Landeskunde der Provinz Posen um 1910

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Allgemeiner Überblick

Lage

Die Provinz Posen führt ihren Namen nach ihrer Hauptstadt Posen. Sie gehört zu den östlichen Provinzen des Preußischen Staates und breitet sich zwischen Weichsel und Oder im Gebiete der mittleren Warthe aus.

Im Norden grenzt sie an die Provinz Westpreußen, im Osten an Russland, im Süden an Schlesien und im Westen an die Mark Brandenburg.

Größenverhältnisse und Einteilung

Die Provinz umfasst 28.965 qkm mit 1.986.700 Bewohnern (um 1905). Die größte Ausdehnung zeigt sich von Nord nach Süd. Dieser Weg beträgt etwa 260 km. Der Flächeninhalt der Provinz macht 1/12 von dem des Königreichs Preußen, 1/18 von dem des Deutschen Reiches aus. Obwohl Posen größer ist als manche andere Provinz und manches andere deutsche Land, wird es doch von den meisten in der Bevölkerungszahl übertroffen. Amtlich wird die Provinz in die beiden Regierungsbezirke Posen und Bromberg eingeteilt, von welchen ersterer 28, letzterer 14 Kreise umfasst.

Bodenverhältnisse

Bodengestaltung

Die Provinz Posen ist ein Teil des großen ostdeutschen Tieflandes. Sie ist durchweg eben oder wellenförmig. Nur im Norden ziehen sich Ausläufer des baltischen Höhenzuges an der Brahe und Netze entlang und im Süden an der schlesischen Grenze finden sich die Hügelketten des polnischen Landrückens, welcher ein Teil des südlichen Höhenzuges ist. Die ganze Bodenfläche des Landes liegt durchschnittlich 66 m über der Ostsee; doch finden sich auch Erhebungen von 200 m und darüber. Die höchste Erhebung ist der Annaberg bei Owinsk.

Bewässerung

Die meisten Flüsse gehören zum Stromgebiet der Oder und nehmen ihren Lauf nach Westen und Nordwesten. Es sind dies die Warthe, Netze und Obra. Der äußerste Nordosten gehört zum Stromgebiet der Weichsel und wird von Weichsel und Brahe durchflossen. Zur reichlichen Bewässerung der Provinz tragen auch die zahlreichen Seen bei, von denen der größte der Goplosee ist.

Im Gebiet des ostdeutschen Binnenlandes zwischen den beiden großen Landrücken lassen sich drei grosse Längstäler unterscheiden, die namentlich in der Provinz Posen deutlich hervortreten. Das nördliche Haupttal zieht sich von der Weichsel durch die Senke des Bromberger Kanals und des NETZEBRUCHS zum Warthe- und Oderbruch hin. Das mittlere Tal lässt sich erkennen in der Richtung der Warthe bis Schrimm und im OBRABRUCH. Das südliche Haupttal verläuft am Fuße des südlichen Landrückens und tritt im BARTSCHBRUCH deutlich hervor. In diesen großen Längstälern wälzten einst die großen Ströme des ostdeutschen Tieflandes ihre Wassermassen nach Westen, bis sie späterhin in Durchbruchstälern Abfluss nach Norden fanden.

Bodenbeschaffenheit

Der Boden der Provinz Posen war in uralter Zeit Meeresboden, was zahlreiche Funde von versteinerten Seetieren und von Bernstein beweisen. Als Schwemmland ist der Boden am an Mineralien. Metalle und Steinkohlen fehlen ganz und gering ist auch die Ausbeute an Braunkohlen, obwohl Braunkohlenlager ziemlich häufig in der Provinz auftreten (an der Warthe, Obra, Netze und Brahe). Braunkohlengruben gibt es bei Crone a. B. ("Moltke"), im Kreis Meseritz ("Gut Glück") und im Kreis Birnbaum ("Klara" und "Gustavus"). Salz liefern das Salzlager und die Königliche Saline bei Hohensalza. Unter den Gesteinsarten sind Kalkstein, Granit, Quarz, Feldspat und Glimmer vorherrschend. Bei Wapno unweit Exin gibt es ein großes Gipslager. Große Torflager sind im Netzegebiet zu finden. Die Provinz hat größtenteils guten Getreideboden. Nur die nördlichen und südlichen Grenzgebiete enthalten viel unfruchtbaren Sandboden. Bruchland befindet sich um Netze, Warthe, Obra und Bartsch.

Klima

Das Klima gleicht im allgemeinen dem des nordöstlichen Deutschland. Es ist gekennzeichnet durch den Übergang vom Landklima Osteuropas zum Seeklima der westlichen Küstenländer. Die mittlere Jahreswärme beträgt 7 - 8 °C. Die Sommer sind heiß und regenarm, die Winter kalt und schneereich mit häufigem Wechsel von Frost und Tauwetter. Die Nachtfröste dauern bis spät in den Mai hinein. Im Volksmund werden die Kälterückfälle im Mai die "drei gestrengen Herren" (Mammertus, Pankratius, Servatius, 11. bis 13. Mai) genannt. Das Klima ist dem Ackerbau meistens recht günstig und im Süden der Provinz wird sogar Weinbau betrieben.

Die Bewohner

Abstammung

Zur Zeit des Polenreichsbestand die Bevölkerung des Posener Landes fast nur aus Polen. Diese gehören zur großen Völkerfamilie der Slawen. Doch hatten sich bereits lange vor der ersten Teilung Polens n den Städten und auf dem Land der Provinz auch Deutsche angesiedelt. Seitdem das Land zu Preußen gehört, hat die deutsche Bevölkerung in der Provinz immer mehr zugenommen und mach um 1910 fast die Hälfte der Einwohner aus. Im Netzebezirk, an der brandenburgischen und schlesischen Grenze, sowie in allen größeren Städten überwiegt die deutsche Bevölkerung, in der Mitte und im Osten der Provinz die polnische. Die Verbesserung der Bodenkultur, die Blüte des Gewerbes, des Handels und Verkehrs, die Zunahme der Volksbildung dankt die Provinz deutscher Arbeit. Außer Deutschen und Polen wohnen über 30.400 Juden in der Provinz. Sie treiben in den Städten Handel, Industrie und leichtes Handwerk, auf dem Land Schankwirtschaft und Hausierhandel.

