister Reche als sein ständiger Vertreter überführte die Stadtverwaltung in den für Brieg Stadt und Land vorgesehenen Auffangkreis Hirschberg im Riesengebirge. Dort war nach den gegebenen Verhältnissen eine geordnete Verwaltungstätigkeit nicht mehr möglich. Es wurden nur in einigen Räumen des Hirschberger Rathauses die Dienstgeschäfte abgewickelt, sowie Rat und Auskunft erteilt.

Ende Februar 1945 kam dann der Befehl, auch Hirschberg zu räumen. Damit mußte jede weitere Verwaltungsarbeit eingestellt werden. Die Stadtverwaltung hatte aufgehört zu existieren.

Briegs letzter Ehrenbürger und Stadtältester Paul Mende

Der Ehrenbürgerbrief einer deutschen Stadt stellt eine seltene und hohe Auszeichnung dar. Er wird nur solchen Bürgern verliehen, die sich um ihre Vaterstadt in außerordentlichem Maße verdient gemacht haben.

Auch die Stadt Brieg hat im Laufe ihrer langen Geschichte manchen ihrer Bürger auf diese Weise geehrt und ausgezeichnet. Zu ihnen zählt auch der letzte Ehrenbürger und Stadtälteste, Bäckermeister Paul Mende, geb. 9.12.1983 Brieg, gest. 5.8.1947 Luckenwalde.

Im Jahre 1923 wurde er bereits als Kandidat der Deutschen Volkspartei in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Im Jahre 1930 ist er dann zum unbesoldeten Stadtrat gewählt worden. Anläßlich seines 60. Geburtstages am 9. Dezember 1943 wurde er für seine Verdienste vom Regierungspräsidenten der Provinz Schlesien zum Stadtältesten ernannt. Zugleich wurde ihm das Ehrenbürgerrecht verliehen.

Brieger Schulen

Unter den städtischen Einrichtungen nahmen die Schulen eine besondere Stellung ein. Auf seine Schulen ist Brieg immer stolz gewesen. Es war zwar kein besonderer Stadtschulrat angestellt, aber die Schulverwaltung lag als besonderes Dezernat in der Hand des Bürgermeisters. Erhebliche Beträge hat die Stadt noch kurz vor dem Kriege in die neue Volksschule zwischen der Bismarkstraße und der Strehlener Straße investiert.

Volksschulen

Brieg besaß fünf Volksschulen; nämlich zwei evangelische Knabenvolksschulen an der Lindenstraße mit den letzten Rektoren ZIEBOLZ und NITZSCHKE, zwei evangelische Mädchenvolksschulen an der Steinstraße mit den letzten Rektoren BOJAK, PANTKE und SCHOLZ. Die katholische Knaben- und und Mädchenvolksschule unter den Rektoren KLEINDAM und PANDER war zunächst in einem alten Gebäude am Piastenschloß untergebracht. Später zog sie dann in den Neubau zwischen der Bismarkstraße und Strehlener Straße um. Im Jahre 1941 wurde diese Schule in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt. Die Schulaufsicht übte Schulrat WOLF aus. Er wohnt jetzt in Effern/Köln, Hönninger Weg 16.

Hilfsschule

Schließlich besaß Brieg auch eine gut eingerichtete Hilfsschule Leiter war Rektor IRRGANG, + 1.9.1948 in Jena

Mittelschulen

Ein besonders schönes Schulgebäude an der Ecke Bahnhof/Feldstraße beherbergte in einem Flügel die Knaben- und Mädchenmittelschule. Diese Schule führte zur mittleren Reife. Der letzte Leiter war Rektor BUSSE; Bardowick, Karl-Peters-Straße 2

Oberschulen

Neben den städtischen allgemeinbildenden Schulen gab es in Brieg noch zwei staatliche Oberschulen für Jungen und Mädchen.

