Hauptamt Memel

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In Bearbeitung

Einleitung

Hauptamt Memel (1525 bis 1722)


Politische Einteilung

Das Hauptamt Memel, gehörte zu dem preußischen Kreis Samland (Daneben gab es noch zwei weitere Kreise).

Es umfasste den späteren Memel und Heydekrug mit Ausnahme des Kirchspiels Kallningken, und zusätzlich einer kleinen Halbinsel am kurischen Haff nördlich von Lökerorth vom Kreis Niederung.

Die Zeit des Hauptamtes dauerte bis 1722 bis zur Bildung der Domänenämter.


Geschichte

Durch den Frieden von Krakau am 8.4.1525 wurde Preußen säkularisiert und zu einem evangelisch-lutherischem Herzogtum. 1525 wurden somit die Ordens-Komtureien in Hauptämter umgewandelt.

Die Amtshauptleute waren herzogliche Beamte, mussten aber dem ostpreußischen Adel angehören. Sie versahen alle Funktionen der öffentlichen Gewalt, das umfasste die Vertretung der landesherrlichen Interessen in den Städten, die Wahrung der Patronatsrechte, die Leitung der Landesverteidigung und der Polizei, die Gerichtsbarkeit auch überAdel, Kölmer und Freie und die Verwaltung der im Hauptamt gelegenen Kammerämter (wovon Memel anfänglich nur ein einziges hatte). Aber 1622 findet sich schon ein Amtmann zu Ruß und später, bei zunehmender Bedeutung dieses Kammeramts, sogar ein Burggraf, Namens Pörner, dem 1683 der Burggraf Johann Lambert folgte. Zur Kammeramtsverwaltung gehörte die Sorge für die ökonomischen Angelegenheiten (Ackerbau, Viehzucht, Heuschlag, Brauwerk), die Überwachung der Domänenbauern, insbesondere hinsichtlich ihrer Wirschaftsführung, die Einziehung der Kammerabgaben und die Gerichtsbarkeit über die Amtsbauer (da Justiz und Verwaltung damals noch nicht getrennt waren).

Steuern

Die Kammerabgaben oder auch Kammergefälle genannt bestanden in Erträgen und Pachtzins (Arrende) der Domänenländereien und Vorwerke, Abgaben der Amtsuntertanen, Zins der Kölmer und Freien, Krugzins, Lager- und Zapfengeld von den Krügern, Mahlsteuer, Bienenzins, Weiden- und Wiesenzins, Teichmiete, Judenschutzgeld, Strafgekder, Grunderwerbssteuer ("Auflage").

Wie hoch die jährlich vom Hauptamt Memel entrichteten "Amtsgelder" waren, teilt für die Jahre 1641-1646 Dr. Julius Triebel ("Die Finanzverwaltung des Herzogtums Preußen von 1640-1646", Leipzig 1897; pg 138) nach den Renteibüchern mit:

Jahr
Einnahmen in (damaligen) Mark
1641
42 605
1642
56 139
1643
56 765
1644
59 313
1645
62 301
1646
40 869


Direkte Abgaben waren die "Contributionen" für den Kurfürsten und die "Extracontributionen" zu militärischen Zwecken (z.B. 1640 für die Memeler Garnison, 1640 und 1645 zum Memeler Wallbau, 1643 zur Befestigung der Sandlage in der Festung Memel und zum Pillauer Schanzenbau. Diese Abgaben wurden ab 1680 durch eigene Schoß-Einnehmer eingezogen, die unter der Kriegskammer standen.)

Sie zerfielen in Grundsteuer und Personalabgaben. Die auf den Hufen des Adels, der Kölmer und der Amtsbauern haftende Grundsteuer hieß "Contribution" und wurde seit 1719 als "Generalhufenschoß" auf einen festen Fuß gebracht (1723 wurde dazu ein Kataster angelegt, 1748 der Schoß renoviert und reguliert). Zum Generalhufenschoß geschlagen wurden auch die seit 1714 von den Gütern als Ersatz für den persönlichen Kriegsdienst gezahlten "Ritterdienstgelder". Die Kölmer und Amtsbauern zahlten ferner als Ersatz für die ihnen obliegenden Natural-Einquartierung und Verpflegung der Kavallerie die "Fouragegelder" und "Servisgelder". Personalabgaben zahlten dagegen die grundbesitzlosen Bewohner des platten Landes: Handwerker, Eigenkäthner, Los- und Instleute, Gärtner, Dienstboten. Sie bestanden in dem "Kopfschoß" pro Person und dem "Horn- und Klauenschoß" pro Pferd, Ochse, Kuh, Schaf, Schwein.