Religion

Die Deutschen bekennen sich größtenteils zur evangelischen, die Polen mit wenigen Ausnahmen zur katholischen Kirche. Doch gibt es in der Provinz auch viele katholische Deutsche an der Brandenburger Grenze und evangelische Polen an der schlesischen Grenze. In der Stadt Bomst wohnen polnisch redende, evangelische Wenden. Die katholische Kirche zählt in der Provinz Posen doppelt so viele Bekenner als die evangelische Kirche (1.348.000 katholisch und 605.000 evangelisch). Die Juden haben die mosaische Religion. Ihre Zahl hat sich in den letzten Jahrzehnten stetig vermindert.

Nahrungsquellen

Die Landbewohner treiben die einzelnen Zweige der Landwirtschaft, als Ackerbau, Viehwirtschaft, Pferdezucht, Schaf- und Schweinezucht. Auch die Obstbaumzucht und der Gartenbau beginnen sich zu heben. Die Bienenzucht war von jeher eine Lieblingsbeschäftigung der Landbewohner Posens. Flüsse und Seen laden zum Fischfang ein. Auch die Waldwirtschaft, die Glashütten und Ziegeleien beschäftigen viele fleißige Hände. Andere Landbewohner erwerben ihren Unterhalt in Fabriken, als Zuckerfabriken (21), Bierbrauereien (146) und Spiritusbrennereien (489).

In den Städten der Provinz haben Gewerbefleiß und Handel ihre Heimstätte. Doch wohnen auch in den zahlreichen sehr kleinen Städtchen viele Ackerbürger. Posen ist im wesentlichen ein ackerbautreibendes Land. Die Provinz gehört zu denjenigen Ländern des Deutschen Reichs, die eine starke Auswanderung aufweisen. Doch ist die Bewegung seit 1894 sehr zurückgegangen. 1891 wanderten noch 18.275 Personen aus, 1898 dagegen nur 1.349. Das Hauptziel der Auswanderer ist Amerika. Auch die sogenannte "Sachsengängerei" bringt den landwirtschaftlichen Verhältnissen der Provinz viel Schaden, zumal die wenigsten der "Sachsengänger" wieder in ihre alte Heimat zurückkehren.

Das Gebiet der Weichsel

Die Weichsel

Die Weichsel berührt nur eine kurze Strecke als Grenzfluss im Nordosten die Provinz. Sie fließt bis zur Brahemündung nach Nordwest und wendet sich dann in ihrem Lauf nach Norden. Der Weichselstrom übertrifft an Breite alle deutschen Ströme und vermag große Flussschiffe zu tragen. Im Winter hat der Strom eine starke Eisdecke, im Frühjahr hohen Wasserstand mit großartigem Eisgang und richtet nicht selten durch Überschwemmungen großen Schaden an. Die letzte große Überschwemmung war im Frühjahr 1888. Bei Fordon führt die neue Weichselbrücke über den Strom, die längste in Mitteleuropa (Länge 1.352 m).

In das linke Ufer der Weichsel fließt die Brahe. Sie kommt vom preussisch-pommerischen Landrücken und durchfließt zunächst in schnellem Lauf das Waldgebiet der Tucheler Heide. Ihr Unterlauf gehört der Provinz Posen an. Hier fließt sie bis Bromberg nah Süden, wendet sich dann nach Osten und mündet bei Deutsch-Fordon in die Weichsel. Ihr Unterlauf wird von zahlreichen Flößen und Weichselkähnen befahren. Vor ihrer Mündung in die Weichsel hat man einen langen, geräumigen Hafen mit Schleuse angelegt, um den Tausenden von Flößen einen Sammelplatz und bei Hochwasser eine Zufluchtstätte zu gewähren. Der Güterverkehr wird durch den neuen Umschlagshafen (seit 1897), der das Umladen von Gütern des Bahnverkehrs zum Wassertransport ermöglicht, sehr gefördert.

Das Land um Brahe und Weichsel

Weichsel und Brahe sind von Höhenzügen begleitet, welche an der Brahe größtenteils mit Kiefernwaldungen bestanden sind. Bei Crone an der Brahe befindet sich ein Braunkohlenbergwerk (Grube Moltke). Das Ackerland ist um die Brahe und südlich von der Weichsel vielfach sandig. Dagegen ist das Weichseltal selbst reich an saftigen Wiesen und eignet sich auch sehr zum Gemüseanbau und Obstbaumzucht. Die Bewohner des Weichseltals sind Deutsche. Sie bringen viel Butter, Käse, Gemüse, Obst und Getreide auf den Bromberger Markt. Den Verkehr in diesem Landstrich befördern mehrere Eisenbahnen und der Kanal.

Der Bromberger Kanal

Der Bromberger Kanal verbindet die Brahe mit der Netze. Er geht von Bromberg aus in ziemlich gerader Richtung westlich bis Nakel und hat eine Länge von etwa 30 km. Er ist so breit, dass zwei große Oberkähne oder zwei Holzflöße nebeneinander fahren können. Das Kanalbett hat einen Fall nach Bromberg und einen Richtung Nakel. Doch liegt der Wasserspiegel der Netze bei Nakel noch 20 m über dem der Brahe bei Bromberg. Auf dem höchsten Punkt der Kanalstrecke, bei der 8. Schleuse, empfängt der Kanal sein Wasser aus der noch höher gelegenen oberen Netze durch einen Speisekanal. Die Brahetreppe hat acht, die Netzetreppe zwei, der ganze Kanal also zehn Schleusenwerke. In den festummauerten Schleusenraum führen zwei starke Tore, das eine von der hochgelegenen oberen Kanalleitung, das andere von der tieferliegenden unteren Kanalstrecke. Der Kanal dient vorzugsweise der Holzflößerei und dem Getreidehandel.

