Dachdecker
Einleitung
Berufe, wie wir sie heute vorfinden, sind soziale Konstruktionen und keinesfalls das Ergebnis technischer oder ökonomischer Zwangsläufigkeiten. Dachdecken war zunächst kein auf Dauer angelegter Beruf, sondern wurde nur bei Bedarf ausgeübt. Dächer wurden seit Jahrtausenden mit naturnahen, regionalen Rohstoffen wie Holz, Stroh, Steinen oder Schiefer gedeckt, die heimischen Rohstoffe dominierten ganze Dachlandschaften.
Bezeichnungen
- Tegularius (lat.) = Bedeutung: Ziegelmacher, Dachdecker . Cellator (lat.), Coopertor (lat.) = Bedeutung: Dachdecker.
Schieferdeckung
Vorgefundener plattenförmiger Schiefer wurde vereinzelt bereits von heimische Arbeitskräften im Dienste der Römer in Deutsch¬land verwendet (römisches Kastell Saalburg/ Taunus, 90 n.Chr.). Erst seit dem 13.Jhdt. wurde vor allem in West- und Mitteldeutschland wiederum mit Schiefer gedeckt. Während die in Nord- und Mitteldeutschland übliche „französische“ Deckmethode - ähnlich der Ziegeldeckerei - nur geringe Anforderungen an die Handwerker stellte, war die „deutsche“ Deckmethode (mit rheinischem Schiefer) aufwändiger, da das Dach nicht mit einerlei gleichgroßen und gleich¬geformten Platten gedeckt wurde.
Ziegeldecken mit Mönch und Nonne
Die Römer verbreiteten jedoch auch vor allem in Süddeutsch¬land die Technik des gebrannten Tondachziegels. Bis in das 15. Jhdt. fanden beim Dachdec¬ken hauptsächlich Hohlziegel Verwendung, die als „Mönch und Nonne“ gedeckt wurden, und die dann in der zweiten Hälfte des 15. Jhdts von den leichteren und in der Verarbeitung billigeren Flachziegeln verdrängt wurden. So blieben regional die Ziegler und Ziegeldecker gegenüber den Schieferdeckern (Stein- und Layendecker) unbedeutend.
Beruf Dachdecker
Im 14.Jh. entwickelte sich aus der mittelalterlichen Bauhütte neben dem Maurerhandwerk auch das Dachdeckerhandwerk, als in den Städten aus Gründen des Brandschutzes Schindel- und Strohdächer verboten wurden. lokal verblieb das Dach¬decken in Einzelfällen lange Zeit im Zuständigkeitsbereich der Maurer, ebenso wie das Verputzen und Kalken.
Brandschutz
Mittelalterliche Städte wie Köln und Frankfurt/M. erließen früh Bau- bzw. Brand¬schutzvorschriften: Nur Fachleute durften dann „Harte Bedachun¬gen" (Tonziegel, Schiefer etc.) verlegen. Zünfte der Schiefer- und Ziegeldecker mit eigenen Berufsordnungen (Lehre, Wanderung, Meister) entstanden. (Layer): Schieferdecker wurden 1396 in die Kölner Gaffelgesellschaft aufgenommen)
Ländliche Regionen
Riet, Stroh- und Holzdächer in ländlichen Regionen wurden bis ins 20. Jhdt. meist in Eigenleistung gedeckt und galten hier nicht als zünfti¬ge Arbeit. Verheerende Stadtbrände (Schmallenberg 1822, Ber¬leburg 1825, Brilon 1855), später der Funkenflug durch Dampf¬eisenbahnen führten auch auf dem Lande verstärkt zu Brandvor¬schriften.
Preußische Gewerbefreiheit
Bis ins 19. Jhdt. war das Dach¬deckerhandwerk durchweg kleinbetrieblich strukturiert; die Kapitalvoraussetzungen für die Meister waren gering, da nur wenige Geräte und Werkzeuge wie Dachleiter, Kelle und Spitz¬hammer gebraucht wurden. Die preußische „Gewerbefreiheit im 19. Jh." führte zu ver¬schärften beruflichen Konkurrenzbedingungen: Schiefer- und Zie¬geldecker fassten ihr berufliches Leistungsangebot zusammen, nun als „Dchdecker". (Arbeitgeberverband 1884; Arbeitnehmerverband 1889).
Bibliografie
- Dürr, Hans: Das Dachdeckerhandwerk, Göttingen, ISBN 3-86537-393-3