Die Abgaben (Contributionen) zu Militärzwecken wurden oft als drückend empfunden und derartige Klagen wurden auch im Hauptamt Memel laut; allein sie waren sehr notwendig. Bis zur Zeit des großen Kurfürsten war es mit dem Militärwesen in Preußen sehr übel bestellt. Die einzige Verteidigungsmacht, die man hatte, das militärisch abgerichtete Aufgebot des Landvolks, die sogenannten Wybranzen, leistete wie alle Milizen, sehr wenig. Bei der Schutz- und Hilflosigkeit des Landes wurden daher die Grenzgegenden durch polnische Söldnerhaufen fortlaufend beunruhigt und geplündert. Im Jahre 1609 machte ein französischer Söldner-Hauptmann, Guillaume de Barberie, mit seiner Kompagnie (100 Reiter und dreimal soviel Gesindel) einen Einfall ins Hauptamt Memel und plünderte das Dorf Prökuls, wobei einige Bauern erschossen und acht andere mit fortgeschleppt wurden. Diese wurden zwei Monate lang festgehalten und erbärmlich mißhandelt, bis ihnen jemand zur Flucht verhalf.

Außer den oben erwähnten Steuern wurde als indirekte Steuer noch durch die Ordnung vom 2. August 1655 die teilweise bereits früher bestandene Accise allgemein eingeführt: eine Verbrauchs-Steuer von Getreide, Malz, auswärtigem Mehl, Handmühlen (Quirdeln), Genußmitteln wie Bier (Tranksteuer), Wein, Weinessig, Branntwein, Meth, von Tabak, Drogen, Manufakturwaren, Spielkarten und vom Gewerbe der Schotten (Hausierer), Komödianten, Gaukler.


Verwaltungsebenen

Da der Amtshauptmann auch für den guten baulichen und verteidigungsfähigen Zustand seines Schlosses verantwortlich war, so hatte er bei den drei bedeutendsten Schlössern: Königsberg, Insterburg und Memel, einen Hausvogt gewissermaßen als Bauinspektor, aber auch sonst zu seiner Vertretung unter sich, dem wieder, wenn er bei Abwesenheit des Hauptmanns dessen Funktion ganz und gar übernehmen musste, ein Burggraf beigestellt wurde. Zur Erledigung der kammeramtlichen Obliegenheiten bediente der Hauptmann sich des Amtsschreibers, dem ein Hauskämmerer und ein Landkämmerer (schon vor 1638 in Prökuls, 1682 in Crottingen) Landschöppen (in Heydekrug) unterstellt waren. Die unterste Behörde bildeten die Schulzenämter, deren jedes eine ganze Anzahl von Ortschaften umfasste.


