Köln/Adressbuch 1895/Geschichte 6

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Köln/Adressbuch 1895
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den evangelischen Kirchen fand Festgottesdienst, auf dem Neumarkt um 12 Uhr Parade und im Gürzenich Nachmittags ein Festmahl statt. An letzterem nahmen etwa 600 Personen theil. In den sämmtlichen Schulanstalten wurde die Feier durch Ansprachen und Gesänge begangen, in einigen Schulen auch patriotische Festspiele aufgeführt. Außer den öffentliche hatten diesmal ungewöhnlich viele Privatgebäude Fahnenschmuck angelegt, was darauf zurückgeführt wurde, daß wenige Tage vor dem Geburtsfeste die Kunde von einer Aussöhnung des Kaisers mit dem Fürsten Bismarck sich verbreitet hatte, und thatsächlich letzterer am 26. Januar zum Besuch des Kaisers in Berlin war. – Zum 1. April, dem 78. Geburtstage unseres Ehrenbürgers, des Fürsten Bismarck, war dessen Standbild nebst Umgebung auf dem Casinoplatze reich mit Palmen, Blumen und Kränzen geschmückt, während Fahnen und Flaggen die umliegenden Häuser zierten. Die Stadt übersandte dem Fürsten eine Glückwünschadresse nebst Blumenspende. Die nationalliberale Partei veranstaltete am Abende aus Anlaß des Geburtsfestes einen zahlreich besuchten Commers in der Lese.

Die Einleitung zu dem diesjährigen Carneval war von den verschiedenen Gesellschaften in üblicher Weise bereits am 11. November 1893 getroffen worden, und zwar seitens der Großen Carnevals-Gesellschaft als Vorfeier ihres 50 jährigen Jubiläums, während die Große Kölner Carnevals-Gesellschaft gleichzeitig den 70. Geburtstag ihres Präsidenten August Wilke festlich beging. Die Stadtverordneten-Versammlung bewilligte dem leitenden Fest-Comité die unentgeltliche Benutzung des Gürzenich zu je einem Damen-Comité der beiden genannten Gesellschaften, sowie zu einem gemeinsamen Maskenballe am Lichtmesstage und stellte den übliche Beitrag von 1500 M. zu den Kosten des großen Maskenzuges zur Verfügung. Die große Carnevals-Gesellschaft beging ihr Jubiläum in einer besonderen Festsitzung am Sonntag, den 21. Januar, im Viktoriasaale, zu welcher die Spitzen der Militär- und städtischen Behörden sich eingefunden hatten. Der Oberbürgermeister überreichte dabei einen von der Stadt gestifteten Jubiläumshumpen, während von zahlreichen anderen Seiten Glückwünsche und ehrende Spenden dargebracht wurden. Zur Erinnerung an das Jubiläum hatte der Vorstand ein künstlerisch ausgestattetes Gedenkblatt anfertigen lassen, welches die Portraits der Präsidenten der Gesellschaft seit 1844 enthielt. Im Allgemeinen wurde den Sitzungen der beiden großen, sowie auch den übrigen bedeutenderen Gesellschaften die Anerkennung zu Theil, daß in den Vorträgen und Liedern Gehässiges und Anstößiges möglichst ferngehalten wurde. Die Erwartungen für die Festtage waren sehr gering, weil das Wetter in der Vorwoche – 29.Januar bis 3. Februar – meist naß und rau war. Der dem Prinzen Carneval am Samstag Abend veranstaltete Fackelzug verregnete vollständig. Zu aller Freude stieg Sonntag den 4. Februar die Sonne hell und klar auf, und es entwickelte sich an diesem Tage ein ungewöhnlich lebhaftes Maskentreiben in den Straßen und Wirthschaften, das sich bis zum folgenden Mittag erstreckte. Leider begann der Montag mit feinem Regen, der am Abend in Strömen niederfloß. Der große Maskenzug, welcher mit großer Pracht in den Wagen und Einzelgruppen ausgestattet war, bewegte sich in der vorgeschriebenen Weise, allerdings beeinträchtigt durch die Ungunst der Witterung, die auch auf den Verkehr ihren Einfluß ausübte. Die zu Lätare veröffentlichten Rechnungsabschlüsse ergaben seitens des Fest-Comités eine Einnahme und Ausgabe von 14 037 M. und zwar unter den Einnahmen 1863 M. vom Lichtmeßballe, 7279 M. vom Neumarkte, 2940 M. freiwillige Beiträge, 1500 M. Beitrag der Stadt Köln und 455 M. Zuschuß der beiden Großen Gesellschaften. Die Unkosten betrugen für den Lichtmessball 992 M., für den Maskenzug 8805 und für Zuschüsse an andere Gesellschaften 4240 M. Die Rechnung der Großen Gesellschaft schloß in Einnahme und Ausgabe ab auf 26 906 M. und diejenige der Großen Kölner auf 18 759 M.

Wahlen.

Die Erneuerungswahl zum Gewerbegericht fand am 6. März seitens der Arbeitnehmer und am 7. seitens der Arbeitgeber statt. Letztere bethheiligten sich nur in geringer Zahl an der Wahl, während die Arbeitnehmer in größerem Umfange von ihrem Rechte Gebrauch machten. Die Socialdemokraten entwickelten dabei eine rührige Thätigkeit und brachte ihre Candidaten bis auf 2 durch. – Montag den 23. April hatte die 1. Wählerklasse eine Ersatzwahl für den bisherigen Stadtverordneten Baurath Freyse vorzunehmen, welchem die Aufsichtsbehörde die Wiederannahme des Mandates versagt hatte. Von 96 erschienenen Wählern wurde einstimmig der Fabrikbesitzer Adolph Bauer in Lindenthal gewählt. Theater und Circus. Nach Schluß der Spielzeit in Stadttheater am 1. Mai begannen unter Direktion Jul. Hofmann Schauspielvorstellungen im Floratheater, die bei ungünstiger Witterung in das Stadttheater verlegt wurden. – Samstag den 28. April eröffnete das neu eingerichtet Scalatheater Herzostraße Nr. 7, unter der Direktion J. Steinbüchel seine Vorstellungen, ähnlich wie im Reichshallentheater, unter großem Zulauf. – Der Circus Busch produzirte sich in der zweiten Hälfte Juni in dem Cicus des Kaisergartens. – Im September fanden sich zwei Circusgesellschaften hier ein, der Circus Carré in dem eigenen Gebäude an der Gertrudenstraße bis zum 18. Oktober und der Circus Corty-Althoff im Kaisergarten bis 3. Oktober.

Flora.

Die finanziellen Ergebnisse der Flora waren in den letzten Jahren keineswegs erfreuliche, so daß der Bestand dieses früher sehr beliebten Etablissements in Frage kam. Nachdem ein aus den Aktionären gebildeter Aussschuß die Sachlage eingehend geprüft und Vorschläge über nothwendige Verbesserungen. insbesondere hinsichtlich der baulichen und Wirthschaftseinrichtungen vorbereitet hatte, fand am 20. April eine zahlreich besuchte General-Versammlung statt, in welcher diesen Vorschlägen die Genehmigung ertheilt und eine Zuzahlung von 60 M. auf jede Aktie