Schulprogramm
Als Schulprogramm bezeichnet man im historischen Zusammenhang[3] eine Schriftenreihe einer höheren Schule.
Diese Schulprogramme wurden in Deutschland und im deutschsprachigen Ausland, z.B. Österreich und der Schweiz im 19. und bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhundert von fast allen Gymnasien und später auch von den Pro-Gymnasien und Realschulen veröffentlicht.
Der Begriff Schulprogramm wurde bereits gegen Ende des 19. Jahrhundert durch die Bezeichnung Jahresbericht ersetzt. Schulprogramme wurden in fast allen Ländern des damaligen deutschen Reiches herausgegeben. [4]
Zusätzlich zum eigentlichen Jahresbericht wurde auch eine Beilage herausgeben, die sich mit einem wissenschaftlichen Thema befasste. Diese Abhandlungen waren z. B. im Land Preußen zwischen 1824 und bis ca. 1875 verpflichtend.
Inhalt
Schulprogramme stellen eine einzigartige historische Quelle dar. Dies gilt vor allem für die ehemaligen deutschen Ostgebiete, da in den Berichten sehr oft Daten und Fakten von nicht mehr existierenden Schulen und Lehranstalten genannt werden.
Sie geben einen Rückblick auf das Leben und den Alltag der einzelnen Schulen. Darüber hinaus enthalten sie auch, meist sehr detaillierte, Hinweise auf die Mitglieder des Lehrkörpers [5], die Schülerschaft und die Abiturienten der Schule [6]. In den Verzeichnissen der Absolventen werden häufig auch der Name des Vaters und der angestrebte Beruf genannt.
Aufgeführt werden nicht nur Verfügungen und Erlasse der vorgesetzten Behörden [7] und die im Unterricht gelesenen Bücher und Schriften, sondern auch es werden auch Ankäufe für die Schulbibliothek aufgezählt oder der Kauf von Apparaten und Maschinen für den Chemie- oder Physikunterricht. Man findet aber auch so profane Dinge wie Berichte über die Schulausflüge oder den genauen Beginn des Unterrichtes nach den Schulferien.
Aufbau
Schulprogramme hatten z.B. in Preußen seit 1824 durch eine Anordnung des Ministeriums eine einheitliche Struktur. Andere Länder wie z.B. Bayern und Hessen führten in den folgenden Jahren ebenfalls eine einheitliche Struktur ein.
Beispiel aus Hersfeld, preußische Provinz Hessen-Nassau
- Schulnachrichten
- I. Allgemeine Lehrverfassung
- 1. Übersicht
- 2. Unterrichtsverteilungsplan für das Schuljahr.
- 3. Übersicht über die während des Schuljahres durchgenommenen Lehraufgaben.
- II. Verfügungen der vorgesetzten Behörden.
- III. Chronik.
- IV. Statistische Mitteilungen.
- 1. Schüler Frequenztabelle
- 2. Religions- und Heimatsverhältnisse
- 3. Verzeichnis der für reif erklärten Schüler
- V. Sammlung von Lehrmitteln.
- VI. Stiftungen und Unterstützungen von Schülern.
- VII. Mitteilungen an die Eltern und die Schüler. [8]
- Eine wissenschaftliche Beilage vom Direktor oder einem Mitglied des Lehrkörpers. [9]
Geschichte
Vorläufer der Schulprogramme lassen sich auch schon im 17. und im 18. Jahrhundert nachweisen. Nach dem 2. Weltkrieg finden sich keine einheitlichen Jahresberichte mehr.
Weitere Informationen finden sich in der Wikipedia [10]
Überlieferung
Die umfangreichsten Bestände an Schulprogrammen besitzen wohl derzeit die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) in Berlin und die Justus-Liebig-Universität in Gießen.
Ebenfalls sehr viele Schulprogramme finden sich in:
- der Forschungsbibliothek in Gotha (Stand: 01.03.2007)
- Franckeschen Stiftungen (auch Glauchasche Anstalten) zu Halle (Stand: 01.03.2007)
- im staatliches Gymnasium in Hamburg, Christianeum (Stand: 01.03.2007) (dort gesammelt seit 1854)
- Stadtbibliothek der Hansestadt Lübeck (Stand: 01.03.2007).
Bibliografien
Umfangreichste Bibliografie ist mit etwa 55.000 verzeichneten Titeln das von Franz Kössler auf der Basis der Gießener Bestände erstellte Verzeichnis der Programm-Abhandlungen deutscher, österreichischer und schweizerischer Schulen der Jahre 1825 - 1918. Es ist alphabetisch nach Verfassern geordnet und enthält ein Orts- und Schulverzeichnis.
Franz Kössler: Verzeichnis von Programm-Abhandlungen deutscher, österreichischer und schweizerischer Schulen der Jahre 1825 - 1918 : Erg.Bd. 1991. ISBN 3-598-10665-3 [11]
Die daraus entstandene Daten befinden sich in einer Datenbank auf der Homepage der Universitätsbibliothek Giessen. [12]
Anmerkungen
- ↑ Der vollständige Jahresbericht kann als PDF Dokument auf der Homepage der Universitätsbibliothek Giessen eingesehen werden.