Das frühere Gymnasium am Stiftsplatz wurde später in eine staatliche Oberschule für Jungen umgewandelt und führte zur Reifeprüfung. Letzter Leiter war Oberstudiendirektor KUNERT; + 1945 auf dem Wege in die Gefangenschaft.

An der Schüsselndorfer Straße war die "Piastenschule" als Oberschule für Jungen und Mädchen gelegen. Sie führte ebenfalls zur Reifeprüfung. Letzter Leiter war Oberstudiendirektor Dr. BOEHM; + 9.4.1948 in Bamberg.

Das städtische Oberlyzeum an der Ecke Bahnhof/Feldstraße wurde 1935 in eine deutsche Oberschule für Mädchen umgewandelt. Auch sie führte im 9-stufigen Aufbau zur Reifeprüfung. Die letzten Leiter waren die Oberstudiendirektoren UMBREIT, EMDE und SANDKÜHLER. Schließlich besaß Brieg auch noch eine höhere Landwirtschaftsschule, die auch mit der Reifeprüfung abschloß und zum Studium der Landwirtschaft an Universitäten berechtigte. Der letzte Leiter war Studiendirektor GRÜTZNER. Im Jahre 1943 wurde die Schule allerdings aufgelöst.

Berufsschulen

An die Volksschulen schloß sich ein gut ausgebautes Berufs- und Fachschulwesen an. Die gewerbliche und kaufmännische Berufsschule sowie die anderen Fachschulen und die hauswirtschaftliche Berufsschule waren im Schulgebäude der früheren "Bürgerschule" an der Mühlstraße untergebracht. Leiter war zuletzt Direktor Wilhelm PFEIFFER, Bad Nauheim, Blücher Str.42

Die Schülerzahlen in den OBERSCHULEN - MITTELSCHULEN - VOLKSSCHULEN (Stand: 1939)

________________________________________________________________________________
Schulen                      Klassen          Schüler          Lehrkräfte
--------------------------------------------------------------------------------

Oberschulen         m. 3        19              471                32
Oberschulen         w. 1         8              191                14
Mittelschulen          2        12              312                14
Volksschulen           6        70            3.274                67
Berufsschulen          3         -            1.580                14
Berufsfachschulen      3         -               78                 6
-------------------------------------------------------------------------------
Summe                 18       109            5.879               147
                     ==========================================================

Kirchliches Leben

Die evangelischen Kirchen zu Brieg

Zur evangelischen Kirche hatte die Stadt Brieg enge Beziehungen. Sie übte das Patronat nicht nur über die evangelische Kirche der Stadt, sondern als einstige Gutsherrin auch über die Kirchen der ehemaligen Kämmereidörfer Leubusch, Gierdorf-Kreisewitz (hier gemeinsam mit dem Grafen Pfeil) und Böhmischdorf aus. Als Kirchenpatron hatte die Stadt nach Anhörung der Kirchengemeinde die Pfarrer zu berufen und sich andererseits an den Kosten der Unterhaltung von Kirche und Pfarrhaus zu beteiligen, und zwar in der Stadt zu einem Drittel und in den Dörfern zu zwei Dritteln. Die Stadt hatte damit auch Sitz und Stimme im Gemeindekirchenrat. Wo allgemeine Belange der Erhaltung geschichtlicher und künstlerischer Werte es forderten, war die Stadt immer bereit, mit ihren Mitteln helfend einzugreifen. Sichtbarsten Ausdruck fand diese Hilfsbereitschaft u.a. bei der Schaffung der herrlichen Engler-Orgel in der evangelischen Nikolai-Kirche.

Kirchenrechtlich war Brieg in zwei evangelische Kirchengemeinden aufgeteilt, nämlich in die evangelisch-reformierte Stadtpfarrgemeinde St. Nikolai und in die evangelisch-lutherische Gemeinde St. Lukas auf der Logaustraße. Die Nikolai-Kirche war auf der Lange Straße gelegen.