Städte im Gebiet der Weichsel

Bromberg (das heißt Burg an der Brame, jetzt Brahe genannt) wurde auf den Trümmern des Polenstädtchens Bydgoszcz von deutschen Ansiedlern gegründet und gehörte im 16. Jahrhundert zu den blühendsten Handelsstädten des polnischen Reiches. Doch Kriege und ansteckende Krankheiten verheerten ihren Wohlstand, und Preußen übernahm sie in sehr traurigem Zustand. Jetzt (um 1910) ist sie eine wohlgebaute, zu beiden Ufern der Brahe gelegene Stadt mit 54.200 Einwohnern (mit Vororten über 78.000). Sie ist die Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirkes, Sitz der Regierung, eines Landgerichts, einer Oberpost- und einer Eisenbahndirektion. An Schulanstalten hat die Stadt ein Gymnasium, ein Realgymnasium, eine Realschule, mehrere Mittelschulen und höhere Mädchenschulen, eine Taubstummen- und eine Blindenanstalt, mehrere Volksschulen, ein Lehrer-, zwei Lehrerinnenseminare und eine Präparandenanstalt. Unter den zahlreichen Gotteshäusern gibt es neue Prachtbauten. Gewerbefleiß und Handel stehen in Blüte und werden durch zahlreiche Verkehrsstraßen gefördert. Hauptsächlich treibt die Stadt Handel mit Holz und Getreide. Die großen königlichen Mühlenwerke tragen viel zur Beförderung des Getreidehandels bei. Als bedeutende Stadt in der Nähe der Grenze hat Bromberg eine große Anzahl Militär verschiedene Truppengattungen. Auf dem Friedrichsplatz steht das Denkmal Friedrichs des Großen und auf dem Weltzinplatz das -Reiterstandbild Wilhelms I. Zu den schönsten Punkten der Umgebung gehören die Anlagen an den Schleusen und die Schwedenberge. Von hier aus hat man einen schönen Ausblick auf die ganze Stadt und ihre Umgebung.

Crone a. d. Brahe ist ein sehr schön im Brahetal gelegenes, durch Kleinbahn mit Bromberg verbundenes gewerbereiches Städtchen mit reizender Umgebung. In Cronthal, unmittelbar bei der Stadt befindet sich eine grosse Strafanstalt für Männer.

Fordon, ein Städtchen an der Weichsel nördlich der Brahemündung, treibt Schifffahrt und Getreidehandel. Bei der Stadt liegt die neue Weichselbrücke. In der Stadt befindet sich eine grosse Strafanstalt für Frauen. Südlich von Fordon an der Weichsel liegen die sogenannten Schwedenberge, wahrscheinlich Überreste alter, vorgeschichtlicher Schutzwälle. Schulitz ist ein Ackerbauerstädtchen an der Weichsel in sandiger Gegend, treibt bedeutenden Holzhandel und hat eine Holzimprägnierungsanstalt.

Das Gebiet der Netze

Die Netze

Die Netze durchfliest den Norden der Provinz und ist der grösste Nebenfluss der Warthe. Als bedeutendster Abfluss des kujawischen Seegebietes entsteht sie aus zwei Quellflüssen. Der grösste derselben tritt als MONTWEY aus dem Goplosee und vereinigt sich im Trlongsee mit dem kleineren aus dem Kreis Witkowo. Von dort an heisst der Fluss unumstritten NETZE und durchfliesst zunächst in mancherlei Krümmungen das fruchtbare Kujawien. Bis Nakel ist ihr Lauf nordwestlich; von hier fliesst sie nach Westen. Die bedeutendsten Nebenflüsse eilen ihr von den nördlichen Höhen zu. Zu ihnen gehören LOBSONKA, KÜDOW und der Grenzfluss DRAGE. Die Mündung der Netze in die Warthe erfolgt erst in Brandenburg bei dem Dorf Zantoch. Vom Goplosee bis zu ihrer Mündung ist die Netze schiffbar.

Die kujawische Seenplatte

Die kujawische Seenplatte umfasst die Kreise HOHENSALZA, STRELNO, MOGILNO, WITKOWO, GNESEN, ZNIN, SCHUBIN und WONGROWITZ. Das Land ist die seenreichste Gegend der ganzen Provinz. Einzeln, in schönen Gruppen oder auch in langen Ketten gelegen, verleihen diese zuweilen mit schattigen Wäldern umgebenen Seen der Landschaft viele Schönheiten. Häufig sind sie durch Flüsse miteinander verbunden, wie dies beim Lauf der Netze und auch bei der kleinen WELNA der Fall ist, welche zur Warthe fliesst. Zu den grössten dieser beiden Seen gehören der GOPLO-, TRLONG-, POWIDZER- und ROGOWOER-SEE.

Der Goplosee ist der grösste der ganzen Provinz. Bei einer Breite von durchschnittlich drei km erstreckt er sich in einer Länge von etwa 30 km von Nord nach Süd und reicht weit über die polnische Grenze. Seine Ufer sind flach, vielfach sumpfig und mit Schilf, Rohr und Erlengebüsch bestanden. An den See knüpfen sich viele Sagen, von denen die vom MÄUSETURM am bekanntesten ist. Die Ruinen dieses achteckigen Turmes stehen auf einer Bodenerhöhung am Nordwestufer des Goplosees, jetzt zu einem Aussichtsturm ausgebaut. Um die Montwey und den nördlichen Teil des Goplosees dehnten sich früher weite Sumpfgebiete aus, die BACHORZEBRÜCHE genannt. Alljährlich wurden diese Bruchländer vom Goplosee und der Montwey überschwemmt und diese Überschwemmungen richteten grossen Schaden an. Schon Friedrich der Grosse unternahm die Entwässerung dieser Brüche, aber erst in neuerer Zeit ist sie gelungen. Jetzt sind dort saftige Wiesen und weite Fruchtfelder.

Das Land zu beiden Seiten der oberen Netze gehört zu den fruchtbarsten Strichen der ganzen Provinz. Das gilt besonders von KUJAWIEN. Der kujawische Weizen ist weit berühmt, und von hier wird viel Getreide ausgeführt. Auch werden hier viel Zuckerrüben angebaut. Kruschwitz, am Nordende des Goplosees gelegen, gehört zu den ältesten Städten der Provinz. Es war die Heimat der Piasten und lange Zeit Herrschersitz der polnischen Herzöge. Um 1910 ist es ein Städtchen mit über 2.900 Einwohnern. In der Nähe der Stadt liegt der Mäuseturm. Hohensalza, Kreisstadt mit 25.500 Einwohnern in sehr fruchtbarer Gegend, ist die bedeutendste Stadt von Kujawien. Sie ist Knotenpunkt mehrerer Eisenbahnstrecken, Garnisonen, hat Bahnverbindungen mit Thorn, Bromberg, Posen und Rogasen und treibt deshalb bedeutenden Handel. Die Stadt hat ein Salzbergwerk, eine Saline nebst Solbad, Gymnasium, höhere Mädchenschule, Mittelschule und ein Hauptzollamt.

