Fragmente aus den Kladden von Arnold Bruns senior aus Platjenwerbe

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Aufzeichnungen von Arnold Bruns (1875-1952)


Arnold Bruns hat nach der Überlieferung Niederschriften von Hand mit Bleistift in zwei Kladdden gefertigt. Diese Hefte sind mehrfach verliehen und in Teilen abgeschrieben worden. Bis heute sind die Originale verschollen.

Das Inhaltsverzeichnis wird wie folgt angegeben:

Buch I
Vorhandene Berufe
Gegenseitige Hilfe
Geschehnisse von 1914 bis 1945
Kriegsteilnehmer 1813/15; 1866; 1870/71; 1914/18

Buch II
Zigarrenmacher Kunst
Straßen und Wegebau
Ziegelei Glindberg
Wunderdoktor
Manöver
Der Krieg 1914/18
Inflation
Feuerschutz und Feuerlöscher
Elektrizität kam 1922


Es soll versucht werden aus den verschiedenen Teil-Abschriften Fragmente zu sammeln, um den Gesamtinhalt so weit wie möglich zu rekonstruieren.


Der Ursprung allen Volkstums ist die Familie und die Dorfgemeinschaft.
Abschrift von Frau Margarete Jachens in Auszügen


Ortsteil Platjenwerbe

Im 14. Jahrhundert, als die Ritter von Schönebeck hier herrschten (Platjenwerbe) und diese mit ihren Knappen und Landsknechten ihre großen Besitzungen, das Langenholz, das Fredeholz, das Auethal und große Heideflächen zu Roß durchstreiften, da fiel ihnen eine große, von dichtem Wald umstandene, mit Heide bewachsene erhöhte platje Warf (Wurt, Erhöhung) auf. Hier auf dieser Plattform wurde Halt gemacht. Der Ritter sammelte seine Leibeigenen (Landsknechte) um sich und sagte: „Hier will ich einige Meierstellen errichten. Das Haus müßt ihr euch selbst bauen, es ist euer Eigentum. Das Holz wird euch aus den anliegenden Waldungen angewiesen. Der Grund und Boden, der euch zuerkannt und urbar gemacht werden muß, bleibt mein Eigentum. Für die Nutzung sind euch Meierpflichten auferlegt: 1. Hand und Spanndienste und 2. den tegen (zehnten Teil) vom Ertrag. Wer will sich als getreuer Meier hier ansiedeln? Da traten mehrere vor dem hochadeligen Ritter und bekundeten ihre Treue. So war die erste Grundlage gegeben für das Dorf Platjenwerbe.


Ortsteil Stubben

Der Name Stubben ist davon hergeleitet, daß ein großes Waldgbiet früher hier war, und die Siedler sich durch Abholzen und Roden der Wurzeln (Stubben) ihre Wohnstätten gebaut haben. Noch heute sagt man im Volksmunde „up’n Stubben“.


Bis zum Jahre 1800 ist von besonderen Dorfangelegenheiten wenig zu erfahren. Nach dem Buche von Halenbeck sollen im 16. Jahrhundert schon 9 Schönebecker Meier in Platjenwerbe wohnhaft gewesen sein. Vielleicht erfährt man die Namen im Archiv von Hannover, wo die Akten der Gerichtsbarkeit des Gutes Schönebeck lagern. Im Jahre 1677 werden nach Hoops schon 18 Schönebecker Meier in Platjenwerbe und 2 in Stubben erwähnt. Jedoch Namen sind nicht angegeben.

Bis zum Ende des 18. Jahrh. waren zusammen 39 Schönebecker Meierstellen in Platjenwerbe. Von diesen sind alle Namen vorhanden.

In Stubben waren Ende des 18. Jahrh. 2 Meier und 9 andere Häuser. Gleich nach der Lang-holzteilung kamen noch 3 Häuser dazu, nun also 14 Häuser. Namen sind vorhanden.


Zu erwähnen ist, daß Kösters Weide (früher Meenheit, Gemeinschaftsbesitz) eine Dänenkuhle hat. Hier sind vor vielen Jahren viele Pferdegerippe und etwas westlich davon auch Menschenskelette gefunden worden. Man nimmt an, daß wähend des 30-jährigen Krieges 1626/27, wo Tilly, ein Feldherr der königlichen Armee, über die Weser setzte und gegen Christian von Dänemark kämpfte, hier gekämpft hat.


Von 1806 bis 1813 war Platjenwerbe unter Napoleon I von Franzosen besetzt. Der Einquartierung war nichts recht zu machen, das beste Essen war immer noch nicht gut genug. Die Bevölkerung wurde bedroht, aus Angst gab sie ihr Letztes her. Im benachbarten Holthorst wurden 3 Häuser in Brand gesteckt. Als bekannt wurde, daß alle jungen deutschen Männer für die Franzosen dienen sollten, flohen viele in die Wälder von Brundorf und Habichthorst, um sich dort zu verstecken. Alles atmete auf, als Napoleon am 13.Okt. 1813 bei Leipzig geschlagen wurde und somit die Fremdherrschaft ein Ende hatte. Armut im Lande und in unserem Dorf waren die Folge.