Rechtslage

Die Amtsuntertanen, das heißt die Einwohner der landesherrlichen Bauerndörfer, und ebenso die Untertanen der Gutsbesitzer waren nicht etwa Leibeigene, sondern erbuntertänig und durften ihre Höfe infolge dessen nicht beliebig aufgeben. Reinhold Friedrich v. Sahme drückt das in seiner "Gründliche Einleitung zur Preußischen Rechts-Galahrtheit" (Königsberg 1741) in ungeschickter Weise so aus: "Die Erbuntertanen sind mit ihren Weibern und Kindern in Ansehung ihrer Huben und des Besatzes fast wie Leibeigene anzusehen, indem sie den Besatz nicht veräußern und ihre Huben ohne Bewilligung der Herrschaft nicht verlassen können; wie sie denn auch verkaufet, verpfändet, vertauschet, vermietet und vindiciret (zurückgefordert) werden können: Was sie aber über ihren Besatz besitzen und erwerben, darüber können sie als freye Leute disponieren." Hierzu ist zu bemerken, dass der Besatz, das heißt, das nötige Inventar an Vieh und Gerät, ebenso wie die Bauernhufen und Gebäude, Eigentum der Herrschaft war und blieb (Ostpreußisches Provinzialrecht pg. 93), und dass das Verkaufen und Verpfänden so zu verstehen ist, dass bei Verkauf oder Verpfändung von Bauernhufen die darauf sitzenden Bauern als Gutszubehör mit in den Besitz des neuen Herrn übergingen. Das "Ostpreußische Provinzialrecht" (Berlin 1801) sagt pg 91: "es können Untertanen mit ihren Stellen zugleich veräußert werden" und "Untertanen, welche die auf Zeit und Ort eingeschränkte Erlaubnisscheine überschritten haben, können überall und zu allen Zeiten aufgesucht und zur Rückkehr genötigt werden." Laut Sembritzki war die Gebundenheit der Bauern durch die Erbuntertänigkeit damals keine Willkür und Härte, sondern eine weise Maßregel gegenüber dem, diesen für Freiheit gar nicht reifen Leuten innewohnenden Wandertrieb; auch so verließen sie noch oft genug bei Nacht und Nebel ihre Stellen, wenn sie darauf nicht ihr Auskommen fanden, die Lasten nicht tragen mochten oder durch Trunksucht und schlechte Wirtschaft sich in Schulden gestürzt hatten. Damals gingen die Bauern auch oft über die Grenze, um nicht Soldat werden zu müssen.


Quelle: Sembritzki, Johannes: Geschichte des Kreises Memel, Memel 1918

Bezirke im Hauptamt Memel in den Creyßen:


Das Hauptamt Memel ohne die Stadt gliederte sich in 61 größere und kleinere Bezirke oder Gebiete, meist "Dörfer" genannt. Die Einteilung in diese Bezirke hatte lange noch Bedeutung für die Strukturierung von Schuldregistern und Steuergefälle.



Vorstadt - (Creyß)

1687 umfasste das Hauptamt Memel folgende Bezirke 1540 sind folgende "Dörfer" aufgeführt
im Vorstadt - (Creyß)
Freyheit Leedergaß (Bezirk) Leddergassenn (Bezirk)
Schwartzer Orth (Bezirk) Schwartzerortt (Bezirk)
Ketteldange (Bezirk) Katteldange (Bezirk)
Große Viette (Bezirk) Große Fytte(Bezirk)
Kleine Viette (Bezirk) Kleyne Fytte (Bezirk)
Neegelln (Bezirk) Vnder den fischern zcw Negeln (Bezirk)
Carwaiten (Bezirk) Zcw Crawaytenn (Bezirk)
Nidden (Bezirk) Zcw Nyddenn (Bezirk)
Drawehnen (Bezirk) Trafene (Bezirk)
Schwentzelln (Bezirk) Schwentzell (Bezirk)
Nimmersath (Bezirk) Nymersatt (Bezirk)
Karckelbegk (Bezirk) Kerkelbeck (Bezirk)
Schmeltze (Bezirk) Schmeltze (Bezirk)
Börnsteinbruch (Bezirk) Börnsteinbroch (Bezirk)