Argenau, ist ein Ackerbauerstädtchen an der Bahnstrecke Hohensalza-Thorn. - Mogilno ist eine kleine Kreisstadt mit seenreicher, fruchtbarer Umgebung, liegt an der Posen-Thorner-Bahn. Südwestlich davon an derselben Bahnstrecke liegt Tremessen, mit einem Progymnasium und einer schönen katholischen Kirche.

Gnesen, Kreisstadt mit 23.800 Einwohnern, malerisch zwischen Hügeln und Seen gelegen, ist die alte sagenreiche Krönungsstadt der polnischen Könige. Unter den zahlreichen Kirchen ist der alte Dom mit dem Grab des heiligen Adalbert am wichtigsten. Gnesen ist Sitz eines Domkapitels, eines Landgerichts, hat eine Gymnasium und eine Garnison und hat als Knotenpunkt der Posen-Thorner und Öls-Gnesener Bahn lebhaften Verkehr. Bedeutend sind die grossen Pferdemärkte, Landgestüt. Strelno und Witkowo sind ackerbautreibende Kreisstädte in der Nähe der polnischen Grenze. - Znin ist eine aufstrebende Kreisstadt in seenreicher Gegend, Bahnknotenpunkt. - Schubin ist eine kleine gewerbetreibende Kreisstadt an einem Nebenfluss der Netze. - Wongrowitz, Kreisstadt an der Welna, liegt in fruchtbarer, waldreicher Gegend. Die Stadt hat ein Gymnasium und ein altes Zisterzienserkloster, in dem sich jetzt das Amtsgericht und die Schulen befinden. Es gibt dort ausserdem eine Zuckerfabrik. Zwischen Wongrowitz und Exin liegt das Dorf Wapno mit grossen Gipsbrücken.

Das nördliche Grenzgebiet um die Netze

Das nördliche Grenzgebiet um die Netze umfasst die Kreise Wirsitz, Kolmar, Czarnikau und Filehne. Das Netzebruch war in in früheren Zeiten ein unfruchtbares Bruchland voller Schilf und Rohrdickichte. Deutsche Ansiedler haben diese Bruchgegenden entwässert und n fruchtbares Wiesen- und Ackerland umgewandelt. Die vielen Torfwiesen liefern reichlich Brennmaterial. Die Bewohner des Netzetales sind Deutsche und grösstenteils wohlhabende Leute. Ihr Hauptnahrungszweig ist die Viehzucht.

Das Hügelland zu beiden Seiten der Netze besteht teils aus zusammenhängenden Höhenzügen mit zahlreichen schönen Flussquertälern, teils bildet es ansehnliche Berggruppen, wie z. B. die EICHBERGE bei Wirsitz. Oft sind diese Höhen bewaldet, wie bei Nakel, Wirsitz, Czarnikau, Usch und Kolmar. Die schönen Laubwälder bei Kolmar führen den Beinamen "POLNISCHE SCHWEIZ". Der Ackerboden nördlich und südlich der unteren Netze zeigt weite, unfruchtbare Sandstrecken. Doch haben Fleiss und gute Bodenbearbeitung auch hier ertragsfähigen Boden geschaffen. Am rechten Ufer der Netze entlang führt die Ostbahnstrecke.

Im Netzetal

Nakel, Stadt mit 8.200 Einwohnern, an der Ostbahn, der Netze und dem Bromberger Kanal gelegen, war in alter Zeit eine wichtige polnische Grenzfestung. Die Stadt treibt bedeutenden Handel mit Getreide und Holz und hat ein Gymnasium. - Usch, ein Städtchen am Einfluss der Küddow in die Netze, hat eine grosse Glashütte. - Czarnikau und Filehne sind gewerbetreibende Kreisstädte an der Netze. In Czarnikau ist eine Präparandenanstalt; bei Filehne liegt ein altes Schloss und das Pädagogium OSTRAU. - Das Dorf Kreuz ist der Kreuzungspunkt der Ostbahn und Posen-Stargarder Bahn und hat bedeutenden Verkehr.

Südlich von der Netze

Exin, Städtchen auf einer Anhöhe, an der Bahnstrecke Nakel-Elsenau, hat ein katholisches Lehrerseminar. - Samotschin und Margonin sind ackerbautreibende Städtchen. - Kolmar, kleine Kreisstadt mit schöner Umgebung, treibt Holz- und Getreidehandel, hat eine Färberei, eine Steingutfabrik und Ziegeleien.

Nördlich von der Netze

Lobsens, gewerbereiches Städtchen an der Lobsonka. - Wirsitz, kleine Kreisstadt an der Lobsonka, in fruchtbarer Gegend im Tal schön gelegen, treibt Ackerbau. - Schneidemühl, an der Küddow in sandiger Gegend gelegen, hat als Knotenpunkt mehrerer Eisenbahnen lebhaften Verkehr und Handel. Die Stadt hat 21.700 Einwohner, ist Garnisonstadt, hat ein Landgericht, ein katholisches Lehrerseminar, ein Gymnasium, eine höhere Mädchenschule und eine Taubstummenanstalt. - Schönlanke, weitläufig gebautes Städtchen an der Ostbahn, treibt Ackerbau und Gewerbe. An das hier früher blühende Tuchmachergewerbe erinnern nur noch einige kleine Tuchmachereien.

Das Gebiet der Warthe

Die Warthe

Die Warthe ist der bedeutendste Fluss der ganzen Provinz, da die grössere Weichsel nur kurze Grenzstrecken im Nordosten berührt. Sie hat bereits einen weiten Weg zurückgelegt, wenn sie unterhalb Peisern in die Provinz Posen eintritt; denn ihre Quellen liegen in Russisch-Polen, nur wenige Meilen nordwestlich von Krakau. Zunächst verfolgt der Fluss in der Provinz die westliche Richtung bis SCHRIMM, fliesst dann nördlich bis OBORNIK und wendet sich von hier ab nach Westen. Nachdem er sich auf brandenburgischem Gebiet mit der Netze vereinigt hat, mündet er bei Küstrin in die Oder. Mit Ausnahme der südlichen und nordöstlichen Grenzbezirke gehört ganz Posen zum Flussgebiet der Warthe.