Aus unserem Dorf sind 2 Waterloo-Kämpfer zu nennen, Kasten Köster, der Großvater von Carl Buse, von diesem ist die Waterloo-Medaille noch vorhanden, und Friedrich Seiden, der Urgroßvater vom jetzigen Hinrich Seiden.


Am 13. Okt. 1913 wurde auf dem Dreieck am Eingang unseres Dorfes eine Eiche zur Erinnerung an 1813 gepflanzt. Die Dorfbewohner waren begeistert und nahmen alle Anteil. Sie wurde in vaterländischer, feierlicher Weise gepflanzt.


Als Anfang des vorigen Jahrhunderts in den Herzogtümern Bremen und Verden die Bauern sich selbständig machten, sich ablösten von ihren Gutsherren, von Kirchen und Klöstern, da haben sich auch unsere Vorfahren abgelöst vom Gut Schönebeck.

Platjenwerbe hatte viele Meenheiten, die Platjenwerber Heide, Fredeholz, Langenholz, Stubbener Heide und Bördel. Außerdem im Brande und in der Brundorfer Heide einen Plaggenhieb und einen Schullenstich.

Um die Meenheiten auseinander zu teilen wurde von den Bewohnern im Jahre 1820 eine Meenheitsauseinandersetzung und Spezialabfindung beantragt. Der Teilungsplan wurde 1832 von der Regierung in Stade genehmigt und nennt sich: "Spezial Teilungs Rezeß der Dorfgemeinschaft Platjenwerbe" und umfaßt die Einwohner der Dörfer: Blumenthal, Beckedorf, Lobbendorf, Aumund, Löhnhorst, Eggestedt, Brunndorf, Stendorf, Wollah, Stubben, Platjenwerbe, Holthorst, Schönebeck, St. Magnus, Lesum und Marßel, zusammen 16 Dörfer.

Aus dem Langholzteilungsplan erhalten die Einwohner von Platjenwerbe an Weiden und Plaggenhieb 67,1532 Kuhweiden (eine Kuhweide wird 4 hannoversche Morgen gewesen sein). Davon gingen ab für Nebenwege und Durchfahrten 1,9350 Kuhweiden. Zusammen machte die Ortschaft 7 527/720 Vollhöfnerstellen aus. Somit zerfiel auf einen Vollbau 8,4349 Kuhweiden. Außerdem wurde auf einen Vollbau noch ein Schullenstich von 1,9986 Kuhweiden zugeteilt.

Weiter ordnet der Plan an:

Einfriedigung kann in folgender Form gegenseitig verlangt werden. Einen Wall, unten 4 oben 2 Fuß breit und 2 ½ Fuß hoch, mit Bepflanzung in der Mitte. Die Einfriedigungen an den Wegen hat sich jeder selbst zu halten. Abwässerungen haben ihren natürlichen Lauf innezuhalten. Nachbarn haben diesen natürlichen Lauf aufzunehmen. Auch die Nutzung soll möglichst gleichmäßig verlaufen.

Obstbäume dürfen 8 Fuß, andere Bäume 16 Fuß von der Grenze entfernt angepflanzt werden. Heckenzäune dürfen nur eine Höhe von 6 Fuß haben. Die Nutzung der Hecken geht je zur halben Länge. Die Seite wird nach dem Daumenrecht bestimmt. Das heißt, geben sich zwei Nachbarn die Hand, so ist die Nutzung eines jeden dort, wo der rechte Daumen hinzeigt, vorausgesetzt, daß die Hände auf der Grenze geschlossen werden.

Bei der Vermessung der Generalteilung, wo jeder Teilhaber anwesend sein mußte, gab es manchmal derbe Auseinandersetzungen. Jeder wollte sein Land möglichst nahe bei seiner Stelle haben. Deshalb wurde die Meenheit „Platjenwerber Heide“ an die meist unmittelbar daran liegenden Gehöfte aufgeteilt. Im Mittelpunkt der Platjenwerber Heide wurden 3 ½ Morgen Land für einen Schulhausbau reserviert. Der Schulhausbau kam 1839 von den beiden Dörfern Platjenwerbe und Stubben zur Ausführung.

Die Meenheit "Im Holze" und in der „Stubbener Heide“ wurde durch das Los zugeteilt. Ebenso wurden der Plaggenhieb und der Schullenstich, "Im Brande" und in der "Brundorfer Heide" verteilt.

Gleich nach der Vermessung setzte die Urbarmachung des zugeteilten Landes im Ort kräftig ein, um das weit ab liegende, gepachtete Heuland in Lesumbrok und im Ritterhuder Felde aufgeben zu können. Das gemeinsame Grasen des Viehs auf der Meenheit hörte auf, die Schlagbäume an den Ausgangswegen des Dorfes, die verhinderten, daß das Vieh nicht aufs Feld lief, wurden abgeschafft.

Die von den Hütejungen abends im Signalton gesungenen Verse:

„De Sunn geiht unner
De Buk word dunner
De Keih sund satt
Min jack word natt”

Oder, wenn das Vieh des Abends in die Nähe des Stalles kam:

“Stol open, Keih komt!”

Alles ist lange verklungen.


Das alte Platjenwerbe

Abgeschrieben aus dem Ur-Text von Horst Gnettner und am 23.07.1977 zur Veröffentlichung an eine Zeitung gegeben.


