Berichte und Gesuche (deutsche Landgemeinden in Südrußland)/029
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hie und da Nachahmer in den Colonien. Auf demselben Wege z. B. erzielten die Ansiedler Sander in Selz, Kreis Odessa, im Jahre 1879 die Veräußerung ihres Hofes im Dorfe an den auswärtigen Ansiedler Müller; denselben Weg wollte der Selzer Ansiedler Goldade gehen und die Gemeinde, um dies zu verhindern, wußte kein anderes Mittel, als in der gerichtlichen Auction den Hof Goldades für Rechnung der Gemeinde zu kaufen.
Wenn aber nach der Entscheidung des Ersten Senatsdepartements vom 8. März 1877 unter Nr. 2052 die Dorfgemeinde einem Bauern den Hof zur Sicherstellung der Abgaben nicht wegnehmen darf (§ 4 des Art. 188 der Allgem. Bauernordnung), so muß um so weniger das Gericht einen Bauernhof im Dorfe für Privatschulden verkaufen können, und da nach den Entscheidungen desselben Senatsdepartements vom 20. September 1876 und 30. October 1876 Nr. 6893 die Nichteinwilligung der Gemeinde in den Verkauf der Hofstelle, die einem Gemeindeglied nicht ausschließlich gehört, an eine fremde Person die Nichtigkeit des Verkaufs nach sich ziehen kann, so müssen alle gerichtlichen Verkäufe von Höfen der Ansiedler, da sie alle ohne den Willen der Gemeinde erfolgt sind, sowie die darüber ausgestellten Gantkaufbriefe? (???) für ungillig anerkannt werden.
Außerdem müßte für die ausländischen grundbesitzenden Ansiedler der Ulas des Dirigirenden Senats vom 11. Januar 1878 unter Nr. 1106 gelten, laut welchem weder die Höfe noch die Feldtheile der Bauern (???) auf Bestimmung des Gerichts für private Schulden verkauft werden dürfen (Art. 300 der Ordnung für die Kronsdörfer) und bei der Inventur bäuerlichen Vermögens für Schulden der Wolost- und der Gemeindevorsteher zu bestimmen haben, was ohne Ruin des Schuldners verkauft werden kann, was nicht. Aber einerseits konnten die bessarabischen Ansiedler in den ersten 2 ½ Jahren nach dem Erscheinen jenes Ukases sich nicht einmal auf densleben berufen, da die Akkermaner Bauernbehörde denselben erst im Herbst 1880 in den Colonien publicirte; andererseits erkennen die genannten Gerichtsbehörden weder jenen Ukas als giltig für die „frühern Colonisten“ an, noch auch den 7. Punkt des Gesetzes vom 23. November 1870 (über pünktliche Einzahlung des Grundzinses seitens der Reichsbauern), laut welchem zu dem öffentlichen Steigerungskauf von bäuerlichen Landparzellen privaten Eigenthums keine Juden zugelassen werden dürfen. Obgleich nun seitdem der Dirigirende Senat durch Ukas vom 21. Mai 1880 unter Nr. 3032 den Cherson'schen Gouverneur verständigt hat, daß der Ukas vom 11. Januar 1878 auch in Betreff der ausländischen grundbesitzenden Ansiedler Kraft habe, so wird im Justizressort doch in früherer Weise verfahren. In Herbst 1880 inventirte der Gerichts-Prislaw des Odessaer Bezirksgerichts Kochmanskij in der Colonie Luftdorf bei Odessa für eine Privatschuld den Hof eines Ansiedlers, ohne den Wolostvorsteher dazu einzuladen; im Februar 1881 inventirte der Gerichtsvollzieher des Ananjewer Friedensgerichts Tschorba im Flecken Mostowoje bei einem dahin auf einem geborgten Wagen gekommenen