Ihre bedeutendsten Nebenflüsse sind links PROSNA und OBRA, rechts WELNA und NETZE. Die Warthe wird viel von Flössen, Oberkähnen und Dampfern befahren. In trockenen Sommern sinkt das Wasser aber so tief, dass grössere Fahrzeuge nicht fortkommen können. Dagegen treten im Frühjahr bei anhaltendem Tauwetter nicht selten Überschwemmungen ein, da der Fluss grösstenteils niedrige Ufer hat und Dämme in der Regel fehlen. Eine sehr verheerende Überschwemmung brachte das Frühjahr 1888.

Die Prosna kommt vom oberschlesischen Hügelland und ist bis zu ihrer Mündung in die Warthe der Grenzfluss zwischen Posen und Polen. Sie fliesst durch flaches, ebenes Land. Obwohl sie breiter ist als die Brahe, hat sie doch nicht die Tiefe derselben. Schiffe trägt sie deshalb nicht, wohl aber viele Flösse aus Nadelholzstämmen, welche aus den nahegelegenen polnischen und preussischen Wäldern kommen. Die Welna entspringt bei Gnesen, durchfliesst den Rogowoer See und wendet sich hierauf westlich der Warthe zu. Ihr Lauf führt durch fruchtbare Ackerflächen und Wälder. Die bedeutendsten Städte an ihren Ufern sind Wongrowitz und Rogasen.

Das Land um die Warthe

Das Land um die Warthe umfasst die Kreise SCHWERIN, BIRNBAUM, SAMTER, OBORNIK, POSEN (OST), POSEN (WEST), SCHRIMM, SCHRODA, WRESCHEN, JAROTSCHIN und PLESCHEN. Das Tal der Warthe hat schöne Wiesen, gutes Ackerland, selten Bruchland, Ackerbau und Viehzucht bilden die Hauptnahrungsquellen der Bewohner. Unterhalb Schwerin beginnen die äusserst fruchtbaren Warthebruchgegenden. Auch die Warthe ist von niedrigen Höhen begleitet, welche teilweise dicht an den Fluss treten. In der Gegend von Posen breitet sich zu beiden Seiten des Flusses eine hochgelegene Ebene aus, die "POSENER PLATTE" genannt, welche sich östlich bis nach Gnesen erstreckt, viele kleine, zerstreut liegende Seen aufweist und das Quellengebiet vieler Flüsschen ist, welche der Warthe zueilen. Die höchste Erhebung hier wie in der ganzen Provinz ist der 300 m hohe ANNABERG bei Owinsk. Das Land um die Warthe hat vielfach guten Getreideboden. Schöner Weizenboden ist in den Kreisen Schrimm und Schroda. Dagegen bestehen die nördlichen Striche zwischen Warthe und Netze grösstenteils aus Sandboden mit ausgedehnten Kiefernwäldern. Zwischen Obornik und Zirke längs der Warthe sind BRAUNKOHLENLAGER.

An der Warthe

Schrimm, Kreisstadt am Wartheknie und an einer Zweigbahn der oberschlesischen Bahn, zum Teil auf einer Wartheinsel gelegen, hat gegen 6.700 Einwohner. Die Stadt liegt in fruchtbarer Gegend, hat schöne Uferanlagen, ein Gymnasium, treibt Gewerbe, Getreide-, Spiritus- und Holzhandel. Posen, Hauptstadt der Provinz, gehört zu den ältesten Städten des Posener Landes, war lange Zeit Herrschersitz der grosspolnischen Herzöge und schon im Mittelalter eine bedeutende Handelsstadt mit mancherlei Vorrechten. Die Stadt zählt mit den am 01. April 1900 eingemeindeten Vororten 136.800 Einwohner. Der älteste Stadtteil liegt auf dem rechten Wartheufer. Hier steht auch der alte Dom mit den Gräbern der ersten christlichen Polenkönige. Die eigentliche Stadt breitet sich auf dem linken Ufer aus. Hier steht auf dem Markt das alte, hochgetürmte Rathaus. Posen ist Sitz der obersten Provinzialbehörden sowie des höchsten evangelischen und katholischen Geistlichen. Hier ist das Oberpräsidium, das Oberlandesgericht, das Generalkommando des V. Armeekorps, die Ansiedelungskommission für Posen und Westpreussen, die Provinzialsteuer-Direktion, die Regierung für den Regierungsbezirk Posen und anderes mehr. Die Stadt hat eine Hochschule, zwei Gymnasien, ein Realgymnasium, mehrere Mittelschulen und höhere Mädchenschulen, viele Volksschulen, ein königliches Lehrerinnenseminar und eine Taubstummenanstalt. Posen hat bedeutende Fabrik- und Gewerbetätigkeit und besitzt grosse Brauereien und Brennereien. Der bedeutende Handel und Verkehr der Stadt wird durch 7 Eisenbahnstrecken sehr gefördert. Die wichtigsten davon sind die Posen-Thorner, die Märkisch-Posener und die oberschlesische Bahn. Posen gehört zu den stärksten Festungen Deutschlands und ist mit Aussenwerken (Forts) umgeben. Unlängst ist jedoch die Beseitigung der Innenbefestigung erfolgt. - In der Umgebung von Posen liegen die alten deutschen Ansiedlungen der "BAMBERGER". Jetzt erinnern nur noch der Name und die eigenartige Tracht der Leute an ihre Abstammung.

Owinsk, Dorf nördlich von Posen, an der Warthe gelegen, hat eine Irrenanstalt. - Obornik, lebhaftes Kreisstädtchen am Einfluss der Welna in die Warthe und an der Bahnstrecke Posen-Schneidemühl gelegen. - Zirke, Ackerbaustädtchen an der Warthe, hat ein Landgestüt. - Birnbaum, gewerbliches Kreisstädtchen an der Warthe, hat Grossböttcherei, Maschinenfabrikation. Bahnverbindung nach Meseritz und Rokietnica. - Schwerin, am Einfluss der Obra in die Warthe gelegen, ist eine Kreisstadt mit 6.800 Einwohnern. Die Stadt liegt in fruchtbarer Gegend, treibt Ackerbau, Flussschifffahrt und Gewerbe. Bahnverbindung nach Landsberg an der Warthe und Meseritz.