1898 - Ziegelei Glindberg
1899 - Nach dem Feuer

Im Jahre 1898 wurde ein großer, moderner Ziegeleibetrieb (Ziegelei Glindberg) auf dem Lamckenschen Grundstück im Ortsteil Stubben errichtet. Noch lange zeugte die Schienenstraße , die damals von der Ziegeleigesellschaft gelegt wurde, davon. Die Straße war einige Jahre vor Gründung der Ziegelei von von der Lesumer Grenze bis nach Wollah ausgebaut worden, diente aber nur landwirtschaftlichen Zwecken und konnte somit den Anforderungen des Transportes der schweren Ziegelsteine nicht standhalten. Die beiden, damals noch selbständigen Dörfer Platjenwerbe und Stubben waren aber nicht in der Lage, die vollständig ruinierte Straße wieder herzustellen, noch dazu so herzustellen, daß sie dem Ziegeltransport standhalten würde. Somit wurde der Ziegeleigesellschaft behördlicherseits auferlegt, die Straße so zu befestigen, daß sie den Anforderungen genüge.

Nun entschloß die Ziegeleigesellschaft sich, den Schienenstrang von der Ziegelei bis an die Lesumer Grenze zu legen.

Weiter zeugte auch der Durchstich unter dem Weg, der über den Glindberg hinwegführt (Auf dem Glindberg), von der früheren Ziegelei. Durch diesen Durchstich wurden die mit Ton beladenen Loren mit Hilfe einer Drahtseilbahn aus der Tonkuhle im Glindberg herausgezogen.

Der gewaltige Ringofen mit den darüberliegenden Trockenböden und ein Teil des Maschinenhauses wurden im Winter 1899 durch Feuer zerstört. Die Anlagen wurden im Jahre 1900 aber wieder nach modernsten Erkenntnissen aufgebaut. Zu Anfang wurde der Ton mit Loren auf Gleisen mit Pferden aus dem Krudoppschen Dobben herangebracht, später, als man den Ton von weiter her aus dem Ahlerschen Grundstück (jetzt Siedlung Glindberg) heranholen mußte, baute man die Drahtseilbahn.

Der Betrieb beschäftigte im Sommer rund 60 Mann. Die Saisonarbeiter waren zum größten Teil Lipper, Schlesier und Thüringer.

Obwohl der Betrieb noch neu war, alle modernen Einrichrungen besaß, und Ton in Hülle und Fülle vorhanden war, wurde von der Ziegeleigesellschaft gleich nach dem Kriege 1919 der Beschluß gefaßt, die Ziegelei bis auf das Wirtschaftsgebäude auf Abbruch zu verkaufen.

Für unseren Ort und Umgebung war dieses sehr peinlich, weil die Bautätigkeit stark einsetzte und die Bausteine von weit her herangeschafft werden mußten. Der Ziegeleibetrieb war das erste und bis heute einzige Industieunternehmen im Dorfe.


Die 39 Köthnerhöfe in Platjenwerbe - Größe der Bauten und ihre Besitzer - nach dem Stand von 1945


01. 1/3 Hof - Hinr. Dierksen, jetziger Besitzer Müller-Pearse u. Voller (Holthorst)

Der Nachkomme Martin Dierksen hat sich auf der Platjenwerber Heide wieder angebaut. Jetziger Besitzer Aug. Holz

02. 1/3 Hof - Joh. Brummerhop, jetziger Besitzer Hinr. Brummerhop

03. 1/3 Hof - Joh. Horstmann, später Rehbein, Hedeler, Köster, jetzt W. Dodt

04. 1/3 Hof - Cord Hashagen, Joh. Hinr. Hashagen, jetzt Wwe. Hashagen, Chr. Wolf jun.

05. 1/3 Hof - Martin Hashagen, Lühr Hashagen, jetzt Friedr. Töbe

06. 1/5 Hof - Dierk Ehlers, Carsten Köster, jetzt Carl Buse

07. 1/5 Hof - Gevert Köster, jetzt Herm. Köster

08. 1/5 Hof - Joh. Friedr. Jachens, Wwe. Jachens, Diedr. Hashagen, jetzt Martin Hashagen

09. 1/5 Hof - Hinr. Hagens, jetzt Hinr. Buse

10. 1/5 Hof - Claus Kühlken, jetzt Wwe. Kühlken

11. 1/5 Hof - Hinr. Eckhoff, Cord Wehrs

Eckhoffs Hof „Im Holze“ hat Cord Wehrs gekauft, aber im Tausch mit Cl. Lamken ...

