Herforder Chronik (1910)/034

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
< Herforder Chronik (1910)
Version vom 18. März 2009, 20:44 Uhr von Kriete (Diskussion • Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version • aktuelle Version ansehen (Unterschied) • Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Herforder Chronik (1910)
<<<Vorherige Seite
[033]
Nächste Seite>>>
[035]
Datei:Herforder Chronik 1910.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



D. i. Willst du, wer du auch seiest, durch Waltgers Gebet Schutz finden, hemme den Schritt, um diese Grabstätte zu besehen.

Als im Jahre 1735 die Kapelle für den Gottesdienst der reformierten Gemeinde umgebaut wurde, sind die Inschriften verschwunden.“

In dem Lehnssaal der älteren abteilichen Gebäude, wo jede Äbtissin beim Antritt ihrer Regierung das Lehnsgericht „saß“, d. h. ältere Lehen den Lehnsmännern des Stiftes bestätigte oder neue verlieh, war das Andenken an den Gründer des Stiftes durch sein Bildnis mit folgender Unterschrift geehrt:

Als men schref in nier Ehe
Achthundert dertig und thwe,
Uth eschen[1] Marien unser Fruwen
Hebbe ick düt Sticht gebuwen.

Außerdem lebte das Andenken an Waltger fort in der Feier des Wolderus-festes, das vielleicht als Kirchweihfest anzusehen ist. An diesem Festtage mußte der Meier zu Oldenheroorde, der Pachter des ältesten Hofes auf stiftischem Grunde, gewisse Abgaben als Zinsen an das Stift liefern. Sie bestanden, was in jenen Zeiten erklärlich ist, zumeist aus Nahrungsmitteln. Wenn sie der Meier überbrachte, hatte die Vorsteherin der Abtei ihm eine kleine Gegengabe zu leisten. Dergleichen Leistungen der Zinspflichtigen an geistliche Stiftungen, sowie die Bewirtung des Abliefernden oder Gegengeschenke an ihn lassen sich noch in jüngster Zeit nachweisen und sind erst allmählich durch Geldbeträge abgelöst worden. Sie waren gewöhnlich in „besiegelten Briefen“, d. h. in Pergamenturkunden mit anhängenden Wachssiegeln bis in die unbedeutendsten Einzelheiten festgestellt und niemand durfte sich erkühnen, jemals davon abzuweichen. Wir lassen hier die deutsche Übersetzung einer lateinisch geschriebenen Urkunde folgen, um dem geneigten Leser einen Einblick in das Verhältnis eines ländlichen Lehnsmannes zur Abtei zu gewähren. Sie ist bei Storch, Chronik von Herford, Ausgabe 1748, abgedruckt[2]:

„Am Wolderusfeste[3] gibt der Meier zu Oldenhervorde als lehnspflichtige Abgabe 50 Hühner (pullos) mit 18 Gänsen (auois). Von jenen Hühnern und Gänsen werden der Vorsteherin zwei Hühner und eine Gans und große Semmeln, der jüngeren Vorsteherin zwei Hühner und zwei Weißbrötchen und zwei schmale Weizenbrötchen geliefert. Zur Küche der Stiftsfräulein gehen von vorgenannten 50 Hühnern 30 ab, und von diesen 30 Hühnern werden den Stiftsdamen 20 gegeben und ad caldarium (Warmbad) zehn Hühner und vier Gänse. Zur Küche der Damen wird auch ein gutes Schwein geliefert, das zwei Finger dicken Speck hat, drei fette Schafe und der Vorderbug einer Kuh, elf Spanferkel (porcinas assaturas) und elf Lämmer (ovinas); zum Speisesaal 20 große Semmeln.
Die Vorsteherin gibt dem Meier einen größeren Trunk Wein und einen


  1. Auf Anstiften.
  2. Auch bei Darpe S. 139.
  3. Siehe Schluß dieses Kapitels.