Heydekrug/Räumungsbericht
Räumung des Kreises Heydekrug im Aug. u. Okt. 1944
von Arthur Kausch
In der nachfolgenden Niederschrift werde ich mich bemühen in zeitlicher Reihenfolge aufzuschreiben, was von der landwirtschaftlichen Räumung des Kreises Heydekrug mir noch in Erinnerung geblieben ist. Angegebene Daten und Zahlen machen keinen Anspruch auf unbedingte Genauigkeit, denn ich besitze keine Notizen mehr. Trotzdem glaube ich noch ein einigermaßen genaues Bild über den Ablauf des Geschehens geben zu können.
Ende Juli 1944 näherte sich die Front der Reichsgrenze. Die Getreideernte war in vollem Gange. Trotz des schon recht deutlich zu hörenden Geschützdonners war die Bevölkerung ruhig und ging ihrer Arbeit nach. Die Räumung des engl. Kriegsgefangenen-Lagers in Matzicken b/Heydekrug machte keinen Eindruck auf die Einwohner. Auch der Abtransport der Evakuierten aus dem Westen beunruhigte nicht. Die ersten bednklichen Gesichter gab es als die Kreisstadt Heydekrug von alten Leuten, Frauen und Kindern geräumt wurde, doch glaubte niemand an eine ernstliche Gefahr.
Am 1. oder 2. August wurde ich nach Heydekrug gerufen. Es erwartete mcih der Landesbauernführer Spiekschen und Dr. Schwarz oder Schwarze von der Landesbauernschaft. Der Landesbauernführer überbrachte den Räumungsbefehl für die Landbevölkerung des Kreises. Als Räumungstag war der 4.8. bestimmt. In der sich anschliessenden Besprchung wurde festgelegt: Die Frauen und Kinder sollen mit Pferd und Wagen in den Kreis Labiau trecken.
Die zurückbleibenden Männer sollen das Vieh sammeln und auf die Wiesen an den Rußstrom treiben. Wenn die Straßen frei von Fuhrwerken sind, soll das Vieh aus dem nörlichen Teil des Kreises Heydekrug und aus dem Kreise Memel über die Elchbrücke bei Ruß auf das südliche Memelufer getrieben werden.
Das Vieh aus dem südlichen Teil des Kreises soll auf den Wiesen zwischen Galston Joneiten (Anm.: eingepfarrt zu Plaschken) und Schilleningken zusammengetrieben werden. Es soll dann versucht werden das Vieh durch den Memelstrom zu treiben. Auch dieses Vieh soll auf die Wiesen in den Kreis Labiau.
In der folgenden Nacht wurden die Bezirksbauernführer von der bevorstehenden Räumung unterrichtet und darauf hingewiesen, dass nochMarschbefehle mit Abfahrtzeiten und Marschwegen zugestellt würden. den Räumungsplan arbeitete die Freisbauernschaft aus.
Hierzu muss noch gesagt werden, dass für den Kreis Heydekrug und für den Kreis Memel nur die eine Memelbrücke bei Ruß vorhanden war. Die Wehrmachtsbrücke über die Memel, von Schilleningken nach Kukenese, war noch nicht fertig. Nur der südlichste Teil des Kreises Heydekrug, ungefähr der Amtsbezirk Rucken, durfte auf der Reichsstraße in Richtung Tilsit fahren. Die vorhandenen kleinen Fähren wurden den anliegenden Ortschaften zur Verfügung gestellt.
4.8.1944 Beginn der Räumung
Am 4.8. begann die Räumung.Die Bezirksbauernschaften brachen zu den festgesetzten Zeiten, man kann sagen, pünktlich auf.
In den Nachmittagsstunden waren sämtliche Fahrzeuge aus dem Kreise unterwegs. Durch Viehherden aus dem Kreise Memel kam es an der Elchbrücke zu Ruß zu größeren Stockungen. Die Fuhrwerke konnten jedoch auf die Wiesen vor der Brücke abgeleitet werden. Die sich auf Strasse von Heydekrug nach Ruß befindlichen Fahrzeuge fuhren dann unbehindert weiter.
Kleinere Aufenthalte gab es in Heydekrug vor der Szieszebrücke beim Hotel Germania. Hier trafen die Trecks aus dem nördlichen Teil des Kreises mit den Fahrzeugen aus dem südlichen Teil zusammen. Zu Verstopfungen kam es nicht.
Eine Panne gab es an der Fähre in Galston Joneiten. Der dort stationierte Wehrmachtpostenführer brachte es fertig mehrere 100 Fuhrwerke wieder zurückzuschicken. Ich konnte den Postenführer erst nach langem Reden von der Richtigkeit des Räumungsbefehls überzeugen. Abends um 1/2 10 Uhr rollten dann wieder die Fuhrwerke in Richtung Memelfähre.
5.8.1944
?.8.1944
wird fortgesetzt
Mit freundlicher Genehmigung von Ilse Spetz, der Tochter von Arthur Kausch
Quelle: KAUSCH, Arthur (früher Schillwen): Niederschrift über die Räumung des Kreises Heydekrug/Ostpr. im August und Oktober 1744 (leicht gekürzt erschienen im Memler Dampfboot 9/2000)