12. 1/5 Hof - Dierk Fechtmann, Hermann Fechtmann, jetzt Joh. Meyer

13. 1/5 Hof - Anton Brand, jetzt Joh. Siemer

14. 3/16 Hof - Cord Christoffers, jetzt Joh. Bruns

15. 8/45 Hof - Joh. Seedorf, Hinr. Kruse, Hinr. Seedorf, jetzt D. Oelschläger

16. 8/45 Hof - Dierk Brummerhop, jetzt Ed. Langrehr

17. 8/45 Hof - Martin Fechtmann, Joh. Hedeler, Hinr. Hasselmann, Kuhlenkampf-Pauli

18. 8/45 Hof - Hinr. Fechtmann, Marten Beckmann, Joh. Meyer, jetzt Richter Smidt Erben

19. 1/6 Hof - Joh. Berend Bruns, Arend Bruns, Joh. Bruns, jetzt Arnold Bruns

20. 8/45 Hof - Hinr. Ehlers, Joh. Hinr. Ehlers, jetzt angekauft von Joh. Meyer

21. 1/5 Hof - Berend Kühlken, früher Mangels Kühlken, jetzt B. Thalmann

22. 8/45 Hof - Hinr. Meyer, Carsten Meyer, jetzt Aug. Buschhorn

23. 1/6 Hof - Johann Hashagen Wwe., Lüer Hashagen, jetzt Hinr. Hashagen

24. 1/6 Hof - Friedr. Seiden, jetzt Hinr. Seiden

25. 1/6 Hof - Cord Schade, Hinr. Melchers, jetzt Hinr. Jacobs

26. 1/6 Hof - Marten Bellmer, Claus Bellmer, jetzt Bernh. Bellmer

27. 1/6 Hof - Joh. Hinr. Harenborg, jetzt Hinr. Harenborg

28. 1/6 Hof - Albert Sägelke, jetzt Chr. Wolf

29. 1/6 Hof - Lüer Brummerhop Wwe., Diedr. Brummerhop, derselbe hat an Claus Kühlken vertauscht, jetzt Gerh. Lottmann

30. 1/6 Hof - Claus Dierksen, jetzt Hinr. Brackmann

31. 1/6 Hof - Berend Eckhoff Wwe., Joh. Eckhoff, jetzt Diedr. Banehr

32. 1/6 Hof - Berend Warkmester, Joh. Katenkamp, Dirk Kühlken, jetzt Diedr. Janssen

33. 8/45 Hof - Johann Hinr. Bruns, Herm. Kropp, jetzt Schrader-Koch

34. 1/6 Hof - Frerk Fardelmann, jetzt W. Rödenbeck

35. 1/6 Hof - Johann Dirk Budelmann, Joh. Busch, jetzt Wüdemann

36. 1/6 Hof - Johann Friedr. Schrader, jetzt Friedr. Schrader

37. 1/6 Hof - Berend Seedorf, jetzt Diedr. Seedorf

38. 1/6 Hof - Borchert Braue, Gerd Hashagen, Joh. Tietjen, jetzt Joh. Murken

39. 1/6 Hof - Joh. Hinr. Werkmeister, Siegmeier, Hillmann, jetzt W. Kropp


Die Höfe in Stubben und ihre Besitzer - nach einer Aufzeichnung aus dem Jahre 1945


1. Vollhof Reinert Meyer, Claus Ahlers, Joh. Ahlers, Claus Ahlers, Wilh. Hilke

Das alte Haus ist um 1900 abgebrannt. Claus Ahlers Sen. kam von Brockmanns-mühlen und stammte aus einer Müllersfamilie. Auch hier in Stubben baute er sich selbst eine Windmühle, die später von seinem Enkel Claus Ahlers ersetzt wurde.

2. Vollhof Joh. Hinrich Rathjen, Carl Rathjen, Theodor Müller, Joh. Klätte

Der Hof war ein Meierhof (Lehnhof) und angelehnt an das Kloster Osterholz. Familien Rathjen sind über Jahrhunderte Besitzer gewesen. Das alte große weit überdachte Niedersachsenhaus ist im Jahre 1867 durch Feuer zerstört worden. Dabei gingen die Familienpapiere verloren. Der Hof hatte Meierrecht. Bemeiert waren Warms, Beckmann, jetzt Rohrwehler, Kruse, jetzt Thilbar und Kathmeyer, alle 4 in Klemperhagen. Außerdem Albrecht. Bezahlt werden mußten jährlich, bei männlicher Erbfolge 5 Taler, erbte eine Tochter, 10 Taler Meierzins.

3. 1/2 Hof Claus Jachens, Gerhard Jachens, Gerhard Jachens, Gerhard Jachens (Bauer u. Lehrer) Das alte Haus brannte 1915 ab. Flurbezeichnung: Im Heisternest.

4. 1/2 Hof Gerd Krudop, Hinrich Krudop, Georg Krudop, Gerd Krudop Das alte Haus brannte 1888 ab.

5. 1/3 Hof Christof Jachens, Christel Jachens Der Hof wurde verkauft und aufgeteilt an Diedr. Wehrs, Hans Jachens, Hasselbach

6. 1/3 Hof Johann Hinrich Lamke, Diedrich Hashagen, Johann Hashagen, Friedrich Hashagen, Johann Hashagen

7. 1/5 Hof Christof Biensschüssel?, Gevert Bellmer, Wilh. Bellmer, Joh. Bellmer

8. 1/5 Hof Johann Arfmann, Hinrich Seebeck, Diedrich Seebeck Das alte Haus brannte 1900 ab.

9. 1/6 Hof Hinrich Kühlke, Franz Wischhusen, Hinrich Blendermann, Diedrich Hasselbach Das alte Haus brannte 1900 ab.

