Lyncker (Familienname)

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Herkunft und Bedeutung

Die bekannte Goethe-Ahnen-Familie Lüncker oder Lyncker geht, soweit bisher gesicherte Daten vorliegen, auf den Marburger Wirt, Ratsherr, Rentmeister und Schöffe Jost Lüncker, auch Jost Schnider oder Snider genannt (* um 1475, erwähnt ab 1494, + 1536), zurück.

Die Tradierte Ahnenreihe vor Jost Lüncker

Eine Genealogia Lynckerorum, die 1610 von dem Gießener Professor Conrad Dieterich - er hatte selbst in diese Familie eingeheiratet - veröffentlicht wurde, die F.W. Strieder in seiner Hessischen Gelehrtengeschichte, Band 8 (1788) veröffentlichte und die auch Grundlage einer 1894 von K.W. Lyncker in Mainz veröffentlichten Stammfolge war, nennt eine Reihe von Vorfahren und Geschwistern des Jost Lüncker Als Stammvater wird in dieser Genealogie ein Wetzlarer Schultheiß Heinz Lüncker (*1286, +1350) angegeben, der seit 1315 mit einer Gela Schwan verheiratet gewesen sein soll. In den meisten Fällen werden für die älteren Generationen jedoch nur Namen genannt, was eine Überprüfung erschwert.

Zweifel an der tradierten Ahnenreihe

Der Genealogie und Archivdirektor Carl Knetsch hatte in seinem 1908 erschienenen Werk Goethes Ahnen noch die tradierte Ahnenfolge übernommen. In seiner 1932 erschienen Goethe-Ahnentafel verzichtete er darauf und begann mit Jost Lüncker. In einem unveröffentlichten Schreiben[1] begründete er dies so: Der Stammvater Jost (nicht Justus, Jost ist eine Kurzform von Jodocus) findet sich seit 1494 in den Marburger Kämmereirechnungen. Er ist der erste seiner Familie und seines Namen, der nach Hessen gekommen ist. Er selbst sagt in einer Zeugenaussage, die in das Jahr 1529 oder 1530 zu setzen ist: "die 40 jar, so er zu Marpurg gewest" oder "die Zeit, so er zu Marbpurg gewent" oder "vor dem als er gein Hessen komen". Auf die Zahl 40, die also auf das Anfangsjahr 1489 oder 1490 schließen ließ, braucht man nicht so viel zu geben, da er tatsächlich 1493 in den Rechnungen noch nicht und 1494 zum ersten Mal erscheint. Vielleicht könnte er aus Altenkirchen stammen, denn 1525 kommt ein Jost Luncker "von Aldenkirchen" vor. Eine Person scheint er (d.h. der Jost aus Altenkirchen) allerdings wohl kaum mit dem Marburger gleichnamigen Rentmeister (dem Stammvater der Familie Lyncker) zu sein. Die Wetzlarer angebliche Abstammung ist mir sehr fraglich. Er scheint, als ob die Tatsache, daß sich im 16. Jahrhundert ein Zweig der Marburger Lyncker nach Wetzlar gesetzt hat, 2 Generationen später, als der Dieterich'sche Stammbaum der Lyncker um 1610 erstellt wurde, sich in der Erinnerung der Familie dahin verschoben hatte, als ob Wetzlar der Herkunftsort des Geschlechts sei. Jedenfalls stammt sie ursprünglich nicht aus dem eigentlichen Hessen'.

Auch Wagner[2] ließ in seinem grundlegenden Aufsatz (1949) die wohl auf Familientradition beruhenden Angaben weg, da sie sich bis jetzt nicht urkundlich belegen ließen.

Hermann Lunck(e) = Bernhard Lüncker?

Dr. Kurt Stahr, der Bearbeiter des Marburger Sippenbuches, versuchte, durch eine Hypothese die Quellen in Marburg mit den tradierten Angaben nach Strieder in Übereinstimmung zu bringen. Er setzte jenen Bernhard Lüncker, der nach der tradierten Ahnenlinie der Vater von Jost hätte sein müssen, mit einem tatsächlich in Marburg vorkommenden Hermann Lunck, auch Luncke, gleich.

