Zipser-Deutsche
Die Zips war eine deutsche Sprachinsel in der Slowakei, die in zwei Gebiete zerfiel, in die Oberzips am Fuße der Hohen Tatra an den Flüssen Popper (Poprad) und Kundert (Hernad) mit den städtischen Mittelpunkten Käsmark und Leutschau und die untere Zips oder der Gründner Boden an den Flüssen Gölnitz und Schmöllnitz, deren wichtigste Orte die Bergbaustädte Gölnitz, Schmöllnitz und Wagendrüssel darstellten.
Seit etwa 1150 siedelten Deutsche auf der Hochebene der Zips (Zipser Sachsen). Sie wurden vom ungarischen König gerufen. Die Oberzips wurde im Zug der ostmitteldeutschen Kolonisation seit dem 12. Jh. in zwei Wanderzügen (einem ersten aus dem Rheinland und Luxemburg, einem zweiten aus Schlesien), das Bergbaugebiet der Unterzips dagegen etwas später von Oberdeutschen (Bayern) besiedelt.
1271 erhielten die Einwohner der dortigen Städte, die Zipser "Sachsen" (ungarisch = Szepzesi Szászok), ähnlich den Siebenbürger "Sachsen" vom König von Ungarn eine gewisse Selbstverwaltung unter eigenen Grafen (Zipser Komitat). So konnten sie ihre kulturelle und rechtliche Eigenständigkeit bewahren. Die Angehörigen der privilegierten deutschen Volksgruppe (sie bildeten eine eigene Rechtskörperschaft) wurden seitens der Ungarn als "Sachsen" bezeichnet, unabhängig von ihrer Herkunft.
1412 wurden 13 der 24 Städte der Oberzips an Polen verpfändet. Das durch die Hussitenkriege verwüstete Land kam schließlich an Habsburg (1526). Während hier die von Ferdinand I. tolerierte Reformation den Erhalt des Deutschtums begünstigte, ging seit der Gegenreformation (1674) der Anteil der Deutschen zurück. 1772 kamen die an Polen verpfändeten Städte an Ungarn zurück. Die Zipser Sachsen hatten ihre deutsche Identität besser behaupten können als die bei Ungarn verbliebenen Orte. Nur die beiden Freistädte Käsmark und Leutschau hatten sich hier, gestützt auf ihr deutsches Schulwesen, eine Sonderstellung zu behaupten gewußt.
Im 19. Jh. wanderten viele Slowaken in die Zips ein, während die Oberschicht der Zipser Deutschen sich rasch magyarisierte. Nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich des Jahres 1867 geriet das Deutschtum unter verstärkten Druck (Magyarisierungspolitik). 1876 wurde die Selbstverwaltung aufgehoben. Die Zahl der Zipser Deutschen sank von 61.631 (= 35%) im Jahre 1869 auf 38.424 (= 22%) im Jahre 1910. Viele wanderten in die USA aus, wo sie ein lebhaftes Vereinswesen ins Leben riefen.
1919 fiel die Zips an die Tschechoslowakei. Durch den Zusammenschluß mit den Sudetendeutschen wurden sich auch die Zipser Deutschen ihrer Identität wieder stärker bewußt.
Die meisten Angehörigen der deutschen Volksgruppe wurden 1945 aus ihrer Heimat vertrieben. Sie flüchteten nach Deutschland oder wurden in die UdSSR verschleppt. Viele starben. Nur im Dorf Metzenseifen gibt es heute noch eine deutsche Mehrheit. Insgesamt leben heute in der Slowakei etwas über 5.000 Karpatendeutsche. Einer davon ist der frühere Staatspräsident Rudolf Schuster.
Literatur
Folgende Werke beschäftigen sich vornehmlich mit dieser Volksgruppe:
- Hugo Grothe: 700 Jahre deutschen Lebens in der Zips. Crimmitschau 1927.
- Erich Fausel: Das Zipser Deutschtum. Geschichte und Geschicke einer deutschen Sprachinsel im Zeitalter des Nationalismus. Jena 1927.
- Julius Gréb: Zipser Volkskunde. Reichenberg 1932.
- Adreßbuch der Zipser Sachsen in Ungarn. Budapest 1931.
- Georg Wagner: Die Zips, die deutsch-evangelische Tatra-Hochburg, landschaftlich, kultur- und kirchengeschichtlich geschildert. Dresden 1932.
- Hugo Grothe: Grothes kleines Handwörterbuch des Grenz- und Auslanddeutschtums. München und Berlin 1932.
- Alfred Bohmann: Menschen und Grenzen. Band 4. Bevölkerung und Nationalitäten in der Tschechoslowakei. Köln 1975.
- Lexikon des Mittelalters IX, Sp. 626.
--Dege 07:17, 12. Jul 2004 (CEST)