Die Deutschen Personennamen/090

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Die Deutschen Personennamen
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denn Fabronius, welches bedeuten sollte Faber Aonius, den Musenschmied. Ein Birnbaum übersetzt sich Pyrus; weil er aber einiges dichtet, nennen ihn die Freunde Pierius, von Pieris, die Muse.

Andere bilden den lateinischen Namen nach ihrem Geburtsort, so der 1476 gestorbene Mathematiker Johann Müller aus Königsberg in Franken Regiomontanus, der Kardinal Thomas de Vio aus Gaeta in Italien Cajetanus, der Kardinal Nikolaus Cusanus nach Cues an der Mosel. Der Arzt Paracelsus heißt ursprünglich von Hohenheim. Luthers Genosse Spalatin nennt sich so nach Spalt bei Nürnberg, der Liederdichter Paul Speratus heißt ursprünglich von Spretten. Der Name des Astronoms Köpernikus ist aus Köppernig gebildet; so heißt ein Dorf im Regierungsbezirk Oppeln, nach dem die Familie wahrscheinlich ihren Namen trug; der Name findet sich auch sonst als Ortsname. Der bairische Historiker Aventinus um 1500 nennt sich so nach seinem Geburtsort Avensberg, der Astrolog Michel de Notredame Nostradamus.

Aber der Brauch, lateinische Namen anzunehmen, beschränkte sich nicht auf Gelehrte, sondern jeder, der etwas darstellen wollte, trug gern einen lateinischen Namen. Griff das Lateinische als Gelehrten- und Amtssprache doch in alle Verhältnisse ein; viele verstanden es einigermaßen, die anderen gaben sich wenigstens den Anschein. Moscherosch sagt im 17. Jahrhundert: „Fast jeder Schneider Will jetzund leider Der Sprach' erfahren sein Und redt Latein.“ In Schillers Wallenstein rufen die Soldaten: „Vivat Ferdinandus!“ Der Hofschulze in Immermanns Oberhof behauptet, er besitze das Schwert des Kaisers Carolus Magnus, und Willibald Alexis läßt die Soldaten singen: „Fridericus Rex, unser König und Herr.“

Selbst in kleinen Städten steht an der Spitze der Stadt der Konsul, ihm zur Seite der Prokonsul, im 18. Jahrhundert erläßt einmalsenatus populusque Nordlingensis eine Verfügung, und noch der Unterlehrer heißt Hypodidaskalus. Zahllose Ausdrücke der Amtssprache wie ad acta hat erst die neueste Zeit beseitigt, und noch heute setzt der Spezereiwarenhändler seinen Anpreisungen voran p. p. (praimissis praemittendis) oder p. t. (praemisso titulo), obgleich er den Sinn der rätselhaften Buchstaben nicht mehr kennt und die Empfänger ebensowenig. Schreiben doch selbst die Behörden noch