Sprüche

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Lyrik

Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt

Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt
der froh von ihren Taten, ihrer Größe
den Hörer unterhält und still sich freuend
ans Ende dieser schönen Reihe sich geschlossen sieht.

Johann Wolfgang von Goethe, Iphigenie I,3

Die Bilder unserer Ahnen

Die Bilder unserer Ahnen,
die uns immer wieder mahnen,
dass auch unser kurzes Leben
nicht auf Dauer ist gegeben.
Ihre Mühen, ihre Nöte und Sorgen,
sind auch die unsren - jeden Morgen.
Was sie an Liebe und Hass hatten,
wirft heute bei uns seine Schatten.
Ihre Geschichte, ihr Glück und Erleiden,
können sich von unseren nie unterscheiden.
Sie wirken in uns, sind die gleichen geblieben.
Ihr Leben ist in das unsere geschrieben!
Und alle folgenden Generationen
haben die Ahnen in sich wohnen!
Ohne sie wären wir nicht hier,
warum wir auch, und ohne Gezier
sie alle so nehmen sollen, wie sie waren,
ohne viel unnötig trennende Gebahren,
Abwenden, Aufrechnen und Vergessen.
Wer ist schon so vermessen,
zu sagen: Wir sind von Fehlern frei?
Der sollte herabsteigen von seiner Kanzlei!
Wir sind vom selben Stamm, der selben Mutter,
vom selben Schiff, vom selben Kutter,
vom selben Vater, vom selben Baum,
vom selben Himmel, vom selben Traum.
Und wenn wir uns die Hände reichen
müssen Ängste und Sorgen weichen!
Egal aus welcher Stadt, aus welchem Land,
wir sind doch alle verwandt!

Gisela H. Sanders

Das Hilfsbuch

...oder Eugen Roth kannte GenWiki noch nicht...

Ein Mensch, nichts wissend von Mormone
Schaut deshalb nach im Lexikone
Und hätt es dort auch rasch gefunden -
Jedoch er weiß, nach drei, vier Stunden
Von den Mormonen keine Silbe -
Dafür fast alles über Milbe,
Von Mississipi, Mohr und Maus:
Im ganzen "M" kennt er sich aus.
Auch was ihn sonst gekümmert nie,
Physik zum Beispiel und Chemie,
Liest er jetzt nach, es fesselt ihn:
Was ist das: Monochloramin?
"Such unter Hydrazin", steht da.
Schon greift der Mensch zum Bande "H"
Und schlägt so eine neue Brücke
Zu ungeahntem Wissensglücke.
Jäh fällt ihm ein bei den Hormonen
Er sucht ja eigentlich: Mormonen!
Er blättert müd und überwacht:
Mann, Morpheus, Mohn und Mitternacht ...
Hätt weiter noch geschmökert gern,
Kam bloß noch bis zu Morgenstern
Und da verneigte er sich tief
Noch vor dem Dichter - und - entschlief.

Eugen Roth

Herr Kreitlein ging vor Jahren schon

Herr Kreitlein ging, vor Jahren schon
mit fünfundsechzig in Pension;
aus Langeweile sah er drum,
sich bald nach einem Hobby um.
Hierbei geriet er irgendwie
an seine Ahnengalerie.

Das war was wirklich Interessantes,
was völlig Neues , Unbekanntes
und er beschloß sogleich, deswegen
sich einen Stammbaum anzulegen.

Er stöberte in Stadtarchiven,
in Chroniken, in alten Briefen;
nahm sich bei manchem Dorfpastor
die dicken Kirchenbücher vor
und drang bei der Gelegenheit
weit, weit in die Vergangenheit.

Er fand zwei Schneider, einen Wirt,
vier Bauern, einen Schweinehirt,
je einen Küster, Müller, Bäcker,
drei Schmiede, einen Schieferdecker,
dann einen fürstlichen Lakai,
ein Postillion war auch dabei,
ein Vorfahr war sogar Minister,
zwei andere lebten als Magister,
dann gab es ein paar Grenadiere,
zwei Musikanten, zwei Barbiere,
drei Metzger, und im blinden Eifer,
fand er noch einen Scherenschleifer.

Es war ein Baum mit vielen Zweigen,
von Nebentrieben ganz zu schweigen,
Herr Kreitlein brauchte viel Papier,
viel Tinte und Geduld dafür.

Er kam bis fünfzehnhundertneun,
doch dann schien es vorbei zu sein,
denn hier versiegten alle Quellen,
es war kein Ahn` mehr festzustellen.

D`rauf stieg Herr Kreitlein in den Zug,
der ihn ins ferne Hamburg trug,
zu Doktor Doktor Dusterwald,
der als ein Fachexperte galt.
Er bat ihn in bewegten Worten,
des Stammbaums Wurzelpfahl zu orten,
beziehungsweise jenen Mann,
mit dem die Reihe einst begann.

Der Doktor lächelte jovial;
"Verehrtester, nun geh`n Sie mal,
in uns`ren weltbekannten Zoo,
gleich vorne an, Abteilung zwo."

Herr Kreitlein fand dies sonderbar,
doch weil er schon in Hamburg war,
begab er sich am gleichen Tag
zu Hagenbeck, ihn traf der Schlag!

Da saß in seiner Käfig-Villa
ein Affe, nämlich ein Gorilla,
er blickte traurig und verwundert
in unser zwanzigstes Jahrhundert,
fing Läuse und verschlang Bananen,
Herr Kreitlein forscht nicht mehr nach Ahnen.

(E.Finke)

Der Ahnenforscher

Ein Mensch geht auf die 60 zu, da lässt ihm eines keine Ruh':
er muss in alten Schriften kramen, wo komm' ich her, wer war'n die Ahnen?
Er findet kaum des nachts ins Bett, denn er sucht meist im Internet.
Auch tags geht weiter diese Hatz, er surft sogar am Arbeitsplatz.