10. 1/9 Hof Hinrich Köster, Johann Bellmer, Johann Feldhusen, Claus Feldhusen, Johann Feldhusen

11. 1/9 Hof Marten Meyer, Arend Meyer, Carl Horstmann, Martin Horstmann, D. Ficken Das alte Haus brannte 1915 ab.

12. 1/18 Hof Hinrich Hellmers Wwe, Heinrich Niemeyer, Diedrich Barber, Wilhelm Mahlstedt

13. 1/18 Hof Joh. Hinrich Meyer, Wilhelm Meyer, Martin Seedorf, Hinrich Hashagen

14. 1/18 Hof Eckhoff, Gerd Bödecker, Fr. Bödecker, Diedrich Hasselbach, Alfred Brochowsky


Der zweite Weltkrieg

(Text von Arnold Bruns, zitiert in der Schrift von Jürgen Krummpeter – 1985)


Am 1. September brach der Krieg gegen Polen los. Kurz vorher wurden schon die Reservisten, hier wie allenthalben, eingezogen. Auch 8 Männer aus unserem Dorf, 40-45jährige (Weltkriegsteilnehmer) wurden schon Ende August zu einem Arbeitskommando nach Husum in Schleswig-Holstein eingezogen. Immer mehr wurden eingezogen. Bei Jung und Alt nahm das Abschiednehmen kein Ende mehr. Doch wurden auch viele wehrpflichtige Männer U.K. gestellt (d.h. unabkömmlich in ihrem Beruf), teil mit Berechtigung teil auch unberechtigt.

Am 11.5.40 setzte der Luftkrieg auf Bremen, besonders stark in den Nächten ein. Nach vielen kleineren Angriffen waren 2 Großangriffe in den Nächten vom 1. zum 2. Januar und auch auf den 3. Januar 41. Bis auf einige Flakgranaten-Bodenkrepierer blieb unser Dorf verschont.

Mit Beginn des Russenkrieges am 22.6.41 wurde es wieder lebhafter. Am 21.10.41 fielen 3 schwere und 3 leichte Bomben im Holze auf Krudops großen Raum und auf den Schlägen Langrehr, Joh. Meyer und Chr. Wolf. In Aumund wurden durch eine Luftmine viele Häuser zerstört. 19 Tote waren zu beklagen.

Nachts, den 5.6.42, starker Angriff auf Bremen. Viele Spreng- und Brandbomben wurden geworfen. Glühend rot war der Himmel von den hunderten Leuchtbomben. Ein schaurig-schöner Anblick, aber furchtbares Verderben bringend. Im Dorf sind einige Aufschlaggranaten von unserer Flakabwehr gefallen. So ist oftmals unsere eigene Flak uns zum Verhängnis geworden, besonders durch den unheimlichen Granatsplitterregen. In dieser Nacht ist im Dorf ein Unheil nicht geschehen. Starke Luftangriffe auf Bremen am 25.6.42, 27.6., 30.6. und 2.7. So geht es weiter Tag und Nacht. Alarmstörflüge und Angriffe. Unsere Flak kommt aus der Alarmbereitschaft kaum heraus.

Vom 4. zum 5.9.42 erleben wir den bisher stärksten Terrorangriff auf Bremen. Taghell ist die Nacht gelichtet. Luftminen, Sprengbomben, Brandbomben aller Art mit Füllungen von Phosphor, Kautschuk, Benzin und Teufel mag wissen, was da alles zum Verderben der Menschheit zusammengbraut ist. Fallschirmbomben mit einem Gemisch von Paraffin, Sägemehl usw. torkeln vom Himmel, um allenthalben schwer zu löschende Brände zu verursachen. Lufttorpedos krachen auseinander, dazwischen Maschinengewehrangriffe auf unsere Flakstellungen und die Brände bekämpfende Feuerwehr. Wohnhäuser, Kirchen, Krankenhäuser, Schulen sind zerstört. Wenn unser Dorf bis jetzt auch nicht viel in Mitleidenschaft gezogen ist, so müssen doch stündlich in Bereitschaft sein.

Vom 13. zum 14.9.42 und 9.11.42 starke Angriffe auf Bremen. Wenn auch Fliegeralarm Tag und Nacht an der Tagesordnung ist, so sind wir doch von größeren Angriffen verschont geblieben bis zum 1. Pfingstvormittag, am 13. Juni 43. Trotz Einnebelung der Stadt Bremen mit Umgebung war das Zerstörungswerk unbeschreiblich und die Verluste an Menschenleben groß. – Wenn Alarme auch nicht abreißen, so fliegen die feindlichen Verbände doch mehr landeinwärts. Vom 27. bis 30. Juli war Hamburg das Ziel, wo fürchterlich gewütet wurde. Hellen Feuerschein konnten wir hier des nachts von Hamburg wahrnehmen. Die Nacht vom 2.-3. August 43 war unsere nächste Umgebung das Angriffsziel. Brände ringsum. Doch unser Dorf blieb bis auf Kleinigkeiten verschont. Es scheint, daß unser Dorf durch die rund um uns stehenden Flakbatterien in einem geschützten Winkel liegt.