Rechts von der Warthe

Wreschen (7.000 Einwohner), Kreisstadt an der Öls-Gnesener Bahn, Bahnkreuzungspunkt mit starkem Grenzverkehr(Grenzzollamt Stralkowo), treibt Getreidehandel und Gewerbe (Mühlenwerke, Zuckerfabrik). - Schroda (6.600) Einwohner, Kreisstadt in fruchtbarer Gegend an der Posen-Kreuzburger Bahn, treibt Ackerbau und Gewerbe, hat eine Zuckerfabrik. - Rogasen, Stadt an der Welna mit 5.300 Einwohnern, Knotenpunkt der Bahnstrecken Posen-Schneidemühl, Rogasen-Hohensalza und Rogasen-Kreuz, hat ein Gymnasium und eine Präparandenanstalt.

Links von der Warthe

Pleschen, gewerbliche Kreisstadt mit über 7.600 Einwohnern, links von der Prosna, hat grosse Dampfmühlen, Molkerei, Brauerei, ein evangelisches und zwei katholische Waisenhäuser. - Nordwestlich davon liegt die Kreisstadt Jarotschin, Knotenpunkt der Öls-Gnesener und Posen-Kreuzburger Bahn. - Samter, Kreisstadt an der Posen-Stargarder Bahn, hat eine landwirtschaftliche Schule, Mahl- und Schneidemühlen und eine Eisengiesserei. [zum Seitenanfang]

Das Gebiet der Obra

Die Obra

Die Obra durchfliesst die südwestlichen Grenzbezirke der Provinz und ist ein linker Nebenfluss der Warthe. Die kommt aus dem Obrateiche, nördlich von Koschmin und nimmt ihren Lauf zunächst nach Westen. Bis Kriewen durchfliesst sie ein Hügelland, wendet sich dann nach Nordwest und fliesst durch eine fruchtbare, teilweise bewaldete Ebene. Unterhalb Kosten beginnt das Obrabruch, aus welchem die Obra bei Kiebel mit trägem Lauf nach Nordwest abfliesst. Sie bildet auf ihrem weiteren Lauf viele fischreiche Seen und mündet bei Schwerin in die Warthe. Das Gebiet der Obra umfasst die Kreise MESERITZ, NEUTOMISCHEL, GRÄTZ, BOMST, SCHMIEGEL, KOSTEN und GOSTYN.

Das Obrabruch

Das Obrabruch war früher ein unfruchtbares, morastiges Sumpfland. Durch Entwäserung wurde es aber zu einem äusserst fruchtbaren Niederungsgebiet umgeschaffen. Heute gehört es zu den fruchtbarsten Gegenden der Provinz und hat schöne Getreidefelder, gutes Weideland, ausgedehnte Torflager und saftige Wiesen. Die beiden Hauptkanäle sind der OBRA-NORDKANAL und der OBRA-SÜDKANAL. Durch den neuen OBRAKANAL steht das Obrabruch mit der Warthe in Verbindung. Die Obra tritt mit zwei Armen aus dem Bruch. Der linke Arm vereinigt sich mit der aus dem Kreis Meseritz kommenden FAULEN OBRA und fliesst mit trägem Lauf westlich zur Oder; der HAUPTARM geht nördlich zur Warthe. Von Norden her fliesst dem Obrabruch der PRUTH zu. Gostyn, Kreisstädtchen südlich von der Obra, treibt Ackerbau und Gewerbe. In der Nähe liegen die Gebäude eines früheren Philippinerklosters mit schönen Malereien. - Südlich davon liegt das Städtchen Kröben, früher eine Kreisstadt. - Kosten, gewerbetätige Kreisstadt am Ostende des Obrabruchs und an der oberschlesischen Bahn, hat eine Irrenanstalt, ein Arbeits- und ein Landarmenhaus. - Schmiegel, kleine Kreisstadt südlich vom Obrabruch, treibt Weberei, Ackerbau, Molkerei und mancherlei Gewerbe und hat sehr viele Windmühlen. - Rotenburg an der Obra und Rackwitz, kleine Städte nicht weit vom Nordende de Obrabruchs gelegen, haben in ihrer Umgebung Weinanbau.

Die Kreise nördlich vom Obrabruch und an der brandenburgischen Grenze

Die Kreise nördlich vom Obrabruch und an der brandenburgischen Grenze bilden eine weite Tiefebene ohne bedeutende Bodenerhebungen. Das Gebiet um den PRUTH ist sehr fruchtbar; besonders die Zuckerrübe wird hier in reichem Masse angebaut und in Zuckerfabriken verarbeitet. Die Zucht von Pferden, Rindern und Schafen ist hier sehr bedeutend. Um BUK und NEUTOMISCHEL trifft man weite Hopfenanlagen an und in Grätz wird ein berühmtes Bier gebraut. An der BRANDENBURGER GRENZE zieht sich die Obra mit trägem Lauf hin und bildet mehrere Seen, von welchen der BENSCHENER SEE der grösste ist. Auf den niedrigen Hügeln bei Bomst und Unruhstadt bis hinter Wollstein treibt man WEINBAU und wendet auch dem OBSTBAU immer mehr Sorgfalt zu. An der Obra liegt ausgedehntes Wiesenland. Die Grenzgebiete sind fast durchweg von katholischen Deutschen bewohnt. Neutomischel, kleine Kreisstadt unfern der Märkisch-Posener Bahn, ist Mittelpunkt des in dortiger Gegend sehr bedeutenden Hopfenbaus und Hopfenhandels. - Grätz, Kreisstädtchen an einer Zweigbahn der Märkisch-Posener Bahn, ist weitbekannt durch sein eigenartiges Bier, dessen Geschmack auf die Eigentümlichkeit des dortigen Wassers zurückgeführt wird. - Unruhstadt, Städtchen an der faulen Obra in fruchtbarer Wiesenlandschaft gelegen, treibt Obst- und Weinbau und Getreidehandel und hat grosse Viehmärkte. - Bomst (das heisst Weiberbrücke), kleine Stadt westlich von der Obra, treibt Ackerbau, Hopfen- und Weinbau. - Wollstein, in fruchtbarer, seenreicher Gegend gelegen, ist Sitz der Behörden im Kreise Bomst. - Bentschen, Ackerbaustädtchen am Austritt der Obra aus dem Bentschener See, ist Knotenpunkt der Märkisch-Posener Bahn und ihrer Zweigstrecken nach Wollstein, Meseritz und Rotenburg, - Tirschtiegel (das heisst Rohrstadt), Ackerbaustädtchen an der Obra und einem See, hat ein Johanniterhospital, Dampfsägemühlen, treibt mancherlei Gewerbe (Korbflechterei) und Fischhandel. - Meseritz (das heisst zwischen den Flüssen), Kreisstadt mit 5.800 Einwohnern, an der Mündung der Pachlitz in dei Obra gelegen, hat Bahnverbindungen nach Bentschen Birnbaum, Landsberg und Reppen, ein Landgericht, Gymnasium, eine Präparandenanstalt und ist eine fleissige Gewerbestadt. Die ehemals blühende Tuchmacherei und Gerberei ist jetzt unbedeutend. - Südlich von Meseritz an der brandenburgischen Grenze, in den Räumen eines alten Klosters, liegt das katholische Lehrerseminar PARADIES.

