Totenkronenbrett

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Info
Hier entsteht der Leitartikel zur Kategorie Totenkronenbrett. --Marie-Luise (Carl) 17:56, 21. Jan. 2008 (CET)


Nachbildung eines Totenkronenbrettes mit Krone und Schmuckbändern

Der Totenkronenbrauch

Ursprung und Bedeutung

Der Totenkronenbrauch hat eine lange Tradition und ist weltweit verbreitet. Nachweise gibt es im deutschsprachigen Raum etwa seit dem 13. Jahrhundert. Der Ursprung liegt in der heidnischen Totenhochzeit, bei der man ledig Verstorbenen die gleichen Rechte zugestand wie Lebenden. Mit der Zeit verwandelte sich die Totenhochzeit in eine christliche Himmelshochzeit, bei der aus den Verstorbenen Bräute bzw. Bräutigame des Himmels wurden.

Totenkronen waren im Zeitraum vom Ende des 17. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bei Protestanten und Katholiken eines der bedeutendsten Beigaben beim Ledigenbegräbnis. Für verstorbene Kinder und unverheiratet verstorbene junge Männer und Frauen bis zum Alter von ca. 30 Jahren fertigten Angehörige, Paten oder Freunde zu ihrem Begräbnis eine Totenkrone an. Die Totenkrone stellte dabei die Brautkrone dar und war ein symbolischer Ersatz für die Hochzeit, die nun nicht mehr stattfinden konnte. Gleichzeitig war sie ein Zeichen der Reinheit, Tugend, Keuschheit und Jungfräulichkeit.

Die Entwicklung der Totenkronen

Totenkronen wurden als Kranz, Diadem, später als dreidimensionale Krone gestaltet und bestanden – ähnlich wie Brautschmuck – u. a. aus echten und künstlichen Pflanzenteilen, Draht, Tannengrün und Seidenbändern, manchmal wurden sogar Perlen oder Haare eingearbeitet. Die Kronen wurden den Verstorbenen anfangs mit ins Grab gegeben.

Ab Ende des 17. Jahrhunderts wurden die Totenkronen dem bzw. der Toten vom Kopf genommen und für den Begräbniszug als Schmuck auf dem Sarg befestigt. Anschließend legte man die Krone auf das Grab, bis die Pflanzen verwelkt waren. Oder die Krone wurde in der Kirche aufbewahrt bis zum nächsten Osterfeuer, wo man sie dann verbrannte.

Totenkronen in der Mark Brandenburg

In der Mark Brandenburg bewahrte man die Kronen in der Kirche auf. Dazu wurden sie entweder an einen Nagel gehängt oder es wurden extra Konsolbretter (Totenkronenbretter) oder sogar Glaskästen dafür angefertigt. Die Totenkronen hingen dann meist an der Wand oder an den Emporen neben dem Sitzplatz der trauernden Mutter oder im Eingangsbereich der Kirche. An den Kronen wurden häufig Bänder angebracht, die dann von den Konsolen herabhingen. So waren die Totenkronen vielerorts ein Schmuck der Dorfkirche.

Der Untergang der Totenkronen

Mit der Zeit entwickelte sich das Ledigenbegräbnis zu einem immer aufwendigeren Fest, das eher einer Hochzeitsfeier glich, und der Kopfschmuck der Braut wurde einer Krone immer ähnlicher. Dies führte dazu, dass es seit Anfang des 19. Jahrhunderts Verordnungen und sogar Verbote gab, mit denen auch die Beseitigung der Totenkronen aus den Kirchen gefordert wurde. Vor allem seitens der Kirche bezeichnete man die Kronen als Staubfänger, Ablenkung und Protzerei. Um aber den Brauch nicht ganz zu unterdrücken, stellte man daraufhin in einigen Regionen Leihkronen für die Beisetzungszeremonie zur Verfügung. Diese Leihkronen waren häufig aus Metall und wurden dann bei allen Bestattungen benutzt.

Totenkronenbretter

Totenkronenbretter, auf denen die Totenkronen in den Kirchen ausgestellt wurden, sind in verschiedenen Größen und Formen (oval, rund, eckig, oft verschnörkelt) und mit mehr oder weniger handwerklichem Geschick und Aufwand angefertigt worden. Teilweise sind die Bretter farbig gestaltet und mit Ornamenten, Blumen, Kronen, Vögeln oder anderen Schmuckelementen bemalt. Einige Konsolen besitzen eine gartenzaunähnliche Umrandung, andere Bretter sind mit gedrechselten Säulen eingefasst. In einigen Orten findet man statt der Konsolbretter auch aufwändig hergestellte Glaskästen mit einer beschrifteten Tafel, z. B. in der Dorfkirche von Herzberg bei Beeskow. In manchen Kirchen waren die Kronen auch auf „Schlummer“kissen gebettet, in die der Name oder die Initialien des Verstorbenen eingestickt waren. Die Kissen wurden dann in Glaskästen aufbewahrt, so z. B. in der Dorfkirche von Päwesin.

Die meisten Totenkronenbretter enthalten Angaben zu den Lebensdaten des bzw. der Verstorbenen und oft einen tröstenden Spruch für die Angehörigen.

Das derzeit älteste erhaltene märkische Totenkronenbrett stammt aus dem Jahr 1716 und ist ein Doppelbrett für zwei im Alter von 23 und 27 Jahren kurz nacheinander verstorbene Geschwister, Dorothea und Andreas Bartelt aus Kaulsdorf (heute Berlin-Kaulsdorf).

Vermutlich gab es Totenkronenbretter in jeder Märkischen Dorfkirche, aber auch in Kirchen von Niedersachsen, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. Sie dienten der Erinnerung an die Verstorbenen, waren den Hinterbliebenen ein Trost und verliehen den Kirchen eine besondere Atmosphäre. Sogar Theodor Fontane beschrieb in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg den „stillen Reiz“ der mit Totenkronen geschmückten Dorfkirchen. Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden dann im Zuge von Kirchenrenovierungen und –umbauten die Totenkronen und Totenkronenbretter in Keller und auf Dachböden verbannt oder sogar vernichtet. Dadurch sind heute nicht mehr allzu viele Bretter erhalten, und auch das Wissen um diesen Brauch ging verloren. Es gibt jedoch inzwischen etliche Projekte, bei denen man die wieder gefundenen Kronen und Totenkronenbretter jetzt restauriert und damit wieder die Kirchen schmückt.


Dorfkirchen mit Totenkronenbrettern

12621 Berlin-Kaulsdorf
14641 Markee
17268 Kaakstedt
14548 Ferch
14778 Päwesin
17326 Menkin
14558 Nudow
15848 Herzberg
17406 Morgenitz
31093 Lübbrechtsen

Zum Weiterlesen

http://de.wikipedia.org/wiki/Totenkrone
http://www.marzahn-hellersdorf.net/Bezirk/Denkmalliebe.php
http://www.totentafel.de/
http://www.pfarramt-buckow-glienicke.de/totenkronen.htm
http://www.evangelische-kirchengemeinde-nudow.de/40619.html
http://www.rowane.de/html/body_totengedenken.htm
http://www.outoftime.de/museumuslar.html
http://www.sepulkralmuseum.de/mfs/tokrone/tokrone.htm
http://www.ungerath.com/Archaeologie/Prenzlau.html

Buchtipp

Sylvia Müller: Denkmäler der Liebe, Berlin-Story-Verlag