Die evangelische Stadtpfarrkirche St. Nikolai

Sie wurde in den Jahren 1370 bis 1417 im gotischen Stil als Basilika erbaut. Das verhältnismäßig schmale Mittelschiff überragt die beiden Seitenschiffe und empfängt durch die mit spätgotischem Maßwerk gezierten Fenster von oben her ihr Licht. Zwei mächtige Türme recken ihre hochgeführten Helme in eine Höhe von 75 Metern; sie wurden erst 1885 errichtet. Das Hauptschiff war 29 Meter hoch.

Die nachreformatorische Zeit hat die mittelalterliche Messopferkirche durch Aufstellung kunstvoll geschnitzter Stühle und durch Einbau von Emporen in eine evangelische Predigtkirche umgebaut.

Der schönste Schmuck der Kirche ist die Orgel. Sie wurde 1724 bis 1730 durch Michael Engler aus Breslau erbaut. Sie gehört zu den schönsten, musikgeschichtlich bedeutendsten Werken Deutschlands und ist noch eine der wenigen Bach-Orgeln. Letzter Organist war Kirchenmusikdirektor Max DRISCHNER, jetzt in Goslar, Hoher Weg 5.

Die kleine Orgel ist ein Werk des Brieger-Orgel-Baumeisters SCHEFFLER aus dem Jahre 1796. Der Altar ist eine Stiftung des Eisenhändlers Christian Daniel CLERIKUS, dessen Insignien CDC im Fries über dem Altarbild zu erkennen sind. Der Altar mit seinen mittelalterlichen Holzschnitzerein zeigt Szenen aus der Passion Jesu. Das Triumpfkreuz mit Maria und Johannes sowie die Apostel-Gruppe stammen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.


Die Kanzel wurde 1593 in Spät-Renaissance-Form errichtet und erhielt 1728 ihre barocke Vergoldung. Der Kanzelkorb wird ebenso wie in der Breslauer Maria-Magdalenen-Kirche von vier Engeln getragen.

Der bildnerische Schmuck stammt mit Ausnahme eines Tafelbildes aus nachreformatorischer Zeit. Die Meister der Grabdenkmäler entstammen aus dem Künstlerkreise des Piasten-Schloßbaues. Als schönstes Barockmal gilt das 1668 holzgeschnitzte Denkmal für Bürgermeister Schmidt im nördlichen Seitenschiff. Beachtenswert ist schließlich das historisch bedeutendste Denkmal, das Grabmal des Grafen von Geßler, geschaffen im klassizistischen Stil nach dem Entwurf des Oberbaurates Langhans dem Schöpfer des Brandenburger Tors.

Dieses herrliche Bauwerk ging in der Beschießung Briegs durch die Russen in der Nacht vom 4. zum 5. Februar 1945 unter. Es brannte lichterloh. Sein Feuerschein erleuchtete die gesamte Stadt.

Am 01.01.1945 wirkten folgende Geistliche an der Nikolai-Kirche:

Superintendant BUNZEL, + Januar 1945 in Brieg Pfarrer H. KLEINOD, Pfarramtsleiter, + 14.1.1961 in Triest Pfarrer W. BODEN, + 1945 in Brieg

Die evangelisch-lutherische Sankt Lukas-Kirche

Die Kirche wurde im Jahre 1897 auf Grund einer Generalkonzession König Friedrich Wilhelm IV. für die von der preußischen Landeskirche sich getrennt haltenden Lutheraner erbaut.

Die Gemeinde bestand schon seit dem Jahre 1830 und umfaßte zuletzt ca. 650 Seelen. Sie beschränkte sich nicht nur auf das Stadtgebiet von Brieg allein, sondern auch auf die Brieger Kreisdörfer und die Städte Neiße und Neustadt.

Die Kirche hatte 400 Sitzplätze. Das Altarbild stellte die Auferstehung Christi dar, die Orgel stammte von der Firma Schlaak & Söhne aus Schweidnitz.