- ↑ Die wissenschaftliche Beilage kann als PDF Dokument auf der Homepage der Universitätsbibliothek Giessen eingesehen werden.
- ↑ Im heutigen Schulrecht ist ein Schulprogramm dagegen ein Dokument, das die Ziele einer Schule formuliert. In vielen Bundesländern sind alle Schulen verpflichtet, ein Schulprogramm zu entwicklen, vgl. Artikel Schulprogramm. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie..
- ↑ Richard Ullrich [siehe Literatur] erwähnt u.a.: Anhalt, Baden, Bayern, Braunschweig, Elsaß-Lothringen, Hamburg, Hessen, Sachsen und Württemberg.
- ↑ siehe im GenWiki: Die Lehrer des Hersfelder Gymnasiums
- ↑ siehe im GenWiki: Gymnasium zu Hersfeld, Verzeichnis der für reif erklärten Schüler. Ostern 1904
- ↑ Michael Morkramer hat diese Verfügungen einmal für das Ostendorf-Gymnasiums in Lippstadt zusammengestellt;
Die preußischen Schulprogramme und ihre Circularverfügungen Quellen aus dem Schularchiv des Ostendorf-Gymnasiums in Lippstadt - ↑ siehe im GenWiki: Hersfeld, Gymnasium, Jahresbericht 1904
- ↑ siehe im GenWiki: Hersfeld, Gymnasium, Beilage zu dem vorgenannten Jahresbericht von 1904
- ↑ Artikel Schulprogramm (historisch) ein Excellenter Artikel. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
- ↑ Das Buch von Franz Kössler befindet sich als PDF Dokument auf der Homepage der Universitätsbibliothek Giessen und kann hier eingesehen werden.
- ↑ Die Datenbank kann hier durchsucht werden. Franz Kössler: Katalog und Bibliographie der Schulprogramme
Literatur
- Markus Kirschbaum: Litteratura Gymnasii, Schulprogramme höherer Lehranstalten des 19. Jahrhunderts als Ausweis von Wissenschaftsstandort, Berufsstatus und gesellschaftspolitischer Prävention.
Schriften des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz. Bd 2. Koblenz 2007. ISSN 1861-6224 - Franz Kössler: Verzeichnis von Programm-Abhandlungen deutscher, österreichischer und schweizerischer Schulen der Jahre 1825–1918. (Alphabetisch geordnet nach Verfassern). 5 Bde. Saur, München/London/New York/Paris 1987–1991. ISBN 3-598-10665-3
- Richard Ullrich: Programmwesen und Programmbibliothek der Höheren Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Übersicht der Entwicklung im 19. Jahrhundert und Versuch einer Darstellung der Aufgaben für die Zukunft. Weidmann, Berlin 1908. (Erweiterter Abdruck aus der Zeitschrift für das Gymnasialwesen. Berlin 61.1907.)
Genwiki
- Brieg, Schlesien, Königliches Gymnasium, Beilage zum Jahresbericht 1869: Brieg/Gymnasium
- Hersfeld, Gymnasium, Jahresbericht 1904: Jahresbericht über das Königliche Gymnasium zu Hersfeld für das Schuljahr 1903-1904
- Hersfeld, Gymnasium, Beilage zum Jahresbericht 1904: Geschichte des Gymnasium zu Hersfeld von 1817 - 1876
- Meseritz, Königliches Gymnasium, Jahresbericht 1911 bis 1915: Kgl. Gymnasium Meseritz, 1911/12, 1912/13, 1914/15
Weblinks
Digitalisierte Schulprogramme finden sich hier:
- Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung in Berlin (Stand: 01.03.2007)
- Digitalisierte Volltexte von ausgewählten Schulprogrammen der Universitätsbibliothek Giessen - Sammlung Schulprogramme (Stand: 01.03.2007)
- Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz, Schulprogramme aus dem Bestand der Rheinischen Landesbibliothek (Stand: 01.03.2007)
- 600 Jahre Gymnasium zu Stendal 1338-1938 (Stand: 01.03.2007)
- Jahresberichte Franz-Joseph-Gymnasium Wien (1882-1895) (Stand: 01.03.2007)
weitere Informationen
- Mönch, Regina, Die Preußen wussten noch, was in ihren Schulen los war. FAZ vom 15.11.2002 (Stand: 01.03.2007)
- Artikel Schulprogramm (historisch) ein Excellenter Artikel. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. (Stand: 01.03.2007)
- Historische Bildungsforschung Online (Stand: 01.03.2007)
- Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung in Berlin (Stand: 01.03.2007)
- Gießener Schulprogrammschriftensammlung der Universitätsbibliothek Giessen (Stand: 01.03.2007)
- Franckeschen Stiftungen (auch Glauchasche Anstalten) zu Halle (Stand: 01.03.2007)
- Das Christianeum, ein Gymnasium in Hamburg (Stand: 01.03.2007)
- Stadtbibliothek der Hansestadt Lübeck (Stand: 01.03.2007)
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