Das Hügelland an der schlesischen Grenze

Das Land

Die südlichen Grenzstriche sind zum grössten Teil Hügelland, welches zum südlichen Höhenzug gehört. Das Land dacht sich nördlich zur Warthe und Obra, südwestlich zur Oder ab. Die kleinen Flüsse, die hier ihre Quellen haben, nehmen deshalb ihren Lauf teils zur Warthe und Obra, teils zur Oder. So bildet dies Hügelland die Wasserscheide zwischen dem Warthe- und Odergebiet. Der bedeutendste unter den kleinen Flüssen ist die Bartsch. Sie kommt aus einer sumpfigen Gegend südlich von Ostrowo, bildet mehrere Teiche, tritt unterhalb Adelnau nach Schlesien ein und fliesst westlich zur Oder. In ihr rechtes Ufer nimmt sie die kleine Orla auf, welche von Koschmin her kommt.

Das Land hat grösstenteils Sandboden. Doch trifft man neben unfruchtbarem Land auch schönen Getreideboden an. So liegen in der Gegend von Fraustadt grosse, wohlhabende deutsche Bauerndörfer. Den Höhen bei Fraustadt, Lissa und Rawitsch geben die vielen Windmühlen ein eigentümliches landschaftliches Gepräge. Dagegen sind die Berge bei Ostrowo und Schildberg von grossen Kiefernwaldungen bestanden, die sich meilenweit hinziehen. Das Grenzgebiet umfasst folgende Kreise: Fraustadt, Lissa, Rawitsch, Koschmin, Krotoschin, Adelnau, Ostrowo, Schildberg und Kempen.

Die Bewohner

Die Gebiete an der schlesischen Grenze gehören zu den ersten Einwandererstätten deutscher Ansiedler. Schon im 12. Jahrhundert wanderten aus Schlesien Deutsche ein und zur Zeit des Schmalkaldischen und des Dreissigjährigen Krieges kamen Flüchtlinge aus Böhmen und Schlesien und gründeten hier Städte und Dörfer. So entstanden damals auch die Städte Rawitsch und Bojanowo. Dem Fleiss dieser Ansiedler verdanken die Grenzstädte ihre Grösse und ihren Gewerbefleiss. Besonders kam die Tuchweberei in ihnen zu hoher Blüte, ist aber seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts sehr zurückgegangen und wurde dann ganz bedeutungslos. Auch um 1910 sind die Grenzstriche grösstenteils von Deutschen bevölkert und um Fraustadt sind die Landbewohner in Sprache, Sitten und Trachten ganz schlesisch. Die südöstlichen Kreise sind von polnischen Leuten bewohnt, die aber grösstenteils zur evangelischen Kirche gehören. Auch findet man dort grosse Güter angesehener Fürstenfamilien, welche besonders um die Erhaltung des Waldstandes besorgt sind. So liegen bei Krotoschin die Besitzungen des Fürsten von Thurn und Taxis, bei Ostrowo die Güter der Fürsten von Radziwill.

Städte

Fraustadt, gewerbereiche Kreisstadt mit 7.500 Einwohnern an der Lissa-Glogauer Bahn, ist Garnisonstadt, hat ein Gymnasium, eine landwirtschaftliche Schule, ein Waisenhaus und mancherlei Fabriken. In der Umgegend sind wohl an 90 Windmühlen. - Lissa, Kreisstadt mit 16.100 Einwohnern, grösste Standt im Süden der Provinz, Knotenpunkt der oberschlesischen und Lissa-Glogauer Bahn, ist Garnisonstadt, hat ein Landgericht, ein Gymnasium und eine Präparandenanstalt. Zur Zeit des Dreissigjährigen Krieges wirkte hier der aus Böhmen eingewanderte tüchtige Schulmann Amos Comenius. Die Stadt treibt Gewerbe und bedeutenden Handel. - Bojanowo, Ackerbauerstädtchen an der oberschlesischen Bahn, ist nach dem grossen Brand von 1857 fast ganz neu erbaut. - Rawitsch, Kreisstadt mit 11.400 Einwohnern, an der oberschlesischen Bahn gelegen, wurde durch Flüchtlinge während des Dreissigjährigen Krieges erbaut. Die Wälle der Stadt sind in schöne Spaziergänge verwandelt. Die Stadt hat ein Lehrerseminar, ein Gymnasium, eine Garnison, ein grosses Zuchthaus für Männer, Tuchwebereien und Gerbereien und treibt bedeutenden Handel mit Ungarwein, Tabak und Getreide. - Koschmin, Kreisstadt an der Orla und Öls-Gnesener Bahn, hat ein evangelisches Lehrerseminar und eine Gärtnereilehranstalt. Die Bewohner sind grösstenteils polnisch. - Krotoschin, Kreisstadt mit 12.700 Einwohnern an der Öls-Gnesener Bahn, ist Garnisonstadt und hat ein Gymnasium. Die Stadt treibt Gewerbe und Handel. Das Fürstentum Krotoschin, in den Kreisen Krotoschin und Adelnau gelegen, erhielt 1819 der bayrische Fürst von Thurn und Taxis für Abtretung seiner Postrechte bei Errichtung der Königlichen Post in den preussischen Rheinlanden. - Südlich von Krotoschin liegt das gewerbefleissige Städtchen Zduny. (Zuckerfabrik, Müllerei). - Ostrowo (d. h. Sumpfgraben), gewerbereiche Kreisstadt mit 13.200 Einwohnern an der Posener-Kreuzburger Bahn, hat ein Landgericht, ein Gymnasium, ein Waisenhaus und ist Garnisonstadt. - Der Grenzort Stalmierzyce hat ein Hauptzollamt. - Adelnau, Kreisstadt an der Bartsch, treibt Ackerbau und Viehzucht und hat bedeutende Schweinemärkte. - Schildberg, Kreisstadt an der Posen-Kreuzburger Bahn, auf Höhen gelegen, treibt Ackerbau und Gewerbe. - Kempen (d. h. Hügel im Sumpf), Kreisstadt mit 5.900 Einwohnern, in der Nähe des Knotenpunktes des Posen-Kreuzburger und einer von Breslau zur polnischen Grenze führenden Bahn gelegen, treibt lebhaften Grenzhandel, namentlich mit Schwarzvieh, ist sehr gewerbereich und hat ein Progymnasium. - Der Grenzort Wilhelmsbrück (Podzamcze) hat ein Hauptzollamt.