Menschen, die alles verloren haben, selbst ihre nächsten Angehörigen, kommen aufs Land, um eine Unterkunft zu finden. Ein trostloses Elend. Allenthalben, so auch hier im Dorf, sind Vorbereitungen getroffen und Auffangstationen eingerichtet, um die plötzlich, wie es in Hamburg gewesen, Hunderttausende von Obdachlosen unterzubringen, zu verpflegen und Quartiere anzuweisen. Denn was in Hamburg passiert ist, kann im nächsten Augenblick auch in Bremen kommen.

Lebensmittel müssen immer bereitstehen, z.B. muß ich in meinem Bäckereibetrieb stets 800 kg Brot greifbar auf Lager halten.

Luftangriff vom 8.10.43 nachmittags 3 Uhr: Die Hölle war los. Flakgeschosse heulten durch die Luft, Bomben platzten, Flugzeuge stürzten teilweise brennend ab, aussteigende Piloten torkelten mit Fallschirmen im Luftraum umher und dazwischen das Sausen und Summen der Granatsplitter. Auch über unserem Dorf bekam ein viermotoriger Bomber einen Volltreffer und löste sich vollständig in der Luft auf. Alle möglichen Flugzeugteile, Bordmunition usw. sausten auf die Dächer und den Boden herunter. Ein Pilot war noch rechtzeitig ausgestiegen und landete in Holthorst. Die Reste des Flugzeugs stürzten an der Grenze unseres Dorfes dieserhalb der Aue in Holthorst ab.

Die folgende Nacht wieder Angriff auf Bremen und besonders Hannover. Den folgenden Tag war die Sonne verfinstert von Rauch, alles roch nach Gummi, wohl herrührend von den großen Continental-Gummiwerken in Hannover.

Die Angriffe wurden immer heftiger. Selten kann man eine Nacht durchschlafen. Weiter Angriffe, wodurch Eisenbahn, Straßenbahn, Gas- und Wasserwerke außer Betrieb gesetzt werden. Leute, die von hier in Bremen beschäftigt sind, können nicht von und zu ihrer Arbeitsstätte kommen. Beim Angriff am 20.12.43 fielen auch im westlichen Teil unseres Dorfes 33 großkalibrige mit Kautschuk, Phosphor usw. gefüllte Brandbomben. Glücklicherweise wurde nur ein Haus, das von Joh. Bruns (früher Christoffer) getroffen. Die Bombe durchschlug das Strohdach, landete in der Küche in einem Waschkessel, demolierte alles, zündete aber nicht. Alle anderen Bomben, obwohl dicht bei den Häusern niedergefallen, konnten durch energisches Eingreifen der Dorfbewohner abgelöscht und unschädlich gemacht werden. Unser Dorf kam wieder mal mit einem Schrecken davon.

Das Schrecklichste aber, was alles Vorhergehende weit in den Schatten stellte, war die Nacht vom 18. zum 19. August 44. Die ganze westliche Vorstadt bis zur Mitte Bremens, die großen Industrieanlagen wie Hafen, Lager- und Packhäuser, Verkehrsanlagen, dazu die vielen kleinen Wohnhäuser, alles ruiniert. Alles nur, von hier aus gesehen eine lang andauernde, fürchterliche Feuersbrunst, durchsetzt mit dem Krachen der Bomben und den unheimlich sehr vielen Platzen unserer Flakgeschosse. Unbeschreiblich! Unsere Keller und Häuser zitterten von dem fürchtelichen Getöse.

Große Hochbunker, heiß von der umbrandenden Feuersglut, daß drinnen kaum noch Luft zum Leben war. Die Feuerglut hatte Orkangewalt, so daß die Menschen, die in letzter Minute den Bunker aufsuchen wollten, bei lebendigem Leibe verbrannten und am anderen Tage verkohlt als unbekannt gefunden wurden. Wie es heißt, sollen 87 000 Menschen in Bremen durch diesen Terrorangriff obdachlos sein.

Am darauffolgenden Tage wanderten Tausende und Abertausende in die Auffangläger Ritterhude und Osterholz-Scharmbeck usw. Von hier wurden die traurigen Menschen, die körperlich und seelich so furchtbar gelitten hatten, in alle Ortschaften des Kreises verteilt und vorläufig untergebracht. In unserem Dorf wurden rund 170 Personen aufgenommen und durchweg liebevoll betreut.

Am 18./19.9.44 ein schrecklicher Überfall auf Wesermünde. Heller Feuerschein war hier zu sehen. Die Stadt von 110000 Einwohnern in 15 Minuten fast vollständig ruiniert. Die Verpflegung stockte, und so mußten auch wir alles verfügbare Brot schnellstens nach Ritterhude schaffen, um die nötigen Butterbrote in großer Anzahl von dort nach Wesermünde zu liefern.

Ganz Bremen ist, soweit das Auge reicht, ein großer Trümmerhaufen. Eine außerordentliche Verknappung vieler Lebensmittel und sonstiger Bedarfsartikel tritt ein. Die Transportmöglichkeiten werden von Tag zu Tag schlechter. Das Notwendigste für die Menschen, die alles verloren haben, ist nicht heranzuschaffen.

