Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/1/073
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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte | |
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beruht indessen auf der Ansicht von der sogenannten Völkerwanderung, als habe dieselbe wirklich in dem Aus- und Einziehen ganzer Völker, von welchem eines das andere fortdrängte, bestanden. Dahingegen ist man zu der gewiß richtigeren Einsicht gekommen, daß die Völkerwanderung wenigstens großentheils ein eroberndes Vorwärtsdringen kriegerischer Schaaren gewesen, wie ein solches schon in weit früherer Zeit in etwas anderer Weise vielfältig Statt gefunden. Da waren von den seßhaften Germanischen Stämmen gar oftmals die kriegerischen jüngern Leute, die im Stammlande nicht Raum noch Ruhe hatten, hinausgezogen, Beute und Ruhm, wo möglich eine neue Heimath zu erwerben, und letzteres gelang auch. Es waren gewissermaaßen Freischaaren, die sich festsetzten, zur Herrschaft gelangten und die Herrschaft behaupteten, bis die Ereignisse und Umstände ein mehr freiwilliges oder mehr gezwungenes Verlassen der Gegend, wo bisher die Herrschaft behauptet war, herbeiführten; letzteres, wenn ähnliche Schaaren anderer Völker mit Uebermacht andrängten, ersteres, wenn ein besseres oder wenigstens anmuthiger erscheinendes Land offen vorlag, wie dies z. B. bei dem Verfall des Römischen Reiches eintrat. So wenig nun aber bei dem Einzuge solcher Schaaren, welche zur Herrschaft gelangten, die eigentlichen alten Landeseinwohner vertilgt wurden, sondern vielmehr unterwürfig gemacht, so wenig ward durch den Auszug ein Land eigentlich entvölkert. Wenn daher, um die Anwendung davon zu machen, z. B. Burgunder und Gothen vor der sogenannten Völkerwanderung zwischen Oder und Weichsel wohnen, in Gegenden, wo nachher Slaven sind, dann später Burgundische Reiche am Jura und an der Rhone, Gothische in Italien und Spanien blühen, so folgt daraus keinesweges, daß nicht schon unter Gothischer und Burgundischer Herrschaft schon sehr füglich die Oder- und Weichsel-Gegenden eine ursprüngliche Slavische Bevölkerung können gehabt haben, aber eine unterthänige, so gut als in ihren neuen Wohnsitzen die Welsche und sonstige Bevölkerung ihnen unterthänig ward. Es ist immer zu unterscheiden zwischen dem herrschenden Stamme und dem (vielleicht weit zahlreicheren) Stamme der eigentlichen Landeseinwohner. Jener hatte seine eigenthümliche Adels-Verfassung, eine kriegerische, wodurch es der Minderzahl allein möglich wurde, die Mehrzahl in Unterthänigkeit zu erhalten. Und eine solche Unterthänigkeit ist es, der die Slaven in