Dort geht man ihm sehr auf die Nerven, dauernd stört man ihn beim Surfen.
Da sagt er sich: Das hat ein Ende, ich geh einfach jetzt in Rente.

Nun hat er Zeit und kommt rasch weiter, und der Erfolg, der stimmt ihn heiter.
Er stößt auf viele Hugenotten, und das war'n keine Hottentotten,
er stößt auf viele Denker und auf Dichter, auf viele nobele Gesichter,
darunter auch auf adlige Gestalten, er stößt sogar auf Fritz, den Alten!

Da fragt er sich: Ist das ein Witz? Ich stamme ab vom alten Fritz?
Oder war's ein andrer Friederich? Er hängt das erstmal niederich.
Fritz, Friedrich, Frieder? Alles Asche! War's Friedel mit der leeren Tasche?
Er klopft aufs Portomonnaie sogleich - nein, dafür bin ich doch zu reich!

Doch viele Fragen bleiben offen, er muss auf neue Fakten hoffen.
Er sucht in Potsdam, Polen, Leipzig - das kostet Geld, er ist nicht geizig.

Schon öffnet sich ein neues Tor: sehr häufig kommt ein Karl jetzt vor.
Das macht ihn nun doch sehr betroffen, auf welchen Karl kann er denn hoffen?
Er fragt zum wiederholten Male: War's Karl der Kühne, Karl der Kahle?
Vorm Spiegel prüft er die Erscheinung und kommt ganz schnell zu dieser Meinung:
Karl der Kahle? Nein Bewahre! Dafür hab ich zu viele Haare.
Vom kühnen Karl bin ich ein Sohn, denn mutig war ich immer schon!

Der Spiegel bringt auch Ungemach, und kritisch denkt er drüber nach:
bei grad einssiebzig könnt man meinen, man stammt von Pippin dem Kleinen.
Doch dann ist er darauf gestoßen, nach diesem kam's zu Karl dem Großen.
Noch ein Karl, und was für einer! So einen Vorfahrn hat wohl keiner.
Das ist ein Ahne, will er meinen. Jetzt ist er voll mit sich im Reinen,
ihn freun die Ehre und der Ruhm, und weiter geht's ins Altertum.

Er landet bald bei den Germanen, da gab es schon mal seinen Namen,
fast klang es wie bei diesem "Thor", das kommt dem Forscher komisch vor.
Drum sucht er Römer, Griechen, Kreter, gibt es vielleicht auch dort noch Väter?
Und er vereinnahmt frisch und froh Demosthenes und Cicero.
Die sind als meine Ahnen recht, denn reden kann ich auch nicht schlecht.

Bei den Hebräern gibt es Lücken, kein neuer Fund will ihm mehr glücken!
Die ganze Forschung kommt ins Stocken, nichts ist den Qumran-Urnen zu entlocken.

Doch, Lieber Forscher, bei dem Drang ist mir um Folgendes nicht bang:

Ruhe wirst Du einst erst haben, wenn Du den Noah ausgegraben,
den mit der Arche und den Tieren. Willst Du mit dem Dich nachmals zieren
als Deinem allerletzten, höchsten Ahnen, dann lieber Freund, muss ich Dich mahnen:
Ich sage Dir als Dein Berater: der ist nicht nur von Dir der Vater!
Auf den kannst Du allein nicht hoffen, die andern sind ja abgesoffen.
Von dem stammst Du und ich wir alle, was gilt darum in diesem Falle?

Sind wir auch noch so viele Leute, klar ist der Anfang, auch das Heute,
nur in der ziemlich breiten Mitte, da fehlen viele Zwischenschritte.
Nach denen forsche tapfer weiter und bleibe dabei immer heiter
und bleib trotz Aktenstaub gesund, dann glückt Dir auch noch mancher Fund.
Bis wir den Noah einst begießen, magst Du noch manche Lücke schließen.

(Herdzigo)

Kurioses aus Kirchenbüchern

Gott schreibt auch auf krummen Linien grade

... in einen Backofen gekrochen

  • Eintrag im Kirchenbuch von Petershagen (um 1750)

den 8ten May wird die alte Witwe Heybecksche aus Sieslack begraben, nachdem selbige freytags vorher in einen Backofen der vom Brod backen noch warm gewesen, gekrochen und vermuthlich von der Hitze darin versticket, da sie den todt heran gezogen worden, nachdem sie etwas an den Schultern versenkt gewesen. Ein Jahr zuvor hatte man sie kaum aus eben dem Backofen ebenso heraus kriegen können, da sie auch herein gekrochen. (Gruß von Irmi Compgend-Liste 31.03.2005)


Aphorismen

  • "Mother's baby - fathers maybe" (Rudnick)
  • Ein Spiegel ist besser als eine ganze Reihe von Ahnenbildern. (Wolfgang Menzel)
  • Das Wort "Familienbande" hat einen Beigeschmack von Wahrheit. (Karl Kraus)
  • Was Ungeduld ist, kann nur der ermessen, der einen steinreichen kranken Erbonkel hat. (Mark Twain)
  • Wer sich in die Familie begiebt, - kommt darin um! (Heimito von Doderer)
  • Gute Familien sind Familien, in denen Dinge nicht vorkommen, die in den besten Familien vorkommen. (Robert Lembke)

Sonstiges

  • Zwei Familienforscher treffen sich. Der erste fragt: Wie weit bist du gekommen? - Der zweite: Ich bin nicht weit gekommen. Mein Urgroßvater war Junggeselle und hatte keine Kinder.