Wir schreiben heute den 30.1.45, und der Russe steht bereits in unseren Ostprovinzen. Millionen von deutschen Menschen fliehen in das Reichsinnere. Alle möglichen Transportgelegenheiten wurde ausgenutzt. Selbst Trecks, wo die Bauern mit Pferd und Wagen und Familie und der allernotwendigsten Habe sich auf den Weg gemacht haben und nach 2 ½ Monaten (Januar bis März) hier total erschöpft ankommen. Ein trauriges Elend schaut einem aus diesen Trecks entgegen.

Bei uns im Dorf ist alles vorbereitet, und so machte es nicht zu große Schwierigkeiten, die rund 400 Flüchtlinge und 55 Treckpferde, zusätzlich zu den 200 Ausgebombten unterzubringen. Unsere normale Einwohnerzahl beträgt 820 Personen, dazu jetzt 400 Flüchtlinge und 200 Ausgebombte = 1420 Personen.

Heute, am 30 März 45 (Karfreitag) ist wieder ein fürchterlicher Angriff auf Bremen.

Die Engländer und Amerikaner stehen am 18.4.45 südlich vor den Toren Bremens. Bremen soll nicht zur freien Stadt erklärt werden, sondern soll verteidigt werden bis zum Letzten. Welch ein Wahnsinn! Gegen eine solche gewaltige technische Macht, und wo schon ¾ von Deutschland besetzt ist, noch mit unseren primitiven Kampfmitteln weiter zu kämpfen und noch viel Gut und Blut weiter zu opfern, ist weiter nichts , als uns alle restlos in den Abgrund zu stürzen.

Alle Brücken über die Lesum sind in letzter Minute noch gesprengt worden, dazu noch vieles andere. Alles nutzlose Vernichtung! Man weiß nicht, wer solche hirnverbrannten Befehle gegeben hat. Auch unser Dorf wird mehr und mehr in Mitleidenschaft gezogen. Unsere zurückflutenden Soldaten belegen unser ganzes Dorf. Alles, jedes Haus, Scheune, Stall liegt knüppeldick voll von versprengten Soldaten. Alle Waffengattungen sind bunt zusammengestellt, um wieder eine Kampfgruppe zu bilden.

Es lag hier ein Infanterie-Regiment Heidenreich, welches aus 17- bis 60jährigen Männern bestand. Der Regimentsstab lag bei mir in der Gaststube. Außerdem lag hier eine Batterie leichter Artillerie, eine Granatwerferbatterie und eine größere Polizeiformation. Alles war in Gefechtsstellung gebracht. Die hier liegende Artillerie beschoß unter fortwährendem Stellungswechsel am 24. bis 26.4.45 Bremen jenseits der Burger Brücke. Durch diese Kampfhandlungen kamen wir mehrmals unter kurzes, aber schweres Artilleriefeuer von Bremen her. Dies hatte zur Folge, daß rund 20 Häuser mehr oder weniger beschädigt wurden. Viel Vieh auf den Weiden ging kaputt, und leider mußten auch zwei Menschen ihr Leben lassen. Der Stellmacher Hermann Köster, 75 Jahre alt, wurde auf der Straße vor der Turnhalle am 26.4.45 buchstäblich von einem Volltreffer in Atome zerrissen. Ebenfalls ein unbekannter deutscher Soldat, der vor Oehlschlägers Haus zu Tode kam.


Das Kriegsende

Heute, am 10. Mai 1945, leben wir schon seit drei Tagen unter englisch-amerikanischer Besetzung. Es ist für uns ein bedrückendes und niedergeschlagenes Gefühl. Wenn unser Dorf im allgemeinen nach anderen Dörfern und Städten doch nicht sehr stark gelitten hat, so wissen wir doch nicht, was uns und damit unserem ganzen vollständig geschlagenen und zerschlagenen Volk noch bevorsteht. Bald wurden wir zur amerikanischen Besatzungszone gelegt und bekamen amerikanische Besatzungstruppen, darunter auch Neger. Die Besatzungstruppen wurden in der bisherigen Flakkaserne untergebracht. Die Flakkaserne wurde später zum amerikanischen Hospital umgebaut.

Unser großes Vergnügungslokal (Dodts Sommergarten) wurde beschlagnahmt und anfangs als Unterkunftsraum einer amerikanischen Polizeitruppe benutzt, dann aber als Club- und Vergnügungslokal der Amerikaner. Dadurch kam in unser so stumm gewordenes Dorf reges Leben und Treiben. Unsere jungen Mädchen und Frauen waren gern gesehene Gäste in solchen Vergnügungsstätten, zum Leidwesen unserer jungen Männer, besonders der Kriegsteilnehmer. Die Folge war, daß daß der Krieg sich in einzelne Familien verlagerte und zu bösen Unzuträglichkeiten führte. Die Arbeitslosigkeit nahm immer mehr zu, und viele nahmen deshalb eine Beschäftigung bei den Amerikanern an.

Unter den vielen Millionen ausländischer Arbeitskräfte waren es die Polen, die nach dem Zusammenbruch hier bei uns wie allenthalben in brutalster Weise alles verlangten, was ihnen gelüstete. Vieh wurde von den Weiden und aus den Ställen gestohlen und abgeschlachtet. Fahrräder wurden auf der Straße den Leuten abgenommen. Alleinstehende Häuser und Gehöfte wurden in der Dunkelheit umstellt und ausgeräuchert. Die Bewohner wurden unter Drohung des Erschießens in die Keller getrieben und eingesperrt, Wer sich widersetzte wurde niedergeschossen.