Leider kennzeichnete Stahr diese Hypothese nicht als solche, sondern schrieb nur unter dem Familienblatt von Hermann: (bei Strieder Bernhard) und nennt Hermann 'Sohn des Henn L. (vermutlich in Wetzlar)'[3]. Er glaubte also, mit der nächsten Generation wieder lückenlos an die tradierte Wetzlarer Ahnenlinie anschließen zu können.


Neuere Forschungen

Der Historiker Dr. Berndt-Michael Linker, Mindelheim, hat 2004 die Ergebnisse seiner langjährigen Forschungen über die Familie Lyncker, seine Vorfahren, vorgelegt. Linker baut auf dem nach wie vor gültigen Artikel Wagner (1949) auf, ergänzt ihn aber um weitere, jüngere Generationen, um zahlreiche biographische und historische Details (darunter, neben vielen anderen, neue Erkenntnisse über den Grundbesitz der Lynckers in Marburg nach Forschungen des Historikers und besten Kenners der Marburger Häusergeschichte, Angus Fowler) und um den Versuch, den Wahrheitsgehalt der älteren Angaben zu den Generationen vor Jost Lüncker zu verifizieren.

Linker weist nach, dass wohl zumindest die Verbindung der Familie nach Wetzlar wie auch einige der in der Genealogia bzw. bei Strieder genannten Personennamen tatsächlich zutreffend sind. Er kommt zu dem Schluss, dass die Genealogia von Dieterich daher kein reines Phantasieprodukt sei, dass aber nach wie vor mangels gesicherter Angaben Jost Lüncker als erster gesicherter Stammvater der Familie anzusehen ist. Linker erläutert, dass wichtige Quellen zur Lösung des Rätsel in dem nicht zugänglichen Solmser Archiv in Lich liegen müssten. Auch für die Hypothes Hermann=Bernhard hat Linker keine Ahnhaltspunkte gefunden.

Der Name Linker mit seinen Varianten (wie Lyncker usw.) wird in der Literatur meist als Übername für einen linkshändigen Menschen gedeutet (vgl. auch Link und Linke). Der Marburger Historiker Dr. Heinrich Meyer zu Ermgassen weist auf eine mögliche Deutung als Herkunftsname hin, da die Stadt Lonnig im Rheinland mundartlich früher Longhe, Lunche oder auch Lunge hieß (zit. nach B. M. Linker, siehe Literatur).

Varianten des Namens

Lincker (7x laut Geogen)

Linker (430x laut Geogen, siehe Verbreitungskarte unten)

Luncker (keine Nennungen bei Geogen)

Lunker (keine Nennungen bei Geogen)

Lüncker (keine Nennungen bei Geogen)

Lünker (2x laut Geogen)

Lyncker (38x laut Geogen, siehe Verbreitungskarte unten)

Lynker (36x laut Geogen, siehe Verbreitungskarte unten)

Geographische Verteilung

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Bekannte Namensträger

Sonstige Personen

Geographische Bezeichnungen

Umgangssprachliche Bezeichnungen

Literaturhinweise

  • LINKER, Berndt Michael: Die Linker im Raum Marburg: Im Dienste der Landgrafen von Hessen; Eine Spurensuche. Mindelheim: Eigenverlag 2004. Standort: Stadtarchiv Marburg, Dienstbibliothek, Signatur 724 K. (sonst im KVK nicht nachgewiesen).
  • WAGNER, Ernst: Die Altmarburger Goethe-Ahnenfamilie Lüncker und die Lincker im Löwensteiner Grund. In: Hessische Familienkunde 1 (1949), Sp. 89-104. Ergänzung dazu von Eduard Grimmell in Hessische Familienkunde 2 (1953), Sp. 285 f.

Anmerkung: WAGNER enthält ebenso wie LINKER alle Verweise auf die ältere Literatur. LINKERs Arbeit inhaltlich geht weit über WAGNER hinaus, wobei WAGNERs nach wie vor gültige Arbeit leichter zugänglich ist.

  1. Staatsarchiv Marburg, M 28 (Nachlass Knetsch), Stichwort "Lüncker")
  2. siehe unter Literatur
  3. Marburger Sippenbuch, Fam.-Bl. 21 012

Weblinks

--chris_e 10:07, 12. Jul. 2008 (CEST)--chris_e 10:07, 12. Jul. 2008 (CEST)