Letzter Geistlicher war Pfarrer Paul SCHRÖTER. Er war zugleich Superintendent der Diozöse Breslau der ev.-luth. Kirche Altpreußens mit 16 Pfarramtbezirken. Er wohnte in Klitten, Kreis Niesky

Christliche Gemeinschaften

Bis zur Vertreibung haben in der Stadt Brieg folgende christlichen Gemeinschaften bestanden:

Philadelphia mit Prediger SCHELL, Gemeindehaus Feldstraße Freie Evangelische Gemeinschaft, Gemeindesaal Ohlauer Straße Christliche Gemeinschaft für entschiedenes Christentum (Gnadauer Verband) mit Prediger SCHMENGLER. Versammlungslokal Piastenstraße Katholisch-apostolische Gemeinde mit Prediger ANDREE, Kapelle Dorotheenstraße Adventisten vom siebenten Tage. Versammlungsraum Ohlauer Straße Die jüdische Gemeinde

Die Anzahl der jüdischen Gemeindemitglieder nahm vom Jahre 1933 an immer mehr ab. Waren es damals noch 255, so waren es 1938 nur noch 160 Juden einschließlich der Kinder.

Die katholische Kirche zu Brieg


Zum Territorium der katholischen Stadtpfarrgemeinde Brieg gehörten der gesamte Stadtkreis Brieg, ferner 15 Dorfgemeinden bzw. Gutsbezirke, nämlich Briesen, Grabendorf, Giersdorf, Groß Neudorf, Grüningen, Hermsdorf, Kreisewitz, Linden, Neu-Briesen, Pampitz, Paulau, Rathau, Rothaus, Schreibendorf und Schüsselndorf. Die Pfarrei Brieg gehörte zum Dekanat Brieg. Es hatte seinen Sitz in Löwen, und ihm stand der Erzpriester und Geistliche Rat Friedrich VON WOYSKI vor. Er war zugleich Pfarrer in Löwen und amtierte zuletzt in Endel, Kreis Vechta. Im November 1954 ist er dort verstorben. Die Zahl der Gemeindemitglieder der Zivilgemeinde betrug 8.500. Davon waren in der Stadt Brieg ca. 7.000 wohnhaft. Von der Gesamtbevölkerung der Stadt waren etwa 23% katholisch.

Neben der Zivilgemeinde bestand auch noch eine sehr starke Standortgemeinde sowie eine kleine Gemeinde in der Strafanstalt.

Im Gebiet der Stadtpfarrei lag eine ganze Anzahl von Kirchen und Kapellen. Die Stadtpfarrkirche "Zum Heiligen Kreuz" war in den Jahren 1735 bis 1741 von den Jesuiten als Kollegkirche für den geplanten aber nicht verwirklichten Kollegbau im Barockstil erbaut worden. Sie wurde 1746 feierlich konsekriert und 1819 zur Stadtpfarrkirche erhoben. Die Türme wurden allerdings erst 1856 vollendet.

Die Wirkung des Äußeren ist für einen Jesuitenbau nüchtern. Um so überraschender erscheint der herrliche Innenraum. Drei mächtige Pfeilerpaare gliedern den lichten weiten Raum, schaffen Seitenkapellen und tragen das gewaltige Tonnengewölbe, das durch gemalte Scheinarchitektur den Raum in unendliche Höhen weitet. Malerei an der geraden Chorwand über dem schlichten Altar baut in eine Scheinkuppel einen Prunkaltar. Die Geschichte des heiligen Kreuzes ist das Thema der Malereien des Chors, des Deckengewölbes und an den Tonnen der Seitenschiffe, Schöpfer der Malereien ist der Jesuitenpater Kube. Die Bildhauerarbeiten der Kanzel, die bewegten Begleitfiguren des Altarkreuzes, fügen sich gut dem spätbarocken Innenraum ein. Beachtenswert sind zwei barocke Plastiken: Judas Taddäus und Nepomuk. Ein köstliches Stück ist das mittelalterliche, holzgeschnitzte Kruzifix an einem Pfeiler rechts vom Altar. Am zweiten Chorpfeiler rechts hängt im spätbarocken Rahmen ein Madonnenbild in der Art des Lukas Cranach. Die deutsche Innigkeit und Schlichtheit muten in dieser ganz auf Sinnenreize eingestellten Umgebung nahezu fremdartig.