Mümmelischer Creyß

1687 umfasste das Hauptamt Memel folgende Bezirke 1540 sind folgende "Dörfer" aufgeführt
im Mümmelischen Creyß
Ratterslandt (Bezirk) Ratterslanndtt (Bezirk)
Szarden (Bezirk) Sardenn (Bezirk)
Böttelsdorff (Bezirk) Bottelsdorff (Bezirk)
Meschitten (Bezirk) Myssyttenn (Bezirk)
Laschupehnen (Bezirk) Laschupenn (Bezirk)
Garßden (Bezirk) Garßdenn (Bezirk)
Dittauen (Bezirk) Dyttwe (Bezirk)
Schillegallen (Bezirk) Syllegall (Bezirk)
Collahten (Bezirk) Callatenn (Bezirk)
Abellsath (Bezirk) Abelsatt (Bezirk)
Meddekarckell (Bezirk) Meschekerkell (Bezirk)
Rubeßen (Bezirk) Rubeschenn (Bezirk)
Bebruhnen (Bezirk) Bebrun (Bezirk)
Crottingen (Bezirk) Crattyngen (Bezirk), Crattynger Wege (Bezirk)
Eckitten (Bezirk) Yckytenn (Bezirk)
Tauerlavcken (Bezirk) Tauerlakenn (Bezirk), 4 hofen bey Tauerlaken (Bezirk)
Bachmanßlandt (Bezirk) Backmanßlandt (Bezirk)
Jündtschen (Bezirk) Gutschenn (Bezirk)
Callnuwehnen (Bezirk) Calnyn (Bezirk)
Schlabßemb (Bezirk) Schlabesymmenn (Bezirk)


Pröckulscher Creyß

Bezirke im Pröckulschen Creyß
1687 umfasste das Hauptamt Memel folgende Bezirke 1540 sind folgende "Dörfer" aufgeführt gekennzeichnent in:
im Pröckulschen Creyß
Wewerßen (Bezirk) Wewersche (Bezirk)
rosa
Begetten (Bezirk) Alt Begetenn (Bezirk)
hellbraun
Aysehnen (Bezirk) Ayßs (Bezirk)
dunkelbraun
Wilkitten (Bezirk) Wylkyßs (Bezirk)
grün
Schilleningken (Bezirk) Syllenyck (Bezirk) in der Mitte
blau
Aglohnen (Bezirk) Agolon (Bezirk) oben rechts
gold
Wießeigken (Bezirk) Wyßekenn (Bezirk) unten links
gelb
Pomminnige (Bezirk) Vff der Mynnyge (Bezirk)
rot


Wildnüß oder Heydekrügischer Creyß

1687 umfasste das Hauptamt Memel folgende Bezirke 1540 sind folgende "Dörfer" aufgeführt
in der Wildnüß oder Heydekrügischen Creyß
Werdden (Bezirk) Werdenn (Bezirk)
Hinter Werden (Bezirk) Hynder Werdenn (Bezirk)
Auritten (Bezirk) Aurytten (Bezirk)
Schußen (Bezirk) Zcwsche (Bezirk)
Rugelln (Bezirk) Rugle (Bezirk)


Kammeramt Rußen

1687 umfasste das Hauptamt Memel folgende Bezirke 1540 sind folgende "Dörfer" aufgeführt
im Kammeramt Rußen
Ruße (Bezirk) Dy Rösse (Bezirk)
Alte Ruße (Bezirk) Alte Russe (Bezirk)
Pockallna (Bezirk)
Ziesche (Bezirk) Zcyße (Bezirk)
Karckell (Bezirk) In der Kerkell (Bezirk)
Schierwigke (Bezirk) Schyrwyck (Bezirk)
Ackominnige (Bezirk) Vor der Mynnyge (Bezirk)
Windenburgh (Bezirk) Wyntburgk (Bezirk)
Allgau (Bezirk) Algaw (Bezirk)
Tattemsdorff (Bezirk) Tattendorff (Bezirk)
Schakuhnen (Bezirk) Schackaunenn (Bezirk)
Barßdehnen (Bezirk) Barßdenn (Bezirk)
Ibenhorst (Bezirk) Ibenhorst (Bezirk)
Wulysstagen (Bezirk) Wylckßdagenn (Bezirk)
Minnige (Bezirk)


Notizen:
Spucken, 1540 Wilksdaggen, als Wirt darin Joh. Spuck; 1750 Spucken Peter Pruß, Rimskohden
Akminge, 1540 Juschka auf der Akmynnige (im Bezirk Schyrwyck)

Quellen:
Steuergefälle Vogtei Memel 1687
Hans Heinz Diehlmann: Die Türkensteuer im Herzogtum Preußen 1540, Band 2, Memel - Tilsit, Sonderschriften des Vereins für familienforschung in Ost- und Westpreußen e. V., Nr. 88/2, Selbstverlag des Vereins, Hamburg 2006