Städte in der Provinz nach ihren Einteilungsbezirken

Hinter den Stadtnamen sind in Klammern die auf volle Hundert abgerundeten Einwohnerzahlen nach der Volkszählung vom 01.12.1905 angegeben.

Der Regierungsbezirk Bromberg

  1. Stadtkreis Bromberg: Bromberg (54.200)
  2. Landkreis Bromberg: Fordon (2.800), Schulitz (4.400), Crone a. d. Brahe (5.300)
  3. Kreis Schubin: Schubin (3.100), Exin (3.400), Labischin (2.200), Bartschin (1.300)
  4. Kreis Znin: Unin (4.100), Gonsawa (800), Rogowo (850), Janowitz (1.900)
  5. Kreis Hohensalza: Hohensalza (25.500), Argenau (3.100)
  6. Kreis Strelno: Strelno (4.900), Kruschwitz (2.900)
  7. Kreis Mogilno: Mogilno (4.300), Pakosch (3.500), Tremessen (5.200), Gembitz (1.300)
  8. Kreis Witkowo: Witkowo (1.700), Mieltschin (500), Powidz (1.100), Schwarzenau (1.400)
  9. Kreis Gnesen: Gnesen (23.800), Kletzow (1.800)
  10. Kreis Wongrowitz: Wongrowitz (6.100), Schocken (1.400), Gollantsch (1.100), Mietschisko (1.200)
  11. Kreis Wirsitz: Wirsitz (1.600), Nakel (8.200), Lobsens (2.200), Mrotschen (2.400), Wissek (1.200), Friedheim (1.000)
  12. Kreis Kolmar: Kolmar (6.400), Schneidemühl (21.700), Samotschin (2.000), Usch (2.300), Margonin (1.900), Budsin (2.000)
  13. Kreis Czarnikau: Czarnikau (4.900), Schönlanke (7.300)
  14. Kreis Filehne: Filehne (4.400)

Der Regierungsbezirk Posen

  1. Stadtkreis Posen: Posen (136.800)
  2. Kreis Posen-Ost: Swersenz (3.100), Pudewitz (3.100)
  3. Kreis Posen-West: Stenschewo (1.600)
  4. Kreis Obornik: Obornik (4.000), Rogasen (5.300), Murowana Goslin (1.500), Ritschenwalde (1.100)
  5. Kreis Samter: Samter (6.500), Wronke (4.700), Pinne (2.700), Obersitzko (1.600), Scharfenort (1.100)
  6. Kreis Birnbaum: Birnbaum (5.200), Zirke (3.000)
  7. Kreis Schwerin: Schwerin (6.800), Blesen (1.700)
  8. Kreis Meseritz: Meseritz (5.800), Bentschen (3.900), Tirschtiegel (2.300), Betsche (1.900), Brätz (1.400)
  9. Kreis Neutomischel: Neutomischel (2.000), Neustadt b. P. (2.800)
  10. Kreis Grätz: Grätz (5.500), Buk (3.700), Opalenitza (3.300)
  11. Kreis Bomst: Wollstein (3.700), Bomst (2.000), Rakwitz (2.200), Unruhstadt (1.700), Kopnitz (900), Rotenburg an der Obra (1.200)
  12. Kreis Schmiegel: Schmiegel (3.900), Wielichowo (1.800)
  13. Kreis Fraustadt: Fraustadt (7.500), Schlichtingsheim (800)
  14. Kreis Lissa: Lissa (16.100), Storchnest (1.600), Schwetzkau (1.500), Reisen (1.200)
  15. Kreis Rawitsch: Rawitsch (11.400), Bajanowo (2.100), Jutroschin (1.900), Görchen (2.500), Sarne (1.400)
  16. Kreis Gostyn: Gostyn (5.400), Kröben (2.400), Punitz (2.600), Sandberg(1.400)
  17. Kreis Kosten: Kosten (6.900), Kriewen (1.600), Czempin (2.200)
  18. Kreis Schrimm: Schrimm (6.700), Kurnik (2.600), Moschin (1.800), Dolzig (1.700), Bnin (1.300), Xions (900)
  19. Kreis Schroda: Schroda (6.600), Kostrzyn (2.900), Santomischel (1.400)
  20. Kreis Wreschen: Wreschen (7.000), Miloslaw (2.600)
  21. Kreis Jarotschin: Jarotschin (5.100), Neustadt a. d. W. (1.100), Zerkow (1.700), Jaretschewo (900)
  22. Kreis Pleschen: Pleschen (7.600)
  23. Kreis Koschmin: Koschmin (4.800), Borek (2.100), Pogorzela (1.800)
  24. Kreis Krotoschin: Krotoschin (12.700), Zduny (3.300), Dobrzyca (Dobberschütz) (1.300), Kobylin (2.300)
  25. Kreis Ostrowo: Ostrowo (13.200)
  26. Kreis Adelnau: Adelnau (2.300), Silmierzyce (Sulmierschütz) (2.300), Raschkow (1.600)
  27. Kreis Schildberg: Schildberg (5.000), Grabow (1.800), Mirstadt (1.500)
  28. Kreis Kempen: Kempen (5.900), Baranow (900)