Die Schloßkirche "Zur Heiligen Hedwig" war die älteste Kirche der Stadt, aber in Ihrer jetzigen Gestalt nur ein kleiner Rest der einst prächtigen Collegiats-Stiftkirche, die im Jahre 1741 während der Belagerung durch die Preußen größtenteils zerstört wurde. Einige Jahrzehnte später ist sie dann in ihrer jetzigen Gestalt wieder aufgebaut worden. Sie wurde zuletzt nur noch für Sondergottesdienste genutzt, und das Allerheiligste in ihr nur während der Hedwigswoche aufbewahrt. Als besondere Kostbarkeit birgt sie neben der steinernen St. Hedwigs-Plastik aus dem 14. Jahrhundert die Metall-Sarkophage der letzten Piasten-Herzöge aus dem 17. Jahrhundert.

Die Begräbniskirche auf dem alten katholischen Friedhof stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die Begräbniskapelle St. Michael auf dem neuen Friedhof in der Schüsselndorfer Straße wurde erst 1943 als Notbau errichtet. Im Marienstift befand sich dann noch eine kleine Kapelle, in welcher regelmäßig Gottesdienste abgehalten wurden.

Simultankirchen bestanden im Zuchthaus und im Gefängnis.

Als karitative Anstalt darf das St. Marienstift nicht unerwähnt bleiben. Es umfaßte ein Krankenhaus mit über 120 Betten, ein Kinderheim für ca. 20 Kinder und einen Kindergarten. Etwa 20 Borromäerinnen vom Mutterhaus Trebnitz versahen neben anderen Hilfskräften den Dienst am Kranken. Es war das größte allgemeine Krankenhaus Briegs. In ihm wurden alle anfallenden chirurgischen, urologischen und gynäkologischen Operationen durchgeführt. Nur allerschwerste Fälle wurden in die Universitätskliniken Breslau überwiesen.

Langjähriger Chefarzt war Dr. med. F. SCHOEPS, jetzt Wiesbaden, Bismarkstraße 7, Oberarzt war Dr. F. DÖRNER, Bad Mergentheim, Gartenweg 6

Am 1. Januar 1945 lebten in Brieg folgende Geistliche:

Pfarrer: Alfred RIEGER, jetzt Hildesheim, Kreuzstraße 4 als Pfarrer der Kreuzkirche, Kreisvikar: Clemens ZIMMERMANN, als Standort- und Strafanstaltspfarrer, zuletzt Pfarrer in Fürstenberg/Oder Studienrat an den drei Oberschulen: Msgr. Prof. Dr. Dr. Georg SIEGMUND, jetzt Prälat am Dom und Professor am Priesterseminar Fulda Kaplan und Lazarett-Pfarrer: Georg TESCHNER, jetzt Pfarrer in Bayreuth

Diese Seite enthält Text des Buches »Brieg - Stadt und Landkreis«, herausgegeben von der Stadt Goslar zum 10. Treffen der Brieger in Goslar im September 1964. Abgeschrieben von Hermann Hosp aus D-54516 Wittlich in Rheinland-Pfalz. Überarbeitet und umgesetzt in HTML-Code durch Dr.-Ing. Frank Knorr aus D-03185 Teichland, OT Maust in Brandenburg.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Stadt Goslar vom 8. Mai 2001.
Früher war dieser Text auf der alten Regionalseite www.genealogy.net/reg/SCI/Brieg/st-kr/stbrieg.html zu finden.