Unsere Polizei hatte keine Waffen mehr und war somit schutz- und machtlos, wogegen die Polen sich alle Handfeuerwaffen angeeignet hatten. Jeder mußte zur Selbsthilfe greifen. Wenn Zusammenrottungen von Polen laut wurden, ob bei Tag oder Nacht, wurde im Dorf Feueralarm gegeben, und alle Männer, mit einem Knüppel bewaffnet, standen zur Abwehr bereit. Es ging kaum ein Tag hin, wo nicht ein Geplänkel mit den Polen vorkam. Schließlich griff die amerikanische Militärpolizei mit aller Forsch ein und verwies die Polen in ihre Schranken. Nach und nach wurden dann die Polen abtransportiert.

Die Auswirkungen eines verlorenen Krieges in einem nie dagewesenen Ausmaß wird uns täglich vor Augen geführt. Unsere Soldaten, 17- bis nahezu 50jährige, kommen nach und nach zurück, zerlumpt, zerknirscht und abgemagert, nachdem sie sich monatelang umhergetrieben haben, um ein Zuhause wiederzufinden. Wohl dem, der sein eigen Haus und Herd und Familie einigermaßen unversehrt wiederfindet. Viele aber sind noch nicht zurück und haben noch kein Lebenszeichen von sich gegeben, besonders von Rußland.

Die Ernährungslage wird immer schwieriger. Die Zuteilungen sind zum Sattessen nicht genug und zum Verhungern noch reichlich. Hier ein Beispiel:

1950 - Lebensmittelmarken

Der Normalverbraucher, dies sind wohl die meisten Volksgenossen, bekommt die Woche:

Brot - 2500 Gramm
Nährmittel - 375 Gramm
Kaffee-Ersatz - 30,5 Gramm
Kartoffeln - 2500 Gramm
Fleisch - 112,5 Gramm
Fisch - 150 Gramm
Fett - 50 Gramm
Käse - 15,5 Gramm
Magermilch - 500 Gramm
Zucker und Marmelade - 185,5 Gramm
Gemüse - 500 Gramm



Eier und sonstige Lebensmittel kommen soviel wie gar nicht zur Verteilung. Die vorgenannten Mengen sind schon bedeutend weniger gewesen. Manchmal können die zur Verteilung stehenden Mengen nicht abgegeben werden, weil verschiedene Waren nicht beschafft werden können. Obwohl die Ablieferungsplicht an Korn, Kartoffeln, Schlachtvieh sehr hart ist, langt es doch nicht hin und nicht her.

Die Widerstandskraft der Menschen wird durch die viel zu wenigen Lebensmittel immer schwächer. Der Tod hält somit reiche Ernte. Massenquatiere, enge und feuchte Wohnräume, mangelnde Hygiene, keine ausreichende Ernährung, keine genügende Feuerung für ein warmes Zimmer, nichts im Topf, nichts unterm Topf, dies alles sind die treibenden Kräfte zum Volksuntergang.

Wenn ich sagte „keine Feuerung“, so hat sich dieses, weil viel zu wenig Kohlen herankommen, auf unsere Waldbestände fürchterlich ausgewirkt. Ganze Wälder ringsum sind vollständig kahlgehauen. Ohne den Besitzer zu fragen wird die Axt an jeden für sie passenden Baum gelegt.

Wie es mit dem Holz ist, so ist es auch mit allen Gebrauchsartikeln. Gestohlen wird alles, ob bei Tage oder bei Nacht, mit einer herausfordernden Dreistigkeit. Selbst in der Eisenbahn, die kein Licht, keine heilen Fensterscheiben, kein dichtes Dach mehr hat, darf man sein Handgepäck usw. nicht aus der Hand legen, sonst ist es bestimmt gestohlen.

Das Jahr 1947 hat begonnen. Wie wird es enden? Selten hat der Winter mit solcher Harnäckigkeit so lange angehalten wie der jetzige. Von Anfang Dezember 46 bis Ende Februar 47 hatten wir keine Niederschläge, nur trockenen harten Frost bis zu 19 Grad unter Null. Seit Anfang März starke Schneefälle, die den Verkehr sehr hindern. Keine Kohlen, kein Mehl und keine Nahrungsmittel können befördert werden. Alle möglichen Kornarten wie Roggen, Weizen, Gerste, Mais, Hafer werden zur Brotbereitung verwendet.

Am 16.3.47 setzte Tauwetter ein. Den 18.3. stürzten, verursacht durch den starken Eisgang, in Bremen alle Brücken über die Weser in einem Zeitraum von morgens 10 Uhr bis abends 7.30 Uhr ein, die Fußgängerbrücke über das Weserwehr, die Weserbrücke, die von den Amerikanern erbaute Trumanbrücke, die im Aufbau befindliche Kaisenbrücke und die wiederhergestellte Eisenbahnbrücke. In den nächsten Tagen verursachen die anbrausenden Schmelzwassermassen große Überschwemmungen. Eine Katastrophe jagt die andere.